1. Ei­nem Fahr­zeug fehlt die Eig­nung für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, wenn es bei Über­ga­be an den Käu­fer mit ei­ner – den Stick­oxid­aus­stoß auf dem Prüf­stand ge­gen­über dem nor­ma­len Fahr­be­trieb re­du­zie­ren­den – Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. von Art. 3 Nr. 10 der Ve­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ver­se­hen ist, die ge­mäß Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 un­zu­läs­sig ist. Denn in ei­nem sol­chen Fall be­steht ei­ne (la­ten­te) Ge­fahr ei­ner Be­triebs­un­ter­sa­gung durch die für die Zu­las­sung zum Stra­ßen­ver­kehr zu­stän­di­ge Be­hör­de, so­dass der wei­te­re (un­ge­stör­te) Be­trieb des Fahr­zeugs im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr nicht ge­währ­leis­tet ist (im An­schluss an Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133).
  2. Die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che ge­mäß § 439 I Fall 2 BGB be­schränkt sich nicht zwangs­läu­fig auf ei­ne mit dem Kauf­ge­gen­stand (ab­ge­se­hen von der Man­gel­haf­tig­keit) iden­ti­sche Sa­che. Viel­mehr hängt die Mög­lich­keit ei­ner Er­satz­be­schaf­fung bei Un­mög­lich­keit der Lie­fe­rung ei­ner dem Kauf­ge­gen­stand voll­stän­dig ent­spre­chen­den (man­gel­frei­en) Sa­che im je­wei­li­gen Ein­zel­fall ent­schei­dend da­von ab, ob und wo­durch nach dem durch in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung zu er­mit­teln­den Wil­len der Par­tei­en (§§ 133, 157 BGB) bei Ver­trags­schluss ei­ne Nach­lie­fe­rung in Be­tracht kom­men soll­te (im An­schluss an Se­nat, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8). Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung ist nach der – die bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen in den Blick neh­men­den – Vor­stel­lung der Par­tei­en da­her grund­sätz­lich be­reits dann mög­lich, wenn die Kauf­sa­che im Fal­le ih­rer Man­gel­haf­tig­keit durch ei­ne gleich­ar­ti­ge und – funk­tio­nell so­wie ver­trags­mä­ßig – gleich­wer­ti­ge er­setzt wer­den kann (im An­schluss an Se­nat, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8). Ent­schei­dend ist da­bei letzt­lich, ob und in wel­chem Um­fang der Ver­käu­fer – nach dem im je­wei­li­gen Fall zu er­mit­teln­den über­ein­stim­men­den Wil­len der Par­tei­en – bei Ver­trags­schluss ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht für den Fall ei­ner Nach­er­fül­lung über­nom­men hat (im An­schluss an Se­nat, Urt. v. 17.10.2018 – VI­II ZR 212/17, BGHZ 220, 77 Rn. 20; Urt. v. 24.10.2018 – VI­II ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 40; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.).
  3. Ist le­dig­lich ein Nach­fol­ge­mo­dell der er­wor­be­nen Sa­che (ins­be­son­de­re ei­nes Fahr­zeugs) lie­fer­bar, kann bei der ge­bo­te­nen nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung die den Ver­käu­fer ei­nes Ver­brauchs­guts tref­fen­de Be­schaf­fungs­pflicht im Hin­blick dar­auf, dass der Ver­brau­cher ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung für die fort­lau­fend an Wert ver­lie­ren­de man­gel­haf­te Kauf­sa­che nicht zu zah­len hat, von vorn­her­ein nicht zeit­lich un­be­grenzt gel­ten. Ei­ne Aus­tausch­bar­keit von Kauf­ge­gen­stand und Er­satz­sa­che ist beim Ver­brauchs­gü­ter­kauf – vor al­lem beim Kauf von Fahr­zeu­gen, die be­reits nach kur­zer Zeit ei­nen deut­li­chen Wert­ver­lust er­lei­den – grund­sätz­lich nur dann an­zu­neh­men, wenn der Ver­brau­cher sein Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren in­ner­halb ei­nes in der Län­ge der re­gel­mä­ßi­gen kauf­recht­li­chen Ver­jäh­rungs­frist von zwei Jah­ren (§ 438 I Nr. 3 BGB) an­ge­lehn­ten Zeit­raums – be­gin­nend ab dem für die Wil­lens­bil­dung maß­geb­li­chen Zeit­punkt des Kauf­ver­trags­ab­schlus­ses – gel­tend macht (Fort­ent­wick­lung von Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133).

BGH, Ur­teil vom 21.07.2021 – VI­II ZR 254/20

Sach­ver­halt: Auf­grund ei­nes Kauf­ver­trags vom 20.04.2009 er­warb der Klä­ger von der Be­klag­ten, ei­ner VW-Ver­trags­händ­le­rin, für 27.618,64 € ei­nen fa­brik­neu­en VW Ti­gu­an I 2.0 TDI 4MO­TI­ON Track & Field zum Preis von 27.618,64 €. Die­ses Fahr­zeug ist mit ei­nem von der Volks­wa­gen AG her­ge­stell­ten 2,0-Li­ter-Die­sel­mo­tor des Typs EA189 (Eu­ro 5) aus­ge­stat­tet. Des­sen Steue­rungs­soft­ware er­kennt, ob das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand be­trie­ben wird, und ver­rin­gert in die­sem Fall den Aus­stoß an Stick­oxi­den (NOX), in­dem sie in den „Mo­dus 1“ schal­tet. In die­sem Mo­dus ist die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te hö­her als im „Mo­dus 0“, der beim nor­ma­len Fahr­be­trieb ak­tiv ist. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­an­stan­de­te die Mo­tor­steue­rungs­soft­ware als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung.

Nach­dem die Ver­wen­dung ent­spre­chen­der Vor­rich­tun­gen bei Die­sel­mo­to­ren des Typs EA189 im Rah­men des so­ge­nann­ten Die­selskan­dals öf­fent­lich be­kannt ge­wor­den war, rüg­te der Klä­ger die Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs und for­der­te die Er­klä­rung ei­nes Ver­jäh­rungs­ver­zichts. Die Be­klag­te wies mit Schrei­ben vom 04.10.2016 auf ein von der Fahr­zeug­her­stel­le­rin ent­wi­ckel­tes, vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt zwi­schen­zeit­lich frei­ge­ge­be­nes Soft­ware­up­date hin und ver­zich­te­te bis zum 31.12,2017 dar­auf, die Ein­re­de der Ver­jäh­rung im Hin­blick auf et­wai­ge – auch be­reits ver­jähr­te – An­sprü­che zu er­he­ben, die im Zu­sam­men­hang mit der streit­ge­gen­ständ­li­chen, in Fahr­zeu­gen mit dem EA189-Mo­to­ren ein­ge­setz­ten Soft­ware be­stün­den.

Mit Schrei­ben vom 07.03.2017 lehn­te der Klä­ger ei­ne Nach­bes­se­rung durch Auf­spie­len ei­nes Soft­ware­up­dates ab und ver­lang­te statt­des­sen, dass ihm die Be­klag­te bis zum 27.03.2017 er­satz­wei­se ein fa­brik­neu­es ty­penglei­ches Fahr­zeug lie­fe­re. Dem kam die Be­klag­te nicht nach.

Das Mo­dell des vom Klä­ger im Jahr 2009 er­wor­be­nen Fahr­zeugs wird seit dem Jahr 2013 nicht mehr her­ge­stellt. Statt­des­sen wird als Nach­fol­ge­mo­dell der VW Ti­gu­an II Off­road an­ge­bo­ten, der sich vor al­lem in Be­zug auf Bau­rei­he, Typ, Ka­ros­se­rie, Mo­tor­typ (EA288) und Schad­stoff­klas­se (Eu­ro 6) von der vor­he­ri­gen Fahr­zeug­gene­ra­ti­on un­ter­schei­det.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger zu­letzt die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes – mit ei­nem 190 PS star­ken Mo­tor und der für die­sen Fahr­zeug­typ be­stimm­ten Se­ri­en­aus­stat­tung ver­se­he­nen – Volks­wa­gen Ti­gu­an II Off­road aus der ak­tu­el­len Se­ri­en­pro­duk­ti­on des Her­stel­lers, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs, be­gehrt. Wei­ter hat er die Fest­stel­lung ver­langt, dass die Be­klag­te mit der Er­satz­lie­fe­rung und der Rück­nah­me des ur­sprüng­lich ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs in „An­nah­me­ver­zugs“ ist, und die Frei­stel­lung von vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten nebst Zin­sen be­an­sprucht. Hilfs­wei­se hat der Klä­ger die Rück­ab­wick­lung des mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags be­gehrt.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers hat das Ober­lan­des­ge­richt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ab­ge­än­dert und die Be­klag­te an­trags­ge­mäß zur Er­satz­lie­fe­rung ver­ur­teilt, den Ver­zug der Be­klag­ten mit der Neu­lie­fe­rung so­wie ih­ren An­nah­me­ver­zug mit der Rück­nah­me des vom Klä­ger er­wor­be­nen Fahr­zeugs fest­ge­stellt und die Be­klag­te ver­ur­teilt, den Klä­ger von vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten (oh­ne Zin­sen) frei­zu­stel­len. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Re­vi­si­on der Be­klag­ten, die die Wie­der­her­stel­lung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils er­streb­te, hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [8]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se, im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[9]    Nach­dem der Klä­ger sei­nen An­trag auf den Hin­weis des Be­ru­fungs­ge­richts hin­sicht­lich der (Min­dest-)Aus­stat­tungs­merk­ma­le des Nach­lie­fe­rungs­fahr­zeugs kon­kre­ti­siert ha­be, be­stün­den ge­gen die Zu­läs­sig­keit des Haupt­an­trags (Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren) kei­ne Be­den­ken mehr, da ei­nem Ge­richts­voll­zie­her im Rah­men ei­ner mög­li­chen Zwangs­voll­stre­ckung ge­mäß §§ 883, 884 ZPO nun­mehr die Fest­stel­lung mög­lich sei, ob ein bei der Be­klag­ten vor­ge­fun­de­nes Fahr­zeug dem ge­schul­de­ten ent­spre­che.

[10]   Dem Klä­ger ste­he ge­mäß § 437 Nr. 1, § 439 I BGB ein Nach­er­fül­lungs­an­spruch zu, weil das an ihn aus­ge­lie­fer­te Fahr­zeug auf­grund der ver­wen­de­ten Soft­ware man­gel­haft i. S. des § 434 I BGB sei, wie der BGH in sei­nem Hin­weis­be­schluss vom 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 – für ei­nen ent­spre­chen­den Fall be­reits im Ein­zel­nen dar­ge­legt ha­be.

[11]   Die vom Klä­ger ge­wähl­te Nach­lie­fe­rung sei nicht ge­mäß § 275 I BGB we­gen Un­mög­lich­keit aus­ge­schlos­sen. Zwar kön­ne die Be­klag­te ein neu­es Fahr­zeug der ur­sprüng­li­chen Spe­zi­fi­ka­ti­on nicht mehr be­schaf­fen, weil die­ses Fahr­zeug­mo­dell seit dem Jahr 2013 nicht mehr her­ge­stellt wer­de und ein be­reits pro­du­zier­tes Fahr­zeug der ur­sprüng­li­chen Mo­dell­rei­he auf­grund der seit der Her­stel­lung ver­stri­che­nen Stand­zeit selbst dann nicht mehr als fa­brik­neu­es Fahr­zeug an­zu­se­hen sei, wenn es bis­lang noch nicht in Ge­brauch ge­nom­men wor­den wä­re. Je­doch füh­re ein Mo­dell­wech­sel nicht zwin­gend zur Un­mög­lich­keit der Nach­lie­fe­rung.

[12]   Viel­mehr kom­me es dar­auf an, ob im Ge­währ­leis­tungs­fall die Lie­fe­rung ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells aus Sicht der Par­tei­en ei­ne taug­li­che Nach­er­fül­lung dar­stel­le. Auf Käu­fer­sei­te dürf­te im Re­gel­fall ein In­ter­es­se be­ste­hen, ge­ge­be­nen­falls auch ein sol­ches Nach­fol­ge­mo­dell als nach­er­fül­lungs­taug­lich an­zu­neh­men, und auch vor­lie­gend be­stün­den kei­ne An­halts­punk­te da­für, dass es dem Klä­ger ge­ra­de auf sol­che Aus­stat­tungs­merk­ma­le des er­wor­be­nen Fahr­zeugs an­ge­kom­men wä­re, über die das Nach­fol­ge­mo­dell nicht mehr ver­fü­ge. So ha­be der Klä­ger dar­ge­legt, dass es für sei­ne Kauf­ent­schei­dung im Jahr 2009 aus­schlag­ge­bend auf den – auch beim Nach­fol­ge­mo­dell vor­han­de­nen – er­höh­ten Bö­schungs­win­kel an­ge­kom­men sei. Das maß­geb­li­che Aus­le­gungs­kri­te­ri­um auf Ver­käu­fer­sei­te hin­ge­gen sei der Er­satz­be­schaf­fungs­auf­wand. Je hö­her die­ser Auf­wand sei, des­to ge­rin­ger wer­de – aus Sicht ei­nes ver­stän­di­gen Käu­fers – das In­ter­es­se des Ver­käu­fers sein, auch mit ei­nem Nach­fol­ge­mo­dell den Nach­lie­fe­rungs­an­spruch zu er­fül­len. Im Hin­blick dar­auf, dass die Kos­ten der vom Käu­fer ge­wähl­ten Art der Nach­er­fül­lung im Rah­men des § 439 III BGB a.F. zu be­rück­sich­ti­gen sei­en, blei­be dies für die Be­ur­tei­lung der Un­mög­lich­keit i. S. des § 275 BGB aber noch oh­ne Be­deu­tung.

[13]   Vor­lie­gend sei die Nach­lie­fe­rung al­ler­dings auch nicht un­ver­hält­nis­mä­ßig i. S. des § 439 III BGB a.F. Zwar dürf­ten die Kos­ten ei­ner Nach­bes­se­rung durch das Auf­spie­len des Soft­ware­up­dates an­ge­sichts der in die Hun­dert­tau­sen­de ge­hen­den Zahl der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge an­tei­lig sehr nied­rig sein, so­dass ver­gli­chen hier­mit bei dem zu er­war­ten­den Nach­lie­fe­rungs­auf­wand ei­ne re­la­ti­ve Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit ge­ge­ben wä­re. Je­doch ste­he nicht fest, dass das Soft­ware­up­date auch zur Man­gel­be­sei­ti­gung ge­eig­net sei und dem Käu­fer des­halb zu­ge­mu­tet wer­den kön­ne, sich hier­auf ein­zu­las­sen. Auch wenn auf­grund der Frei­ga­be des Up­dates durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge nach dem Auf­spie­len des Up­dates aus der Sicht der zu­stän­di­gen Be­hör­de re­gel­kon­form sei­en, kön­ne nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass – wie der Klä­ger gel­tend ma­che – mit dem Soft­ware­up­date Fol­ge­pro­ble­me ver­bun­den sei­en. Dem Be­ru­fungs­se­nat sei aus der Viel­zahl der bei ihm ge­führ­ten Ver­fah­ren zum „Die­selskan­dal“ be­kannt, dass auch in der Fach­öf­fent­lich­keit über noch un­ge­klär­te Fol­gen des Up­dates für die Halt­bar­keit des Mo­tors und für den Ver­brauch des Fahr­zeugs dis­ku­tiert wer­de. Da aber die Be­klag­te zur Wir­kungs­wei­se der Soft­ware Nä­he­res nicht vor­ge­tra­gen ha­be, sei es nicht mög­lich, hier­zu Be­weis durch Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens zu er­he­ben, was sinn­voll nur bei vor­he­ri­ger Of­fen­le­gung des Quell­codes in Be­tracht kom­me.

[14]   Schließ­lich sei die Nach­lie­fe­rung auch nicht ab­so­lut un­ver­hält­nis­mä­ßig. Dies gel­te selbst dann, wenn man den von der Be­klag­ten vor­ge­tra­ge­nen, rund 70 % hö­he­ren Be­schaf­fungs­preis für das Nach­fol­ge­mo­dell zu­grun­de le­ge. Denn ei­ner­seits re­du­zie­re sich ihr Be­schaf­fungs­auf­wand um den Rest­wert des ur­sprüng­lich ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs und an­de­rer­seits kön­ne sie ge­mäß § 478 BGB a.F. bei der Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs Re­gress neh­men.

[15]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts kann der Klä­ger vor­lie­gend im We­ge der Nach­er­fül­lung nicht die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Nach­fol­ge­mo­dells des von ihm ur­sprüng­lich er­wor­be­nen Neu­fahr­zeugs ge­mäß § 437 Nr. 1, § 434 I, § 439 I Fall 2 BGB ver­lan­gen. Da­mit ent­fällt zu­gleich die Grund­la­ge für das hier­auf be­zo­ge­ne Be­geh­ren des Klä­gers auf Fest­stel­lung des Ver­zugs der Be­klag­ten mit der Neu­lie­fe­rung und des An­nah­me­ver­zugs mit der Rück­nah­me des er­wor­be­nen Fahr­zeugs. Ein An­spruch auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­nen An­walts­kos­ten ge­mäß §§ 257, 439 II BGB ist man­gels Be­ste­hens ei­nes Nach­lie­fe­rungs­an­spruchs eben­falls nicht ge­ge­ben.

[16]   Das vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug weist zwar auf­grund der vor­han­de­nen un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf. Auch ist das Be­ru­fungs­ge­richt im Aus­gangs­punkt zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die den Ver­käu­fer bei ei­nem Neu­wa­gen­kauf tref­fen­de Er­satz­lie­fe­rungs­ver­pflich­tung nicht stets auf das im Kauf­ver­trag be­zeich­ne­te Fahr­zeug­mo­dell be­schränkt ist, son­dern sich aus ei­ner in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung der Wil­lens­er­klä­run­gen der Ver­trags­par­tei­en (§§ 133, 157 BGB) im Fall ei­nes nach Kauf­ver­trags­ab­schluss ein­ge­führ­ten Nach­fol­ge­mo­dells (Face­lift, Mo­dell­pfle­ge­maß­nah­me, neue Bau­rei­he/​Ge­ne­ra­ti­on) auch ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers be­züg­lich ei­nes sol­chen Fahr­zeugs er­ge­ben kann. Je­doch folgt aus der in­so­weit ge­bo­te­nen nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung des Par­tei­wil­lens bei Ver­trags­schluss, dass ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers be­züg­lich ei­nes neu­wer­ti­gen Nach­fol­ge­mo­dells Gren­zen un­ter­liegt. Ins­be­son­de­re kann sie nur dann an­ge­nom­men wer­den, wenn der Käu­fer ein dies­be­züg­li­ches Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren in­ner­halb ei­nes als sach- und in­ter­es­sen­ge­recht an­zu­se­hen­den Zeit­raums von zwei Jah­ren ab Ver­trags­ab­schluss gel­tend macht. Die­ser Zeit­raum ist vor­lie­gend deut­lich über­schrit­ten, da zwi­schen dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags und der erst­ma­li­gen Gel­tend­ma­chung ei­nes Nach­er­fül­lungs­an­spruchs durch den Klä­ger fast acht Jah­re ver­stri­chen sind, so­dass sein Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren man­gels Ver­füg­bar­keit ei­nes nach­er­fül­lungs­taug­li­chen Neu­fahr­zeugs we­gen Un­mög­lich­keit (§ 275 I BGB) aus­ge­schlos­sen ist.

[17]   Ob der Klä­ger da­ge­gen die von ihm hilfs­wei­se be­gehr­te Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1, § 434 I, §§ 440, 323 I, §§ 346, 348 BGB be­an­spru­chen kann, lässt sich auf Grund­la­ge der bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts, das sich – von sei­nem Rechts­stand­punkt aus fol­ge­rich­tig – mit die­sem Be­geh­ren nicht be­fasst hat, nicht ab­schlie­ßend be­ur­tei­len.

[18]   1. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on ist die Kla­ge al­ler­dings zu­läs­sig. Ins­be­son­de­re ge­nügt der auf Nach­lie­fe­rung ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag – eben­so wie die dar­auf ge­mäß § 308 I 1, § 313 I Nr. 4 ZPO er­folg­te Ver­ur­tei­lung durch das Be­ru­fungs­ge­richt – den Be­stimmt­heits­an­for­de­run­gen des § 253 II Nr. 2 ZPO.

[19]   a) Ge­mäß § 253 II Nr. 2 ZPO muss die Kla­ge­schrift die be­stimm­te An­ga­be des Ge­gen­stands und des Grunds des er­ho­be­nen An­spruchs ent­hal­ten. Da­mit wird der Streit­ge­gen­stand ab­ge­grenzt und zu­gleich die Grund­la­ge für ei­ne et­wa er­for­der­lich wer­den­de Zwangs­voll­stre­ckung ge­schaf­fen. Ein Kla­ge­an­trag ist grund­sätz­lich hin­rei­chend be­stimmt, wenn er den er­ho­be­nen An­spruch kon­kret be­zeich­net, da­durch den Rah­men der ge­richt­li­chen Ent­schei­dungs­be­fug­nis (§ 308 ZPO) ab­steckt, In­halt und Um­fang der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft der be­gehr­ten Ent­schei­dung (§ 322 ZPO) er­ken­nen lässt, das Ri­si­ko ei­nes Un­ter­lie­gens des Klä­gers nicht durch ver­meid­ba­re Un­ge­nau­ig­keit auf den Be­klag­ten ab­wälzt und schließ­lich ei­ne Zwangs­voll­stre­ckung aus dem Ur­teil oh­ne ei­ne Fort­set­zung des Streits im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren er­war­ten lässt (st. Rspr.; vgl. et­wa BGH, Urt. v. 02.12.2015 – IV ZR 28/15, NJW 2016, 708 Rn. 8; Urt. v. 21.11.2017 – II ZR 180/15, NJW 2018, 1259 Rn. 8; Urt. v. 21.03.2018 – VI­II ZR 68/17, BGHZ 218, 139 Rn. 15; Urt. v. 22.01.2021 – V ZR 12/19, NJW-RR 2021, 401 Rn. 9; Urt. v. 09.03.2021 – VI ZR 73/20, NJW 2021, 1756 Rn. 15; je­weils m. w. Nachw.).

[20]   b) Ge­mes­sen an die­sen Grund­sät­zen ist der An­trag des Klä­gers, die Be­klag­te zur Nach­lie­fe­rung ei­nes „VW Ti­gu­an Off­road 2.0 SCR 4MO­TI­ON mit ei­ner La­ckie­rung in In­di­um­grau Me­tal­lic aus der ak­tu­el­len Se­ri­en­pro­duk­ti­on des Her­stel­lers und ei­nem 190 PS star­ken Mo­tor in der Se­ri­en­aus­stat­tung des Fahr­zeugs“ zu ver­ur­tei­len, wel­chen er auf An­re­gung des Be­ru­fungs­ge­richts um im Ein­zel­nen nä­her auf­ge­führ­te Aus­stat­tungs­merk­ma­le er­gänzt hat, die das zu lie­fern­de Er­satz­fahr­zeug „zu­min­dest“ er­fül­len müs­se, hin­rei­chend be­stimmt und schafft ins­be­son­de­re auch ei­ne aus­rei­chen­de Grund­la­ge für ei­ne et­wai­ge Zwangs­voll­stre­ckung. Bei ih­rer die An­for­de­run­gen an ei­ne Be­stimmt­heit des Kla­ge­an­trags über­span­nen­den ge­gen­tei­li­gen Sicht­wei­se, die sie letzt­lich dar­auf stützt, „für den Ge­richts­voll­zie­her sei nicht er­kenn­bar“, ob ein Fahr­zeug die klein­tei­lig be­schrie­be­nen Min­dest­an­for­de­run­gen er­fül­le, ver­kennt die Re­vi­si­on, dass sich im Rah­men der Zwangs­voll­stre­ckung oh­ne grö­ße­re Schwie­rig­kei­ten be­ur­tei­len lässt, ob das von der Be­klag­ten nach dem Be­geh­ren des Klä­gers zu lie­fern­de man­gel­freie Er­satz­fahr­zeug der Sa­che nach dem ent­spricht, was dem Klä­ger vom Ge­richt auf­grund sei­nes Kla­ge­an­trags zu­ge­spro­chen wor­den ist.

[21]   Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob die Voll­stre­ckung – wie die Re­vi­si­on meint – im We­ge der Weg­nah­me der Sa­che durch den Ge­richts­voll­zie­her ge­mäß §§ 883 f. ZPO er­folg­te (so OLG Köln, Urt. v. 02.04.2020 – 18 U 60/19, ju­ris Rn. 74) oder – als Vor­nah­me ei­ner ver­tret­ba­ren Hand­lung – durch Er­satz­vor­nah­me ge­mäß § 887 ZPO – et­wa durch Be­stel­lung ei­nes ent­spre­chen­den Er­satz­fahr­zeugs durch den Klä­ger bei ei­nem an­de­ren Händ­ler – durch­zu­füh­ren wä­re (so OLG Karls­ru­he, Urt. v. 25.05.2019 – 13 U 144/17, NJW-RR 2019, 869 Rn. 46). Denn in bei­den Fäl­len lie­ße sich an­hand des ge­stell­ten An­trags und des auf sei­ner Grund­la­ge ge­schaf­fe­nen Ti­tels bei der dem je­wei­li­gen Voll­stre­ckungs­or­gan ob­lie­gen­den sach­ge­rech­ten Aus­le­gung des Ur­teils (vgl. zur ge­bo­te­nen Aus­le­gung auch BGH, Beschl. v. 08.07.2020 – XII ZB 334/19, NJW-RR 2020, 1137 Rn. 11 m. w. Nachw.) oh­ne Wei­te­res be­ur­tei­len, in­wie­weit der Voll­stre­ckungs­ge­gen­stand der im Ti­tel be­schrie­be­nen Sa­che ent­spricht. Dies gilt nicht zu­letzt auch für die von der Re­vi­si­on für be­deut­sam er­ach­te­te Fra­ge, ob das Farb­merk­mal „Ti­t­an­schwarz“ auch durch die Far­ben „An­thra­zit“ oder „Schwarz“ er­füllt wer­den könn­te. Denn es kommt bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung nicht auf ei­ne voll­stän­di­ge Iden­ti­tät von klein­tei­lig be­schrie­be­nen Aus­stat­tungs­merk­ma­len an.

[22]   Über­dies hat der Klä­ger – was bei der Aus­le­gung sei­nes Kla­ge­be­geh­rens zu be­rück­sich­ti­gen ist (vgl. Se­nat, Urt. v. 21.03.2018 – VI­II ZR 68/17, BGHZ 218, 139 Rn. 31; Urt. v. 06.06.2018 – VI­II ZR 247/17, NJW 2019, 58 Rn. 26; je­weils m. w. Nachw.) – bei der Er­gän­zung sei­nes An­trags um wei­te­re An­ga­ben zu der Aus­stat­tung des Er­satz­fahr­zeugs klar­ge­stellt, dass hier­mit le­dig­lich die von dem Her­stel­ler und von der Be­klag­ten selbst an­ge­ge­be­ne Se­ri­en­aus­stat­tung des Nach­fol­ge­mo­dells nä­her be­schrie­ben wer­de, um da­mit den Be­an­stan­dun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts und der Be­klag­ten be­züg­lich der un­zu­rei­chen­den Kon­kre­ti­sie­rung des be­gehr­ten Er­satz­fahr­zeugs zu be­geg­nen.

[23]   2. Die Kla­ge ist je­doch in Be­zug auf den vom Klä­ger vor­ran­gig ge­mäß § 437 Nr. 1, §§ 434 I, 439 I Fall 2 BGB gel­tend ge­mach­ten und vom Be­ru­fungs­ge­richt al­lein ge­prüf­ten An­spruch auf Nach­er­fül­lung durch Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Neu­fahr­zugs so­wie der da­mit ver­bun­de­nen Ne­ben­an­sprü­che (Fest­stel­lung von Ver­zug/​An­nah­me­ver­zug; Frei­stel­lung von au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten) un­be­grün­det.

[24]   a) Al­ler­dings ist das Be­ru­fungs­ge­richt frei von Rechts­feh­lern – und in­so­weit von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fen – da­von aus­ge­gan­gen, dass das Fahr­zeug be­reits bei Über­ga­be an den Klä­ger auf­grund ei­ner ein­ge­bau­ten un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf­wies. Da­nach ist ei­ne Sa­che (nur dann) frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Die­se An­for­de­run­gen er­füll­te das Fahr­zeug des Klä­gers we­der zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs noch bei Zu­gang des Ge­währ­leis­tungs­be­geh­rens (vgl. zur Maß­geb­lich­keit bei­der Zeit­punk­te: Se­nat, Urt. v. 27.05.2020 – VI­II ZR 315/18, BGHZ 226, 1 Rn. 42 ff. m. w. Nachw.).

[25]   aa) Für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net sich ein Kraft­fahr­zeug grund­sätz­lich nur dann, wenn es ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die we­der sei­ne (wei­te­re) Zu­las­sung zum Stra­ßen­ver­kehr hin­dert noch an­sons­ten sei­ne Ge­brauchs­fä­hig­keit auf­hebt oder be­ein­träch­tigt (vgl. Se­nat, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 40; Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15; Urt. v. 24.10.2018 – VI­II ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 29; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 34; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 5). Dem wur­de das vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug be­reits bei Ge­fahr­über­gang nicht ge­recht, da es werk­sei­tig mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­vor­rich­tung ver­se­hen war (und nach wie vor ist), auf­grund de­rer die Ge­fahr ei­ner Be­triebs­un­ter­sa­gung durch die für die Zu­las­sung zum Stra­ßen­ver­kehr zu­stän­di­ge Zu­las­sungs­be­hör­de be­stand.

[26]   (1) Bei der im Fahr­zeug des Klä­gers vor­han­de­nen Vor­rich­tung, die bei er­kann­tem Prüf­stand­lauf ei­ne ver­stärk­te Ab­gas­rück­füh­rung ak­ti­viert, han­delt es sich um ei­ne Ab­schalt­vor­rich­tung, die nach Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 20.06.2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung von Kraft­fahr­zeu­gen hin­sicht­lich der Emis­sio­nen von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nutz­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) und über den Zu­gang zu Re­pa­ra­tur- und War­tungs­in­for­ma­tio­nen für Fahr­zeu­ge (ABl. 2007 L 171, 1) un­zu­läs­sig ist.

[27]   Nach Art. 5 I der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 – in de­ren An­wen­dungs­be­reich auch das Fahr­zeug des Klä­gers fällt (Art. 2 I, Art. 10) – hat der Her­stel­ler von ihm ge­fer­tig­te Neu­fahr­zeu­ge der­ge­stalt aus­zu­rüs­ten, dass die Bau­tei­le, die das Emis­si­ons­ver­hal­ten vor­aus­sicht­lich be­ein­flus­sen, so kon­stru­iert, ge­fer­tigt und mon­tiert sind, dass das Fahr­zeug un­ter nor­ma­len Be­triebs­be­din­gun­gen den Vor­ga­ben der Ver­ord­nung und ih­ren Durch­füh­rungs­maß­nah­men (vgl. hier­zu nä­her Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 7 f.) ent­spricht. Fol­ge­rich­tig sieht die Ver­ord­nung die Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen, die die Wir­kung von Emis­si­ons­kon­troll­sys­te­men ver­rin­gern, strikt als un­zu­läs­sig an (Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007), so­fern nicht die aus­drück­lich nor­mier­ten Aus­nah­me­tat­be­stän­de (Art. 5 II 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007) grei­fen (Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 11; Deut­scher Bun­des­tag – Wis­sen­schaft­li­che Diens­te, Ab­schalt­ein­rich­tun­gen in Per­so­nen­kraft­wa­gen. Zur Reich­wei­te des Ver­bots nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007, WD 7 – 3000 – 031/16, S. 12).

[28]   Da­bei ist ei­ne „Ab­schalt­ein­rich­tung“ ge­mäß Art. 3 Nr. 10 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 de­fi­niert als je­des Kon­struk­ti­ons­teil, das die Tem­pe­ra­tur, die Fahr­zeug­ge­schwin­dig­keit, die Mo­tor­dreh­zahl, den ein­ge­leg­ten Ge­trie­be­gang, den Un­ter­druck im Ein­lass­krüm­mer oder sons­ti­ge Pa­ra­me­ter er­mit­telt, um die Funk­ti­on ei­nes be­lie­bi­gen Teils des Emis­si­ons­kon­troll­sys­tems zu ak­ti­vie­ren, zu ver­än­dern, zu ver­zö­gern oder zu de­ak­ti­vie­ren, wo­durch die Wirk­sam­keit des Emis­si­ons­kon­troll­sys­tems un­ter Be­din­gun­gen, die bei nor­ma­lem Fahr­zeug­be­trieb ver­nünf­ti­ger­wei­se zu er­war­ten sind, ver­rin­gert wird. Zu ei­nem sol­chen Kon­struk­ti­ons­teil zählt nach der Recht­spre­chung des EuGH (im Fol­gen­den: Ge­richts­hof) auch ei­ne in den Rech­ner der Mo­tor­steue­rung in­te­grier­te oder auf ihn ein­wir­ken­de Soft­ware, da sie auf die Funk­ti­on des Emis­si­ons­kon­troll­sys­tems ein­wirkt und des­sen Wirk­sam­keit ver­rin­gert (EuGH, Urt. v. 17.12.2020 – C-693/18, ECLI:EU:C:2020:1040 = NJW 2021, 1216 Rn. 59 ff., 68 – CLCV).

[29]   Da­bei sind nicht nur Tech­no­lo­gi­en und die Stra­te­gie der Nach­be­hand­lung von Ab­ga­sen er­fasst, son­dern auch sol­che, mit de­nen – wie vor­lie­gend mit­hil­fe der Ab­gas­rück­füh­rung – die Emis­sio­nen im Vor­hin­ein, das heißt bei ih­rer Ent­ste­hung, ver­rin­gert wer­den (EuGH, Urt. v. 17.12.2020 – C-693/18, ECLI:EU:C:2020:1040 = NJW 2021, 1216 Rn. 69 ff., 90 – CLCV). Aus­ge­hend von den weit­ge­fass­ten Be­stim­mun­gen in Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 han­delt es sich bei der im Fahr­zeug des Klä­gers in­stal­lier­ten Soft­ware um ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung nach Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 (vgl. Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 12; BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 17). Denn wie das Be­ru­fungs­ge­richt un­an­ge­grif­fen fest­ge­stellt hat, er­kennt die­se Soft­ware den Prüf­stand­lauf und ver­rin­gert in die­sem Fall über ei­ne ent­spre­chen­de Pro­gram­mie­rung in der Mo­tor­steue­rung den Aus­stoß an Stick­oxi­den (NOX-Wer­te), in­dem sie in den „Mo­dus 1“ schal­tet, bei dem ei­ne hö­he­re Ab­gas­rück­füh­rung als bei dem im nor­ma­len Fahr­be­trieb ak­ti­vier­ten „Mo­dus 0“ er­folgt.

[30]   An­halts­punk­te für das Vor­lie­gen der (en­gen) Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen Art. 5 II 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 in be­stimm­ten Fäl­len die Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen aus­nahms­wei­se ge­stat­tet, sind nicht er­kenn­bar und wer­den von der Re­vi­si­on auch nicht gel­tend ge­macht (vgl. hier­zu be­reits Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 13 ff.; zu­dem EuGH, Urt. v. 17.12.2020 – C-693/18, ECLI:EU:C:2020:1040 = NJW 2021, 1216 Rn. 104 ff., 115 – CLCV).

[31]   (2) In­fol­ge der nach Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 un­zu­läs­si­ger­wei­se im Fahr­zeug des Klä­gers in­stal­lier­ten Ab­schalt­ein­rich­tung war be­reits zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs der wei­te­re (un­ge­stör­te) Be­trieb des Fahr­zeugs des Klä­gers im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr nicht ge­währ­leis­tet und eig­ne­te sich das Fahr­zeug so­mit nicht zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Der Pkw wies be­reits auf­grund sei­ner blo­ßen Aus­rüs­tung mit der Soft­ware, die ei­nen be­son­de­ren Mo­dus für den Prüf­stand­lauf so­wie ei­nen hier­von ab­wei­chen­den Mo­dus für den All­tags­be­trieb vor­sah und da­durch im Prüf­zy­klus, nicht da­ge­gen im re­gu­lä­ren Fahr­be­trieb, ver­bes­ser­te Stick­oxid­wer­te er­zeug­te, ei­nen Sach­man­gel auf (vgl. Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 17).

[32]   (a) Denn nach § 5 I der Ver­ord­nung über die Zu­las­sung von Fahr­zeu­gen zum Stra­ßen­ver­kehr (Fahr­zeug-Zu­las­sungs­ver­ord­nung – FZV) kann die zu­stän­di­ge Zu­las­sungs­be­hör­de in Fäl­len, in de­nen sich ein Fahr­zeug als nicht vor­schrifts­mä­ßig nach der Fahr­zeug-Zu­las­sungs­ver­ord­nung er­weist, dem Ei­gen­tü­mer oder Hal­ter ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Be­sei­ti­gung der Män­gel set­zen oder den Be­trieb des Fahr­zeugs auf öf­fent­li­chen Stra­ßen be­schrän­ken oder un­ter­sa­gen. Da­bei sind nach der ver­wal­tungs­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung Fahr­zeu­ge, die mit ei­ner nach Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­hen sind, auch dann „nicht vor­schrifts­mä­ßig“ i. S. von § 5 I FZV, wenn der Hal­ter ei­ner Auf­for­de­rung zur Ent­fer­nung der Ab­schalt­ein­rich­tung mit­tels ei­nes von der zu­stän­di­gen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de zu­ge­las­se­nen Soft­ware­up­dates nicht Fol­ge leis­tet, da ein sol­ches Fahr­zeug ent­ge­gen den in § 3 I 2 FZV nor­mier­ten Zu­las­sungs­vor­aus­set­zun­gen kei­nem ge­neh­mig­ten Typ (mehr) ent­spricht (vgl. et­wa VGH Mün­chen, Urt. v. 22.10.2019 – 11 BV 19.823, ju­ris Rn. 29 m. w. Nachw.; VGH Kas­sel, Beschl. v. 20.03.2019 – 2 B 261/19, ju­ris Rn. 10 f.; OVG Ber­lin-Bran­den­burg, Beschl. v. 25.03.2019 – OVG 1 S 125.18, ju­ris Rn. 10).

[33]   Da so­mit bei Fahr­zeu­gen, die ent­ge­gen zwin­gen­der uni­ons­recht­li­cher Vor­schrif­ten in­stal­lier­te Ab­schalt­ein­rich­tun­gen auf­wei­sen, zur Her­stel­lung ih­rer Vor­schrifts­mä­ßig­keit ei­ne ent­spre­chen­de Nach­rüs­tung er­for­der­lich ist, sieht sich der Hal­ter ei­nes sol­chen Fahr­zeugs, je­den­falls so lan­ge ei­ne sol­che (noch) nicht durch­ge­führt wor­den ist, ei­ner dro­hen­den Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung nach § 5 I FZV aus­ge­setzt. Die­se Ge­fahr be­steht nicht nur bei ei­ner be­reits er­folg­ten Um­rüs­tungs­an­ord­nung der zu­stän­di­gen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de, die nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts vor­lie­gend nach § 25 II der Ver­ord­nung über die EG-Ge­neh­mi­gung für Kraft­fahr­zeu­ge und ih­re An­hän­ger so­wie für Sys­te­me, Bau­tei­le und selbst­stän­di­ge tech­ni­sche Ein­hei­ten für die­se Fahr­zeu­ge (EG-Fahr­zeug­ge­neh­mi­gungs­ver­ord­nung – EG-FGV) er­gan­gen ist.

[34]   Viel­mehr liegt sie auch in den Fäl­len vor, in de­nen die zu­stän­di­ge EG-Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de ei­ne ent­spre­chen­de Maß­nah­me ge­gen­über dem Her­stel­ler noch nicht ge­for­dert bzw. noch nicht ihr Ein­ver­ständ­nis mit ei­nem sol­chen Vor­ge­hen er­klärt hat. Denn auch dann ist im An­satz be­reits ein Sach­ver­halt („Man­gel­an­la­ge“/​Grund­man­gel) ge­ge­ben, der – ge­ge­be­nen­falls in Ver­bin­dung mit wei­te­ren Um­stän­den (vor al­lem ei­ner Ent­schei­dung bzw. Äu­ße­rung der zu­stän­di­gen Typ­ge­neh­mi­gungs­be­hör­de) – da­zu füh­ren kann, dass die deut­sche Zu­las­sungs­be­hör­de ei­ne Be­triebs­un­ter­sa­gung oder -be­schrän­kung nach § 5 I FZV vor­nimmt, weil das Fahr­zeug we­gen der ge­gen Art. 5 II der Ve­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ver­sto­ßen­den Ab­schalt­ein­rich­tung nicht dem ge­neh­mig­ten Typ (§ 3 I 2 FZV) ent­spricht (so be­reits Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 20; Beschl. v. 28.01.2020 – VI­II ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 21).

[35]   (b) Die­se im Fal­le ei­ner (noch) nicht er­folg­ten Nach­rüs­tung – zu­min­dest la­tent – be­ste­hen­de Ge­fahr ei­ner Be­triebs­un­ter­sa­gung oder -be­schrän­kung durch die Zu­las­sungs­be­hör­de hat aus kauf­recht­li­cher Sicht zur Fol­ge, dass bei den be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen die Eig­nung für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB fehlt. Ei­ne ent­spre­chen­de Eig­nung ist ei­ner Kauf­sa­che nicht erst dann ab­zu­spre­chen, wenn ih­re Taug­lich­keit ganz auf­ge­ho­ben, son­dern be­reits dann, wenn ih­re Eig­nung her­ab­ge­setzt ist (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.04.2017 – VI­II ZR 80/16, NJW 2017, 2817 Rn. 18 m. w. Nachw.; Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15 f.).

[36]   Von ei­ner solch ver­min­der­ten Eig­nung ist je­den­falls bei Fahr­zeu­gen, die mit (noch) nicht nach­ge­rüs­te­ten Mo­to­ren des Typs EA189 aus­ge­stat­tet sind, aus­zu­ge­hen. Denn der Käu­fer ei­nes sol­chen Fahr­zeugs muss je­der­zeit da­mit rech­nen, es auf­grund be­hörd­li­cher An­ord­nung – häu­fig so­gar un­ter An­ord­nung der so­for­ti­gen Voll­zie­hung (vgl. et­wa VGH Mann­heim, Beschl. v. 03.02.2020 – 10 S 625/19, NJW-RR 2020, 411) – nicht mehr im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr nut­zen zu dür­fen. Dies gilt un­ab­hän­gig da­von, ob die im je­wei­li­gen Ein­zel­fall zu­stän­di­ge Zu­las­sungs­be­hör­de be­reits ei­ne ent­spre­chen­de Be­triebs­un­ter­sa­gung nach § 5 I FZV aus­ge­spro­chen hat oder ei­ne sol­che – wie auch vor­lie­gend – (zu­nächst) un­ter­blie­ben ist, et­wa man­gels Kennt­nis der Be­schaf­fen­heit des kon­kret be­trof­fe­nen Fahr­zeugs oder um dem Hal­ter zu­nächst Ge­le­gen­heit zur Durch­füh­rung ei­nes ent­spre­chen­den Soft­ware­up­dates zu ge­ben. Die den Käu­fer an der ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung hin­dern­de Be­schaf­fen­heit liegt näm­lich nicht erst in der be­hörd­lich ver­füg­ten Un­ter­sa­gung des Be­triebs, son­dern be­reits in der durch die un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung her­vor­ge­ru­fe­nen Mög­lich­keit ei­nes ent­spre­chen­den be­hörd­li­chen Ein­grei­fens (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15, NJW 2017, 1666 Rn. 21 f., 28; Urt. v. 11.12.1991 – V ZR 204/91, NJW-RR 1993, 396 un­ter II 2 [je­weils zum Rechts­man­gel]; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 22).

[37]   bb) Da sich das Fahr­zeug des Klä­gers so­mit bei Ge­fahr­über­gang und zum Zeit­punkt des Nach­er­fül­lungs­be­geh­rens (und auch des mit Kla­ge­er­he­bung hilfs­wei­se er­klär­ten Rück­tritts) we­gen la­tent dro­hen­der Be­triebs­un­ter­sa­gung nicht für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­ne­te, war es man­gel­haft i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB. In An­be­tracht des­sen kommt es auf die Fra­ge, ob der Pkw die Be­schaf­fen­heit auf­wies, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach Art der Sa­che er­war­ten konn­te, nicht an. Denn die in der ge­nann­ten Vor­schrift ge­nann­ten Merk­ma­le der Sa­che (Ver­wen­dungs­eig­nung und üb­li­che Be­schaf­fen­heit) müs­sen ku­mu­la­tiv vor­lie­gen, da­mit die Sa­che frei von Sach­män­geln ist (BGH, Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12, NJW 2013, 1671 Rn. 13 m. w. Nachw.).

[38]   b) Die auf­grund der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung be­ste­hen­de Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs führt aber im Streit­fall nicht da­zu, dass dem Klä­ger der gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Nach­er­fül­lung durch Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Neu­fahr­zeugs zu­steht. Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung in Form des vom Klä­ger er­wor­be­nen Fahr­zeug­mo­dells der ers­ten Ge­ne­ra­ti­on des VW Ti­gu­an ist aus­ge­schlos­sen, weil die­ses un­strei­tig seit dem Jahr 2013 nicht mehr her­ge­stellt wird, so­dass ei­ne sol­che Nach­lie­fe­rung un­mög­lich ist (§ 275 I BGB). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts kann der Klä­ger, der sein Nach­er­fül­lungs­be­geh­ren erst­mals fast acht Jah­re nach Kauf­ver­trags­ab­schluss gel­tend ge­macht hat, aber auch nicht Nach­er­fül­lung durch Lie­fe­rung ei­nes ent­spre­chen­den Fahr­zeug­mo­dells der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on des VW Ti­gu­an ver­lan­gen.

[39]   aa) Im Aus­gangs­punkt hat das Be­ru­fungs­ge­richt un­ter Zu­grun­de­le­gung der ein­schlä­gi­gen Recht­spre­chung des Se­nats al­ler­dings zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass al­lein auf­grund ei­nes nach Ver­trags­schluss bzw. nach Über­ga­be er­folg­ten Mo­dell­wech­sels ein An­spruch des Käu­fers ei­nes man­gel­be­haf­te­ten Neu­fahr­zeugs ge­gen den Ver­käu­fer auf Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en, fa­brik­neu­en und ty­penglei­chen Er­satz­fahr­zeugs aus der ak­tu­el­len Se­ri­en­pro­duk­ti­on des Her­stel­lers nicht ge­ne­rell ge­mäß § 275 I BGB aus­ge­schlos­sen ist. Die hier­ge­gen er­ho­be­nen Ein­wän­de der Re­vi­si­on grei­fen nicht durch.

[40]   (1) Der An­spruch auf Nach­er­fül­lung durch Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che (§ 439 I Fall 2 BGB) ist – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on – nicht auf die Er­satz­be­schaf­fung ei­ner man­gel­frei­en, im Üb­ri­gen aber iden­ti­schen Sa­che be­schränkt, son­dern be­stimmt sich viel­mehr nach der vom Ver­käu­fer im je­wei­li­gen Ein­zel­fall über­nom­me­nen Be­schaf­fungs­pflicht. Die­se kann über die ur­sprüng­li­che Leis­tungs­ver­pflich­tung des Ver­käu­fers hin­aus­ge­hen und sich auch auf ei­ne vom Kauf­ge­gen­stand ab­wei­chen­de Sa­che – wie et­wa ein zwi­schen­zeit­lich auf den Markt ge­tre­te­nes Nach­fol­ge­mo­dell des Kauf­ge­gen­stands – er­stre­cken, die nach dem Par­tei­wil­len als gleich­wer­tig und gleich­ar­tig an­zu­se­hen ist.

[41]   (a) Beim Nach­er­fül­lungs­an­spruch aus § 439 I BGB han­delt es sich um ei­ne Mo­di­fi­ka­ti­on des ur­sprüng­li­chen Er­fül­lungs­an­spruchs aus § 433 I BGB (BT-Drs. 14/6040, S. 221). Da­bei soll mit der Nach­er­fül­lung nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on ei­ne nach­träg­li­che Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten aus § 433 I 2 BGB durch­ge­setzt wer­den (Se­nat, Urt. v. 15.07.2008 – VI­II ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 18; Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 49; Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24). Der Käu­fer, der bei Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels in der Re­gel nicht vor­ran­gig ein In­ter­es­se an der Rück­gän­gig­ma­chung des Kaufs oder an der Her­ab­set­zung des Kauf­prei­ses ha­ben wird, soll mit der Nach­er­fül­lung das er­hal­ten, was er ver­trag­lich zu be­an­spru­chen hat. Dem Ver­käu­fer hin­ge­gen soll mit dem Recht zur zwei­ten An­die­nung ei­ne „letz­te Chan­ce“ ein­ge­räumt wer­den, sei­ne Pflicht aus § 433 I 2 BGB durch Be­sei­ti­gung des Man­gels oder Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che – wenn auch erst im zwei­ten An­lauf – noch zu er­fül­len, um den mit ei­ner Rück­ab­wick­lung des Ver­trags re­gel­mä­ßig ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Nach­teil ab­zu­wen­den (BT-Drs. 14/6040, S. 89, 221; Se­nat, Urt. v. 23.02.2005 – VI­II ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 227; Urt. v. 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19, BGHZ 227, 15 Rn. 27 m. w. Nachw.).

[42]   Aus­ge­hend von die­ser In­ter­es­sen­la­ge bei­der Kauf­ver­trags­par­tei­en be­schränkt sich die „Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che“ ge­mäß § 439 I Fall 2 BGB nicht zwangs­läu­fig auf ei­ne mit dem Kauf­ge­gen­stand (ab­ge­se­hen von der Man­gel­haf­tig­keit) iden­ti­sche Sa­che. Viel­mehr hängt die Mög­lich­keit ei­ner Er­satz­be­schaf­fung bei Un­mög­lich­keit der Lie­fe­rung ei­ner dem Kauf­ge­gen­stand voll­stän­dig ent­spre­chen­den (man­gel­frei­en) Sa­che im je­wei­li­gen Ein­zel­fall ent­schei­dend da­von ab, ob und wo­durch nach dem durch in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung zu er­mit­teln­den Wil­len der Par­tei­en (§§ 133, 157 BGB) bei Ver­trags­schluss ei­ne Nach­lie­fe­rung in Be­tracht kom­men soll­te (vgl. hier­zu Se­nat, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 30 ff.; vgl. auch BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8). Auf den Par­tei­wil­len kommt es des­halb maß­geb­lich an, weil die Vor­schrift des § 439 I BGB selbst kei­ne Re­ge­lung zu der Fra­ge trifft, wel­che Er­satz­sa­che als aus­tausch­bar, al­so als gleich­wer­tig und gleich­ar­tig mit dem Kauf­ge­gen­stand zu be­wer­ten ist.

[43]   Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung ist nach der – die bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen in den Blick neh­men­den – Vor­stel­lung der Par­tei­en da­her grund­sätz­lich be­reits dann mög­lich, wenn die Kauf­sa­che im Fal­le ih­rer Man­gel­haf­tig­keit durch ei­ne gleich­ar­ti­ge und – funk­tio­nell so­wie ver­trags­mä­ßig – gleich­wer­ti­ge er­setzt wer­den kann (vgl. Se­nat, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 15.07.2008 – VI­II ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 18; Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 31 ff.), wo­von der Ge­setz­ge­ber im Grund­satz so­gar für Fäl­le des Stück­kaufs aus­ge­gan­gen ist (BT-Drs. 14/6040, S. 89, 220, 230), bei dem ei­ne iden­ti­sche Sa­che na­tur­ge­mäß nicht ver­füg­bar ist. Ent­schei­dend ist letzt­lich, ob und in wel­chem Um­fang der Ver­käu­fer – nach dem im je­wei­li­gen Fall zu er­mit­teln­den über­ein­stim­men­den Wil­len der Par­tei­en – bei Ver­trags­schluss ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht für den Fall ei­ner Nach­er­fül­lung über­nom­men hat (so be­reits Se­nat, Urt. v. 17.10.2018 – VI­II ZR 212/17, BGHZ 220, 77 Rn. 20; Urt. v. 24.10.2018 – VI­II ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 40; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 31 ff.).

[44]   (b) In­halt und Reich­wei­te die­ser mit Ver­trags­ab­schluss vom Ver­käu­fer für den Fall der Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che über­nom­me­nen Be­schaf­fungs­pflicht kön­nen da­bei – je nach Par­tei­wil­len – durch­aus Ab­wei­chun­gen ge­gen­über dem ur­sprüng­li­chen Er­fül­lungs­an­spruch auf­wei­sen und da­mit ins­be­son­de­re für den Ver­käu­fer auch über des­sen ur­sprüng­li­che Leis­tungs­ver­pflich­tung hin­aus­ge­hen so­wie zu ei­ner zu­sätz­li­chen wirt­schaft­li­chen Be­las­tung füh­ren.

[45]   (aa) So­weit die Re­vi­si­on dem­ge­gen­über meint, der Nach­lie­fe­rungs­an­spruch kön­ne sich schon des­halb (grund­sätz­lich) nicht auf ein Nach­fol­ge­mo­dell des ur­sprüng­lich ver­äu­ßer­ten Kauf­ge­gen­stands (Neu­fahr­zeug) er­stre­cken, weil der Ver­käu­fer im Rah­men der Nach­er­fül­lung le­dig­lich noch­mals die Über­ga­be des Be­sit­zes und die Ver­schaf­fung des Ei­gen­tums ei­ner man­gel­frei­en Sa­che – „nicht we­ni­ger, aber auch nicht mehr“ – schul­de (so auch Riehm, ZIP 2019, 589, 590), über­sieht sie, dass hier­mit le­dig­lich die Ziel­set­zung des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on – nach­träg­li­che Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten – in all­ge­mei­ner Form be­schrie­ben wird (s. auch Se­nat, Urt. v. 15.07.2008 – VI­II ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 18; Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24). Da­ge­gen wird hier­mit kei­ne Aus­sa­ge zum In­halt oder zum Um­fang der Nach­er­fül­lung im Ein­zel­fall ge­trof­fen. Die Re­vi­si­on ver­stellt sich den Blick dar­auf, dass Ge­gen­stand des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs – im Un­ter­schied zum ur­sprüng­li­chen Er­fül­lungs­an­spruch – nicht mehr die erst­ma­li­ge Lie­fe­rung der man­gel­frei­en Kauf­sa­che, son­dern – als pri­mä­res Ge­währ­leis­tungs­recht des Käu­fers – die Her­stel­lung ih­rer Man­gel­frei­heit durch Nach­bes­se­rung oder durch Er­satz­lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 50; Urt. v. 14.02.2020 – V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 51).

[46]   Da in­fol­ge der man­gel­haf­ten Leis­tung des Ver­käu­fers der Ver­trag nicht wie vor­ge­se­hen ab­ge­wi­ckelt wer­den kann (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 231), hat sich die Nach­er­fül­lung an die­ser ver­än­der­ten Si­tua­ti­on aus­zu­rich­ten. Es geht da­her bei der Nach­er­fül­lung nicht al­lein dar­um, den noch aus­ste­hen­den „Rest“ (Man­gel­frei­heit) der ur­sprüng­lich ge­schul­de­ten Leis­tung nach­träg­lich zu er­brin­gen. Viel­mehr soll der durch die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che ge­schaf­fe­ne Zu­stand durch Nach­bes­se­rung oder Er­satz­lie­fe­rung be­sei­tigt und im zwei­ten An­lauf ei­ne ver­trags­ge­mä­ße Leis­tung er­bracht wer­den. Die Pflich­ten des Ver­käu­fers wer­den da­mit nicht mehr al­lein durch den im Ver­trag ver­ein­bar­ten Kauf­ge­gen­stand fest­ge­legt, son­dern in An­se­hung der Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers mo­di­fi­ziert und er­gänzt (vgl. Kehr­ber­ger/​Rog­genk­em­per, JR 2019, 547, 549).

[47]   (bb) Dem­entspre­chend hat der Ge­richts­hof für den Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter (ABl. 1999 L 171, 12; im Fol­gen­den: Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie oder Richt­li­nie), wel­che die Grund­la­ge für das gel­ten­de Kauf­recht bil­det, aus­ge­führt, dass zwar durch den Kauf­ver­trag der ver­trags­ge­mä­ße Zu­stand des Ver­brauchs­guts fest­ge­legt und da­mit ins­be­son­de­re be­stimmt wird, wann ei­ne Ver­trags­wid­rig­keit ge­ge­ben ist, der Um­fang der aus der Schlechter­fül­lung fol­gen­den Ver­pflich­tun­gen des Ver­käu­fers aber über die im Kauf­ver­trag vor­ge­se­he­nen Pflich­ten hin­aus­ge­hen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 = ECLI:EU:C:2011:396 Rn. 59, 62 – Gebr. We­ber und Putz). Da­bei hat er klar­ge­stellt, dass sich der Be­griff „Er­satz­lie­fe­rung“ selbst nach dem Wort­laut der deut­schen Fas­sung der Richt­li­nie und vor al­lem im Hin­blick auf das von der Richt­li­nie an­ge­streb­te ho­he Ver­brau­cher­schutz­ni­veau nicht auf die blo­ße Lie­fe­rung ei­nes Er­sat­zes be­schränkt, son­dern auch den Aus­bau der man­gel­haf­ten und den Ein­bau ei­ner man­gel­frei­en Sa­che um­fasst (EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 = ECLI:EU:C:2011:396 Rn. 54 ff. – Gebr. We­ber und Putz).

[48]   Der Se­nat hat die­ses wei­te Ver­ständ­nis der vom Ver­käu­fer ge­schul­de­ten Er­satz­lie­fe­rung durch richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung des § 439 I Fall 2 BGB im Be­reich des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs in das deut­sche Recht über­tra­gen (Se­nat, Urt. v. 21.12.2011 – VI­II ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 25 ff.). Seit dem 01.01.2018 sieht § 439 III BGB (BGBl. I 2017 969; im Fol­gen­den: n.F.) so­gar für sämt­li­che Kauf­ver­trä­ge vor, dass der Ver­käu­fer im Rah­men der Nach­er­fül­lung ver­pflich­tet ist, dem Käu­fer die er­for­der­li­chen Auf­wen­dun­gen für das Ent­fer­nen der man­gel­haf­ten und den Ein­bau oder das An­brin­gen der nach­ge­bes­ser­ten oder ge­lie­fer­ten man­gel­frei­en Sa­che zu er­set­zen.

[49]   (cc) Für ein nicht auf den Um­fang der bis­he­ri­gen Lie­fe­rung be­grenz­tes Ver­ständ­nis der Er­satz­lie­fe­rung be­steht in An­be­tracht des Be­stre­bens des Ge­setz­ge­bers der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung, im In­ter­es­se bei­der Par­tei­en den Vor­rang der Nach­er­fül­lung vor den se­kun­dä­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­ten si­cher­zu­stel­len (vgl. BT-Drs. 14/6040, 220 f., 230), auch in den Fäl­len ein Be­dürf­nis, in de­nen auf­grund von Um­stän­den, die sich bei ord­nungs­ge­mä­ßer Leis­tung nicht aus­ge­wirkt hät­ten, ein iden­ti­scher Kauf­ge­gen­stand nicht mehr ge­lie­fert wer­den kann, wohl aber ei­ne Sa­che, die nach dem Par­tei­wil­len bei nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­ter Aus­le­gung ih­rer auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten Er­klä­run­gen (§§ 133, 157 BGB) als gleich­wer­ti­ger und gleich­ar­ti­ger Ge­gen­stand und da­mit als aus­tausch­bar an­zu­se­hen ist (vgl. Se­nat, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41; Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 29 ff.). Denn das In­sti­tut der Nach­er­fül­lung ge­mäß § 439 I BGB soll das ho­he Ver­brau­cher­schutz­ni­veau der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie um­set­zen und dem Käu­fer – so­weit In­ter­es­sen des Ver­käu­fers nicht ent­ge­gen­ste­hen – ei­ne Re­pa­ra­tur oder ei­nen Um­tausch der man­gel­haf­ten Sa­che er­mög­li­chen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 230). An­ders als die Re­vi­si­on meint, ist § 439 BGB vor die­sem Hin­ter­grund nicht re­strik­tiv aus­zu­le­gen. Ins­be­son­de­re folgt dies nicht aus dem Um­stand, dass die Nach­er­fül­lung – eben­so wie der Rück­tritt und die Min­de­rung – ein Ver­schul­den des Ver­käu­fers nicht vor­aus­setzt.

[50]   (dd) Ent­ge­gen der Sicht­wei­se der Re­vi­si­on führt ei­ne – durch § 439 I BGB nicht ver­sperr­te und mit des­sen Wer­tun­gen in Ein­klang ste­hen­de – in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung, aus der sich ei­ne den Ver­käu­fer im Fall ei­ner Nach­lie­fe­rungs­ver­pflich­tung tref­fen­de Be­schaf­fungs­pflicht be­züg­lich ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells er­gibt, auch nicht da­zu, dass die (wirt­schaft­li­chen) In­ter­es­sen des Ver­käu­fers „voll­stän­dig aus­ge­blen­det“ wür­den.

[51]   (aaa) Zum ei­nen wird der Schutz des Ver­käu­fers vor un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten der Nach­lie­fe­rung grund­sätz­lich be­reits durch die – vor­lie­gend auch vom Be­ru­fungs­ge­richt be­rück­sich­tig­te – Re­ge­lung in § 439 IV BGB (im Streit­fall noch § 439 III BGB in der ge­mäß Art. 229 § 39 EGBGB bis zum 31.12.2017 gel­ten­den Fas­sung; im Fol­gen­den: a.F.) ge­währ­leis­tet (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 232; Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 37). Hin­zu tritt die kauf­recht­li­che Ver­jäh­rungs­frist von zwei Jah­ren (§ 438 I Nr. 3 BGB), mit­hil­fe de­rer der Ge­setz­ge­ber eben­falls un­bil­li­ge Ein­schrän­kun­gen der Dis­po­si­ti­ons­frei­heit des Ver­käu­fers ver­hin­dern woll­te (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 96). Zu­dem sol­len die Re­gress­mög­lich­kei­ten nach § 478 BGB a.F. (seit 01.01.2018: §§ 445a, 478 BGB) si­cher­stel­len, dass der Letzt­ver­käu­fer nicht al­lein die Nach­tei­le des durch die Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung ver­wirk­lich­ten ver­bes­ser­ten Ver­brau­cher­schut­zes zu tra­gen hat, wenn der Grund für sei­ne Haf­tung, näm­lich der Man­gel der Sa­che, nicht in sei­nem Be­reich ent­stan­den ist, son­dern et­wa – wie auch vor­lie­gend – auf ei­nen Feh­ler im Her­stel­lungs­pro­zess zu­rück­zu­füh­ren ist (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 247).

[52]   Auch der Ge­richts­hof sieht den Schutz der durch die er­wei­ter­te Nach­lie­fe­rungs­ver­pflich­tung be­rühr­ten fi­nan­zi­el­len In­ter­es­sen des Ver­käu­fers grund­sätz­lich be­reits durch die zwei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist nach Art. 5 I der Richt­li­nie, durch die ihm in Art. 3 III Un­ter­ab­satz 2 der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie er­öff­ne­te Mög­lich­keit, die Er­satz­lie­fe­rung zu ver­wei­gern, so­wie durch das in Art. 4 der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie vor­ge­se­he­ne Rück­griffs­recht beim Her­stel­ler ge­wahrt (EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 = ECLI:EU:C:2011:396 Rn. 58 – Gebr. We­ber und Putz; Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, Slg. 2008, I-2685 = ECLI:EU:C:2008:231 Rn. 42 – Quel­le).

[53]   (bbb) Zum an­de­ren ist – wor­auf die Tat­ge­rich­te (ver­stärkt) ein be­son­de­res Au­gen­merk zu rich­ten ha­ben – im Rah­men der ge­bo­te­nen nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung der zum Kauf­ver­trags­ab­schluss füh­ren­den Wil­lens­er­klä­run­gen im Ein­zel­fall sorg­fäl­tig und nicht nur sche­ma­tisch zu prü­fen, ob die Par­tei­en die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells als aus­tausch­bar mit dem ur­sprüng­lich ge­lie­fer­ten Kauf­ge­gen­stand an­ge­se­hen ha­ben. Hier­bei kön­nen, je nach Sach­ver­halt, ver­schie­de­ne Ge­sichts­punk­te aus­schlag­ge­ben­de Be­deu­tung ge­win­nen.

[54]   So kann – was vor­lie­gend das Be­ru­fungs­ge­richt nicht hin­rei­chend be­ach­tet hat – die den Ver­käu­fer ei­nes Ver­brauchs­guts tref­fen­de Be­schaf­fungs­pflicht in dem Fall, dass le­dig­lich ein Nach­fol­ge­mo­dell der er­wor­be­nen Kauf­sa­che lie­fer­bar ist, von vorn­her­ein nicht zeit­lich un­be­grenzt gel­ten. Denn der Käu­fer ei­nes Ver­brauchs­guts hat für die ge­lie­fer­te man­gel­haf­te Sa­che, die durch Nut­zung fort­lau­fend an Wert ver­liert, ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung nicht zu zah­len (§ 474 I 1, V 1 BGB in der bis zum 31.12.2017 gel­ten­den Fas­sung, nun­mehr § 474 I 1, § 475 III 1 BGB). Be­reits aus die­sem Grund ist bei ei­ner nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung der Wil­lens­er­klä­run­gen der Par­tei­en ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs – vor al­lem beim Kauf von Fahr­zeu­gen, die be­reits nach kur­zer Zeit ei­nen deut­li­chen Wert­ver­lust er­lei­den – ei­ne Aus­tausch­bar­keit von Kauf­ge­gen­stand und Er­satz­sa­che grund­sätz­lich nur dann an­zu­neh­men, wenn der Ver­brau­cher sein Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren in­ner­halb ei­nes an die Län­ge der re­gel­mä­ßi­gen kauf­recht­li­chen Ver­jäh­rungs­frist (zwei Jah­re – § 438 I Nr. 3 BGB) an­ge­lehn­ten Zeit­raums – be­gin­nend ab dem für die Wil­lens­bil­dung maß­geb­li­chen Zeit­punkt des Kauf­ver­trags­ab­schlus­ses – gel­tend macht.

[55]   Die be­schrie­be­ne zeit­li­che Be­gren­zung der Be­schaf­fungs­pflicht führt zu­gleich da­zu, dass sich ei­ne mög­li­che Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers al­lein auf das Nach­fol­ge­mo­dell be­schränkt, das zu dem Zeit­punkt her­ge­stellt wird, zu dem das Nach­lie­fe­rungs­ver­lan­gen erst­mals in­ner­halb von zwei Jah­ren ab Ver­trags­schluss ge­stellt wor­den ist. Auf die­se Wei­se wird si­cher­ge­stellt, dass im Fall ei­ner sich et­wa an­schlie­ßen­den ge­richt­li­chen Gel­tend­ma­chung des Nach­lie­fe­rungs­an­spruchs bei lan­ger Pro­zess­dau­er nicht auch wei­te­re Fol­ge­mo­del­le er­fasst sind. An­dern­falls könn­te der Ver­käu­fer – was im Rah­men ei­ner bei­der­seits in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung eben­falls zu be­rück­sich­ti­gen ist – nicht kal­ku­lier­bar prü­fen, ob er das zeit­ge­recht ge­stell­te Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren als be­rech­tigt an­er­kennt und da­mit das aus­ge­lie­fer­te Fahr­zeug oh­ne noch grö­ße­ren Wert­ver­lust zu­rücker­lan­gen kann (§ 439 IV BGB a.F. bzw. § 439 V BGB n.F.).

[56]   Un­ab­hän­gig von der Be­rück­sich­ti­gung ei­ner zeit­li­chen Gren­ze ei­ner Be­schaf­fungs­pflicht kann im Rah­men der nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung der zum Ver­trags­schluss füh­ren­den Wil­lens­er­klä­run­gen bei ei­nem er­heb­li­chen Mehr­wert der Er­satz­sa­che An­lass be­ste­hen zu prü­fen, ob die Par­tei­en bei Ver­trags­schluss die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells (ins­be­son­de­re bei Fahr­zeu­gen) über­ein­stim­mend nur ge­gen ei­ne vom Käu­fer von sich aus an­zu­bie­ten­de Zu­zah­lung als aus­tausch­bar mit dem ur­sprüng­lich ge­lie­fer­ten Kauf­ge­gen­stand an­ge­se­hen ha­ben (vgl. auch EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 = ECLI:EU:C:2011:396 Rn. 76 – Gebr. We­ber und Putz; Se­nat, Urt. v. 21.12.2011 – VI­II ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 27, 35; Urt. v. 07.04.2021 – VI­II ZR 191/19, ju­ris Rn. 33 [zur Kos­ten­be­tei­li­gung des Ver­käu­fers bei dem Aus­bau der man­gel­haf­ten und dem Ein­bau der man­gel­frei­en Sa­che durch den Käu­fer]; OLG Stutt­gart, Beschl. v. 14.09.2011 – 10 W 9/11, NJW-RR 2011, 1589 un­ter II 3 [zur Kos­ten­be­tei­li­gung des Be­stel­lers bei ei­ner über den Stand der Tech­nik bei Ver­trags­schluss hin­aus­ge­hen­den werk­ver­trag­li­chen Nach­er­fül­lung]). Falls die vom Käu­fer an­ge­bo­te­ne Zu­zah­lung aus Sicht des Tatrich­ters nach des­sen frei­em Schät­zungs­er­mes­sen nicht an­ge­mes­sen sein soll­te, um ei­nem sol­chen Wert­un­ter­schied Rech­nung zu tra­gen, ent­fällt nach dem in­ter­es­sen­ge­recht aus­zu­le­gen­den Par­tei­wil­len re­gel­mä­ßig ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers. Die (von der Re­vi­si­on ge­streif­te) Fra­ge ei­ner even­tu­el­len Kos­ten­be­tei­li­gung des Käu­fers oder ei­nes gänz­li­chen Aus­schlus­ses ei­ner sich auf das Nach­fol­ge­mo­dell er­stre­cken­den Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers stellt sich da­mit vor al­lem in den Fäl­len, in de­nen der Ver­käu­fer die Ein­re­de nach § 439 III BGB a.F. (§ 439 IV BGB n.F.) er­he­ben könn­te.

[57]   Dies führt je­doch nicht da­zu, dass die Fra­ge, ob ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht bei er­heb­li­chem Mehr­wert des Nach­fol­ge­mo­dells nur ge­gen Kos­ten­be­tei­li­gung des Käu­fers oder über­haupt nicht be­steht, aus pro­zess­öko­no­mi­scher Sicht im Hin­blick auf das Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen des § 439 III BGB a.F. (§ 439 IV BGB n.F.) stets of­fen­blei­ben könn­te. Denn die­se Ein­re­de­mög­lich­keit steht dem Ver­käu­fer nicht im­mer zur Ver­fü­gung. Die Er­he­bung der Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keits­ein­re­de ist ihm im Ver­brauchs­gü­ter­kauf ver­wehrt, wenn die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung – die Nach­bes­se­rung – we­gen § 275 I BGB aus­ge­schlos­sen ist oder der Ver­käu­fer die­se nach § 275 II oder III BGB oder nach § 439 III BGB a.F. (§ 439 IV BGB n.F.) be­rech­tig­ter­wei­se ver­wei­gert (vgl. auch Ring, SVR 2019, 161, 165; ders.,SVR 2019, 448, 451). Wie der Se­nat auf­grund der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs (EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 = ECLI:EU:C:2011:396 Rn. 71 – Gebr. We­ber und Putz) be­reits ent­schie­den hat, ist § 439 III BGB a.F. beim Ver­brauchs­gü­ter­kauf richt­li­ni­en­kon­form ein­schrän­kend da­hin ge­hend an­zu­wen­den, dass dem Ver­käu­fer in die­sem Fall die Be­ru­fung auf die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keits­ein­re­de – be­tref­fend die Nach­lie­fe­rung – nicht er­laubt ist (Se­nat, Urt. v. 21.12.2011 – VI­II ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 35; seit 01.01.2018 aus­drück­lich ge­re­gelt in § 475 IV 1 BGB).

[58]   (2) Un­ter Be­rück­sich­ti­gung die­ser Grund­sät­ze hat das Be­ru­fungs­ge­richt im Aus­gangs­punkt noch zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass auch im Fall ei­nes Neu­wa­gen­kaufs der An­spruch ei­nes Ver­brau­chers auf Er­satz­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ge­mäß § 439 I Fall 2 BGB ein Fahr­zeug der nach­fol­gen­den Se­ri­en­pro­duk­ti­on er­fas­sen kann, so­fern das im Ver­trag be­schrie­be­ne Mo­dell nicht mehr her­ge­stellt wird und nicht mehr als Neu­fahr­zeug be­schafft wer­den kann. Ent­ge­gen der An­nah­me der Re­vi­si­on ist nicht da­von aus­zu­ge­hen, die Par­tei­en ei­nes Kauf­ver­trags über ein Neu­fahr­zeug ei­ner Mo­dell­ge­ne­ra­ti­on hiel­ten ein Fahr­zeug aus der nächs­ten Bau­rei­he auf­grund zahl­rei­cher Un­ter­schie­de zwi­schen den Mo­del­len grund­sätz­lich nicht für er­fül­lungs­taug­lich.

[59]   (a) Selbst wenn sich Nach­fol­ge­mo­del­le von ih­ren Vor­gän­gern üb­li­cher­wei­se auf­grund von Aus­stat­tungs­merk­ma­len und ih­rer Markt­be­wer­tung deut­lich un­ter­schei­den soll­ten, wä­re dies al­lein nicht aus­schlag­ge­bend, weil beim Kauf ei­nes Neu­fahr­zeugs mit der Pro­duk­ti­on und dem Markt­ein­tritt ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells ty­pi­scher­wei­se zu rech­nen ist. Den Par­tei­en, na­ment­lich dem Fahr­zeug­händ­ler, ist bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags in der Re­gel be­wusst, dass der Fahr­zeug­her­stel­ler nach ge­wis­ser Zeit das bis­he­ri­ge Mo­dell nicht mehr in der im Kauf­ver­trag be­schrie­be­nen Form her­stellt. Am Markt tritt das Nach­fol­ge­mo­dell ei­nes Neu­fahr­zeugs re­gel­mä­ßig für bei­de Sei­ten er­kenn­bar an die Stel­le des nicht mehr ak­tu­el­len Vor­gän­ger­mo­dells. Nach­fol­ge­mo­del­le sind da­bei in der Re­gel in man­cher Hin­sicht fort­ent­wi­ckelt, sei es durch die Klas­si­fi­ka­ti­on nach neu­en eu­ro­päi­schen Ab­gas­nor­men und Än­de­run­gen der Mo­tor­tech­nik, durch Fort­schrit­te bei Si­cher­heits- und As­sis­tenz­sys­te­men und ent­spre­chend um­fang­rei­che­rem Ein­satz von Steue­rungs­soft­ware, durch Än­de­run­gen bei Ab­mes­sun­gen, Ge­wicht, Kraft­stoff­ver­brauch und For­men­spra­che oder et­wa durch ver­mehr­ten Kom­fort. Auf die­se Wei­se er­setzt das Nach­fol­ge­mo­dell am Markt sei­nen Vor­gän­ger und tritt an des­sen Stel­le (zum Gan­zen be­reits Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 35).

[60]   (b) Bei ih­rer An­nah­me, die Par­tei­en ei­nes Neu­wa­gen­ge­schäfts ei­nig­ten sich – ge­ne­rell und auch im vor­lie­gen­den Fall – hin­sicht­lich der we­sent­li­chen Fahr­zeug­ei­gen­schaf­ten auf ein kon­kre­ti­sier­tes Fahr­zeug, ver­ein­bar­ten hier­für ei­nen be­stimm­ten Kauf­preis und hiel­ten des­halb kein hier­von ab­wei­chen­des – bes­ser aus­ge­stat­te­tes und/​oder teu­re­res oder aber schlech­ter aus­ge­stat­te­tes und/​oder güns­ti­ge­res Fahr­zeug – für er­fül­lungs­taug­lich, nimmt die Re­vi­si­on die bei­der­sei­ti­ge In­ter­es­sen­la­ge (ins­be­son­de­re den Vor­rang der Nach­er­fül­lung, an dem bei­de Sei­ten ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se ha­ben) nicht hin­rei­chend in den Blick und über­sieht zu­dem, dass die Fra­ge, ob und mit wel­cher Reich­wei­te den Ver­käu­fer ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht be­züg­lich ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells trifft, letzt­lich von den kon­kre­ten Um­stän­den des Ein­zel­falls ab­hängt. Da­von ab­ge­se­hen lässt sich ih­re Sicht­wei­se nicht da­mit ver­ein­ba­ren, dass der Ge­setz­ge­ber bei der Nach­er­fül­lung die Un­ter­schei­dung zwi­schen Stück­kauf und Gat­tungs­kauf aus­drück­lich als ver­zicht­bar an­ge­se­hen (BT-Drs. 14/6040, S. 94, 230; Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 31) und da­mit zu ver­ste­hen ge­ge­ben hat, dass die zu lie­fern­de Er­satz­sa­che nicht not­wen­di­ger­wei­se mit der im Kauf­ver­trag kon­kret fest­ge­leg­ten Sa­che iden­tisch sein muss. Es kommt in An­be­tracht der mit § 439 BGB vom Ge­setz­ge­ber ver­folg­ten Ziel­set­zung der Ver­mei­dung ei­ner Rück­ab­wick­lung des Ver­trags (BT-Drs. 14/6040, S. 89, 221) und des dies­be­züg­lich von den Par­tei­en bei Ver­trags­schluss ge­bil­de­ten Wil­lens al­lein dar­auf an, ob der Ver­käu­fer ver­trag­lich ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht über­nom­men hat, de­ren In­halt und Reich­wei­te durch in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung des Kauf­ver­trags im je­wei­li­gen Ein­zel­fall zu be­stim­men ist (Se­nat, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41 f.).

[61]   Der wei­te­re An­satz der Re­vi­si­on, die Leis­tungs­merk­ma­le und Ei­gen­schaf­ten des ur­sprüng­lich er­wor­be­nen Fahr­zeugs als – durch ein Nach­fol­ge­mo­dell nicht er­füll­ba­re – Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen i. S. des § 434 I 1 BGB zu wer­ten, trifft be­reits des­we­gen nicht zu, weil an das Vor­lie­gen ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nach § 434 I 1 BGB stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len sind. Un­ter der Gel­tung des neu­en Schuld­rechts kommt sie nicht mehr im Zwei­fel, son­dern nur noch in ein­deu­ti­gen Fäl­len in Be­tracht (st. Rspr.; s. et­wa Se­nat, Urt. v. 20.03.2019 – VI­II ZR 213/18, NJW 2019, 1937 Rn. 22; Urt. v. 27.09.2017 – VI­II ZR 271/16, NJW 2018, 146 Rn. 18; Urt. v. 18.10.2017 – VI­II ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 16). Al­lein der Um­stand, dass ein Fahr­zeug über be­stimm­te Ei­gen­schaf­ten ver­fügt, be­grün­det kei­ne trag­fä­hi­gen An­halts­punk­te für das Vor­lie­gen ei­ner (kon­klu­den­ten) Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung. Da­mit ist für die Auf­fas­sung der Re­vi­si­on, ei­ner in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung der Par­tei­er­klä­run­gen stün­den ge­trof­fe­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen ent­ge­gen, kein Raum.

[62]   (c) So­weit die Re­vi­si­on wei­ter gel­tend macht, die Käu­fer ei­nes Neu­wa­gens hät­ten aus der Sicht ei­nes ob­jek­ti­ven Emp­fän­gers kein In­ter­es­se an ei­ner Nach­er­fül­lung durch ein Nach­fol­ge­mo­dell, weil die Ver­än­de­run­gen ge­gen­über dem Vor­gän­ger­mo­dell aus ih­rer Sicht – et­wa, weil es nicht die Ga­ra­gen­ein­fahrt pas­sie­ren kön­ne, we­ni­ger Mo­tor­leis­tung auf­wei­se oder mit ei­nem SCR-Ka­ta­ly­sa­tor aus­ge­rüs­tet sei – nach­tei­lig sein könn­ten, stellt sie le­dig­lich abs­trak­te Über­le­gun­gen an und be­rück­sich­tigt zu­dem nicht, dass sol­che Um­stän­de nicht iso­liert, son­dern mit wei­te­ren aus­le­gungs­re­le­van­ten Ge­sichts­punk­ten zu wür­di­gen sind. Die ge­bo­te­ne Aus­le­gung mag zwar im kon­kre­ten Ein­zel­fall er­ge­ben, dass be­stimm­ten Merk­ma­len ei­nes Fahr­zeugs auf­grund der – für den Ver­käu­fer er­kenn­ba­ren – In­ter­es­sen­la­ge des Käu­fers ei­ne solch ge­wich­ti­ge Be­deu­tung zu­kommt, dass sie ei­ne Nach­er­fül­lung durch ein Nach­fol­ge­mo­dell, wel­ches über die ent­spre­chen­den Merk­ma­le nicht (mehr) ver­fügt, aus­schließt. An­halts­punk­te hier­für hat die Re­vi­si­on im Streit­fall je­doch nicht an­satz­wei­se auf­ge­zeigt.

[63]   (d) Die Auf­fas­sung der Re­vi­si­on, es wi­der­spre­che dem ob­jek­tiv er­kenn­ba­ren In­ter­es­se ei­nes Ver­käu­fers, dass die­ser sich oh­ne je­de Nach­zah­lung des Käu­fers da­zu ver­pflich­te, ein noch nicht ein­mal be­kann­tes Nach­fol­ge­mo­dell zu ei­nem un­be­kann­ten Preis lie­fern zu müs­sen, und da­mit be­reit sei, ent­we­der ei­nen Teil sei­ner Mar­ge zu ver­lie­ren oder so­gar ei­nen Ver­lust hin­zu­neh­men, nimmt al­lein die In­ter­es­sen des Ver­käu­fers und nicht die Be­lan­ge bei­der Sei­ten in den Blick. Zwar dür­fen im Rah­men der ge­bo­te­nen nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung der Par­tei­er­klä­run­gen die wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen des Ver­käu­fers nicht ver­nach­läs­sigt wer­den. Die­sen wird aber durch die oben (un­ter 2 b aa (1) (b) (dd)) be­schrie­be­nen, sich aus ei­ner nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung er­ge­ben­den Be­schrän­kun­gen ei­ner Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers (zeit­li­che Gren­ze für die Gel­tend­ma­chung ei­ner Er­satz­lie­fe­rung, un­ter Um­stän­den von sich aus an­zu­bie­ten­de Zu­zah­lung des Käu­fers oder Weg­fall der Be­schaf­fungs­pflicht bei deut­li­chem Mehr­wert des Nach­fol­ge­mo­dells) hin­rei­chend Rech­nung ge­tra­gen. Auch mag es – wie oben aus­ge­führt – Fäl­le ge­ben, in de­nen ei­ne Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers be­züg­lich ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells des er­wor­be­nen Fahr­zeugs gänz­lich aus­schei­det.

[64]   (e) Schließ­lich folgt auch aus Zif­fer IV 6 Satz 1 der „Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen“

(„Kon­struk­ti­ons- oder Form­än­de­run­gen, Ab­wei­chun­gen im Farb­ton so­wie Än­de­run­gen des Lie­fer­um­fan­ges sei­tens des Her­stel­lers blei­ben wäh­rend der Lie­fe­rungs­zeit vor­be­hal­ten, so­fern die Än­de­run­gen oder Ab­wei­chun­gen un­ter Be­rück­sich­ti­gung des In­ter­es­ses des Ver­käu­fers für den Käu­fer zu­mut­bar sind.“)

ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on nicht („im Um­kehr­schluss“), dass der Ver­käu­fer nach Ab­lauf der Lie­fer­zeit nach dem Par­tei­wil­len nicht mehr zu ei­ner Nach­lie­fe­rung durch ein an­de­res (Nach­fol­ge-)Mo­dell ver­pflich­tet sein soll­te (so aber auch Riehm, ZIP 2019, 589, 591). Un­ab­hän­gig da­von, ob die­se „Ver­kaufs­be­din­gun­gen“ über­haupt wirk­sam in den vor­lie­gend ge­schlos­se­nen Ver­trag ein­be­zo­gen wor­den sind, be­trifft der dort ge­re­gel­te Än­de­rungs­vor­be­halt – was die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung zu­tref­fend gel­tend macht – er­kenn­bar al­lein die Pri­mär­leis­tungs­pflicht des Ver­käu­fers und nicht den Fall ei­ner man­gel­be­ding­ten Er­satz­lie­fe­rung. Die be­tref­fen­de Klau­sel ist al­lein dem In­ter­es­se des Ver­käu­fers ge­schul­det, bei sei­tens des Her­stel­lers vor­ge­nom­me­nen Än­de­run­gen am und Ab­wei­chun­gen vom im Kauf­ver­trag be­zeich­ne­ten Mo­dell sei­ner Lie­fer­ver­pflich­tung aus § 433 I BGB ge­gen­über dem Käu­fer nach­kom­men zu kön­nen, in­dem er das ge­än­der­te Mo­dell als ver­trags­ge­mäß lie­fert (so et­wa OLG Karls­ru­he Urt. v. 25.05.2019 – 13 U 144/17, NJW-RR 2019, 869 Rn. 88). Rück­schlüs­se auf die Fra­ge des Be­ste­hens oder Nicht­be­ste­hens ei­ner Be­schaf­fungs­pflicht im Nach­er­fül­lungs­fall las­sen sich folg­lich dar­aus nicht zie­hen.

[65]   bb) Nach al­le­dem ist die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts nicht zu be­an­stan­den, dass sich nach der Recht­spre­chung des Se­nats ein man­gel­be­ding­ter Nach­lie­fe­rungs­an­spruch beim Kauf ei­nes Neu­fahr­zeugs grund­sätz­lich auch auf ein zwi­schen­zeit­lich her­ge­stell­tes Nach­fol­ge­mo­dell er­stre­cken kann. Je­doch hat es bei der ge­bo­te­nen bei­der­seits in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung der auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten Er­klä­run­gen der Ver­trags­par­tei­en rechts­feh­ler­haft nicht al­le maß­geb­li­chen Um­stän­de des Ein­zel­falls be­rück­sich­tigt, son­dern un­ter Ver­weis auf den – nur in die The­ma­tik ein­füh­ren­den und le­dig­lich ei­ner vor­schnel­len Be­ja­hung der Un­mög­lich­keit ei­ner Nach­lie­fe­rung ei­ne Ab­sa­ge er­tei­len­den – Hin­weis­be­schluss des Se­nats vom 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 – ei­ne zu sche­ma­ti­sche Be­trach­tung an­ge­stellt. Ins­be­son­de­re hat es dem von der Re­vi­si­on an­ge­führ­ten und im Rah­men ei­ner in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung er­kenn­bar re­le­van­ten Ge­sichts­punkt, dass der Klä­ger erst­mals nach fast acht Jah­ren seit Kauf­ver­trags­ab­schluss die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes Nach­fol­ge­mo­dells ver­langt hat, kei­ne Be­ach­tung ge­schenkt. Be­reits die­ser Um­stand und die mit ihm ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen für die Be­klag­te schlie­ßen bei ei­ner rechts­feh­ler­frei­en Aus­le­gung ei­ne Nach­er­fül­lung durch Er­satz­lie­fe­rung des Nach­fol­ge­mo­dells aus.

[66]   Denn ei­ne nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung des Par­tei­wil­lens bei Ver­trags­schluss führt bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf da­zu, dass die von ei­nem Ver­käu­fer über­nom­me­ne Be­schaf­fungs­pflicht be­züg­lich ei­nes neu­wer­ti­gen Nach­fol­ge­mo­dells nicht un­ein­ge­schränkt, son­dern nur dann be­steht, wenn ein Nach­lie­fe­rungs­an­spruch in­ner­halb ei­nes als sach­ge­recht und an­ge­mes­sen zu be­wer­ten­den Zeit­raums von zwei Jah­ren ab Ver­trags­ab­schluss gel­tend ge­macht wird. Da der ge­nann­te Zeit­raum vor­lie­gend deut­lich über­schrit­ten ist, ist das Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren des Klä­gers ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts man­gels Ver­füg­bar­keit ei­nes nach­er­fül­lungs­taug­li­chen Neu­fahr­zeugs we­gen Un­mög­lich­keit (§ 275 I BGB) im Er­geb­nis aus­ge­schlos­sen. Ei­ne in der münd­li­chen Ver­hand­lung von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung an­ge­reg­te Vor­la­ge an den EuGH nach Art. 267 AEUV ist nicht ver­an­lasst, da nicht die Aus­le­gung von Uni­ons­recht in­fra­ge steht, son­dern der Ge­sichts­punkt, wel­chen Wil­len die Ver­trags­par­tei­en bei Ver­trags­schluss bei bei­der­seits in­ter­es­sen­ge­rech­ter Aus­le­gung ge­bil­det ha­ben.

[67]   (1) Beim Neu­wa­gen­kauf tritt durch die Nut­zung des Fahr­zeugs durch den Käu­fer recht schnell ein deut­li­cher Wert­ver­lust ein. Der Käu­fer hat im Fal­le der Nach­lie­fe­rung die an ihn aus­ge­lie­fer­te man­gel­haf­te Sa­che ge­mäß § 439 IV BGB (in der bis zum 31.12.2017 gel­ten­den Fas­sung, nun­mehr § 439 V BGB) le­dig­lich in dem ab­ge­nutz­ten Zu­stand (oh­ne Wert­er­satz) an den Ver­käu­fer her­aus­zu­ge­ben. Zu­dem hat der Käu­fer bei ei­nem – auch hier vor­lie­gen­den – Ver­brauchs­gü­ter­kauf nach § 474 I 1, V 1 BGB (in der bis zum 31.12.2017 gel­ten­den Fas­sung, nun­mehr § 474 I 1, § 475 III 1 BGB) ei­nen Er­satz für die Nut­zung des ur­sprüng­lich ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs ge­mäß § 439 IV BGB a.F. (§ 439 V BGB n.F.) i. V. mit §§ 346 ff. BGB – an­ders als et­wa nach ei­nem Rück­tritt – nicht zu leis­ten.

[68]   a) In An­se­hung die­ser Um­stän­de ge­bie­tet ei­ne nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung des Par­tei­wil­lens (§§ 133, 157 BGB), bei der ne­ben al­len Um­stän­den des Ein­zel­falls auch die Ge­bo­te von Treu und Glau­ben zu be­rück­sich­ti­gen sind, dass ei­ne Nach­fol­ge­mo­del­le um­fas­sen­de Be­schaf­fungs­pflicht des Ver­käu­fers im Fall ei­ner man­gel­be­ding­ten Er­satz­lie­fe­rung beim Ver­brauchs­gü­ter­kauf von vorn­her­ein auf den Zeit­raum be­grenzt ist, in­ner­halb des­sen die Ver­trags­par­tei­en – aus­ge­hend von der ih­nen bei Ver­trags­ab­schluss be­kann­ten Sach- und Rechts­la­ge – mit dem Ein­tritt ei­nes Ge­währ­leis­tungs­falls und ei­nem ent­spre­chen­den Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren üb­li­cher­wei­se rech­nen konn­ten.

[69]   Im Rah­men ei­ner ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tung ist da­bei ein Zeit­raum von zwei Jah­ren in­ter­es­sen- und sach­ge­recht, der – da der über­ein­stim­men­de Par­tei­wil­le zu die­sem Zeit­punkt maß­ge­bend ist – ab Ver­trags­schluss zu lau­fen be­ginnt. Ei­nen ver­gleich­ba­ren Zeit­raum hat der Ge­setz­ge­ber – wenn­gleich zum Zwe­cke der Ver­jäh­rung an die Ab­lie­fe­rung der Sa­che an­knüp­fend (§ 438 II Fall 2 BGB) – bei der Neu­re­ge­lung des kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rechts in § 438 I Nr. 3 BGB als an­ge­mes­sen er­ach­tet, da­mit die Ver­trags­part­ner ei­ner­seits „ei­ne fai­re Chan­ce er­hal­ten, ih­re An­sprü­che gel­tend zu ma­chen“ (BT-Drs. 14/6040, S. 228), an­de­rer­seits aber auch „Be­re­chen­bar­keit und Vor­aus­seh­bar­keit“ ge­währ­leis­tet so­wie der Schutz des Ver­käu­fers vor un­bil­li­gen Ein­schrän­kun­gen sei­ner Dis­po­si­ti­ons­frei­heit er­reicht wer­den (BT-Drs. 14/6040, S. 96). Auch die Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie, zu de­ren Um­set­zung § 439 BGB ge­schaf­fen wor­den ist, geht in ih­rem An­wen­dungs­be­reich ge­mäß Art. 5 I 1 von ei­ner Haf­tungs­dau­er (Satz 1; s. hier­zu EuGH, Urt. v. 13.07.2017 – C-133/16, ECLI:EU:C:2017:541 = JZ 2018, 298 Rn. 32 ff. – Fe­ren­schild; Se­nat, Urt. v. 18.11.2020 – VI­II ZR 78/20, NJW 2021, 1008 Rn. 19 ff.) bzw. von ei­ner Ver­jäh­rungs­frist (Satz 2) von zwei Jah­ren aus, was nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs eben­falls dem Schutz der fi­nan­zi­el­len In­ter­es­sen des Ver­käu­fers und der Kom­pen­sa­ti­on da­für dient, dass die­ser für je­de Ver­trags­wid­rig­keit haf­tet, die zum Zeit­punkt der Lie­fe­rung des Ver­brauchs­guts be­steht (s. EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, Slg. 2011, I-5257 = ECLI:EU:C:2011:396 Rn. 59, 62 – Gebr. We­ber und Putz; Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, Slg. 2008, I-2685 = ECLI:EU:C:2008:231 Rn. 40 – Quel­le).

[70]   (b) Hier­an an­knüp­fend trägt es den In­ter­es­sen der am Neu­wa­gen­kauf be­tei­lig­ten Ver­trags­par­tei­en grund­sätz­lich in an­ge­mes­se­ner Wei­se Rech­nung, wenn der Ver­käu­fer im Fal­le ei­nes man­gel­be­ding­ten Nach­er­fül­lungs­be­geh­rens zwar grund­sätz­lich auch zur Nach­lie­fe­rung ei­nes zwi­schen­zeit­lich her­ge­stell­ten Nach­fol­ge­mo­dells ver­pflich­tet ist, dies aber nur für den Fall gilt, dass der Ver­brau­cher ei­nen ent­spre­chen­den An­spruch bin­nen ei­nes den wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen bei­der Sei­ten hin­rei­chend Rech­nung tra­gen­den Zeit­raums von zwei Jah­ren ab Ver­trags­schluss gel­tend macht (in dem Fall von Se­nat, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 [Vor­in­stanz: OLG Bam­berg, Beschl. v. 02.08.2017 – 6 U 5/17, DAR 2018, 143] la­gen nur ei­ni­ge Mo­na­te zwi­schen Ver­trags­schluss und Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren).

[71]   (2) Aus­ge­hend von den dar­ge­stell­ten Aus­le­gungs­grund­sät­zen ist im Streit­fall der vom Klä­ger gel­tend ge­mach­te Nach­lie­fe­rungs­an­spruch ge­mäß § 439 I Fall 2 BGB man­gels Ver­füg­bar­keit ei­nes nach­er­fül­lungs­taug­li­chen Neu­fahr­zeugs we­gen Un­mög­lich­keit (§ 275 I BGB) aus­ge­schlos­sen, da das ur­sprüng­lich vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug­mo­dell VW Ti­gu­an I Track & Field be­reits seit dem Jahr 2013 nicht mehr her­ge­stellt wird und des­sen Nach­fol­ge­mo­dell, der VW Ti­gu­an II Off­road, nicht mehr von der Be­schaf­fungs­pflicht der Be­klag­ten im man­gel­be­ding­ten Nach­er­fül­lungs­fall um­fasst ist.

[72]   (a) Dies­be­züg­lich ist der Se­nat, da das Be­ru­fungs­ge­richt bei sei­ner Wür­di­gung den Sach­ver­halt nicht voll­stän­dig aus­ge­schöpft und da­mit letzt­lich auch den Aus­le­gungs­grund­satz ei­ner nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung nicht aus­rei­chend be­rück­sich­tigt hat, vor­lie­gend an des­sen ge­gen­tei­li­ges Aus­le­gungs­er­geb­nis nicht ge­bun­den und kann, da wei­te­re tat­säch­li­che Fest­stel­lun­gen in­so­weit nicht zu er­war­ten sind, die be­tref­fen­de Aus­le­gung selbst vor­neh­men (vgl. et­wa Se­nat, Urt. v. 06.12.2017 – VI­II ZR 219/16, NJW-RR 2018, 822 Rn. 30 f.; Urt. v. 25.04.2018 – VI­II ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 31 f.; je­weils m. w. Nachw.).

[73]   (b) Da­nach ent­spricht es auch vor­lie­gend ei­ner nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung des über­ein­stim­men­den Wil­lens der Par­tei­en bei Ver­trags­schluss, dass sich die von der Be­klag­ten für den Fall ei­ner man­gel­be­ding­ten Nach­lie­fe­rung nach § 439 I Fall 2 BGB über­nom­me­ne Be­schaf­fungs­pflicht auch auf ein das ur­sprüng­li­che Fahr­zeug­mo­dell am Markt er­set­zen­des Nach­fol­ge­mo­dell nur für den Fall er­stre­cken soll­te, dass der Klä­ger ein ent­spre­chen­des Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen in­ner­halb ei­nes Zeit­raums von zwei Jah­ren ab Ver­trags­schluss an die Be­klag­te rich­te­te. Denn an­sons­ten wür­de die auf ei­ner ver­trag­li­chen Ab­re­de be­ru­hen­de Be­schaf­fungs­pflicht der Be­klag­ten zu ih­ren Las­ten zu weit aus­ge­dehnt. Ins­be­son­de­re wä­re die Be­klag­te bei ei­nem erst nach Ab­lauf des ge­nann­ten Zeit­raums ge­stell­ten Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren der Ge­fahr aus­ge­setzt, ein hö­her­wer­ti­ges und dem­entspre­chend teu­re­res Nach­fol­ge­mo­dell lie­fern zu müs­sen, oh­ne für das ge­lie­fer­te Fahr­zeug, das in­fol­ge sei­ner lang­jäh­ri­gen Nut­zung er­heb­lich an Wert ein­ge­büßt hat, Nut­zungs- oder Wert­er­satz zu er­hal­ten.

[74]   Im Streit­fall la­gen zwi­schen dem Ver­trags­schluss am 20.04.2009 und dem erst­ma­li­gen Nach­lie­fe­rungs­ver­lan­gen des Klä­gers mit Schrift­satz vom 07.03.2017 fast acht Jah­re. So­mit kann der Klä­ger we­der Nach­lie­fe­rung des Nach­fol­ge­mo­dells noch – weil die­ses nicht mehr her­ge­stellt wird – des ur­sprüng­lich er­wor­be­nen Fahr­zeug­typs ver­lan­gen (i. E. ähn­lich auch OLG Ko­blenz, Urt. v. 06.06.2019 – 1 U 1552/18, NJW 2019, 2246 Rn. 26 [Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zu­rück­ge­wie­sen durch Se­nat, Beschl. v. 30.06.2020 – VI­II ZR 167/19]: acht Jah­re zwi­schen Kauf und Nach­lie­fe­rungs­be­geh­ren]).

[75]   (c) An­halts­punk­te für das Vor­lie­gen be­son­de­rer Um­stän­de, auf­grund de­rer die Be­klag­te vor­lie­gend aus­nahms­wei­se ei­ne deut­lich wei­ter­ge­hen­de und da­mit na­ment­lich auch das vom Klä­ger be­gehr­te Fahr­zeug­mo­dell er­fas­sen­de Be­schaf­fungs­pflicht tref­fen wür­de, sind we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­kenn­bar.

[76]   (aa) Dies gilt auch für den Um­stand, dass die Be­klag­te ge­gen­über dem Klä­ger mit Schrei­ben vom 04.10.2016 er­klärt hat, sie ver­zich­te (auch für be­reits ver­jähr­te An­sprü­che) „aus­drück­lich bis zum 31.12.2017 auf die Er­he­bung der Ver­jäh­rungs­ein­re­de im Hin­blick auf et­wai­ge An­sprü­che, die im Zu­sam­men­hang mit der in Fahr­zeu­gen mit Mo­tor­typ EA189 ein­ge­bau­ten Soft­ware be­stün­den“. Da die Reich­wei­te der den Ver­käu­fer im Nach­lie­fe­rungs­fall tref­fen­den Be­schaf­fungs­pflicht durch in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung der zum Ab­schluss des Kauf­ver­trags füh­ren­den Par­tei­er­klä­run­gen zu er­mit­teln ist, kommt es hier­bei auf erst nach dem Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses ein­tre­ten­de und nicht vor­her­seh­ba­re Um­stän­de – wie den vor­lie­gend er­klär­ten Ver­jäh­rungs­ver­zicht – für die Be­stim­mung der den Ver­käu­fer im Fall ei­nes Nach­lie­fe­rungs­be­geh­rens tref­fen­den Be­schaf­fungs­pflicht nicht an. Ent­spre­chen­des gilt für den Um­stand, dass das Vor­han­den­sein ei­ner Ab­schalt­ein­rich­tung erst im Herbst 2015 öf­fent­lich be­kannt ge­macht wor­den ist.

[77]   (bb) Ei­ne er­wei­ter­te Be­schaf­fungs­pflicht er­gibt sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung auch nicht aus Zif­fer IV 6 Satz 1 der „Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen“. Wie oben (un­ter 2 b aa (2) (e)) aus­ge­führt, las­sen sich hier­aus Rück­schlüs­se auf die Fra­ge des Be­ste­hens oder Nicht­be­ste­hens ei­ner Be­schaf­fungs­pflicht nicht zie­hen. Ins­be­son­de­re folgt hier­aus nicht der Par­tei­wil­le zu ei­ner Aus­deh­nung der Be­schaf­fungs­pflicht über den Zeit­raum von zwei Jah­ren hin­aus.

[78]   3. Ob der Klä­ger auf­grund der Man­gel­haf­tig­keit des von ihm er­wor­be­nen Fahr­zeugs statt­des­sen – wie er in der Kla­ge­schrift hilfs­wei­se be­an­tragt hat – die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1, § 434 I 2 Nr. 2, § 323 I, §§ 346, 348 BGB ver­lan­gen kann, lässt sich auf der Grund­la­ge der bis­lang vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht ab­schlie­ßend be­ur­tei­len.

[79]   a) Ei­ne ent­spre­chen­de Er­klä­rung des Rück­tritts (§ 349 BGB) durch den Klä­ger ist mit dem in der Kla­ge­schrift ent­hal­te­nen Hilfs­an­trag auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des man­gel­be­haf­te­ten Kraft­fahr­zeugs, er­folgt (vgl. Se­nat, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 247/06, NJW 2009, 2532 Rn. 14; Urt. v. 14.10.2020 – VI­II ZR 318/19, NJW 2021, 464 Rn. 31 ff.; Beschl. v. 05.03.2019 – VI­II ZR 190/18, NJW 2019, 1950 Rn. 24). Et­was an­de­res er­gibt sich – ent­ge­gen der vom Land­ge­richt ge­äu­ßer­ten Be­den­ken – auch nicht dar­aus, dass der Klä­ger vor­pro­zes­su­al noch aus­schließ­lich Nach­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Neu­fahr­zeugs ver­langt hat­te und in der Kla­ge­be­grün­dung aus­ge­führt hat, er „hät­te“, soll­te die Nach­lie­fe­rung aus­schei­den, „hilfs­wei­se ein Recht, vom Kauf­ver­trag mit der Be­klag­ten zu­rück­zu­tre­ten“.

[80]   Denn nach dem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont konn­te dies von der Be­klag­ten – ins­be­son­de­re mit Blick auf die da­mit ver­bun­de­ne An­trag­stel­lung – nur da­hin ge­hend ver­stan­den wer­den, dass der Klä­ger für den Fall des Nicht­be­ste­hens des vor­ran­gig gel­tend ge­mach­ten Nach­lie­fe­rungs­an­spruchs vom Kauf­ver­trag zu­rück­trat. Da der Klä­ger die Rück­tritts­er­klä­rung er­kenn­bar al­lein da­von ab­hän­gig ge­macht hat, dass das Ge­richt sei­nem Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen nicht ent­spricht, und da­mit das ma­te­ri­el­le Ge­stal­tungs­recht le­dig­lich un­ter ei­ne so­ge­nann­te Ge­gen­warts­be­din­gung ge­stellt hat, bei der der Ein­tritt der Ge­stal­tungs­wir­kung nicht von ei­nem zu­künf­tig un­ge­wis­sen, son­dern von ei­nem ob­jek­tiv be­reits fest­ste­hen­den, für den Er­klä­ren­den nur sub­jek­tiv un­ge­wis­sen Er­eig­nis ab­hän­gig ist, ist der Rück­tritt nicht un­ter ei­ne un­zu­läs­si­ge Be­din­gung i. S. von § 158 BGB ge­stellt wor­den (vgl. zum Gan­zen be­reits Se­nat, Beschl. v. 05.03.2019 – VI­II ZR 190/18, NJW 2019, 1950 Rn. 24 m. w. Nachw.).

[81]   b) Vor­aus­set­zung des Rück­tritts ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323 I BGB ist al­ler­dings wei­ter­hin, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer nach Über­ga­be der man­gel­haf­ten Kauf­sa­che zu­nächst ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung (§ 439 BGB) be­stimmt hat. Ei­ne Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung kommt nur in be­stimm­ten Aus­nah­me­fäl­len (§ 326 V, § 323 II, § 440 BGB) in Be­tracht.

[82]   aa) Ge­mäß § 326 V BGB ist für ei­nen Rück­tritt ei­ne vor­he­ri­ge Frist­set­zung ent­behr­lich, wenn der Schuld­ner nach § 275 I BGB nicht zu leis­ten braucht. Letz­te­res ist vor­lie­gend, je­den­falls aus­ge­hend von den bis­lang vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen, aber nur be­züg­lich der vom Klä­ger vor­ran­gig ge­for­der­ten Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) der Fall, weil das ur­sprüng­li­che Fahr­zeug­mo­dell nicht mehr her­ge­stellt wird und sich die Be­schaf­fungs­pflicht der Be­klag­ten nicht auch auf das in­zwi­schen pro­du­zier­te Nach­fol­ge­mo­dell er­streckt. Die An­wen­dung des § 326 V BGB setzt je­doch ei­ne Un­mög­lich­keit bei­der Ar­ten der Nach­er­fül­lung, al­so auch die Un­mög­lich­keit ei­ner Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB), vor­aus. Denn nur in die­sem Fall ist „die Leis­tung“ i. S. von § 275 I BGB – hier die Er­fül­lung des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs in sei­nen bei­den für den Käu­fer zur Wahl ste­hen­den Al­ter­na­ti­ven – un­mög­lich und ei­ne Frist­set­zung des­halb ent­behr­lich (BT-Drs. 14/6040, S. 234; vgl. hier­zu be­reits Se­nat, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 39; Se­nat, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 17; Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 23).

[83]   bb) So­weit der Klä­ger ei­ne Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung für ent­behr­lich hält, weil durch das von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Soft­warup­date er­heb­li­che Fol­ge­schä­den an dem von ihm er­wor­be­nen Fahr­zeug droh­ten, so­dass ei­ne Nach­bes­se­rung eben­falls un­mög­lich (§§ 275 I, 326 V BGB), je­den­falls aber ihm un­zu­mut­bar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB) sei, fehlt es hier­zu an den er­for­der­li­chen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts.

[84]   So wird sich das Be­ru­fungs­ge­richt bei der Be­ur­tei­lung, ob bei­de Ar­ten der Nach­er­fül­lung, al­so auch ei­ne Nach­bes­se­rung, un­mög­lich sind, zu­nächst da­mit zu be­fas­sen ha­ben, ob ei­ne Be­sei­ti­gung des Man­gels der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung vor­lie­gend aus­schließ­lich durch das von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Soft­ware­up­date mög­lich ist oder ob hier­für viel­mehr auch an­de­re Al­ter­na­ti­ven, et­wa ei­ne so­ge­nann­te Hard­ware­lö­sung (vgl. et­wa OLG Bran­den­burg, Urt. v. 08.07.2020 – 4 U 221/19, ju­ris Rn. 28; OLG Stutt­gart, Urt. v. 02.04.2020 – 2 U 249/19, ju­ris Rn. 43), in Be­tracht kom­men könn­ten. So­weit es wei­ter­hin al­lein auf das vom Fahr­zeug­her­stel­ler ent­wi­ckel­te Soft­ware­up­date an­kom­men soll­te – weil ei­ne Ent­fer­nung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung auf an­de­rem We­ge nicht mög­lich wä­re oder aber die Be­klag­te an­de­re For­men der Nach­bes­se­rung von vorn­her­ein (mög­li­cher­wei­se kon­klu­dent durch ei­nen Ver­weis auf das Soft­ware­up­date als al­lein in Be­tracht kom­men­de Va­ri­an­te) ver­wei­ger­te (vgl. § 323 II Nr. 1 BGB) –, be­dürf­te es wei­te­rer Fest­stel­lun­gen zu den vom Klä­ger ge­äu­ßer­ten Be­fürch­tun­gen, dass das von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Soft­ware­up­date auf lan­ge Sicht zu Fol­ge­schä­den in Form von nach­tei­li­gen Aus­wir­kun­gen et­wa hin­sicht­lich der Ab­gas­wer­te, des Kraft­stoff­ver­brauchs, der Leis­tung oder der Le­bens­dau­er des Fahr­zeugs füh­ren kön­ne und über­dies ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert auf­grund der Be­trof­fen­heit vom so­ge­nann­ten Ab­gas­skan­dal ver­blei­be.

[85]   Das dies­be­züg­li­che Vor­brin­gen des Klä­gers hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht als hin­rei­chend sub­stan­zi­iert an­ge­se­hen. Ins­be­son­de­re durf­te er sich da­bei als Laie auf nur ver­mu­te­te Tat­sa­chen stüt­zen, denn er kann man­gels ei­ge­ner Sach­kun­de und hin­rei­chen­den Ein­blicks in die Funk­ti­ons­wei­se des Soft­ware­up­dates kei­ne ge­naue Kennt­nis von des­sen kon­kre­ter (Aus-)Wir­kung ha­ben, wes­we­gen er be­tref­fend die von ihm be­fürch­te­ten Fol­ge­schä­den letzt­lich auf Ver­mu­tun­gen an­ge­wie­sen ist und die­se na­tur­ge­mäß nur auf ent­spre­chen­de An­halts­punk­te stüt­zen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 28.01.2020 – VI­II ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7 ff. [Ver­fas­sungs­be­schwer­de hier­ge­gen vom BVerfG mit Beschl. v. 16.04.2021 – 2 BvR 524/20 nicht an­ge­nom­men]; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11 ff.; je­weils m. w. Nachw.).

[86]   In­so­fern ist es aus­rei­chend, dass der Klä­ger die von ihm be­fürch­te­ten Fol­ge­wir­kun­gen des Soft­ware­up­dates un­ter Be­zug­nah­me auf vor­ge­leg­te (fach­li­che) Pu­bli­ka­tio­nen und auf Ent­schei­dun­gen von In­stanz­ge­rich­ten aus­führ­lich dar­ge­stellt hat. So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt über­dies ei­ne un­zu­läs­si­ge Be­haup­tung des Klä­gers „ins Blaue hin­ein“ auch des­we­gen ver­neint hat, weil ihm aus ei­ner Viel­zahl von Ver­fah­ren be­kannt sei, dass auch in der Fach­öf­fent­lich­keit über noch un­ge­klär­te Fol­gen des Up­dates dis­ku­tiert wer­de, kommt es im Hin­blick auf den für sich ge­nom­men aus­rei­chen­den Vor­trag des Klä­gers hier­auf und folg­lich auch auf die von der Re­vi­si­on ge­gen ei­ne un­ter­blie­be­ne Of­fen­le­gung die­ser Kennt­nis im Be­ru­fungs­ver­fah­ren er­ho­be­ne Rü­ge nicht an.

[87]   Der von Be­klag­ten­sei­te wie­der­holt her­vor­ge­ho­be­ne Um­stand, dass in der Be­schei­ni­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­amts vom 21.07.2016 aus­ge­führt wird, „die ur­sprüng­lich vom Her­stel­ler an­ge­ge­be­nen Kraft­stoff­ver­brauchs­wer­te und CO2-Emis­sio­nen wur­den in Prü­fun­gen durch ei­nen tech­ni­schen Dienst be­stä­tigt“, und wei­ter an­ge­ge­ben wird, „die bis­he­ri­ge Mo­tor­leis­tung und das ma­xi­ma­le Dreh­mo­ment blie­ben un­ver­än­dert“, führt nicht zu er­höh­ten Sub­stan­zi­ie­rungs­an­for­de­run­gen beim Klä­ger als Lai­en, zu­mal das Kraft­fahrt-Bun­des­amt nicht of­fen­ge­legt hat, auf wel­che Wei­se die­se Er­kennt­nis­se kon­kret ge­won­nen wur­den. Al­len­falls führt der Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­amts da­zu, dass die Be­klag­te das Vor­brin­gen des Klä­gers un­ter Be­ru­fung auf die Frei­ga­be­be­stä­ti­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­amts sub­stan­zi­iert be­strei­ten kann.

[88]   Die Be­klag­te hat auch – an­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt wohl ge­meint hat – im Streit­fall die Be­haup­tun­gen des Klä­gers zu Fol­ge­män­geln hin­rei­chend in Ab­re­de ge­stellt. In­so­weit be­dürf­te es der Be­weis­er­he­bung, na­ment­lich der Ein­ho­lung des vom – in­so­weit be­weis­be­las­te­ten (vgl. Se­nat, Urt. v. 11.02.2009 – VI­II ZR 274/07, NJW 2009, 1341 Rn. 15 [zu § 440 BGB]; BeckOGK-BGB/​Her­res­thal, Stand: 01.06.2019, § 326 Rn. 369; Stau­din­ger/​Schwar­ze, BGB, Neu­be­arb. 2020, § 326 Rn. F 45) – Klä­ger an­ge­bo­te­nen Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens zu den er­wart­ba­ren Fol­gen des Soft­ware­up­dates für sein Fahr­zeug. Ent­ge­gen der – nicht nä­her be­grün­de­ten – An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts setzt die Er­he­bung des Sach­ver­stän­di­gen­be­wei­ses auch nicht vor­aus, dass die Be­klag­te zu­vor den „Quell­code“ der be­tref­fen­den Soft­ware of­fen­legt, da­mit der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge die­sen und des­sen Wir­kungs­wei­se un­ter­su­chen kann. Ab­ge­se­hen da­von, dass – wor­auf die Re­vi­si­on zu Recht hin­ge­wie­sen hat – die Be­klag­te als Ver­trags­händ­le­rin über­haupt kei­nen Zu­griff auf der­ar­ti­ge In­for­ma­tio­nen be­tref­fend das vom Fahr­zeug­her­stel­ler ent­wi­ckel­te Soft­ware­up­date ha­ben dürf­te, ist auch nicht er­sicht­lich, in­wie­fern der­ar­ti­ge In­for­ma­tio­nen über­haupt not­wen­dig sein könn­ten, um die ent­spre­chen­den sach­ver­stän­di­gen Be­gut­ach­tun­gen durch­zu­füh­ren, da es – wie die Re­vi­si­on eben­falls zu­tref­fend gel­tend macht – bei den vom Klä­ger be­haup­te­ten Fol­ge­schä­den nicht (vor­ran­gig) um die Wir­kungs­wei­se der Soft­ware im en­ge­ren Sin­ne, son­dern viel­mehr um de­ren Aus­wir­kun­gen auf den Fahr­zeug­mo­tor geht.

[89]   cc) Schließ­lich lässt sich die Un­zu­mut­bar­keit ei­ner Nach­bes­se­rung i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB und die dar­aus fol­gen­de Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung auch nicht be­reits da­mit be­grün­den, dass es – wie der Klä­ger meint – auf­grund der durch den Fahr­zeug­her­stel­ler beim In­ver­kehr­brin­gen des mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­he­nen Fahr­zeugs be­gan­ge­nen arg­lis­ti­gen Täu­schung (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 23 ff.) zu ei­ner „nach­hal­ti­gen Stö­rung des Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses zwi­schen dem Klä­ger und der Be­klag­ten“ ge­kom­men sei.

[90]   Im Aus­gangs­punkt ist zwar zu­tref­fend, dass zu den vom Tatrich­ter bei der Be­ur­tei­lung der Un­zu­mut­bar­keit i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB zu be­rück­sich­ti­gen­den Um­stän­den des Ein­zel­falls ne­ben Art und Aus­maß ei­ner Be­ein­träch­ti­gung der In­ter­es­sen des Käu­fers auch die Zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers und die­sem vor­zu­wer­fen­de Ne­ben­pflicht­ver­let­zun­gen so­wie ein da­durch mög­li­cher­wei­se ge­stör­tes Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen den Par­tei­en zäh­len (Se­nat, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 23; Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, WM 2015, 1485 Rn. 22). Aber we­der muss sich die Be­klag­te als Ver­trags­händ­le­rin ein mög­li­ches arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Fahr­zeug­her­stel­lers beim In­ver­kehr­brin­gen des vom Klä­ger er­wor­be­nen Fahr­zeugs zu­rech­nen las­sen (st. Rspr.; vgl. et­wa Se­nat, Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 31 m. w. Nachw.; Urt. v. 24.10.2018 – VI­II ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 97; so­wie zu­letzt zum sog. Ab­gas­skan­dal: Se­nat, Beschl. v. 09.06.2020 – VI­II ZR 315/19, NJW 2020, 3312 Rn. 18) noch führt der vom Klä­ger her­vor­ge­ho­be­ne Um­stand, dass die Er­brin­gung der Nach­bes­se­rung letzt­lich durch den Fahr­zeug­her­stel­ler selbst bzw. durch die In­stal­la­ti­on des von die­sem ent­wi­ckel­ten Soft­ware­up­dates durch­ge­führt wer­den soll, im vor­lie­gen­den Fall da­zu, dass dem Klä­ger ei­ne sol­che Nach­bes­se­rung i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB nicht zu­mut­bar wä­re.

[91]   Denn die­ser hat da­durch, dass er trotz des von ihm an­ge­führ­ten arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens des Her­stel­lers bis zu­letzt vor­ran­gig die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes Neu­fahr­zeugs des be­sag­ten Fahr­zeug­her­stel­lers ver­langt hat, zu er­ken­nen ge­ge­ben, dass er das Ver­trau­en in ge­ra­de die­sen Her­stel­ler trotz des­sen arg­lis­ti­gen Han­delns nicht ver­lo­ren hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2010 – V ZR 147/09, NJW 2010, 1805 Rn. 10). Wes­halb im Hin­blick auf ein mög­li­ches arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Her­stel­lers für den Käu­fer al­lein ei­ne Nach­bes­se­rung durch ein von die­sem nach­träg­lich ent­wi­ckel­tes Soft­ware­up­date, nicht aber durch ei­ne Er­satz­lie­fe­rung ei­nes von ihm pro­du­zier­ten Nach­fol­ge­mo­dells un­zu­mut­bar sein soll, ist we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich.

[92]   So­weit der Klä­ger wei­ter gel­tend ge­macht hat, ei­ne Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung er­ge­be sich auch dar­aus, dass das Ver­trau­ens­ver­hält­nis zur Be­klag­ten des­we­gen ge­stört sei, weil ein ein­fa­ches Soft­ware­up­date „kei­nes­falls aus­rei­chend sein kön­ne, um die Män­gel zu be­he­ben“, könn­te es sich da­bei zwar ge­ge­be­nen­falls um ei­nen auch bei der Be­ur­tei­lung der Un­zu­mut­bar­keit i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB zu be­rück­sich­ti­gen­den Um­stand han­deln. In­so­weit be­darf es aber, wie be­reits aus­ge­führt, zu­nächst wei­te­rer Fest­stel­lun­gen durch das Be­ru­fungs­ge­richt.

[93]   dd) Aus den vor­ste­hend aus­ge­führ­ten Grün­den schei­det auf Grund­la­ge der bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen schließ­lich auch ei­ne Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung nach § 323 II Nr. 3 BGB aus.

[94]   III. Nach al­le­dem kann das an­ge­foch­te­ne Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts kei­nen Be­stand ha­ben; es ist da­her auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Da die Sa­che be­züg­lich des vor­ran­gig vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten Nach­lie­fe­rungs­ver­lan­gens, der Fest­stel­lung des hier­auf be­zo­ge­nen Ver­zugs/An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten so­wie der Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten ent­schei­dungs­reif ist, hat der Se­nat in­so­weit in der Sa­che selbst zu ent­schei­den (§ 563 III ZPO). In­so­weit ist die Be­ru­fung des Klä­gers ge­gen das erst­in­stanz­li­che Ur­teil zu­rück­zu­wei­sen. Im Üb­ri­gen ist die Sa­che, da sie aus den aus­ge­führ­ten Grün­den nicht zur End­ent­schei­dung reif ist, zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO).

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