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Kategorie: Neuwagen

Fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht beim Neuwagenkauf – Keine Telefonnummer in Widerrufsbelehrung

  1. Schließen ein Verbraucher und ein Unternehmer einen Kaufvertrag über einen Neuwagen unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln i. S. von § 312c II BGB, so steht dem Verbraucher grundsätzlich auch dann ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht (§§ 312c, 312g I, 355 BGB) zu, wenn er das Fahrzeug konfigurieren kann. Die in § 312g II Nr. 1 BGB vorgesehene Ausnahme ist nicht einschlägig, weil der Unternehmer ein Fahrzeug, das über eine gängige (Sonder-)Ausstattung verfügt, im Falle eines Widerrufs problemlos veräußern kann.
  2. Das Fehlen einer Telefonnummer des Unternehmers in der Belehrung des Verbrauchers über sein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht führt nicht zur Unwirksamkeit der Belehrung.
  3. Jedenfalls verstößt die Ausübung eines fernabsatzrechtlichen Widerrufsrechts gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn ein geringfügiger Belehrungsfehler (hier: keine Angabe einer Telefonnummer) vorliegt, durch den dem Verbraucher nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerrufsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben.

LG Arnsberg, Urteil vom 22.02.2024 – 4 O 273/23

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Rücktritt vom Neuwagen-Kaufvertrag wegen Produktionsschwierigkeiten des Herstellers

Hat der Käufer eines Neuwagens dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Lieferung des Fahrzeugs gesetzt, kann er vom Kaufvertrag über das Fahrzeug auch dann zurücktreten, wenn der Verkäufer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen darauf hinweist, dass wegen Produktionsschwierigkeiten des Fahrzeugherstellers alle Fahrzeugbestellungen „ohne Liefertermin und unverbindlich vorbehaltlich einer Produktion“ des Fahrzeugs „bestätigt“ werden und die Lieferzeit mehr als ein Jahr betragen kann. Diese Information ist allerdings für die Frage von Bedeutung, wie lang eine angemessene Frist zur Lieferung des Fahrzeugs sein muss.

AG Hanau, Urteil vom 31.01.2024 – 39 C 111/23

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Aufbewahrung eines angeblich mangelhaften Fahrzeugs durch den Verkäufer

Lässt sich der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs darauf ein, dass dieses während eines Rechtstreits über die Rückabwicklung des Kaufvertrags bei ihm verbleibt, so ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Verkäufer das Fahrzeug ohne weiteren Schutz unter freiem Himmel abstellt. Denn dabei handelt es sich um eine übliche Art der Aufbewahrung von Fahrzeugen. Anderes kann aber anzunehmen sein, wenn der Verkäufer konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass das Fahrzeug undicht ist und deshalb durch das Abstellen im Freien besonderen Gefahren ausgesetzt wird. Ohne eine dahin gehende Vereinbarung ist der Verkäufer indes nicht verpflichtet, das bei ihm abgestellte Fahrzeug auf witterungsbedingte Schäden zu untersuchen und gegebenenfalls deshalb Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Das ist vielmehr zuvörderst Aufgabe des Käufers.

OLG Hamm, Urteil vom 23.05.2023 – 28 U 54/21

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Genehmigung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs nach § 377 HGB

  1. Zur Unzulässigkeit einer Feststellungsklage (§ 256 I ZPO) des – aus abgetretenem Recht des Käufers/​Leasinggebers vorgehenden – Leasingnehmers gegen den Verkäufer mit dem Ziel der Feststellung, dass sich der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Leasinggeber aufgrund des vom Leasingnehmer erklärten Rücktritts in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe.
  2. Gemäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB kann dem Käufer (bzw. dem aus abgetretenem Recht des Käufers/​Leasinggebers vorgehenden Leasingnehmer) eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs eine Fristsetzung zur Nacherfüllung vor der Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag unzumutbar sein, wenn der Verkäufer erklärt hat, dass eine Softwarelösung zur Beseitigung einer unzulässigen Abschalteinrichtung erst in mehreren Monaten zur Verfügung stehen werde (Bestätigung von Senat, Beschl. v. 22.02.2022 – VIII ZR 434/21, juris Rn. 15).
  3. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 14.07.2022 – C-145/20, ECLI:EU:C:2022:572 = juris Rn. 95 ff. – Porsche Inter Auto und Volkswagen), die auch bei der Auslegung und Anwendung des § 323 V 2 BGB zu berücksichtigen ist, kann eine derartige Abschalteinrichtung nicht als geringfügige Vertragswidrigkeit i. S. von Art. 3 VI der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. 1999 L 171, 12) und damit grundsätzlich nicht als eine unerhebliche Pflichtverletzung nach § 323 V 2 BGB angesehen werden.
  4. An das Vorliegen eines stillschweigenden Verzichts auf Rechte sind strenge Anforderungen zu stellen. Daher müssen für die Annahme eines stillschweigenden Verzichts des Verkäufers auf die im kaufmännischen Geschäftsverkehr geltende Rügeobliegenheit des Käufers gemäß § 377 II, III HGB beziehungsweise auf die dem Verkäufer günstigen Rechtsfolgen einer nach der vorgenannten Vorschrift bereits eingetretenen Genehmigungswirkung eindeutige Anhaltspunkte vorliegen (Bestätigung von Senat, Urt. v. 19.06.1991 – VIII ZR 149/90, NJW 1991, 2633 unter II 1 c bb; Urt. v. 25.11.1998 – VIII ZR 259/97, NJW 1999, 1259 unter III 2 a).

BGH, Urteil vom 09.11.2022 – VIII ZR 272/20

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Wettbewerbsverstoß durch Angabe eines um den Umweltbonus reduzierten Kaufpreises

Ein Kraftfahrzeughändler verstößt gegen § 1 I 1 PAngV in der vor dem 28.05.2022 geltenden Fassung und handelt daher wettbewerbswidrig (§ 3a UWG i. V. mit § 1 I 1 PAngV a.F.), wenn er – hier: in einem „mobile.de“-Inserat – nicht den tatsächlich für ein elektrisch betriebenes Neufahrzeug zu zahlenden Kaufpreis, sondern einen um den Umweltbonus reduzierten Kaufpreis angibt.

LG Leipzig, Urteil vom 04.11.2022 – 05 O 555/22

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Zur substanziierten Darlegung eines Mangels bei behaupteten „Phantombremsungen“ eines Tesla Model 3

  1. Macht der Käufer eines Tesla Model 3 geltend, das Fahrzeug sei gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil es zu „Phantombremsungen“ komme, die ihre Ursache in den Besonderheiten des GPS-unterstützten Abstandsgeschwindigkeitsreglers hätten, dann können als Vergleichsmaßstab nicht Fahrzeuge anderer Hersteller herangezogen werden, die mit Abstandsgeschwindigkeitsreglern ohne GPS-Unterstützung ausgestattet sind. Ob das Fahrzeug „eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann“, kann vielmehr nur mit Blick auf Fahrzeuge beurteilt werden, die ebenfalls mit einem GPS-unterstützten Abstandsgeschwindigkeitsregler ausgestattet sind.
  2. Ein Kraftfahrzeug, das dem Stand der Technik gleichartiger Fahrzeuge entspricht, ist nicht deswegen nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil der Stand der Technik hinter der tatsächlichen oder durchschnittlichen Käufererwartung zurückbleibt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08, NJW 2009, 2056 Rn. 11).
  3. Auch ein mit einem „Autopiloten“ ausgestatteter Pkw darf nicht ohne zwingenden Grund automatisch „stark bremsen“ i. S. von § 4 I 2 StVO. Ein „starkes Bremsen“ in diesem Sinne liegt vor, wenn es durch heftiges Bremsen zu einer hohen Bremsverzögerung kommt, wie es etwa bei einer „Vollbremsung“ der Fall ist.

OLG München, Beschluss vom 04.10.2022 – 8 U 1627/22

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Minderung des Kaufpreises wegen zu hoher Laufleistung eines Pkw

Die Angabe des Kilometerstands in einem Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug führt regelmäßig zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB a.F.) des Inhalts, dass das Fahrzeug eine entsprechende – für den Käufer entscheidende – Laufleistung aufweist.

OLG Brandenburg, Urteil vom 24.08.2022 – 4 U 78/20

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Berichtigung einer öffentlichen Äußerung über die Kaufsache – Oldtimer

  1. Eine in einem „mobile.de“-Inserat enthaltene – unzutreffende – öffentliche Äußerung über bestimmte Eigenschaften des zum Kauf angebotenen Fahrzeugs (hier: „unfallfrei“) wird nicht i. S. von § 434 I 3 BGB a.F. (jetzt: § 434 III 3 BGB) „in gleichwertiger Weise berichtigt“, wenn der Verkäufer die entsprechende Angabe schlicht kommentarlos löscht. Eine Berichtigung „in gleichwertige Weise“ erfordert vielmehr darüber hinaus einen ausdrücklichen Hinweis auf den vorherigen Irrtum. Daran fehlt es, wenn der Verkäufer einem Kaufinteressenten lediglich erklärt, es gebe „keine dokumentierte Fahrzeughistorie“, sodass er zur Existenz von „Schäden“ mangels Kenntnis „nichts sagen“ könne.
  2. Die beim Verkauf eines Oldtimers abgegebene Erklärung, es fehle eine dokumentierte Fahrzeughistorie, hat keinen gesicherten und allgemein anerkannten Bedeutungsgehalt; was damit gemeint ist, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab.
  3. Eine in einem Kaufvertragsformular enthaltene vorgedruckte Klausel, wonach die Haftung des Verkäufers für Mängel der Kaufsache ausgeschlossen ist (Gewährleistungsausschluss), ist nicht schon deshalb als i. S. von § 305 I 3 BGB, im Einzelnen ausgehandelt anzusehen, weil das Vertragsformular – teils auch vom Käufer angebrachte – handschriftliche Änderungen und Zusätze enthält.
  4. Die voraussichtliche Gesamtlaufleistung („Lebenserwartung“), nach der sich eine vom Käufer zu zahlende Nutzungsentschädigung bemisst, ist bei einem Oldtimer in der Regel mit 200.000 km anzusetzen.
  5. Der Tatbestand des Ersturteils liefert nach § 314 ZPO den Beweis für das mündliche Vorbringen einer Partei im erstinstanzlichen Verfahren. Diese Beweiswirkung erstreckt sich auch darauf, ob eine bestimmte Behauptung bestritten ist oder nicht. Daher ist eine im Tatbestand des Ersturteils als unstreitig dargestellte Tatsache selbst dann als unstreitig und für das Berufungsgericht bindend anzusehen, wenn tatsächlich in erster Instanz umstritten war, der Tatbestand des Ersturteils aber nicht berichtigt worden ist.

OLG Braunschweig, Urteil vom 19.05.2022 – 9 U 12/21

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Ersatzlieferung bei einem vom VW-Abgasskandal betroffenen EU-Importfahrzeug

  1. Der Tatrichter darf bei einem auf Ersatzlieferung gerichteten Nacherfüllungsbegehren nicht offenlassen, ob das bei Vertragsschluss maßgebliche Fahrzeugmodell noch hergestellt wird und damit ein dem Kaufgegenstand vollständig entsprechendes (mangelfreies) Neufahrzeug noch verfügbar ist oder nicht. Denn im erstgenannten Fall ist bei der die beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien in den Blick nehmenden Auslegung ihrer Willenserklärungen davon auszugehen, dass die den Verkäufer treffende Beschaffungspflicht jedenfalls solange nicht ein Nachfolgemodell erfasst, wie ein dem ursprünglich gelieferten Fahrzeug und der Vereinbarung im Kaufvertrag vollständig entsprechendes (mangelfreies) Neufahrzeug von dem Verkäufer noch nachgeliefert werden kann (Fortführung von Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, BGHZ 230, 296; Urt. v. 08.12.2021 – VIII ZR 190/19, WM 2022, 330).
  2. Für die Rückwirkung der Verjährungshemmung gemäß § 204 I Nr. 4 Halbsatz 2 BGB kommt es auch in der seit dem 26.02.2016 geltenden Fassung (lediglich) auf die Veranlassung der Bekanntgabe des Antrags an den Antragsgegner durch die Güte- beziehungsweise Streitbeilegungsstelle an, nicht hingegen auf die tatsächlich an diesen erfolgte Bekanntgabe.

BGH, Urteil vom 04.05.2022 – VIII ZR 50/20

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Inzahlungnahme eines reparaturbedürftigen Altfahrzeugs bei bereits erteiltem Reparaturauftrag

  1. Kommt es beim Kauf eines neuen Fahrzeugs zur Inzahlungnahme eines reparaturbedürftigen Altfahrzeugs des Käufers, erfolgt die Inzahlungnahme des Altfahrzeugs regelmäßig in dem Zustand, in dem sich dieses Fahrzeug bei der Inzahlungnahme befindet.
  2. Hatte der Käufer des Neufahrzeugs dessen Verkäufer bereits vor der Inzahlungnahme des Altfahrzeugs einen dieses betreffenden Reparaturauftrag erteilt, so wird dieser mit der Inzahlungnahme im Regelfall gegenstandslos. Soll der Reparaturauftrag ausnahmsweise fortgelten, also der Käufer noch für die Kosten der Reparatur des bereits in Zahlung gegebenen Altfahrzeugs einstehen müssen, bedarf dies einer ausdrücklichen Regelung zwischen den Parteien, für die der Verkäufer darlegungs- und beweisbelastet ist.

OLG Koblenz, Urteil vom 28.03.2022 – 12 U 967/21

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