1. Auch beim Kauf ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs kann der Käu­fer, wenn kei­ne be­son­de­ren Um­stän­de vor­lie­gen, i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass das Fahr­zeug kei­nen Un­fall er­lit­ten hat, bei dem es zu mehr als „Ba­ga­tell­schä­den“ ge­kom­men ist.
  2. Zur Ab­gren­zung zwi­schen ei­nem „Ba­ga­tell­scha­den“ und ei­nem Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB.
  3. Ein Fahr­zeug, das ei­nen Un­fall er­lit­ten hat, bei dem es zu mehr als „Ba­ga­tell­schä­den“ ge­kom­men ist, ist auch dann nicht frei von Sach­män­geln i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, wenn es nach dem Un­fall fach­ge­recht re­pa­riert wor­den ist.

BGH, Ver­säum­nis­ur­teil vom 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von der Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen.

Mit Ver­trag vom 31.03/08.04.2005 er­warb die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Ford Cou­gar (Erst­zu­las­sung 24.08.1999, Lauf­leis­tung 54.795 km) zu ei­nem Kauf­preis von 9.000 €. Das Be­stell­for­mu­lar ent­hält fol­gen­de Ru­bri­ken, die kei­ne Ein­tra­gun­gen der Par­tei­en auf­wei­sen:

Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den laut Vor­be­sit­zer:
Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt
  ☐ ja     ☐ nein     ☐ wenn ja, fol­gen­de:

Mit An­walts­schrei­ben vom 09.05.2005 er­klär­te die Klä­ge­rin die An­fech­tung ih­rer auf den Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges ge­rich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung und be­grün­de­te dies da­mit, dass das Fahr­zeug an der lin­ken Tür und dem lin­ken hin­te­ren Sei­ten­teil ei­nen Ka­ros­se­rie­scha­den ha­be, der von der Be­klag­ten auf zwei­ma­li­ge Nach­fra­ge nicht of­fen­bart wor­den sei. Die Be­klag­te wi­der­sprach der An­fech­tung mit An­walts­schrei­ben vom 13.05.2005 und er­klär­te, dass sie, soll­te ein Sach­man­gel an der lin­ken Tür vor­han­den sein, ei­nen Aus­tausch der Tür ver­an­las­sen wer­de und dass sie, so­fern wei­te­re Män­gel vor­lie­gen soll­ten, auch in­so­weit zur Nach­bes­se­rung bzw. Nach­er­fül­lung be­reit sei. Die Klä­ge­rin teil­te mit An­walts­schrei­ben vom 18.05.2005 mit, dass sie ei­nen Aus­tausch der Un­fall­tür nicht ak­zep­tie­re, und er­klär­te hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Die Klä­ge­rin hat für die Zu­las­sung des Ford Cou­gar 38,90 € und für das Kfz-Kenn­zei­chen 5,60 € ge­zahlt. Für die Kfz-Steu­er und die Haft­pflicht­ver­si­che­rung hat sie 56 € bzw. 436,77 € ent­rich­tet. Für TÜV-Gut­ach­ten hat sie 252,76 € auf­ge­wandt. Für den Kfz-Ein­stell­platz, auf dem sie das von ihr nicht ge­nutz­te Fahr­zeug un­ter­ge­stellt hat, sind ihr für vier Mo­na­te Kos­ten in Hö­he von 102,24 € ent­stan­den. Die Ge­samt­kos­ten der Klä­ge­rin be­tra­gen da­mit 892,27 €.

Die Klä­ge­rin hat be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 9.000 € nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Über­ga­be des Fahr­zeugs so­wie wei­te­re 892,27 € zu zah­len, und fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te sich mit der An­nah­me des Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug be­fin­det. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge – nach Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens und Ver­neh­mung von Zeu­gen – ab­ge­wie­sen. Die zu­ge­las­se­ne Sprung­re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [7]    I. Zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung hat das Land­ge­richt im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[8]    Die Klä­ge­rin kön­ne die Be­klag­te nicht ge­mäß § 812 I 1 Fall 1, §§ 123 I Fall 1, 142 I BGB auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in An­spruch neh­men. Sie sei nicht be­rech­tigt, die auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung an­zu­fech­ten. Die Be­klag­te ha­be sie nicht über die Frei­heit von Un­fall­schä­den ge­täuscht. Da­bei sei es oh­ne Be­lang, ob die Be­klag­te, in­dem sie in dem Kauf­ver­trags­for­mu­lar die Zei­le „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den laut Vor­be­sit­zer“ und die Zei­le „Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt“ of­fen­ge­las­sen ha­be, kon­klu­dent er­klärt ha­be, der Wa­gen wei­se kei­nen Un­fall­scha­den auf. Denn die Klä­ge­rin ha­be nur er­war­ten dür­fen, über er­heb­li­che Un­fall­schä­den auf­ge­klärt zu wer­den. Das Fahr­zeug ha­be je­doch kei­nen über ei­nen Ba­ga­tell­scha­den hin­aus­ge­hen­den Un­fall­scha­den er­lit­ten.

[9]    Auf­grund der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen sei da­von aus­zu­ge­hen, dass der Pkw mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit ei­nen strei­fen­den An­stoß ge­gen die Tür links und das Sei­ten­teil links er­hal­ten ha­be; da­bei sei­en die Tür und das Sei­ten­teil ein­ge­beult wor­den, wo­bei die Ein­beu­lung mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit ur­sprüng­lich tie­fer als die bis zu 5 mm star­ke Schicht­stär­ke des Spach­tel­auf­trags ge­we­sen sei. Die da­mit fest­ste­hen­den Be­ein­träch­ti­gun­gen an der Fahr­zeug­ka­ros­se­rie be­grün­de­ten in­des noch kei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den. Denn ei­ne Ein­beu­lung von we­ni­gen Mil­li­me­tern las­se sich nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen rück­stands­frei be­sei­ti­gen. Es be­ste­he auch nicht die ent­fern­te Mög­lich­keit, dass ei­ne ober­fläch­li­che Be­schä­di­gung von klein­flä­chi­gen Be­rei­chen der Tür und des hin­te­ren Sei­ten­tei­les die Fahr- oder Ver­kehr­stüch­tig­keit des Pkw be­ein­träch­ti­ge. Ein er­heb­li­cher Un­fall­scha­den sei nicht al­lein mit Blick auf die Re­pa­ra­tur­kos­ten zu be­ja­hen, weil an­dern­falls auch auf­grund er­heb­li­cher In­stand­set­zungs­kos­ten zur Be­sei­ti­gung blo­ßer Lack­schä­den oder kleins­ter Del­len in der Ka­ros­se­rie ein er­heb­li­cher Un­fall­scha­den be­jaht wer­den könn­te.

[10]   Die Klä­ge­rin kön­ne auch nicht ge­mäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323 BGB und § 326 V BGB von dem Ver­trag zu­rück­tre­ten. Denn sie ha­be der Be­klag­ten ent­ge­gen §§ 440, 323 I, 326 V BGB kei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung der nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen nicht sach­ge­recht aus­ge­führ­ten Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten ge­setzt. Ent­ge­gen der An­sicht der Klä­ge­rin sei ei­ne Frist­set­zung nicht ge­mäß § 281 II BGB ent­behr­lich ge­we­sen. Ins­be­son­de­re ha­be die Be­klag­te sie nicht über Un­fall­schä­den ge­täuscht.

[11]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält der re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prü­fung nicht stand. Die Re­vi­si­on, die es hin­nimmt, dass das Land­ge­richt der Klä­ge­rin kei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags nach den Vor­schrif­ten über die un­ge­recht­fer­tig­te Be­rei­che­rung zu­er­kannt hat, macht zu­tref­fend gel­tend, dass die­ser An­spruch, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts, nach den Re­geln über die kauf­recht­li­che Sach­män­gel­haf­tung be­grün­det ist.

[12]   1. Die Klä­ge­rin konn­te ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB von dem Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, weil das Fahr­zeug man­gel­haft ist.

[13]   Das Land­ge­richt hat of­fen­bar an­ge­nom­men, die Klä­ge­rin ha­be den Man­gel des Fahr­zeugs, der sie zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­ti­ge, dar­in ge­se­hen, dass die Ka­ros­se­rie­schä­den an der lin­ken Tür und dem lin­ken hin­te­ren Sei­ten­teil des Fahr­zeugs nicht fach­ge­recht re­pa­riert wor­den wa­ren. Dies er­gibt sich dar­aus, dass das Land­ge­richt ge­meint hat, die Klä­ge­rin kön­ne von dem Ver­trag nicht zu­rück­tre­ten, weil sie der Be­klag­ten kei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung der nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen nicht sach­ge­recht aus­ge­führ­ten Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten ge­setzt ha­be.

[14]   Das Land­ge­richt hat da­mit ver­kannt, dass die Klä­ge­rin den zum Rück­tritt be­rech­ti­gen­den Man­gel des Fahr­zeugs nicht in der un­fach­män­ni­schen Re­pa­ra­tur der Ka­ros­se­rie­schä­den, son­dern in der we­gen die­ser Ka­ros­se­rie­schä­den – selbst bei fach­ge­rech­ter Re­pa­ra­tur – feh­len­den Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs ge­se­hen hat. Das Land­ge­richt hat des­halb nicht ge­prüft, ob die auf­grund der Ka­ros­se­rie­schä­den an der lin­ken Tür und dem lin­ken hin­te­ren Sei­ten­teil feh­len­de Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs ei­nen zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­ti­gen­den Man­gel dar­stellt. Die­se Prü­fung kann der Se­nat selbst vor­neh­men, da in­so­weit kei­ne wei­te­ren Fest­stel­lun­gen zu er­war­ten sind.

[15]   a) Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on ist die Un­fall­frei­heit al­ler­dings nicht zum Be­stand­teil ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB ge­wor­den.

[16]   Das Land­ge­richt hat zwar in an­de­rem Zu­sam­men­hang aus­ge­führt, es sei oh­ne Be­lang, ob die Be­klag­te, in­dem sie in dem Kauf­ver­trags­for­mu­lar die Zei­le „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den laut Vor­be­sit­zer“ und die Zei­le „Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt“ of­fen­ge­las­sen ha­be, kon­klu­dent er­klärt ha­be, der Wa­gen wei­se kei­nen Un­fall­scha­den auf. An­ders als die Re­vi­si­on meint, ist des­halb aber nicht für die re­vi­si­ons­ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung da­von aus­zu­ge­hen, dass im Of­fen­las­sen die­ser Ru­bri­ken ei­ne sol­che Er­klä­rung zu se­hen ist. In der Re­vi­si­ons­in­stanz sind der recht­li­chen Be­ur­tei­lung bei Feh­len tatrich­ter­li­cher Fest­stel­lun­gen zwar die von der Par­tei be­haup­te­ten Tat­sa­chen zu­guns­ten der Re­vi­si­on als zu­tref­fend zu­grun­de zu le­gen. So­weit die Vor­in­stanz je­doch – wie hier – die recht­li­che Be­ur­tei­lung fest­ge­stell­ter Tat­sa­chen of­fen­ge­las­sen hat, darf das Re­vi­si­ons­ge­richt nicht die der Re­vi­si­on güns­ti­ge Be­ur­tei­lung als rich­tig un­ter­stel­len, son­dern muss es die­se Tat­sa­chen, so­weit sie ent­schei­dungs­er­heb­lich sind, selbst recht­lich zu­tref­fend wür­di­gen.

[17]   Die Par­tei­en ha­ben im Hin­blick auf Un­fall­schä­den des Fahr­zeugs kei­ne – auch kei­ne kon­klu­den­te – Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen. Die Un­fall­schä­den be­tref­fen­de Ru­bri­ken des For­mu­lars ent­hal­ten kei­ne Ein­tra­gun­gen der Par­tei­en; des­halb fehlt es an ei­ner po­si­ti­ven Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung, ob und in­wie­weit es sich bei dem Fahr­zeug um ein Un­fall­fahr­zeug han­delt oder ob das Fahr­zeug un­fall­frei ist. Da die Fra­ge nach „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den laut Vor­be­sit­zer“ nicht mit „kei­ne“ oder „nicht be­kannt“ und die Fra­ge „Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt“ nicht mit „nein“ be­ant­wor­tet ist, kommt ei­ne ne­ga­ti­ve Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung, dass das Fahr­zeug mög­li­cher­wei­se nicht un­fall­frei ist, weil es dem Ver­käu­fer un­be­kann­te Un­fall­schä­den hat, gleich­falls nicht in Be­tracht.

[18]   b) Da es so­mit hin­sicht­lich von Un­fall­schä­den an ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) fehlt und die in Re­de ste­hen­de Soll­be­schaf­fen­heit sich auch nicht aus der nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Ver­wen­dung (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) er­gibt, ist das Fahr­zeug nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB frei von Sach­män­geln, wenn es sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net sich ein ge­brauch­ter Per­so­nen­kraft­wa­gen grund­sätz­lich dann, wenn er kei­ne tech­ni­schen Män­gel auf­weist, die die Zu­las­sung zum Stra­ßen­ver­kehr hin­dern oder die Ge­brauchs­fä­hig­keit auf­he­ben oder be­ein­träch­ti­gen (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 66. Aufl., § 434 Rn. 70). Die­se Vor­aus­set­zung ist hier er­füllt. Das Fahr­zeug weist je­doch nicht ei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen üb­lich ist und die der Käu­fer er­war­ten kann.

[19]   Bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen ist, so­fern kei­ne be­son­de­ren Um­stän­de ge­ge­ben sind, je­den­falls der nor­ma­le al­ters- und ge­brauchs­be­ding­te Ver­schleiß üb­lich und hin­zu­neh­men (vgl. Se­nat, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 [un­ter II 1 a bb] m. w. Nachw.). Wel­che Be­schaf­fen­heit üb­lich ist, hängt im Üb­ri­gen von den Um­stän­den des Ein­zel­falls ab, wie bei­spiels­wei­se dem Al­ter und der Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs, der An­zahl der Vor­be­sit­zer und der Art der Vor­be­nut­zung; für das, was der Käu­fer er­war­ten darf, kann fer­ner der Kauf­preis oder der dem Käu­fer er­kenn­ba­re Pfle­ge­zu­stand des Fahr­zeugs von Be­deu­tung sein (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 08.05.2006 – I-1 U 132/05, SP 2007, 32; Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., Rn. 29, 30; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 1236). Bei Be­schä­di­gun­gen des Fahr­zeugs kann es für die Un­ter­schei­dung, ob es sich um ei­nen mög­li­cher­wei­se nicht un­üb­li­chen und da­her hin­zu­neh­men­den „Ba­ga­tell­scha­den“ oder um ei­nen au­ßer­ge­wöhn­li­chen, nicht zu er­war­ten­den Fahr­zeug­man­gel han­delt, auf die Art des Scha­dens und die Hö­he der Re­pa­ra­tur­kos­ten an­kom­men.

[20]   Der Re­vi­si­on ist dar­in bei­zu­pflich­ten, dass zur Ab­gren­zung zwi­schen ei­nem „Ba­ga­tell­scha­den“ und ei­nem Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf die stän­di­ge Recht­spre­chung des BGH zur Of­fen­ba­rungs­pflicht von Schä­den und Un­fäl­len beim Ge­braucht­wa­gen­kauf zu­rück­ge­grif­fen wer­den kann. Da­nach muss der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens ei­nen Scha­den oder Un­fall, der ihm be­kannt ist oder mit des­sen Vor­han­den­sein er rech­net, grund­sätz­lich auch un­ge­fragt dem Käu­fer mit­tei­len, wenn er sich nicht dem Vor­wurf arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens aus­set­zen will, es sei denn, der Scha­den oder Un­fall war so ge­ring­fü­gig, dass er bei ver­nünf­ti­ger Be­trach­tungs­wei­se den Kauf­ent­schluss nicht be­ein­flus­sen kann. Die Gren­ze für nicht mit­tei­lungs­pflich­ti­ge „Ba­ga­tell­schä­den“ ist bei Per­so­nen­kraft­wa­gen sehr eng zu zie­hen. Als „Ba­ga­tell­schä­den“ hat der Se­nat bei Per­so­nen­kraft­wa­gen nur ganz ge­ring­fü­gi­ge, äu­ße­re (Lack-)Schä­den an­er­kannt, nicht da­ge­gen an­de­re (Blech-)Schä­den, auch wenn sie kei­ne wei­ter­ge­hen­den Fol­gen hat­ten und der Re­pa­ra­tur­auf­wand nur ge­ring (in ei­nem Fal­le aus dem Jah­re 1961: 332,55 DM) war (Se­nat, Urt. v. 03.12.1986 – VI­II ZR 345/85, WM 1987, 137 [un­ter II 2 b]; Urt. v. 03.03.1982 – VI­II ZR 78/81, WM 1982, 511 [un­ter II 2 a und b], je­weils m. w. Nachw.; vgl. Se­nat, Urt. v. 20.03.1967 – VI­II ZR 288/64, NJW 1967, 1222). Ob das Fahr­zeug nach dem Un­fall fach­ge­recht re­pa­riert wor­den ist, ist nicht von Be­deu­tung (vgl. Se­nat, Urt. v. 22.06.1983 – VI­II ZR 92/82, WM 1983, 934 [un­ter II 2]). Al­lei­ne die Tat­sa­che, dass das Fahr­zeug bei ei­nem Un­fall ei­nen er­heb­li­chen Scha­den er­lit­ten hat, stellt ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar. Auch beim Kauf ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs kann der Käu­fer, wenn kei­ne be­son­de­ren Um­stän­de vor­lie­gen, er­war­ten, dass das Fahr­zeug kei­nen Un­fall er­lit­ten hat, bei dem es zu mehr als „Ba­ga­tell­schä­den“ ge­kom­men ist.

[21]   Nach die­sen Grund­sät­zen liegt im Streit­fall – wie die Re­vi­si­on zu Recht gel­tend macht – kein „Ba­ga­tell­scha­den“, son­dern ein Fahr­zeug­man­gel vor. Nach den vom Land­ge­richt sei­ner Ent­schei­dung – im Zu­sam­men­hang mit der Prü­fung des Be­rei­che­rungs­an­spruchs – zu­grun­de ge­leg­ten Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen han­delt es sich bei den Ka­ros­se­rie­schä­den an der lin­ken Tür und dem lin­ken hin­te­ren Sei­ten­teil des Fahr­zeugs nicht nur um Lack­schä­den, son­dern um Blech­schä­den, die mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit ur­sprüng­lich tie­fer als die bis zu 5 mm star­ke Schicht­stär­ke des Spach­tel­auf­trags wa­ren. Der Kos­ten­auf­wand zur fach­ge­rech­ten Be­sei­ti­gung die­ser Blech­schä­den be­trägt nach der Kal­ku­la­ti­on des Sach­ver­stän­di­gen 1.774,67 €. Ein sol­cher Scha­den kann je­den­falls bei ei­nem knapp fünf­ein­halb Jah­re al­ten Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von rund 54.000 km nicht als „Ba­ga­tell­scha­den“ an­ge­se­hen wer­den, mit dem ein Käu­fer ver­nünf­ti­ger­wei­se rech­nen muss.

[22]   Dem­ge­gen­über kommt es nicht dar­auf an, dass – wie das Land­ge­richt aus­ge­führt hat – sich ei­ne Ein­beu­lung von we­ni­gen Mil­li­me­tern rück­stands­frei be­sei­ti­gen lässt, und auch nicht die ent­fern­te Mög­lich­keit be­steht, dass ei­ne ober­fläch­li­che Be­schä­di­gung von klein­flä­chi­gen Be­rei­chen der Tür und des hin­te­ren Sei­ten­tei­les die Fahr- oder Ver­kehr­stüch­tig­keit des Pkw be­ein­träch­tigt. Denn ein Ge­braucht­wa­gen ist nicht schon dann man­gel­frei, wenn er sich nur für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net, al­so zu­las­sungs­fä­hig und fahr­tüch­tig ist. So­weit das Land­ge­richt meint, ein er­heb­li­cher Un­fall­scha­den sei nicht al­lein mit Blick auf die Re­pa­ra­tur­kos­ten zu be­ja­hen, weil an­dern­falls auch auf­grund er­heb­li­cher In­stand­set­zungs­kos­ten zur Be­sei­ti­gung blo­ßer Lack­schä­den oder kleins­ter Del­len in der Ka­ros­se­rie ein er­heb­li­cher Un­fall­scha­den be­jaht wer­den könn­te, ver­kennt es, dass es hier nicht um blo­ße Lack­schä­den oder „kleins­te Del­len“ in der Ka­ros­se­rie, son­dern um ei­nen be­trächt­li­chen Blech­scha­den geht. Die­ser Scha­den ist auch im Hin­blick auf die Re­pa­ra­tur­kos­ten von 1.774,67 € nicht als un­er­heb­lich an­zu­se­hen.

[23]   2. Da der Ge­braucht­wa­gen bei Ge­fahr­über­gang nicht un­fall­frei war, konn­te die Klä­ge­rin ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1, § 326 V, § 323 BGB vom Ver­trag zu­rück­tre­ten. Ei­ner vor­an­ge­hen­den Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung durch Nach­bes­se­rung der nicht fach­ge­recht aus­ge­führ­ten Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten be­durf­te es nicht, weil der Man­gel nicht be­heb­bar ist (§ 326 V BGB). Durch Nach­bes­se­rung lässt sich der Cha­rak­ter des Fahr­zeugs als Un­fall­wa­gen nicht kor­ri­gie­ren. Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung ist bei dem hier vor­lie­gen­den Ge­braucht­wa­gen­kauf un­mög­lich (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 [71 ff.]). Die in der Lie­fe­rung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs lie­gen­de „Pflicht­ver­let­zung“ ist schließ­lich nicht un­er­heb­lich, so­dass dem Rück­tritt auch nicht § 323 V 2 BGB ent­ge­gen­steht.

[24]   3. Auf­grund des Rück­tritts kann die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten ge­mäß §§ 346 I, 348 BGB die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 9.000 € Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fahr­zeugs ver­lan­gen. …

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