- Der Erfüllungsort der Nacherfüllung hat im Kaufrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine eigenständige Regelung erfahren. Für seine Bestimmung gilt daher die allgemeine Vorschrift des § 269 I BGB.
- Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 II BGB) hatte.
BGH, Urteil vom 13.04.2011 – VIII ZR 220/10
(vorangehend: OLG Koblenz, Urteil vom 16.07.2010 – 8 U 812/09)
Sachverhalt: Die in Frankreich wohnhaften Kläger erwarben mit Kaufvertrag vom 23.02.2008 bei der in P. (Deutschland) ansässigen Beklagten einen neuen Camping-Faltanhänger zum Preis von 7.370 €. In der Auftragsbestätigung vom 25.02.2008 ist unter der Rubrik „Lieferung“ aufgeführt „ab P., Selbstabholer“. Dennoch lieferte die Beklagte den Anhänger am 30.04.2008 an den Wohnort der Kläger.
Die Kläger, die den Anhänger in einem Urlaub nutzten, rügten in der Folgezeit verschiedene Mängel. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.06.2008 forderten sie die Beklagte unter Fristsetzung zum 18.06.2006 auf, den Faltanhänger abzuholen und die Mängel zu beseitigen. Ein daraufhin vereinbarter Abholtermin bei den Klägern scheiterte. Der Anhänger war entsprechend den Gepflogenheiten in Frankreich, nach denen ein Anhänger über das Zugfahrzeug zugelassen wird, nicht angemeldet, sodass für den Transport ein – von den Mitarbeitern der Beklagten nicht mitgeführtes – rotes Überführungskennzeichen erforderlich gewesen wäre.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.07.2008 setzten die Kläger der Beklagten erneut eine Frist zur Abholung des Faltanhängers bis zum 14.07.2008. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist erklärten die Kläger mit Schreiben vom 14.07.2008 die „Wandlung“ des Kaufvertrags.
Das Landgericht hat der auf Rückzahlung des Kaufpreises (nebst Zinsen) Zug um Zug gegen Rückgabe des Faltanhängers sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: [6] A. Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, Urt. v. 16.07.2010 – 8 U 812/09, DAR 2011, 84) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[7] Die Kläger seien nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dabei kö
nne dahinstehen, ob der Anhänger Sachmängel aufgewiesen habe, die die Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätten. Jedenfalls scheitere der Rücktritt daran, dass die Kläger der Beklagten den Anhänger nicht an deren Firmensitz zur Nachbesserung zur Verfügung gestellt und damit eine ihnen im Rahmen der Nacherfüllung obliegende Mitwirkungshandlung unterlassen hätten.
[8] Bei dem Nacherfüllungsanspruch handele es sich um den modifizierten Erfüllungsanspruch aus dem Kaufvertrag. Die Lieferung einer mangelhaften Kaufsache führe nicht zur Erfüllung i. S. des § 362 I BGB. Vielmehr verwandele sich der ursprüngliche Anspruch des Käufers auf Übereignung der Kaufsache in einen Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB, wobei dem Käufer ein Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Nachlieferung zustehe. Auf der Grundlage dieses dogmatischen Ansatzes sei der für den Primärleistungsanspruch des Käufers geltende Erfüllungsort regelmäßig auch für den Nacherfüllungsanspruch maßgebend.
[9] Erfüllungsort für die Nacherfüllung sei damit der nach der Auftragsbestätigung vom 25.02.2008 maßgebliche Erfüllungsort der kaufvertraglichen Leistungsverpflichtung, also der Firmensitz der Beklagten. Die entgegen dieser Vereinbarung von der Beklagten vorgenommene Lieferung des Anhängers nach Frankreich und die von ihr zunächst erklärte Bereitschaft, den Anhänger zur Nachbesserung am Wohnsitz der Kläger abzuholen, rechtfertigten nicht die Annahme, die Parteien hätten vereinbart, den Erfüllungsort für den Nacherfüllungsanspruch an den Wohnsitz der Kläger zu verlegen.
[10] B. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.
[11] I. Das Berufungsgericht hat zu Recht auf den vorliegenden Fall deutsches Recht angewendet. Nach Art. 28 I 1 EGBGB in der bis zum 16.12.2009 geltenden Fassung (im Folgenden: EGBGB a.F.) unterliegt ein Vertragsverhältnis dem Recht des Staates, zu dem es die engsten Verbindungen aufweist. Dabei wird gemäß Art. 28 II 2 EGBGB a.F. vermutet, dass ein Vertrag, der in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Schuldners der vertragscharakteristischen Leistung geschlossen worden ist, zu dem Staat die engsten Verbindungen hat, in dem diese Vertragspartei ihre (Haupt-)Niederlassung unterhält. Bei einem Kaufvertrag besteht die charakteristische Leistung in der Übereignung und Übergabe der Kaufsache, sodass das am Sitz der Verkäuferin geltende Recht – hier also deutsches Recht – maßgeblich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 29 II EGBGB a.F., denn der Kaufvertrag zwischen den Parteien wurde nicht unter den in Art. 29 I EGBGB a.F. genannten Voraussetzungen abgeschlossen.
[12] II. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Kläger nicht gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 BGB die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen können. Zwar ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass der Camping-Faltanhänger i. S. des § 434 I BGB mangelhaft war und die Mängel die Erheblichkeitsgrenze des § 323 V 2 BGB überschritten. Der von den Klägern mit Schreiben vom 14.07.2008 erklärte Rücktritt vom Vertrag ist jedoch unwirksam, weil die Kläger den Anhänger nicht zur Vornahme der Nacherfüllung (§ 439 BGB) an den Firmensitz der Beklagten verbracht haben.
[13] 1. Das Recht des Käufers, wegen Mängeln der Kaufsache nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB vom Vertrag zurückzutreten, setzt nach dem in § 323 I BGB zum Ausdruck kommenden Vorrang der Nacherfüllung grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nach § 439 BGB gesetzt hat (Senat, Urt. vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 m. w. Nachw.). Dabei kann der Käufer gemäß § 439 I BGB nach seiner Wahl Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder durch Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Zwar haben die Kläger der Beklagten eine Frist zur Beseitigung der gerügten Mängel gesetzt. Sie sind hiermit jedoch ihrer Obliegenheit, der Beklagten Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben (vgl. dazu Senat, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 m. w. Nachw.), nicht in gehöriger Weise nachgekommen, da sie den Faltanhänger für die Mängelbeseitigung nicht zum Sitz der Beklagten verbracht, sondern die Beklagten zur Abholung des Anhängers in Frankreich aufgefordert haben.
[14] 2. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung ist auf die Vornahme der hierzu erforderlichen Handlungen am Erfüllungsort begrenzt. Erfüllungsort der Nacherfüllung war vorliegend – wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat – der Firmensitz der Beklagten in P. Die Beklagte war also nicht verpflichtet, den Faltanhänger bei den Klägern in Frankreich abzuholen.
[15] 3. Die Frage, an welchem Ort seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. 2001 I S. 3138) am 01.01.2002 im Kaufrecht der Verkäufer die von ihm geschuldete Nacherfüllung zu erbringen hat, ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt. In der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum werden hierzu unterschiedliche Ansichten vertreten.
[16] a) Vielfach wird der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nach § 439 BGB mit dem bestimmungsgemäßen aktuellen Belegenheitsort der Sache gleichgesetzt (OLG München [15. Zivilsenat], Urt. v. 12.10.2005 – 15 U 2190/05, NJW 2006, 449, 450; OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 32/09, juris; AG Menden, Urt. v. 03.03.2004 – 4 C 26/03, NJW 2004, 2171; AnwK-BGB/Büdenbender, 2005, § 439 Rn. 25; Faust, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 439 Rn. 13; Erman/Grunewald, BGB, 12. Aufl., § 439 Rn. 5; Hk-BGB/Saenger, 6. Aufl., § 439 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl., § 439 Rn. 7; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 439 Rn. 9; Schmidt, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 5. Aufl., § 439 Rn. 20; jurisPK-BGB/Pammler, 5. Aufl., § 439 Rn. 41; Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Reineke/Tiedke, Kaufrecht, 8. Aufl., Rn. 417; Thürmann, NJW 2006, 3457, 3458; Terrahe, VersR 2004, 680, 681; Tiedke/Schmitt, DStR 2004, 2016, 2017 f.; Witt, ZGS 2008, 369, 370, 372; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB aus der Sicht eines verständigen Käufers, 2010, S. 102 f.; im Grundsatz auch Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl., § 269 Rn. 15). Vereinzelt wird erwogen, auf den Belegenheitsort der Sache nur im Anwendungsbereich der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, ABl. 1999 L 171, 12) abzustellen (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, § 13 Rn. 26 ff.; vgl. auch Schrewe, Der Abhilfeanspruch des Käufers, 2010, S. 213 f.).
[17] b) Nach der Gegenansicht ist der ursprüngliche Erfüllungsort der Primärleistungspflicht auch für den Nachbesserungsanspruch aus § 439 I BGB als Erfüllungsort maßgebend (OLG München [20. Zivilsenat], Urt. v. 20.06.2007 – 20 U 2204/07, NJW 2007, 3214; Jauernig/Berger, BGB, 13. Aufl., § 439 Rn. 11; MünchKomm-BGB/Krüger, 4. Aufl., § 269 Rn. 37; Lorenz, NJW 2009, 1633, 1635; Muthorst, ZGS 2007, 370 ff.; Reinking, NJW 2008, 3608 ff.; Skamel, ZGS 2006, 227 ff.; Unberath/Cziupka, JZ 2008, 867 ff.; Haas, in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap. 5 Rn. 154; Kandler, Kauf und Nacherfüllung, 2004, S. 442 ff.; Leible, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, Kap. 10 Rn. 90; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2007, § 2 Rn. 139; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 353 ff.; Schürholz, Die Nacherfüllung im neuen Kaufrecht, 2005, S. 54 ff.). Dabei werden teilweise für nicht oder nur schwer zu transportierende Gegenstände Ausnahmen zugelassen (Reinking, NJW 2008, 3608, 3611; Kandler, a. a. O., S. 444; vgl. auch MünchKomm-BGB/Krüger, a. a. O., § 269 Rn. 37).
[18] c) Teilweise wird auch eine differenzierende Betrachtungsweise gefordert, die die Beurteilung des Erfüllungsorts maßgebend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (so Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 269 Rn. 15), insbesondere von der Interessenlage und der Verkehrsanschauung (Pils, JuS 2008, 767, 769 f.), abhängig macht. Hierbei sollen vor allem die Art der Sache, insbesondere deren Transportfähigkeit und Transportüblichkeit sowie die Verhältnismäßigkeit der Transportkosten (Pils, JuS 2008, 767, 769 f.), oder etwa der Umfang der Instandsetzungsmaßnahmen (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 269 Rn. 15) ausschlaggebend sein.
[19] d) Eine weitere speziell für den Bereich des Autokaufs vertretene Auffassung sieht in Anwendung der in § 269 I BGB genannten Kriterien bei einem Nachbesserungsverlangen wegen der dabei voraussichtlich erforderlichen Diagnose- und Instandsetzungsmaßnahmen regelmäßig den Betriebssitz des Händlers als Erfüllungsort an (OLG Köln, Urt. v. 14.02.2006 – 20 U 188/05, SP 2007, 302; OLG München [20. Zivilsenat], Urt. v. 20.06.2007 – 20 U 2204/07, NJW 2007, 3214, 3215; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 439 Rn. 3a; Ball, NZV 2004, 217, 220 f.; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 358; Reinking, ZfS 2003, 57, 60; Skamel, ZGS 2006, 227, 228). Bei der Ersatzlieferung liege der Erfüllungsort, wenn sich den Umständen nichts anderes entnehmen lasse, ebenfalls am (Betriebs-)Sitz des Verkäufers; insoweit gelte die Auffangregelung des § 269 I BGB, wonach im Zweifel der Sitz des Schuldners maßgebend sei (Ball, NZV 2004, 217, 220 f.; i. E. auch Reinking, ZfS 2003, 57, 60).
[20] 4. Der Senat hat die Frage des Erfüllungsorts der Nacherfüllung im neuen Kaufrecht bislang offenlassen können (Senat, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224). Er entscheidet sie nunmehr dahin, dass der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 BGB zu bestimmen ist.
[21] a) § 269 BGB als Bestimmung des allgemeinen Schuldrechts ist anwendbar, weil das Kaufrecht des BGB keine spezielle Regelung zum Erfüllungsort der Nacherfüllung enthält. Eine solche lässt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte oder der Systematik der aktuellen Gesetzesfassung ableiten.
[22] aa) Die in § 439 I BGB verwendete Formulierung, wonach der Käufer im Rahmen der Nacherfüllung die „Lieferung“ einer mangelfreien Sache verlangen kann, lässt nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe hierdurch zum Ausdruck bringen wollen, dass die Nacherfüllung stets eine Bringschuld sei, deren Erfüllungsort beim Käufer liege (so aber Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 439 Rn. 9). Zwar weicht der Wortlaut des § 439 I BGB insoweit von der Terminologie des § 433 I BGB ab, welcher den Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu „übergeben“ und das Eigentum an der Sache zu „verschaffen“. Dieser begrifflichen Unterscheidung kommt jedoch schon deswegen keine signifikante Aussagekraft zu, weil der Gesetzgeber bei der Novellierung des Kaufrechts auch im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch des Käufers aus § 433 I BGB die Formulierung „Lieferung“ gebraucht (BT-Drs. 14/6040, S. 231; vgl. dazu Muthorst, ZGS 2007, 370, 371) und damit zu erkennen gegeben hat, dass er diesem Begriff keine über die Verschaffung der Sache hinausgehende Bedeutung zugemessen hat. Zudem sagt die Formulierung „Lieferung“ ohnehin nichts darüber aus, an welchem Ort die Lieferverpflichtung zu erfüllen ist (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609).
[23] bb) Auch aus der Bestimmung des § 439 II BGB, nach der der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen hat, lässt sich keine Regelung über den Erfüllungsort bei der Nacherfüllung ableiten. Die Kostenregelung des § 439 II BGB beruht ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zur Modernisierung des Schuldrechts auf Art. 3 IV der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, nach dem die Nacherfüllung für den Verbraucher unentgeltlich, insbesondere ohne Versand-, Arbeits- und Materialkosten durchzuführen ist (BT-Drs. 14/6040, S. 231). Dafür, dass der Gesetzgeber über die Umsetzung der Richtlinie hinaus eine eigenständige Regelung des Erfüllungsorts für Nacherfüllungsansprüche treffen wollte, bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte (vgl. OLG München, Urt. v. 20.06.2007 – 20 U 2204/07, NJW 2007, 3214, 3215; Reinking, NJW 2008, 3608, 3609; Haas, a. a. O., Kap. 5 Rn. 154). Entgegen einzelnen Stimmen im Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung kann die Kostentragungsregelung des § 439 II BGB auch nicht als Auslegungshilfe für die Bestimmung des bei der Nacherfüllung maßgeblichen Erfüllungsorts herangezogen werden.
[24] (1) Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, trotz des fehlenden Regelungswillens des deutschen Gesetzgebers könnten der Kostentragungsregelung des § 439 II BGB immerhin deutliche Hinweise darauf entnommen werden, dass nach dessen Vorstellung im Zweifel der Erfüllungsort für die Nacherfüllung nicht am Belegenheitsort der Kaufsache liege. Als Begründung hierfür wird angeführt, bei Maßgeblichkeit des Belegenheitsorts würden beim Käufer keine Transportkosten anfallen, sodass eine auf Erstattung der Transportkosten gerichtete gesetzliche Anspruchsgrundlage überflüssig wäre (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609; Kandler, a. a. O., S. 443; vgl. auch Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 439 Rn. 9). Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht. Sie berücksichtigt nicht, dass bereits die Vorgaben des Art. 3 IV der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dem nationalen Gesetzgeber keinen Spielraum eröffnen, die Transportkosten („Versandkosten“) von einer nationalen Kostentragungsregelung auszunehmen. § 439 II BGB erschöpft sich in einer Kostentragungsregel (so auch Reinking, ZfS 2003, 57, 60) und lässt keine Rückschlüsse auf sonstige Rechte und Pflichten der Kaufvertragsparteien zu.
[25] (2) Andere Stimmen wollen aus der Kostentragungsregelung des § 439 II BGB umgekehrt den Schluss ziehen, dass der Verkäufer auch die Vornahme des Transports schulde (vgl. AG Menden, Urt. v. 03.03.2004 – 4 C 26/03, NJW 2004, 2171; Schmidt, in: Prütting/Wegen/Weinreich, a. a. O., § 439 Rn. 20). Auch diese Argumentation erweist sich nicht als tragfähig. Wie bereits ausgeführt, bestimmt § 439 II BGB in Umsetzung des Art. 3 IV der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie lediglich, dass der Verkäufer die Kosten der Nacherfüllung einschließlich der Transport- und Wegekosten zu tragen hat. Eine bloße Kostentragungsregelung bleibt aber – wie sich aus § 269 III BGB ergibt – ohne Auswirkungen auf den Erfüllungsort. Daher kann allein aus der in § 439 II BGB angeordneten Verpflichtung des Verkäufers, auch die Kosten eines im Rahmen der Nacherfüllung erforderlichen Transports zu tragen, nicht abgeleitet werden, dass der Verkäufer auch die Vornahme dieses Transports schuldet und damit der Belegenheitsort der Kaufsache zum Erfüllungsort wird (Unberath/Cziupka, JZ 2008, 867, 873 ff.; Leible, a. a. O., § 10 Rn. 90; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 357; Reinking, ZfS 2003, 57, 60; kritisch zur Trennung von Leistungs- und Kostentragungspflicht Faust, JuS 2008, 84, 85).
[26] cc) Eine eigenständige gesetzliche Festlegung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung lässt sich auch nicht der im Zuge der Modernisierung des Kaufrechts erfolgten Streichung des § 476a Satz 2 BGB a.F. entnehmen (Reinking, ZfS 2003, 57, 60; ders., NJW 2008, 3608, 3609; Muthorst, ZGS 2007, 370, 371; a. A. Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Tiedke/Schmitt, DStR 2004, 2016, 2017 f.; Faust, in: Bamberger/Roth, a. a. O., § 439 Rn. 13; Schmidt, in: Prütting/Wegen/Weinreich, a. a. O., § 439 Rn. 20). § 476a Satz 1 BGB a.F. bestimmte für den Fall der vertraglichen Vereinbarung eines – vom Gesetz in der damaligen Fassung als solches nicht vorgesehenen – Nachbesserungsrechts, dass der zur Nachbesserung verpflichtete Verkäufer auch die zum Zwecke der Nachbesserung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen hatte. Ausgenommen hiervon waren nach § 476a Satz 2 BGB a.F. Mehraufwendungen, die sich daraus ergaben, dass die gekaufte Sache nach der Lieferung an einen anderen Ort als den Wohnsitz oder die gewerbliche Niederlassung des Käufers verbracht worden war; diese Beschränkung galt allerdings dann nicht, wenn das Verbringen dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache entsprach.
[27] Aus dem Wegfall der in § 476a Satz 2 BGB a.F. enthaltenen Einschränkung lassen sich schon deswegen keine Erkenntnisse über den Erfüllungsort bei Nacherfüllungsansprüchen gewinnen, weil auch diese Bestimmung letztlich nur die Kostentragungspflicht für den zur Nachbesserung erforderlichen Transport, nicht jedoch die Frage regelte, wer den Transport durchzuführen hatte und wie sich diese Umstände auf den Erfüllungsort auswirkten. Die Streichung des § 476a Satz 2 BGB a.F. ist vom Gesetzgeber ausschließlich mit Kostenerwägungen begründet worden. Sie war ausweislich der Gesetzesbegründung allein deswegen notwendig geworden, weil § 476a Satz 2 BGB a.F. im Widerspruch zu der von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung stand (BT-Drs. 14/6040, S. 231). Der Schutz des Verkäufers vor unzumutbaren Kosten sollte fortan über § 439 III BGB gewährleistet werden (BT-Drs. 14/6040, S. 231).
[28] dd) Schließlich lassen sich die zum Erfüllungsort der Rückgewähransprüche nach erfolgtem Rücktritt gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 346 BGB, der vielfach an dem Ort angesiedelt wird, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 269 Rn. 16; MünchKomm-BGB/Krüger, a. a. O., § 269 Rn. 41; zum alten Schuldrecht auch Senat, Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109), entwickelten Grundsätze nicht auf die Nacherfüllung nach § 439 BGB übertragen (a. A. wohl Thürmann, NJW 2006, 3457, 3458). Das Rücktrittsrecht und das Nacherfüllungsrecht sind in ihrem dogmatischen Ausgangspunkt und ihren Rechtsfolgen so verschieden, dass es an einer Vergleichbarkeit der beiden Rechte fehlt. Während Nachbesserung und Ersatzlieferung der Herbeiführung des Leistungserfolgs im Rahmen des fortbestehenden Vertrags dienen, geht es beim Rücktritt um die Rückabwicklung des Vertrags (vgl. etwa Reinking, NJW 2008, 3606, 3609; Skamel, ZGS 2006, 227, 229 f.). Dasselbe gilt für die Regelung des § 357 II BGB, die für den Widerruf ausdrücklich eine Rücksendepflicht des Verbrauchers statuiert. Das Widerrufsrecht nach § 355 BGB ist ein besonders ausgestaltetes Rücktrittsrecht (vgl. Senat, Urt. v. 17.03.2004 – VIII ZR 265/03, BB 2004, 1246 [unter II 2 b] m. w. Nachw.). Auch hier gilt daher, dass sich der Vertrag im Falle der Ausübung eines Widerrufsrechts in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandelt (Senat, Urt. v. 17.03.2004 – VIII ZR 265/03, BB 2004, 1246), weswegen keine Vergleichbarkeit mit der Nacherfüllung nach § 439 I BGB besteht (Reinking, NJW 2008, 3608, 3609).
[29] b) Da die Frage des Erfüllungsorts bei der Nacherfüllung im Kaufrecht keine eigenständige Regelung erfahren hat, ist für dessen Bestimmung die allgemeine Vorschrift des § 269 I BGB maßgebend (OLG Köln, Urt. v. 14.02.2006 – 20 U 188/05, SP 2007, 302; Ball, NZV 2004, 217, 220 f.; Haas, a. a. O., Kap. 5 Rn. 154; vgl. im Ansatz auch OLG München, Urt. v. 12.10.2005 – 15 U 2190/05, NJW 2006, 449, 450; AnwK-BGB/Büdenbender, a. a. O., § 439 Rn. 25; Erman/Grunewald, a. a. O., § 439 Rn. 5; Unberath/Cziupka, JZ 2008, 867, 872; Skamel, DAR 2004, 565, 568; für das Werkvertragsrecht vgl. BGH, Urt. v. 08.01.2008 – X ZR 97/95, NJW-RR 2008, 724). Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen – wie hier – vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz bzw. seine gewerbliche Niederlassung (§ 269 II BGB) hatte.
[30] Zu den beim Fehlen vertraglicher Vereinbarungen maßgebenden Umständen zählen anerkanntermaßen die Ortsgebundenheit und Art der vorzunehmenden Leistung (Jauernig/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 269 Rn. 8; MünchKomm-BGB/Krüger, a. a. O., § 269 Rn. 18; jurisPK-BGB/Kerwer, 5. Aufl., § 269 Rn. 16; BeckOK-BGB/Unberath, 18. Edition [Stand: 01.02.2009], § 269 Rn. 13; vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 22.10.1987 – I ZR 224/85, NJW 1988, 966 zum Erfüllungsort eines Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs), die Verkehrssitte, örtliche Gepflogenheiten und eventuelle Handelsbräuche (Erman/Ebert, BGB, 12. Aufl., § 269 Rn. 12; Palandt/Grüneberg, a. a. O. § 269 Rn. 12; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearb. 2009, § 269 Rn. 18).
[31] Diese Maßstäbe finden auch beim Nacherfüllungsanspruch Anwendung. Sein Erfüllungsort entzieht sich einer allgemeinen Festlegung. Insbesondere kann nicht mit dem Argument, er sei im Hinblick auf die dogmatische Verwandtschaft von Erfüllungs- und Nacherfüllungsanspruch (§ 433 I 1 BGB, § 439 BGB) stets mit dem Erfüllungsort des Anspruchs aus § 433 I 1 BGB identisch, auf eine an den jeweiligen Umständen ausgerichtete Prüfung verzichtet werden. Umgekehrt kann der Erfüllungsort der Nacherfüllung beim Kauf – anders als der BGH dies für das Werkvertragsrecht entschieden hat (BGH, Urt. v. 08.01.2008 – X ZR 97/95, NJW-RR 2008, 724) – nicht generell mit dem Belegenheitsort der beweglichen Sache gleichgesetzt werden. Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung (OLG München, Urt. v. 12.10.2005 – 15 U 2190/05, NJW 2006, 449, 450; vgl. auch OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 32/09, juris, für den Fahrzeugkauf) ist für die Ermittlung des Erfüllungsorts nicht allein der Umstand entscheidend, dass die Kaufsache nach Abschluss des Kaufvertrags dem Käufer übergeben wurde und sich daher – für beide Vertragsparteien vorhersehbar – bestimmungsgemäß nicht mehr beim Verkäufer befindet. Eine solche Anknüpfung ist schon deswegen nicht tragfähig, weil damit nur ein einzelner Gesichtspunkt und nicht – wie von § 269 I BGB gefordert – alle prägenden Umstände des betroffenen Schuldverhältnisses als Beurteilungsgrundlage herangezogen werden.
[32] c) Die Bestimmung des § 269 I BGB ermöglicht eine an den konkreten Umständen ausgerichtete Festlegung des Erfüllungsorts der jeweils geschuldeten Leistung und führt damit auch im Rahmen der Nacherfüllung (§ 439 BGB) zu sachgerechten Ergebnissen. Dagegen lassen sich – wie noch näher auszuführen sein wird – weder bei einer generellen Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem jeweiligen Belegenheitsort der Kaufsache noch bei einer automatischen Übertragung des Erfüllungsorts der ursprünglichen Primärleistungspflicht auf die Nacherfüllung für alle typischen Nacherfüllungssituationen überzeugende Lösungen finden (vgl. Pils, JuS 2008, 767, 769 f.).
[33] aa) In vielen Fällen wird der Erfüllungsort nach den Umständen des Falls am Sitz des Verkäufers anzusiedeln sein. Bei Geschäften des täglichen Lebens, etwa beim Kauf im Ladengeschäft, entspricht es der Verkehrsauffassung, dass die Kunden ihre Reklamationen regelmäßig unter Vorlage der mangelhaften Ware am Sitz des Verkäufers vorbringen (vgl. OLG München, Urt. v. 20.06.2007 – 20 U 2204/07, NJW 2007, 3214, 3215; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610; Unberath/Cziupka, JZ 2008, 867, 874; vgl. auch Faust, JuS 2008, 84, 85). Beim Fahrzeugkauf vom Händler erfordern Nachbesserungsarbeiten in der Regel technisch aufwendige Diagnose- oder Reparaturarbeiten des Verkäufers, die wegen der dort vorhandenen materiellen und personellen Möglichkeiten sinnvoll nur am Betriebsort des Händlers vorgenommen werden können (OLG München, Urt. v. 20.06.2007 – 20 U 2204/07, NJW 2007, 3214, 3215; Ball, NZV 2004, 217, 220 f.; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 358; Reinking, NJW 2008, 3606, 3610; ders., ZfS 2003, 57, 60; Skamel, DAR 2004, 565, 568; ders., ZGS 2006, 227, 228). Hinzu kommt, dass der Belegenheitsort gerade bei verkauften Fahrzeugen variabel ist. Fahrzeuge befinden sich typischerweise und bestimmungsgemäß nicht nur am Wohnsitz des Käufers, sondern unterwegs zu den verschiedensten Zielen, wie etwa der Arbeitsstätte, dem Urlaubsort oder sonstigen Reisezielen (vgl. Muthorst, ZGS 2007, 370, 372).
[34] b) Dagegen erweist sich eine Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem Sitz des Verkäufers insbesondere in den Fällen als unangemessen, in denen es um die Nachbesserung von Gegenständen geht, die der Käufer an ihrem Bestimmungsort auf- oder eingebaut hat, oder in denen ein Rücktransport aus anderen Gründen nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zu bewerkstelligen wäre.
[35] d) Die Bestimmung des Erfüllungsorts nach § 269 I BGB unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls steht auch mit Art. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in Einklang. Die Richtlinie erfordert es nicht, als Erfüllungsort der Nacherfüllung stets den Belegenheitsort der Sache anzusehen. Die nach der Richtlinie eröffneten Wertungsspielräume werden im Rahmen der nach § 269 I BGB zu berücksichtigenden Umstände bei richtlinienkonformer Auslegung gewahrt und sachgerecht ausgeschöpft.
[36] aa) Art. 3 II der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie räumt einem Verbraucher bei Vertragswidrigkeit der Kaufsache einen Anspruch auf unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe von Art. 3 III der Richtlinie ein. Nach Art. 3 III der Richtlinie kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung des Verbrauchsgutes oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Die Nachbesserung oder die Ersatzlieferung muss innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen, wobei die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind. Art. 3 IV der Richtlinie stellt klar, dass sich der Begriff der Unentgeltlichkeit auf alle für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts notwendigen Kosten erstreckt, insbesondere auf Versand-, Arbeits- und Materialkosten.
[37] bb) Aus der in der Richtlinie geforderten und durch § 439 II BGB im deutschen Recht umgesetzten Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung ergeben sich keine Einschränkungen für eine Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung nach den in § 269 I BGB niedergelegten Grundsätzen. Zwar schließt die von der Richtlinie verlangte Unentgeltlichkeit jede finanzielle Forderung des Verkäufers gegen den Käufer im Rahmen der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts aus (EuGH, Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, NJW 2008, 1433 – Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände). Die Regelungen über die Kostentragungspflicht sagen jedoch – wie bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt – nichts darüber aus, an welchem Ort der Erfüllungsort für Nacherfüllungsansprüche anzusiedeln ist. Die Kostentragungspflicht des Verkäufers wird durch die Lage des Erfüllungsorts nicht berührt. In den Fällen, in denen sich die Nacherfüllung als Bringschuld des Verkäufers darstellt, entstehen die Kosten direkt beim Verkäufer, der diese nach der Kostenverteilungsregel des § 439 II BGB nicht auf den Käufer abwälzen darf. Erfordert die Nacherfüllung, dass der Käufer die Kaufsache zum Verkäufer bringt oder versendet, fallen die Transport- oder Versandkosten zwar beim Käufer an. Er kann jedoch gestützt auf § 439 II BGB vom Verkäufer deren Erstattung verlangen (zum Anspruchscharakter des § 439 II BGB vgl. Senat, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224; ausführlich Hellwege, AcP 206 [2006], 136 ff.). Ferner kommt angesichts des Schutzzwecks des Unentgeltlichkeitsgebots auch ein Vorschussanspruch des Verbrauchers aus § 439 II BGB in Betracht. Die dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts unentgeltlich zu bewirken, soll den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen (EuGH, Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, NJW 2008, 1433 – Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände). Ein solcher Hinderungsgrund kann sich für den Verbraucher auch daraus ergeben, dass er mit entstehenden Transportkosten in Vorlage treten muss.
[38] cc) Die weitere Vorgabe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, dass die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss, eröffnet gewisse Wertungsspielräume, die auch bei der Bestimmung des Erfüllungsorts zu beachten sind.
[39] (1) Der europäische Gesetzgeber hat den Begriff „erhebliche Unannehmlichkeiten der Nacherfüllung“ nicht definiert. Auch die weiteren in Art. 3 III der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie enthaltenen Vorgaben, wonach bei der dem Käufer geschuldeten Nachbesserung oder Ersatzlieferung die Art des Verbrauchsguts sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte, zu berücksichtigen sind, vermag den Bedeutungsgehalt der verwendeten Formulierung nicht hinreichend zu klären. Dem Schlussantrag der Generalanwältin in dem Verfahren Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände liegt ein weites Verständnis des Begriffs „erhebliche Unannehmlichkeiten“ zu Grunde. Er soll sowohl praktische Hindernisse bei der Durchführung der Nacherfüllung als auch Unannehmlichkeiten im Allgemeinen erfassen (Slg. 2008, I-2685 Rn. 47).
[40] (2) Die Entstehungsgeschichte der Richtlinie gibt keine weiteren Aufschlüsse. Der Vorschlag der Kommission vom 18.06.1996 sah in Art. 4 III zwar das Recht des Verbrauchers vor, bei Vertragswidrigkeit zwischen der unentgeltlichen Instandsetzung innerhalb angemessener Frist, Ersatzleistung, Minderung des Kaufpreises oder Vertragsauflösung zu wählen (KOM[95] 520 endg., COD 96/0161, S. 14, 22). Der Begriff der „erheblichen Unannehmlichkeiten“ findet sich dort aber ebenso wenig wie in dem auf Grund der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10.03.1998 (ABl. 1998 C 104, 33, insbesondere Änderungen 45 und 30) vorgelegten Geänderten Vorschlag der Kommission vom 31.03.1998 (KOM[1998] 217 endg.; COD 96/0161). Er entstammt – soweit ersichtlich – einer politischen Einigung auf gemeinsame Standpunkte im Rat am 23.04.1998 (vgl. Presseerklärung PRES/98/106), in der es erstmals heißt: „Any repair or replacement should be completed within a reasonable time and without any significant inconvenience to the consumer.“ Diese Formulierung fand dann Eingang in Art. 3 III des Gemeinsamen Standpunkts EG Nr. 51/98 vom 24.09.1998 (ABl. 1998 C 333, S. 46) und in die Endfassung der Richtlinie; ihre Bedeutung wurde allerdings nicht erläutert.
[41] (3) Es ist daher auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen. Danach lassen sich der Vorgabe, dass eine Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen muss, mehrere Aussagen entnehmen. Zum einen ist der Verbraucher im Rahmen einer Nacherfüllung nicht gehalten, Handlungen vorzunehmen, die für ihn eine erhebliche Unannehmlichkeit darstellen, sondern kann deren Vornahme vom Unternehmer verlangen. Zum anderen braucht der Verbraucher keine Nacherfüllungsmaßnahmen des Unternehmers zu dulden, aus denen für ihn erhebliche Unannehmlichkeiten entstehen. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff der „erheblichen Unannehmlichkeiten“ nach allgemeinem Verständnis nicht auf finanzielle Aspekte beschränkt ist. Dies wird auch durch die Systematik der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bestätigt. Da den im Zusammenhang mit der Nacherfüllung entstehenden wirtschaftlichen Belastungen des Käufers schon durch das in Art. 3 III der Richtlinie aufgestellte Postulat der Unentgeltlichkeit der Nachbesserung und Ersatzlieferung Rechnung getragen wird, muss sich das zusätzliche Erfordernis der Vermeidung erheblicher Unannehmlichkeiten zwangsläufig auch auf andere Erschwernisse beziehen.
[42] Erhebliche Unannehmlichkeiten können sich damit auch daraus ergeben, dass der Verbraucher die Sache zur Vornahme der Nacherfüllung zum Verkäufer bringen oder an diesen versenden muss. Zwar hat die Kosten eines solchen Transports oder Versands der Verkäufer zu tragen. Der Käufer muss jedoch in gewissem Umfang Zeit und Mühe aufwenden, um Verpackung und Transport vorzunehmen oder zu organisieren. Diese Leistungen können nicht von vornherein und in allen Fällen als lediglich unerhebliche Unannehmlichkeiten qualifiziert werden (Erman/Grunewald, a. a. O., § 439 Rn. 5; Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 439 Rn. 9; MünchKomm-BGB/Westermann, a. a. O., § 439 Rn. 7; a. A. Ball, NZV 2004, 217, 221; Skamel, ZGS 2006, 227, 229; Muthorst, ZGS 2007, 370, 373; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610). Denn abhängig von der Art der Kaufsache, dem Ort, an dem sie sich – ihrem Zweck entsprechend – befindet, und der vom Käufer gewählten Form der Nacherfüllung können hiermit durchaus erhebliche Mühen für den Käufer verbunden sein.
[43] (4) Allerdings erfordert die Richtlinie nicht, den Verbraucher vor sämtlichen Unannehmlichkeiten zu schützen, was sich eindeutig aus dem Zusatz „erheblich“ ergibt (in der englischen Fassung „significant“; in der französischen Fassung „majeur“). Ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten ist dem Verbraucher mithin zumutbar.
[44] Der Aufwand des Käufers für die Durchführung oder die Organisation des Rücktransports einer gekauften Sache an den Sitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung überschreitet nicht zwingend die Erheblichkeitsschwelle. Auch das gegebenenfalls vom Käufer zu tragende Risiko, selbst verauslagte Transportkosten mangels Erforderlichkeit nicht vom Verkäufer ersetzt zu bekommen, stellt keine erhebliche Unannehmlichkeit dar. Der Käufer kann entweder einen Vorschuss für die Transportkosten verlangen (vgl. oben unter B II 4 d bb) oder den Verkäufer vorab darüber informieren, welche Art des Transports er beabsichtigt und welche Kosten hierdurch voraussichtlich entstehen. Bietet der Verkäufer keine günstigere Alternative an, so kann er einem Ersatzanspruch des Käufers später nicht entgegenhalten, die von diesem aufgewendeten Kosten seien nicht erforderlich gewesen.
[45] Eine an Art. 3 III der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausgerichtete Auslegung des § 269 I BGB erfordert es daher nicht, den Erfüllungsort der Nacherfüllung in jedem Fall mit dem Belegenheitsort der Kaufsache gleichzusetzen (so aber unter Außerachtlassung des Erheblichkeitserfordernisses AnwK-BGB/Büdenbender, a. a. O., § 439 Rn. 25; Faust, in: Bamberger/Roth, a. a. O., § 439 Rn. 13; Erman/Grunewald, a. a. O., § 439 Rn. 5; jurisPK-BGB/Pammler, a. a. O., § 439 Rn. 41; Huber, NJW 2002, 1004, 1006). Dies ist nur dann geboten, wenn ein ansonsten vom Verbraucher geschuldeter Transport oder dessen Organisation diesem erhebliche Unannehmlichkeiten bereiten. Maßgebend aus europarechtlicher Sicht ist damit, ob die mit der jeweils geschuldeten Nacherfüllung verbundenen Unannehmlichkeiten die Erheblichkeitsschwelle überschreiten.
[46] (5) Die europarechtliche Vorgabe einer ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer zu erbringenden Nacherfüllung ist auch nach Umsetzung der Richtlinie in das deutsche Recht noch von Bedeutung. Der deutsche Gesetzgeber hat die genannte Vorgabe dadurch umgesetzt, dass der Käufer im Falle der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung sogleich Sekundärrechte (Rücktritt, Minderung und Schadensersatz) geltend machen kann, § 440 Satz 1 Fall 3 BGB (BT-Dr. 14/6040, S. 233 f.) Der oben unter B II 4 d cc (3) aufgezeigte Umfang der Richtlinienvorgabe wird hierdurch aber nicht ausgeschöpft (so aber Reinking, DAR 2007, 706). Denn § 440 Satz 1 Fall 3 BGB bewirkt nur, dass sich der Verbraucher nicht auf eine unerwünschte Form der Nacherfüllung einlassen muss, die für ihn – da mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden – unzumutbar ist. Er besagt jedoch nichts darüber, ob der Verbraucher im Rahmen einer von ihm gewünschten Nacherfüllung anfallende, für ihn mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbundene Aufgaben auf den Verkäufer abwälzen kann. Die Bestimmungen in Art. 3 III der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bleiben daher auch außerhalb des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB von Bedeutung und sind somit auch bei der Anwendung des § 269 I BGB zu beachten.
[47] dd) Bei der nach § 269 I BGB mangels entsprechender Parteivereinbarungen gebotenen Ermittlung des Erfüllungsorts anhand der für das Schuldverhältnis bedeutsamen Umstände kann dem von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eröffneten Wertungsspielraum hinreichend Rechnung getragen werden. Die im Hinblick auf Art. 3 III der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zu stellende Frage, ob die Durchführung des Transports oder dessen Organisation erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher mit sich bringen, ist im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung bei der Anwendung des § 269 I BGB zu berücksichtigen (vgl. Haas, a. a. O., Kap. 5 Rn. 154). Da der deutsche Gesetzgeber sich dafür entschieden hat, die Vorgaben der Richtlinie nicht isoliert für den Verbrauchsgüterkauf umzusetzen, sondern im Wesentlichen das gesamte Kaufrecht nach der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie auszugestalten (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 2, 211; Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 439 Rn. 41; Haas, a. a. O., Kap. 5 Rn. 154), beschränkt sich diese richtlinienkonforme Auslegung nicht auf Kaufverträge mit Verbrauchern, sondern gilt für alle Käufer.
[48] e) Schließlich widerspricht auch die Rechtsnatur des Nacherfüllungsanspruchs nicht einer beim Fehlen einer Parteivereinbarung von den jeweiligen Umständen des Schuldverhältnisses abhängigen Ermittlung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung nach § 269 I BGB.
[49] aa) Zwar handelt es sich beim Nacherfüllungsanspruch aus § 439 I BGB um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 I BGB (BT-Drs. 14/6040, S. 221). Denn mit der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Verkäuferpflichten aus § 433 I 2 BGB durchgesetzt werden (Senat, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224). Der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat (Senat, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224; Urt. v. 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 227); dem Verkäufer soll eine „letzte Chance“ eingeräumt werden, seine Pflicht aus § 433 I 2 BGB durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache – wenn auch erst im zweiten Anlauf – noch zu erfüllen, um den mit einer Rückabwicklung des Vertrags regelmäßig verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (Senat, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224; Urt. v. 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 227). Grundsätzlich gilt daher, dass der Nacherfüllungsanspruch nicht weiter geht als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (vgl. Senat, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224; Skamel, ZGS 2006, 227, 229; Oechsler, a. a. O., § 2 Rn. 139).
[50] bb) Jedoch folgt hieraus nicht, dass der Erfüllungsort des Nacherfüllungsanspruchs zwingend mit demjenigen des Primärleistungsanspruchs übereinstimmt (so aber Unberath/Cziupka, JZ 2009, 313 f.; Reinking, NJW 2008, 3608, 3610; Kandler, a. a. O., S. 443 f.; Leible, a. a. O., § 10 Rn. 90). Zu berücksichtigen ist nämlich, dass nach der gesetzgeberischen Konzeption der Nacherfüllungsanspruch nicht identisch ist mit dem ursprünglichen Erfüllungsanspruch, sondern gewisse Modifikationen aufweist, die sich aus dem wegen des Mangels der gelieferten Sache unzulänglichen Erfüllungsversuch ergeben (BT-Drs. 14/6040, S. 221; Ball, NZV 2004, 217; Haas, a. a. O., Kap. 5 Rn. 143). Der Unterschied zum Erfüllungsanspruch besteht – neben der speziellen Verjährungsfrist des § 438 BGB – im Wesentlichen darin, dass Gegenstand des Nacherfüllungsanspruchs nicht mehr die erstmalige Lieferung einer mangelfreien Kaufsache ist, sondern die Herstellung ihrer Mangelfreiheit durch Nachbesserung oder durch Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache (BT-Drs. 14/6040, S. 221; Ball, NZV 2004, 217).
[51] Dieser vom ursprünglichen Erfüllungsanspruch des § 433 I 1 BGB abweichende Anspruchsinhalt kann Auswirkungen auf den bei fehlenden Parteiabsprachen sich nach § 269 I BGB aus den Umständen des Schuldverhältnisses ergebenden Erfüllungsort haben. Denn auch die Art der vorzunehmenden Leistung (hier: Herstellung der Mangelfreiheit der ausgelieferten Ware) gehört zu den Umständen, die bei der Ermittlung eines Erfüllungsorts zu berücksichtigen sind. Allein schon dieser gegenüber dem Erfüllungsanspruch aus § 433 I 1 BGB modifizierte Anspruchsgehalt der Nacherfüllung (§ 439 BGB) kann dazu führen, dass der Nacherfüllungsanspruch an einem anderen Ort zu erfüllen ist als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch.
[52] cc) Umgekehrt zwingt auch der von einigen Stimmen im Schrifttum angesprochene Gesichtspunkt, dass der Verkäufer im Falle der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache seine Pflicht verletzt hat, dem Käufer von Anfang an eine mangelfreie Sache zu verschaffen (§ 433 I 2 BGB), nicht dazu, den Erfüllungsort der Nacherfüllungsverpflichtung zur Vermeidung jedes daraus resultierenden Nachteils des Käufers stets am Belegenheitsort der Sache anzusiedeln (so aber Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 439 Rn. 9; Erman/Grunewald, a. a. O., § 439 Rn. 5; AnwK-BGB/Büdenbender, a. a. O., § 439 Rn. 25). Zwar kann im Rahmen der nach § 269 I BGB maßgeblichen Umstände auch die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung des Verkäufers berücksichtigt werden. Wollte man diesem Gesichtspunkt aber ausschlaggebendes Gewicht beimessen, hätte dies zur Folge, dass der Erfüllungsort jeder Nacherfüllung am Belegenheitsort der Kaufsache läge, denn die Nacherfüllung setzt gerade voraus, dass die Kaufsache mangelhaft ist. Die generelle Gleichsetzung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung mit dem Belegenheitsort der Sache ist jedoch – wie bereits oben aufgeführt (unter B II 4 c aa) – nicht sachgerecht und wird auch von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht gefordert (dazu unter B II 4 d cc (4)). Angesichts dessen kann die Pflichtwidrigkeit des Verkäuferhandelns nicht der allein maßgebende Faktor für die Bestimmung des Erfüllungsorts der Nacherfüllung sein.
[53] 5. Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Erfüllungsort des vorliegend geltend gemachten Nachbesserungsanspruchs befinde sich am Sitz der Beklagten in P., im Ergebnis zutreffend.
[54] a) Das Berufungsgericht hat eine Vereinbarung der Parteien über den Erfüllungsort für den Nacherfüllungsanspruch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Die tatrichterliche Auslegung von Individualvereinbarungen ist vom Revisionsgericht nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 09.10.2002 – X ZR 80/01, BGHR 2003, 150 [unter I 1] m. w. Nachw.). Die Würdigung des Berufungsgerichts, die entgegen der im Kaufvertrag getroffenen Absprachen erfolgte Anlieferung des Anhängers an den Wohnsitz der Kläger und die spätere Bereitschaft der Beklagten, den Faltanhänger dort zum Zwecke der Nachbesserung abzuholen, rechtfertigten noch nicht den Schluss, der in Frankreich gelegene Wohnsitz der Kläger sei als Erfüllungsort für Nacherfüllungsansprüche vertraglich vereinbart worden, hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Bewertungsspielraums.
[55] b) Zu beanstanden ist jedoch, dass das Berufungsgericht den Erfüllungsort für die Nacherfüllung ohne Einschränkung mit dem Erfüllungsort der ursprünglichen Leistungsverpflichtung gleichgesetzt hat, anstatt diesen nach § 269 I BGB unter Abwägung der für das Schuldverhältnis maßgebenden Umstände zu ermitteln. Der Senat kann die unterlassene Prüfung jedoch nachholen, da die hierfür maßgeblichen Umstände festgestellt und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Das Nacherfüllungsverlangen der Kläger betrifft Mängel eines Camping-Faltanhängers, deren Beseitigung – ähnlich wie die Vornahme von Reparaturen bei Kraftfahrzeugen – den Einsatz von geschultem Personal und Werkstatttechnik erfordert. Dies macht grundsätzlich die Verbringung des Anhängers in eine mit geeigneten Vorrichtungen ausgestattete Werkstatt des Verkäufers notwendig. Dass vorliegend eine Mängelbehebung auch vor Ort möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Für die Kläger stellt es auch keine erhebliche Unannehmlichkeit dar, den Anhänger an den Firmensitz der Beklagten zu verbringen. Der Sitz der Beklagten liegt nicht so weit vom Wohnort der Kläger entfernt, dass ein Transport des Anhängers zwischen diesen beiden Orten (oder wenigstens dessen Organisation) den Klägern nicht zuzumuten wäre. Auch beim Kauf des Anhängers hatten sie sich ursprünglich für eine Selbstabholung entschieden. Nach den Umständen ist die von den Klägern verlangte Nacherfüllung daher am Sitz der Beklagten zu erfüllen, sodass die Kläger den Anhänger zum Zwecke der Nacherfüllung dorthin hätten verbringen müssen.