1. Ver­trag­lich vor­aus­ge­setzt i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB ist die zwar nicht ver­ein­bar­te, aber von bei­den Ver­trags­par­tei­en un­ter­stell­te Ver­wen­dung der Kauf­sa­che, die von der ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung ab­wei­chen kann (Be­stä­ti­gung von BGH, Urt. v. 16.03.2012 – V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 16).
  2. Die Eig­nung ei­ner Sa­che für ei­ne be­stimm­te Ver­wen­dung ist nicht erst zu ver­nei­nen, wenn die Taug­lich­keit der Kauf­sa­che zu die­sem Ge­brauch ganz auf­ge­ho­ben ist, son­dern be­reits dann, wenn sie le­dig­lich ge­min­dert ist (st. Rspr.; zu­letzt BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15). So ist die Eig­nung der Kauf­sa­che für de­ren nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung grund­sätz­lich in den Fäl­len ge­min­dert oder ganz auf­ge­ho­ben, wenn mit die­ser Ver­wen­dung er­heb­li­che Ge­sund­heits­ge­fah­ren oder das Ri­si­ko ei­nes gro­ßen wirt­schaft­li­chen Scha­dens ver­bun­den sind.

BGH, Ur­teil vom 26.04.2017 – VI­II ZR 80/16

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ist In­ha­be­rin ei­nes Land­wirt­schafts­be­triebs, in dem sie Zucht­fer­kel pro­du­ziert. Zur Be­sa­mung ih­rer Zucht­sau­en be­nö­tigt sie Eber­sper­ma, wel­ches sie in der Ver­gan­gen­heit be­reits mehr­fach von der Be­klag­ten be­zo­gen hat­te, die ei­ne Be­sa­mungs­sta­ti­on mit Ebern be­treibt.

Die Be­klag­te warb im Ja­nu­ar 2012 für ih­ren Be­trieb un­ter an­de­rem da­mit, ihr Eber­be­stand füh­re den Sta­tus „PRRS-un­ver­däch­tig“. Die Ab­kür­zung PRRS steht für die In­fek­ti­ons­krank­heit mit dem Na­men „Por­zi­nes Re­pro­duk­ti­ves und Re­spi­ra­to­ri­sches Syn­drom“. Ei­ne In­fek­ti­on hier­mit führt bei er­wach­se­nen Zucht­schwei­nen zu Frucht­bar­keits­stö­run­gen mit der Fol­ge, dass es zu Ab­or­ten, Früh­ge­bur­ten so­wie der Ge­burt to­ter mu­mi­fi­zier­ter oder le­bens­schwa­cher Fer­kel kommt. Bei jün­ge­ren in­fi­zier­ten Tie­ren tre­ten Atem­wegs­er­kran­kun­gen, Fres­sun­lust, Fie­ber, Hus­ten und her­ab­ge­setz­te Ge­wichts­zu­nah­me auf. Der Sta­tus „PRRS-un­ver­däch­tig“ weist dar­auf hin, dass der sich so selbst be­zeich­nen­de Be­trieb ein re­gel­mä­ßi­ges, frei­wil­li­ges Mo­ni­to­ring mit­tels Blut­pro­ben auf den PRRS-Er­re­ger durch­führt und ein po­si­ti­ver Be­fund „der­zeit nicht“ vor­liegt. Auf­grund un­ver­meid­ba­rer dia­gnos­ti­scher Lü­cken bei den Kon­troll­un­ter­su­chun­gen kann hier­durch ei­ne Be­las­tung von Eber­sper­ma mit dem PRRS-Vi­rus je­doch zu kei­nem Zeit­punkt mit hun­dert­pro­zen­ti­ger Si­cher­heit aus­ge­schlos­sen wer­den.

Am frü­hen Mor­gen des 30.01.2012 lie­fer­te die Be­klag­te auf­grund ei­ner kurz­fris­tig vor­aus­ge­gan­ge­nen te­le­fo­ni­schen Be­stel­lung ent­spre­chen­de Sper­m­apor­tio­nen, wel­che die Klä­ge­rin un­mit­tel­bar nach Er­halt zur Be­fruch­tung ih­rer Sau­en ein­setz­te. Der ge­naue Zeit­punkt, zu dem die Be­klag­te erst­mals von Test­ergeb­nis­sen mit dem In­halt Kennt­nis er­hielt, ihr Be­stand sei PRRS-ver­seucht, ist zwi­schen den Par­tei­en eben­so strei­tig wie der Zeit­punkt, zu dem die nach Kennt­nis­er­lan­gung vom po­si­ti­ven Be­fund ver­an­lass­te War­nung die Klä­ge­rin er­reich­te. Die Klä­ge­rin führ­te, nach­dem sie von der In­fek­ti­on im Be­stand der Be­klag­ten er­fah­ren hat­te, Blut­un­ter­su­chun­gen ih­rer Sau­en durch. Im Rah­men der zwei­ten Un­ter­su­chung wur­de das PRRS-Vi­rus, das nach der Be­haup­tung der Klä­ge­rin mit dem in den von der Be­klag­ten ge­lie­fer­ten Sper­m­apor­tio­nen nach­ge­wie­se­nen Er­re­ger iden­tisch ist, auch in ih­rem Be­stand fest­ge­stellt.

Mit der Kla­ge be­gehrt die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten Er­satz des durch die In­fek­ti­on ver­ur­sach­ten Scha­dens, den sie mit 634.990,40 € be­zif­fert, so­wie die Fest­stel­lung, dass die Be­klag­te ihr auch al­le wei­te­ren Schä­den er­set­zen muss. Die Kla­ge hat in den Vor­in­stan­zen kei­nen Er­folg ge­habt. Auf Re­vi­si­on der Klä­ge­rin wur­de das Be­ru­fungs­ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: [5]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se, aus­ge­führt:

[6]    Der Klä­ge­rin ste­he ge­gen die Be­klag­te ein Scha­dens­er­satz­an­spruch aus §§ 433 I, 434437 Nr. 3, 280 I BGB nicht zu. Das von der Be­klag­ten ge­lie­fer­te Eber­sper­ma sei nicht man­gel­haft, auch wenn es mit dem PRRS-Vi­rus be­las­tet ge­we­sen sei.

[7]    Ei­ne PRRS-freie Be­schaf­fen­heit des Eber­sper­mas sei zwi­schen den Par­tei­en nicht ver­ein­bart wor­den. Selbst wenn man da­von aus­gin­ge, die Par­tei­en hät­ten auf­grund der Wer­bung der Be­klag­ten, der von ihr ge­führ­te Be­trieb sei „PRRS-un­ver­däch­tig“, kon­klu­dent ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­schlos­sen, rich­te­te sich die­se nur dar­auf, dass das Eber­sper­ma auf­grund von re­gel­mä­ßi­gen, stan­dar­di­sier­ten Kon­trol­len un­ver­däch­tig sei. Sol­che Kon­trol­len hät­ten aber statt­ge­fun­den. Das ha­be die Be­klag­te in der münd­li­chen Ver­hand­lung im Ein­zel­nen ge­schil­dert und sei auch durch die vor­ge­leg­ten Test­ergeb­nis­se be­legt.

[8]    PRRS-be­las­te­tes Sper­ma eig­ne sich zu­dem für die vom Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB), da es zur Be­sa­mung von Sau­en ge­eig­net ge­we­sen sei. Selbst wenn sich der Ver­wen­dungs­zweck hier­in nicht er­schöpf­te, son­dern die­ser auch die Er­zeu­gung von Mast­fer­keln er­fass­te, wä­re ein Sach­man­gel nach § 434 I 2 Nr. 1 BGB zu ver­nei­nen. Denn auch das sei mit dem in­fi­zier­ten Sper­ma mög­lich, wenn auch mög­li­cher­wei­se nicht in dem ge­wünsch­ten Um­fang.

[9]    Schließ­lich wei­se PRRS-be­las­te­tes Eber­sper­ma ei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich sei und der Käu­fer nach Art der Sa­che er­war­ten kön­ne. Denn der Käu­fer kön­ne – was der ge­richt­lich be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge aus­ge­führt ha­be – auch von ei­nem als „PRRS-un­ver­däch­tig“ be­zeich­ne­ten Be­trieb nur mit ei­ner ge­wis­sen Wahr­schein­lich­keit er­war­ten, dass das Eber­sper­ma nicht in­fi­ziert sei. Die­ses sei nur in der Re­gel nicht mit dem PRRS-Vi­rus be­las­tet. Dem Käu­fer sei je­doch klar, dass ei­ne hun­dert­pro­zen­ti­ge Ge­wiss­heit nicht zu er­rei­chen sei. Ein Man­gel des Sper­mas sei da­her im Hin­blick auf des­sen zu er­war­ten­de Be­schaf­fen­heit zu ver­nei­nen.

[10]   Auch ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz nach § 280 I BGB im Hin­blick auf ei­ne von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­te Auf­klä­rungs­pflicht­ver­let­zung be­ste­he nicht. Zwar sei die Be­klag­te ge­hal­ten ge­we­sen, je­den Ver­dacht auf ei­ne PRRS-Ver­seu­chung ih­res Be­triebs un­ver­züg­lich nach ei­ge­ner Kennt­nis an die Klä­ge­rin wei­ter­zu­ge­ben. Dies sei in­des, wie sich aus der per­sön­li­chen An­hö­rung des Ge­schäfts­füh­rers der Be­klag­ten in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt am 15.02.2016 er­ge­ben ha­be, auch ge­sche­hen. Da­nach ha­be die Be­klag­te selbst erst am Vor­mit­tag des 30.01.2012 von den PRRS-po­si­ti­ven ELI­SA-Test­ergeb­nis­sen er­fah­ren. Selbst wenn, was zwi­schen den Par­tei­en strei­tig sei, die War­nung die Klä­ge­rin be­reits un­mit­tel­bar da­nach, am Vor­mit­tag des 30.01.2012, er­reicht hät­te, hät­te sich das Ri­si­ko ei­ner In­fek­ti­on der Sau­en der Klä­ge­rin be­reits durch die ers­te Be­le­gung der Sau­en in den frü­hen Mor­gen­stun­den des 30.01.2012 ver­wirk­licht. Da­mit feh­le es je­den­falls an der not­wen­di­gen Kau­sa­li­tät zwi­schen der Auf­klä­rungs­pflicht­ver­let­zung und dem ein­ge­tre­te­nen Scha­den.

[11]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung kann ein An­spruch der Klä­ge­rin auf Scha­dens­er­satz nach §§ 437 Nr. 3, 434 I, 280 I BGB nicht ver­neint wer­den. Denn an­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt meint, ist Eber­sper­ma, das mit dem PRRS-Vi­rus in­fi­ziert ist, nach § 434 I 2 Nr. 1 BGB man­gel­haft.

[12]   1. Zu­tref­fend und von der Re­vi­si­on un­be­an­stan­det geht das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings da­von aus, dass die Par­tei­en ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung über die Lie­fe­rung PRRS-frei­en Eber­sper­mas nicht ge­trof­fen ha­ben.

[13]   a) Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des Se­nats setzt ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB vor­aus, dass der Ver­käu­fer in ver­trags­ge­mäß bin­den­der Wei­se die Ge­währ für das Vor­han­den­sein ei­ner Ei­gen­schaft der Kauf­sa­che über­nimmt und da­mit sei­ne Be­reit­schaft zu er­ken­nen gibt, für al­le Fol­gen des Feh­lens die­ser Ei­gen­schaft ein­zu­ste­hen (Se­nat, Urt. v. 04.06.1997 – VI­II ZR 243/96, BGHZ 135, 393, 396 [zu § 459 II BGB a.F].; Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 13; Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 34). Ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung kann aus­drück­lich oder – was im Streit­fall al­lein in Be­tracht kommt – durch schlüs­si­ges Ver­hal­ten ge­trof­fen wer­den (Se­nat, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 18; Urt. v. 04.06.1997 – VI­II ZR 243/96, BGHZ 135, 393, 396). Die An­nah­me ei­ner kon­klu­den­ten Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung kommt da­bei nicht „im Zwei­fel“, son­dern nur in ei­nem ein­deu­ti­gen Fall in Be­tracht (Se­nat, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 35; Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 13; Beschl. v. 02.11.2010 – VI­II ZR 287/09, DAR 2011, 520 Rn. 4). Ob im Ein­zel­fall in die­ser Wei­se ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zu be­ja­hen ist, ist ei­ne Fra­ge der in ers­ter Li­nie dem Tatrich­ter ob­lie­gen­den Ver­trags­aus­le­gung (Se­nat, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 18; Urt. v. 04.06.1997 – VI­II ZR 243/96, BGHZ 135, 393, 396).

[14]   b) Ge­mes­sen an die­sem Maß­stab hat das Be­ru­fungs­ge­richt ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung, dass PRRS-frei­er Sa­men zu lie­fern sei, rechts­feh­ler­frei ver­neint. Al­lein die Be­zeich­nung des Be­triebs der Be­klag­ten als „PRRS-un­ver­däch­tig“ so­wie die Lie­fe­rung von PRRS-frei­em Eber­sper­ma in der Ver­gan­gen­heit bie­ten kei­ne aus­rei­chen­de Grund­la­ge für die An­nah­me, die Be­klag­te ha­be da­mit still­schwei­gend die Ge­währ für un­be­las­te­tes Sper­ma über­neh­men und für al­le Fol­gen ei­ner Vi­rus­be­las­tung ein­ste­hen wol­len.

[15]   2. Von Rechts­irr­tum be­ein­flusst ist in­des die Wer­tung des Be­ru­fungs­ge­richts, auch mit dem PRRS-Vi­rus ver­seuch­tes Eber­sper­ma eig­ne sich i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung.

[16]   a) Ver­trag­lich vor­aus­ge­setzt i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB ist die zwar nicht ver­ein­bar­te, aber von bei­den Ver­trags­par­tei­en über­ein­stim­mend un­ter­stell­te Ver­wen­dung der Kauf­sa­che, die von der ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung ab­wei­chen kann (BGH, Urt. v. 16.03.2012 – V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 16; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 76. Aufl., § 434 Rn. 22; vgl. auch BT-Drs. 14/4060 S. 213). Frei von Rechts­feh­lern hat das Be­ru­fungs­ge­richt in­so­weit an­ge­nom­men, die Par­tei­en hät­ten in die­sem Sin­ne ei­ne Ver­wen­dung des von der Zucht­sta­ti­on der Be­klag­ten an den Zucht­be­trieb der Klä­ge­rin ge­lie­fer­ten Eber­sa­mens zum Zweck der Be­sa­mung der Zucht­sau­en – was hier gleich­zei­tig der ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung ent­sprach – vor­aus­ge­setzt.

[17]   b) Rechts­feh­ler­haft ist je­doch die wei­te­re Be­ur­tei­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, der in­fi­zier­te Eber­sa­men sei für die vor­ge­se­he­ne Ver­wen­dung ge­eig­net, weil es mög­lich sei, die Zucht­sau­en da­mit zu be­sa­men.

[18]   Denn die Eig­nung ei­ner Sa­che für ei­ne be­stimm­te Ver­wen­dung ist nicht erst zu ver­nei­nen, wenn die Taug­lich­keit der Kauf­sa­che zu die­sem Ge­brauch ganz auf­ge­ho­ben ist, son­dern – was das Be­ru­fungs­ge­richt ver­kennt – be­reits dann, wenn sie le­dig­lich ge­min­dert ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.01.1985 – VI­II ZR 317/83, NJW 1985, 1769 [un­ter II 1 a]; Urt. v. 10.03.2009 – VI­II ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 12; Urt. v. 27.03.2009 – V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 7; Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15). Die Eig­nung ei­ner Sa­che zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung ist bei­spiels­wei­se ge­min­dert oder auf­ge­ho­ben, wenn mit der üb­li­chen Nut­zung des Kauf­ob­jekts er­heb­li­che Ge­sund­heits­ge­fah­ren oder das Ri­si­ko ei­nes gro­ßen wirt­schaft­li­chen Scha­dens ver­bun­den sind (vgl. BGH, Urt. v. 16.01.1985 – VI­II ZR 317/83, NJW 1985, 1769 [un­ter II 1 a]; Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15NJW 2017, 153 Rn. 16; Urt. v. 27.03.2009 – V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 9). Für die Eig­nung ei­ner Sa­che für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung gilt im Grund­satz nichts an­de­res.

[19]   c) Bei An­le­gung die­ses Maß­sta­bes eig­nen sich Sper­ma­lie­fe­run­gen, die mit dem PRRS-Vi­rus be­las­tet sind, nicht zur (ge­fahr­lo­sen) Be­sa­mung von Zucht­sau­en und sind da­her man­gel­haft i. S. von § 434 I 2 Nr. 1 BGB. Denn nach den un­an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts kann die In­fi­zie­rung mit dem PRRS-Vi­rus bei jün­ge­ren Tie­ren na­ment­lich zu Atem­wegs­er­kran­kun­gen, Fres­sun­lust und her­ab­ge­setz­ter Ge­wichts­zu­nah­me so­wie bei er­wach­se­nen Zucht­schwei­nen zu Frucht­bar­keits­stö­run­gen, Spät-, Früh- und Tot­ge­bur­ten so­wie der Ge­burt le­bens­schwa­cher Fer­kel füh­ren. Mit der Ver­wen­dung des PRRS-be­las­te­ten Sa­mens ist folg­lich ei­ne er­heb­li­che, über die nor­ma­le mit der Träch­tig­keit ver­bun­de­ne ge­sund­heit­li­che Ge­fähr­dung der zu be­le­gen­den Sau­en ver­bun­den. Zu­dem liegt es auf der Hand, dass da­mit ne­ga­ti­ve Fol­gen für die Ren­ta­bi­li­tät ei­ner Schwei­ne­zucht, wie sie die Klä­ge­rin be­treibt, ein­her­ge­hen.

[20]   Der Hin­weis des Be­ru­fungs­ge­richts, we­gen des nicht völ­lig aus­zu­schlie­ßen­den In­fek­ti­ons­ri­si­kos ha­be die Klä­ge­rin nicht er­war­ten kön­nen, un­be­las­te­tes Eber­sper­ma zu er­wer­ben, liegt ne­ben der Sa­che. Aus der – nie aus­zu­schlie­ßen­den – Mög­lich­keit, dass sich bei ei­nem Gat­tungs­kauf die tat­säch­lich ge­lie­fer­te Wa­re als für die ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung un­ge­eig­net er­weist, kann nicht ge­fol­gert wer­den, der Käu­fer ha­be nichts an­de­res er­war­ten kön­nen und die un­ge­eig­ne­te Sa­che sei schon des­halb nicht man­gel­haft; dies lie­fe auf ei­nen Zir­kel­schluss hin­aus. Die ver­fehl­te Sicht­wei­se des Be­ru­fungs­ge­richts hät­te im Üb­ri­gen zur Kon­se­quenz, dass die Klä­ge­rin selbst PRRS-ver­seuch­tes und da­mit für die nach­fol­gen­de Ver­wen­dungs­ab­sicht un­taug­li­ches Eber­sper­ma, das vor der Aus­lie­fe­rung als sol­ches er­kannt wor­den wä­re, als ver­trags­ge­mäß hät­te ab­neh­men und be­zah­len müs­sen.

[21]   So­weit die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung un­ter Ver­weis auf das Se­nats­ur­teil vom 07.02.2007 (VI­II ZR 266/06, NJW 2007, 1351 Rn. 19) meint, nach der Recht­spre­chung des Se­nats kön­ne der Käu­fer bei dem An­kauf ei­nes Le­be­we­sens oder Pro­duk­ten ei­nes Le­be­we­sens ei­nen Ide­al­zu­stand nicht er­war­ten, über­sieht sie, dass Eber­sper­ma, das mit PRRS-Vi­ren ver­seucht ist, nicht et­wa von ei­ner phy­sio­lo­gi­schen Ide­al­norm ab­weicht, son­dern ei­nen pa­tho­lo­gi­schen Zu­stand auf­weist.

[22]   3. Die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts stellt sich auch nicht aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 561 ZPO).

[23]   Al­ler­dings stün­de der Klä­ge­rin der gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch nicht zu, wenn die Be­klag­te die in der Lie­fe­rung man­gel­haf­ten Eber­sa­men lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung nicht zu ver­tre­ten hät­te (§ 280 I 2 BGB). Hier­zu hat das Be­ru­fungs­ge­richt – vor dem Hin­ter­grund sei­ner Rechts­auf­fas­sung fol­ge­rich­tig – kei­ne aus­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen.

[24]   Zwar führt das Be­ru­fungs­ge­richt – al­ler­dings im Zu­sam­men­hang mit der Fra­ge ei­ner mög­li­chen Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung – aus, es hät­ten „re­gel­mä­ßi­ge stan­dar­di­sier­te Kon­trol­len“ statt­ge­fun­den; dies ha­be die Be­klag­te in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ge­schil­dert und durch die vor­ge­leg­ten Test­ergeb­nis­se be­legt. Die­se ru­di­men­tä­ren Fest­stel­lun­gen er­lau­ben in­des nicht die Be­ur­tei­lung der hier ent­schei­den­den Fra­ge, ob sich die Be­klag­te ent­las­tet und so­mit die in der man­gel­haf­ten Lie­fe­rung lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung nicht zu ver­tre­ten hat. Es ist dem Be­ru­fungs­ur­teil schon nicht zu ent­neh­men, wel­che kon­kre­ten Schutz- und Kon­troll­maß­nah­men zur Ver­hin­de­rung ei­ner In­fi­zie­rung ih­res Be­stan­des be­zie­hungs­wei­se der Lie­fe­rung ver­seuch­ten Sper­mas die Be­klag­te im Ein­zel­nen er­grif­fen ha­ben will. Mit der – ge­ge­be­nen­falls mit sach­ver­stän­di­ger Hil­fe zu be­ant­wor­ten­den – Fra­ge, ob vor­ge­tra­ge­ne Maß­nah­men zur Ent­las­tung der Klä­ge­rin an­ge­sichts der ei­ge­nen Be­triebs­be­zeich­nung als „PRRS-un­ver­däch­tig“ aus­reich­ten, hat sich das Be­ru­fungs­ge­richt vor dem Hin­ter­grund sei­ner Rechts­auf­fas­sung zur Man­gel­frei­heit des ver­seuch­ten Eber­sper­mas nicht be­fasst, so­dass es auch in die­ser Hin­sicht wei­te­rer Fest­stel­lun­gen be­darf.

[25]   4. So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 280 I BGB un­ter dem recht­li­chen Ge­sichts­punkt ei­ner un­ter­blie­be­nen Auf­klä­rung über den PRRS-Be­fall ih­res Be­stan­des ver­neint hat, ist dies al­ler­dings – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on – aus Rechts­grün­den nicht zu be­an­stan­den.

[26]   Denn ein sol­cher An­spruch setzt vor­aus, dass die Be­klag­te von dem Be­fall so recht­zei­tig er­fah­ren hat, dass ei­ne un­ver­züg­li­che Mit­tei­lung an die Klä­ge­rin den Scha­den noch hät­te ver­hin­dern kön­nen. Dass die Klä­ge­rin, die die Be­weis­last für ei­ne der­ar­ti­ge recht­zei­ti­ge Kennt­nis der Be­klag­ten trägt, für ih­re Be­haup­tung, die Be­klag­te ha­be schon im De­zem­ber 2011 von dem Be­fall er­fah­ren, Be­weis an­ge­tre­ten hät­te, lässt sich dem Be­ru­fungs­ur­teil in­des nicht ent­neh­men. Die Re­vi­si­on macht auch nicht gel­tend, dass das Be­ru­fungs­ge­richt Be­weis­an­ge­bo­te der Klä­ge­rin über­gan­gen hät­te. Un­ter die­sen Um­stän­den ist es nicht zu be­an­stan­den, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die Dar­stel­lung des Ge­schäfts­füh­rers der Be­klag­ten, er ha­be erst am 30.01.2012 von dem PRRS-Be­fall sei­nes Be­stan­des er­fah­ren, sei­ner recht­li­chen Wür­di­gung zu­grun­de ge­legt und an­ge­nom­men hat, dass zu die­sem Zeit­punkt der Scha­den an­ge­sichts der be­reits in den frü­hen Mor­gen­stun­den die­ses Ta­ges vor­ge­nom­me­nen Be­sa­mung nicht mehr ver­hin­dert wer­den konn­te. Die in die­sem Zu­sam­men­hang von der Klä­ge­rin er­ho­be­nen Ver­fah­rens­rügen hat der Se­nat ge­prüft, aber nicht für durch­grei­fend er­ach­tet; von ei­ner nä­he­ren Be­grün­dung wird ge­mäß § 564 Satz 1 ZPO ab­ge­se­hen.

[27]   III. Nach al­le­dem kann das an­ge­foch­te­ne Ur­teil kei­nen Be­stand ha­ben; es ist da­her auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Die Sa­che ist, da der Rechts­streit nicht zur End­ent­schei­dung reif ist, zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO), da­mit das Be­ru­fungs­ge­richt – ge­ge­be­nen­falls nach er­gän­zen­dem Sach­vor­trag der Par­tei­en zu ei­ner et­wai­gen Ent­las­tung der Be­klag­ten – die noch er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zu dem von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Lie­fe­rung man­gel­haf­ten Eber­sper­mas tref­fen kann.

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