- Eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) ist nicht i. S. von § 275 I BGB unmöglich, wenn dem Käufer eines mangelhaften Neuwagens zwar kein völlig identisch ausgestattetes, wohl aber ein gleichartiges und gleichwertiges mangelfreies Fahrzeug geliefert werden kann. Daran fehlt es, wenn zwischenzeitlich ein Generationswechsel stattgefunden hat und sich Neufahrzeuge der aktuellen Generation unter anderem hinsichtlich ihrer Motorleistung von Fahrzeugen der Generation unterscheiden, denen das mangelhafte Fahrzeug angehört.
- Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb möglicherweise mangelhaften VW Tiguan der ersten Generation (VW Tiguan I) kann weder mit Erfolg die Ersatzlieferung eines mangelfreien VW Tiguan I verlangen, noch hat er gemäß § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB einen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien VW Tiguan der zweiten Generation (VW Tiguan II). Vielmehr ist eine Ersatzlieferung infolge des Generationswechsels unmöglich i. S. des § 275 I BGB, da ein VW Tiguan II kein einem Fahrzeug der ersten Generation gleichartiges und gleichwertiges Fahrzeug ist.
OLG Bamberg, Beschluss vom 02.08.2017 – 6 U 5/17
(vorangehend: LG Bayreuth, Urteil vom 20.12.2016 – 21 O 34/16; nachfolgend: OLG Bamberg, Beschluss vom 20.09.2017 – 6 U 5/17 ⇒ BGH, Beschluss vom 16.10.2018 – VIII ZR 225/17 ⇒ BGH, Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 255/17)
Sachverhalt: Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche geltend.
Er schloss mit der Beklagten zu 1 einen schriftlichen Kaufvertrag über einen von der Beklagten zu 2 – der Volkswagen AG – hergestellten VW Tiguan 2.0 TDI BMT Sport & Style. Der Kaufpreis für den Neuwagen betrug 31.350 €. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 31.07.2015 übergeben.
Es ist vom VW-Abgasskandal betroffen, das heißt, in dem Pkw kommt eine Software zum Einsatz, die seine Stickoxid(NOX)-Emissionen – nur – optimiert, sobald sie erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert. Der Kläger sieht darin einen Mangel. Er hat von der Beklagten zu 1 in erster Linie die Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines mangelfreien Neuwagens, hilfsweise die Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) des gelieferten Fahrzeugs, verlangt und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zu 2 ihm Schadensersatz leisten müsse.
Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage im Hilfsantrag stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Hauptantrag des Klägers sei unbegründet, obwohl darin, dass das Fahrzeug des Klägers mit einer die Schadstoffemissionen manipulierenden Software ausgestattet sei, ein Sachmangel liege. Denn eine Ersatzlieferung sei objektiv unmöglich, weil der VW Tiguan so, wie ihn der Kläger erhalten habe, nicht mehr hergestellt werde. Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Nachbesserung. Er könne indes nicht mit Erfolg den Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangen, weil ihm eine Nachbesserung bereits vorgerichtlich angeboten worden und daher die Mandatierung eines Anwalts nicht erforderlich gewesen sei. Ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2 auf Schadensersatz bestehe schon dem Grunde nach nicht.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageziele weiter. Er meint, eine Ersatzlieferung sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht wegen objektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen, und die Beklagte zu 2 sei ihm – ebenfalls entgegen der Auffassung des Landgerichts – zum Schadensersatz verpflichtet.
Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.
Aus den Gründen: II. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Endurteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht, noch die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 522 II 1 Nr. 1 ZPO, § 513 I ZPO i. V. mit § 529 ZPO, § 546 ZPO).
Gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb erneute Feststellungen durch das Berufungsgericht gebieten. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen nur dann vor, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle erneuter Tatsachenfeststellungen die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2004 – V ZR 257/03, BGHZ 158, 269 272 ff. = NJW 2004, 1876 ff.; Urt. v. 09.03.2005 – VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 315 ff. = NJW 2005, 1583, 1584 f.; Urt. v. 15.07.2003 – VI ZR 361/02, NJW 2003, 3480, 3481).
Die Voraussetzungen für den Wegfall der Bindung an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen liegen hier nicht vor. Das Urteil des Landgerichts ist auch rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich dem angefochtenen Urteil an und nimmt auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
1. Soweit der Kläger auf den Seiten 8–12 der Berufungsbegründung umfangreiche Ausführungen zur Frage des Sachmangels macht, gehen diese Ausführungen ins Leere, nachdem das Erstgericht das Vorliegen eines Mangels aufgrund der eingebauten Software ausdrücklich bejaht hat. Ob dies zutrifft, kann an dieser Stelle dahinstehen.
2. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1 zu der beantragten Ersatzlieferung nicht verpflichtet ist.
a) Soweit der Kläger seinen Vortrag, eine objektive Unmöglichkeit der Nacherfüllung liege nicht vor, unter Sachverständigenbeweis stellt, beruft er sich auf ein untaugliches Beweismittel. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der an den Kläger gelieferte Pkw … nicht mehr hergestellt wird. Die mittlerweile hergestellte zweite Generation des VW Tiguan weist eine geänderte Motorisierung auf. Welche Konsequenzen sich aus diesem unstreitigen Sachverhalt ergeben und ob ein Fall objektiver Unmöglichkeit vorliegt, ist eine rechtliche Frage, die dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist.
b) Die Beklagte zu 1 ist gemäß § 275 I BGB nicht zu der vom Kläger beantragten Nachlieferung verpflichtet.
(1) Nach herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, wird auch bei einem Stückkauf die Möglichkeit einer Ersatzlieferung bejaht, wenn eine gleichartige und gleichwertige Sache beschafft werden kann (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, juris Rn. 18 ff.; OLG Braunschweig, Beschl. v. 04.02.2003 – 8 W 83/02, juris Rn. 13; Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 439 Rn. 15; MünchKomm-BGB/Westermann, 7. Aufl., § 439 Rn. 12; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2014, § 439 Rn. 64; a. A. BeckOK-BGB/Faust, 44. Edition [2017], § 439 Rn. 34).
(2) Aufgrund des Umstands, dass die vom Kläger erworbene erste Generation des VW Tiguan nicht mehr hergestellt wird, ist eine Ersatzlieferung in der Form, wie sie vom Kläger begehrt wird, ausgeschlossen.
(3) Ob ein Anspruch des Klägers auf Lieferung eines VW Tiguan der zweiten Generation besteht, muss hier nicht entschieden werden. Ein entsprechender Antrag des Klägers liegt nicht vor. Es ist daher nicht bekannt, auf welches konkrete Fahrzeugmodell und auf welche Ausstattungsmerkmale sich das Nacherfüllungsbegehren des Klägers überhaupt richtet.
(4) Ein Hinweis des Erstgerichts auf die Möglichkeit einer Antragsanpassung war nicht geboten. Das Erstgericht hat nämlich zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Lieferung eines Fahrzeugs der zweiten Generation, das eine geänderte Motorisierung aufweist, nicht besteht.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 17.10.2012 – VIII ZR 226/11 Rn. 24 – zur Nacherfüllungspflicht des Verkäufers Folgendes ausgeführt:
„Bei dem Nacherfüllungsanspruch aus § 439 I BGB handelt es sich nach der gesetzgeberischen Konzeption der Schuldrechtsreform um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 I BGB (BT-Drs. 14/6040, S. 221). Bei der in § 439 I BGB als eine der beiden Alternativen der Nacherfüllung vorgesehenen Lieferung einer mangelfreien Sache decken sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers, wie schon aus der gesetzlichen Formulierung hervorgeht, der Nacherfüllungsanspruch und der ursprüngliche Erfüllungsanspruch hinsichtlich der vom Verkäufer geschuldeten Leistungen; es ist lediglich anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie – im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige – Sache zu liefern. Die Ersatzlieferung erfordert daher eine vollständige Wiederholung der Leistungen, zu denen der Verkäufer nach § 433 I 1, 2 BGB verpflichtet ist; der Verkäufer schuldet nochmals die Übergabe des Besitzes und die Verschaffung des Eigentums einer mangelfreien Sache – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Denn mit der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption der Schuldrechtsreform lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Verkäuferpflichten aus § 433 I 2 BGB durchgesetzt werden; der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat (BT-Drs. 14/6040, S. 221; Senat, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 18 m. w. Nachw.; Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 49).“
Unter Heranziehung dieser Grundsätze geht der Senat für den Fall des Kaufs eines Neuwagens davon aus, dass zwar eine absolute Identität im Hinblick auf alle Ausstattungsvarianten nicht erforderlich, eine Nacherfüllung in Form einer Ersatzlieferung aber dann unmöglich ist, wenn der entsprechende Fahrzeugtyp nicht mehr hergestellt wird, sondern durch ein neues Modell mit einer anderen Motorisierung ersetzt worden ist (ebenso OLG Nürnberg, Urt. v. 15.12.2011 – 13 U 1161/11, juris Rn. 51–55; LG Heidelberg, Urt. v. 30.06.2017 – 3 O 6/17, juris Rn. 30–33, zum VW Tiguan I und m. w. Nachw. zur erstinstanzlichen Rechtsprechung; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 727).
Nach derzeitigem Sachstand wäre daher selbst für den Fall einer geänderten Antragstellung ein Nacherfüllungsanspruch des Klägers nicht gegeben.
3. Wie vom Erstgericht dargelegt, besteht damit auch kein Anspruch des Klägers auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil (I 4). Konkrete Einwendungen hiergegen wurden nicht erhoben.
4. Gemäß § 524 IV ZPO führt die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ebenso wie eine Rücknahme der Berufung kraft Gesetzes zur Wirkungslosigkeit der Anschlussberufung. Ausführungen zu den Erfolgsaussichten der Anschlussberufung der Beklagten zu 1 sind daher nicht veranlasst.
5. Das Urteil des Erstgerichts ist auch im Hinblick auf die Beklagte zu 2 nicht zu beanstanden.
Insoweit ist zunächst auszuführen, dass bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen, nachdem es an einer ordnungsgemäßen Antragstellung fehlt. Die in der Berufungsbegründung ausgeführten Anträge beziehen sich nach ihrem Wortlaut lediglich auf einen Beklagten. Sie entsprechen den Anträgen im Klageschriftsatz vom 20.01.2016, offensichtlich ohne die in erster Instanz mit Schriftsatz vom 27.04.2016 vorgenommene Klageerweiterung auf die Beklagte zu 2 zu berücksichtigen. Es fehlt auch an konkreten Einwendungen gegen die Entscheidung des Erstgerichts im Hinblick auf die Beklagte zu 2.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass das erstinstanzliche Urteil auch im Hinblick auf die Beklagte zu 2 angefochten wird, bestehen nach derzeitigem Sachstand keine Erfolgsaussichten. Der Kläger fordert von der Beklagten zu 2 lediglich die Freistellung von vorgerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren aus dem Gesamtstreitwert. Nachdem die von ihm hilfsweise geforderte Nachbesserung jedoch beklagtenseits bereits vorgerichtlich angeboten worden und der Kläger mit seinem – mithilfe seines Anwalts geforderten – darüber hinaus gehenden Begehren erfolglos geblieben ist, wären die hierdurch verursachten vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht von einem dem Grunde nach bestehenden Schadensersatzanspruch umfasst. Es kann daher offenbleiben, inwieweit gegen die Beklagte zu 2 dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch bestanden hätte.
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (vgl. § 522 II 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO) liegen nicht vor. Insbesondere ist keine Grundsatzbedeutung gemäß § 522 II 1 Nr. 2 ZPO gegeben. Diese setzt das Vorliegen einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage voraus. Eine Rechtsfrage ist klärungsbedürftig, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (BVerfG, Beschl. v. 08.12.2010 – 1 BvR 381/10, juris Rn. 12 m. w. Nachw.). Dies ist hier nicht der Fall.
Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (vgl. § 522 II 1 Nr. 4 ZPO). Anhaltspunkte dafür, dass in einer solchen neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden könnten, die zu einer anderen Beurteilung führten, bestehen nicht.
Der Senat regt deshalb die Rücknahme des eingelegten Rechtsmittels an. …
Hinweis 1: Mit Beschluss vom 20.09.2017 – 6 U 5/17 – hat das OLG Bamberg die Berufung des Klägers gemäß § 522 II ZPO zurückgewiesen und zur Begründung auf seinen Hinweisbeschluss vom 02.08.2017 Bezug genommen. In dem Zurückweisungsbeschluss heißt es:
„Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass. Der Kläger erhebt in dieser folgende Einwendungen gegen die Ausführungen des Senats:
- Bei dem Nachfolgemodell des VW Tiguan handele es sich um eine ‚gleichartige und gleichwertige‘ Sache. Die Ersatzlieferung müsse auf einen marken- und typengleichen Wagen mit identischer Ausstattung und Farbe gerichtet sein. Das heiße jedoch nicht, dass die gleiche Baureihe betroffen sein müsse.
- Sollte ‚eine Korrektur des Antrags dahin gehend erforderlich sein, dass ein aktueller VW Tiguan geliefert wird, so würde dies entsprechend vollzogen‘.
- In der vom Senat zitierten Entscheidung des BGH vom 17.10.2012 gehe es um die Auslegung der Richtlinie 1999/44/EG. Der Kläger regt an, ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten und den EuGH zur Frage der Auslegung dieser Richtlinie anzuhören, insbesondere dazu, ob es sich bei einer Ersatzlieferung um identische Waren handeln müsse oder ob auch ein im Rahmen der Modellpflege fortgeschriebenes Produkt als Ersatzlieferung verlangt werden könne, wenn die Änderungen lediglich marginal sind und dem Käufer nur zum Vorteil gereichen.
- Eine Erklärung des Rücktritts sei unzumutbar gemäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB, zumal das Softwareupdate keine ausreichende Nacherfüllung darstelle. (Anmerkung: Gemeint ist offensichtlich, das Setzen einer Frist zur Nacherfüllung sei unzumutbar.)
- Die Behauptung der Beklagtenseite, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft, sei falsch.
In Bezug auf die Beklagte zu 2 werden keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung erhoben. Dabei geht der Senat davon aus, dass sich – entsprechend der Antragstellung in erster Instanz – lediglich der Berufungsantrag zu 3 auf beide Beklagten bezieht (vgl. Nr. 5 des Beschlusses vom 02.08.2017).
Die Einwendungen sind nicht geeignet, Erfolgsaussichten der Berufung zu begründen:
1. Die Berufung ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil der gestellte Berufungsantrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist.
a) Es ist unstreitig, dass der im Antrag bezeichnete Fahrzeugtyp, auf den sich die Ersatzlieferung beziehen soll, nicht mehr hergestellt wird. Die Erbringung der begehrten Leistung ist der Beklagten zu 1 daher unmöglich (§ 275 I BGB).
Auf diesen Umstand ist der Kläger bereits mit Beschluss vom 02.08.2017 hingewiesen worden (II 2 b (3)). Ein Antrag auf Lieferung eines VW Tiguan der zweiten Generation ist trotz dieses Hinweises auch in der Gegenerklärung nicht gestellt worden. Der Hinweis des Klägers, eine Antragskorrektur könne noch vollzogen werden, ist unbehelflich, nachdem der Senat seine Rechtsauffassung zu diesem Punkt bereits deutlich dargelegt hat. Eine Entscheidung über einen Anspruch auf Lieferung eines VW Tiguan der zweiten Generation ist dem Senat daher bereits aufgrund der bestehenden Bindung an die Anträge der Parteien (§ 308 I ZPO) verwehrt. Zudem ist nach wie vor nicht bekannt, auf welches konkrete Modell und auf welche Ausstattungsmerkmale das Nacherfüllungsbegehren des Klägers gerichtet wäre.
b) Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob aufgrund der beim Kauf des Fahrzeugs verbauten Software ein Mangel gegeben war. Hierauf kommt es für die Entscheidung über die Begründetheit der Berufung nicht an.
c) Es kann weiter dahinstehen, ob die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Vertrag auch ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung vorliegen, nachdem eine Rücktrittserklärung bislang nicht vorliegt.
d) Es besteht schließlich kein Anlass, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV durchzuführen. Die Auslegung der von der Klägerseite angeführten Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Richtlinie 1999/44/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 ist für die Entscheidung des Senats nicht relevant.
2. Lediglich hilfsweise ist Folgendes auszuführen:
Der Senat ist weiter der Auffassung, dass der VW Tiguan der zweiten Generation keine gleichartige und gleichwertige Sache darstellt. Die seit 2016 produzierten Fahrzeuge weisen mit 6-Gang-Getriebe eine Motorisierung von 110 kW (150 PS) statt 103 kW (140 PS) auf. Die vom Hersteller, der Beklagten zu 2, angegebene Höchstgeschwindigkeit beträgt 202–204 km/h statt 182–193 km/h. Das Fahrzeug ist zudem um sechs Zentimeter länger und der Radstand ist acht Zentimeter breiter, als dies beim Vorgänger der Fall war (https://de.wikipedia.org/wiki/VW_Tiguan_II). Es handelt sich somit nicht mehr um bloße marginale Änderungen, sondern um eine komplett andere Motorisierung. Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 02.08.2017 Bezug genommen.
3. Die Berufung des Klägers ist daher zurückzuweisen. Die Anschlussberufung der Beklagten zu 1 verliert damit ihre Wirkung (§ 524 IV ZPO).
III. … In der Rechtsprechung ist es streitig, wen die Kostenlast der Anschlussberufung trifft, wenn die Berufung – wie hier – nach § 522 II ZPO durch Beschluss zurückgewiesen wird und nach § 524 IV ZPO die Wirkung der Anschlussberufung entfällt. Im vergleichbaren Fall der Anschlussrevision hat sich der BGH für die Kostenquotelung im Verhältnis der Werte von Haupt- und Anschlussrechtsmittel unter entsprechender Anwendung des § 97 ZPO i. V. mit § 92 ZPO ausgesprochen (BGH, Beschl. v. 11.03.1981 – GSZ 1/80, juris Rn. 12–14). Diese Auffassung wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend geteilt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 524 Rn. 44 m. zahlreichen w. Nachw.). Dem folgt auch der Senat.
Im vorliegenden Fall bezieht sich die Anschlussberufung lediglich auf die vom Erstgericht ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten zu 1, eine Nachbesserung durch Aufspielen eines Softwareupdates vorzunehmen. Unter Bezugnahme auf die nicht angegriffenen Feststellungen des Erstgerichts zu den insoweit anfallenden Kosten hält auch der Senat die Anwendung des § 92 II Nr. 1 ZPO für sachgerecht. …“
Hinweis 2: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision (Nichtzulassungsbeschwerde) hatte zum Teil Erfolg: Der BGH hat die Revision mit Beschluss vom 16.10.2018 – VIII ZR 225/17 „zugelassen, soweit die Berufung des Klägers gegen die Beklagte zu 1 zurückgewiesen worden ist“. Im Hinblick auf die Beklagte zu 2 wurde die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen, und zwar mit folgender Begründung:
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 543 II 1 Nr. 1 ZPO) macht die Beschwerde nicht geltend. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern ebenfalls keine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 II 1 Nr. 2 ZPO). Zwar hat das Berufungsgericht den Antrag des Klägers übergangen, die Einstandspflicht der Beklagten zu 2 für weitere Schäden festzustellen, die ‚sich aus den fehlerhaften Angaben zu Abgas- und Verbrauchswerten sowie der Nichteinhaltung der EU-Grenzwerte, insbesondere der Euro-5-Norm ergeben‘. Jedoch hat das Berufungsgericht bereits in dem Hinweisbeschluss vom 02.08.2017 ausgeführt, dass der Kläger von der Beklagten zu 2 lediglich die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltsgebühren verlangt habe. Dem ist der Kläger in der Berufungsinstanz nicht entgegengetreten. In Anbetracht dessen ist dem Kläger die erstmalige Geltendmachung einer Gehörsverletzung im Rahmen des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde versagt, denn er hat es im Berufungsverfahren versäumt, eine Korrektur des nunmehr beanstandeten Gehörsverstoßes zu erwirken (st. Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 14.06.2018 – III ZR 54/17, NJW 2018, 2723 Rn. 36 f. m. w. Nachw. [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]). Von einer näheren Begründung im Übrigen wird gemäß § 544 IV 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.