1. Die Nutzungsentschädigung, die dem Verkäufer bei der Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags für für jeden zwischen der Übergabe an den Käufer und der Rückgabe an den Verkäufer zurückgelegten Kilometer zusteht (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), ist zu ermitteln, indem der vereinbarte Bruttokaufpreis durch die Gesamtlaufleistung (Neuwagen) bzw. Restlaufleistung (Gebrauchtwagen) des Fahrzeugs, die bei dessen Übergabe an den Käufer zu erwarten war, geteilt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 09.12.2014 – VIII ZR 196/14, juris Rn. 3).
  2. Hinsichtlich der vom Käufer zu zahlende Nutzungsentschädigung kommt eine Tenorierung nach der sogenannten Karlsruher Formel wegen durchgreifender dogmatischen Bedenken und insbesondere deshalb nicht in Betracht, weil ein entsprechendes Urteil nicht vollstreckungsfähig ist. Die Nutzungsentschädigung kann deshalb nicht in der Weise berücksichtigt werden, dass im Urteil lediglich ihre bei Rückgabe des Fahrzeugs an den Verkäufer vorzunehmende Berechnung vorgegeben wird (entgegen OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, juris Rn. 29).

OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.01.2020 – 13 U 905/19

Sachverhalt: Die Klagepartei nimmt die beklagte Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auf Rückgängigmachung eines Kfz-Kaufvertrags in Anspruch.

Sie erwarb im April 2013 von einem Händler für 17.250 € einen Pkw Audi A1. Dieses Fahrzeug, das seinerzeit eine Laufleistung von 11.989 km hatte, ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. In dem Fahrzeug war eine Software installiert, die erkannte, ob das Fahrzeug unter „Laborbedingungen“ auf einem Prüfstand oder regulär im Straßenverkehr betrieben wurde. Auf dem Prüfstand wurde die Abgasrückführungsrate erhöht, sodass die einschlägigen Emissionsgrenzwerte eingehalten wurden („Modus 1“), während beim regulären Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr allenfalls eine deutlich geringere Abgasrückführung stattfand als auf dem Prüfstand („Modus 0“).

Im September 2015 räumte die Beklagte öffentlich die Verwendung der den Schadstoffausstoß manipulierenden Software ein. Unter dem 15.10.2015 erging gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts. Dieses wertete die Software als unzulässige Abschalteinrichtung und gab der Beklagten auf, diese aus den vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen zu entfernen und anderweitig zu gewährleisten, dass diese Fahrzeuge die einschlägigen Emissionsgrenzwerte einhalten. Die Beklagte bot den Haltern der vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge in der Folgezeit die Installation eines Softwareupdates an. Dieses Update wurde auch bei dem streitgegenständlichen Pkw installiert.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klagepartei – Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Audi A1 – 17.250 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,11 € für jeden bis zur Übergabe des Fahrzeugs über 11.989 km hinaus vom Kilometerzähler erfassten Kilometer und zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Dagegen richtete sich die Berufung der Klagepartei, die zum Teil Erfolg hatte.

Aus den Gründen: B. … Der Tenor ist zum einen wegen der vom Landgericht gewählten, rechtlich nicht haltbaren Tenorierung nach der sogenannten Karlsruher Formel teilweise neu zu fassen (AA); zum anderen ist entgegen der Berechnung des Landgerichts von einem geringeren abzuziehenden Nutzungsvorteil auszugehen (BB). Weitere Ansprüche bestehen dagegen nicht (CC).

AA. Eine Tenorierung nach der sogenannten Karlsruher Formel, also unter Vorgabe einer Abzugsberechnung für die Nutzungsentschädigung zum Zeitpunkt der Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs, kommt nicht in Betracht, da ein solcher Vollstreckungstitel durchgreifenden dogmatischen Bedenken begegnet, insbesondere mangels hinreichender Bestimmtheit nicht vollstreckungsfähig ist.

1. Zur Zulässigkeit einer Tenorierung in Form der sogenannten Karlsruher Formel werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Standpunkte vertreten.

a) Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 07.03.2003 – 14 U 154/01, juris Rn. 29 – entschieden, dass bei Vorgabe der Abzugsberechnung der vollstreckbare Inhalt einer solchen Entscheidung eindeutig sei. Bei der Durchführung des Urteilsausspruchs werde auf diese Weise durch die Parteien bzw. gegebenenfalls durch den Gerichtsvollzieher dann stets beachtet, dass die Gebrauchsvorteile grundsätzlich bis zum Tag der Rückgabe zu vergüten seien. Auch sei eine derartige Tenorierung zweckmäßig, da damit Abwicklungsprobleme vermieden würden, denen sonst nur mittels einer Vollstreckungsabwehrklage begegnet werden könne.

Dieser Rechtsprechung haben sich einige Gerichte angeschlossen (vgl. – jeweils ohne nähere Begründung – OLG München, Urt. v. 10.04.2013 – 20 U 4749/12, juris Rn. 4; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 29.12.2011 – 2‑25 O 159/10, juris Rn. 34; für Gebrauchtwagen: OLG Jena, Urt. v. 20.12.2007 – 1 U 535/06, juris Rn. 35; LG Köln, Urt. v. 26.07.2005 – 28 O 70/05, juris Rn. 13).

Nach einer weiteren Auffassung, soll eine Antragstellung auf dieser Basis möglich sein, wobei zumindest in Fällen des Gebrauchtwagenkaufs davon abgeraten wird (Eggert, in: Reinking/​Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl. [2020], Rn. 1187 ff., 1190b).

Für die Zulässigkeit einer solchen Tenorierung wird weiter angeführt, es sei ausreichend, wenn sich der Zahlungsanspruch aus dem Titel errechnen lasse, im Titel müssten lediglich alle Kriterien für die Bestimmbarkeit des Anspruchsumfangs festgelegt sein. Ein Gerichtsvollzieher könne bei Vorgabe der Faktoren den Anspruch leicht errechnen. Die Rechtsprechung des BGH stehe dem nicht entgegen, da der Tachostand dem Käufer bekannt sei und der Gerichtsvollzieher daher nicht auf Auskünfte Dritter vertrauen müsse; vielmehr obliege es dem Vollstreckungsgläubiger, die entsprechenden Nachweise zu erbringen (Dastis/​J. Hoeren, NJW 2019, 2430, 2431 ff). Gegen eine derartige Titulierung spreche auch nicht das Erreichen einer bestimmten Kappungsgrenze (etwa der verbliebene Zeitwert), denn eine solche widerspreche ohnehin der Rechtsprechung des BGH und der Intention des Gesetzgebers. Auch komme es bei einem negativen Saldo ohnehin nicht zu einer Vollstreckung durch den Käufer. Hinsichtlich zugesprochener Zinsen ergäben sich keine Probleme, wenn die Karlsruher Formel einen entsprechenden klarstellenden Zusatz aufweise, wobei aus Vereinfachungsgründen für die Zinsberechnung auf den Zeitpunkt der Rückgabe abzustellen sei (zu alldem Dastis/​J. Hoeren, NJW 2019, 2430, 2431 ff.).

b) Dagegen wird in der Rechtsprechung eingewandt, es fehle an einer hinreichenden Bestimmtheit des Tenors, denn beim Tacho handle es sich nicht um eine Urkunde, die ausdrücklich zum Gegenstand des Urteils gemacht worden sei (OLG Koblenz, Urt. v. 04.2009 – 6 U 574/08, juris Rn. 53; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2008 – I-1 U 152/07, juris Rn. 39). Auch spreche die Möglichkeit der Feststellung des Annahmeverzugs im Urteil dagegen. Da der Feststellungsausspruch den Zug-um-Zug-Ausspruch mit Blick auf § 756 I ZPO unbedingt vollstreckbar mache, habe der Gerichtsvollzieher keinen Anlass, das Auto in Besitz oder in Augenschein zu nehmen (KG, Urt. v. 18.12.2006 – 2 U 13/06, juris Rn. 21; OLG Oldenburg, Urt. v. 02.10.2019 – 5 U 47/19, juris Rn. 48). Weiter betreffe die Unbestimmtheit regelmäßig auch den Zinsanspruch. Wenn das Landgericht den Tenor insgesamt und auch zur Hauptforderung unbestimmt gefasst habe, werde davon der gesamte Zinsanspruch betroffen, denn es sei nun unklar, wie und für welchen Zeitraum die Zinsen berechnet werden sollen, wenn bei Rückabwicklung eine Hauptforderung nicht mehr bestehe, da die Klagepartei insoweit anzurechnende Nutzungen gezogen habe (KG, Urt. v. 18.12.2006 – 2 U 13/06, juris Rn. 22; vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 10.06.2020 – 16 U 250/19, juris Rn. 32).

Das Argument, durch einen so gefassten Urteilstenor würde einer Vollstreckungsgegenklage vorgebeugt, treffe nicht zu. Würde ein solches Urteil als Vollstreckungstitel zugelassen, so käme mangels hinreichender Bestimmtheit des abzuziehenden künftig anfallenden Betrags allenfalls eine Vollstreckung wegen der bezifferten Forderung, also ohne den Abzug, in Betracht; der Schuldner wäre hinsichtlich der ihm zustehenden weiteren Nutzungsentschädigung darauf angewiesen, diese im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Zwar werde es allgemein als zulässig angesehen, einen Beklagten zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung bis zur Rückgabe der genutzten Sache zu verurteilen. Dies entspreche den sonstigen zahlreichen Fällen der Titulierung laufender Leistungen (Unterhalt, Renten, Mietzins usw.), die, auch wenn es so nicht in den Tenor aufgenommen werde, materiell-rechtlich unter dem Vorbehalt wesentlich gleichbleibender Verhältnisse stünden und bei deren Änderung die Initiative zur Korrektur des Titels – in der Regel durch Abänderungs- oder Vollstreckungsgegenklage nach § 323, § 767 ZPO – dem Vollstreckungsschuldner überlassen bleibe. Diese Fälle seien jedoch nicht vergleichbar mit einem Fall, in welchem die Beklagte nicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung sondern zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags abzüglich einer unbestimmten Nutzungsentschädigung verurteilt worden sei, die zudem nicht eindeutig für bestimmte Zeiträume festgesetzt sei (OLG Koblenz, Urt. v. 04.2009 – 6 U 574/08, juris Rn. 54 f.).

2. Der Senat schließt sich der letzteren Auffassung aus folgenden Gründen an:

a) Eine Titulierung nach der sogenannten Karlsruher Formel weist keinen vollstreckungsfähigen Inhalt auf.

Ein Vollstreckungstitel ist bestimmt genug und zur Zwangsvollstreckung geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Inhalt und Umfang seiner Leistungspflicht bezeichnet. Das Vollstreckungsorgan muss in der Lage sein, allein mit dem Titel ohne Verwertung der Gerichtsakten oder anderer Urkunden die Vollstreckung durchzuführen. Zwar ist der Titel selbst der Auslegung fähig. Es genügt jedoch nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 13.09.2017 – IV ZB 21/16, juris Rn. 12).

Die genaue Höhe des titulierten Anspruchs ergibt sich aber nicht aus dem Urteil selbst, vielmehr lässt sie sich nur anhand des Tachostands zum Zeitpunkt der Rückgabe ermitteln, also anhand einer Privaturkunde, die nicht ausdrücklich zum Gegenstand des Urteils gemacht worden ist.

Unklar ist im Regelfall auch, wie sich der Zinsbetrag errechnen soll, auf Basis des ausgeurteilten Betrags oder nach Abzug der vom Vollstreckungsorgan festzustellenden Nutzungsentschädigung (was wiederum bei einer Zug-um-Zug-Leistung mit praktischen Problemen verbunden wäre).

b) Da die Höhe des titulierten Anspruchs vor der Rückgabe des Fahrzeugs auch nicht durch Auslegung des Urteils ermittelt werden kann, weil es sich nach der Titulierung um ein dynamisches Geschehen abhängig von der weiteren Nutzung handelt, lässt sich zudem die Beschwer der Parteien nicht zweifelsfrei ermitteln. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen im Urteil kein Kilometerstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung festgestellt wird. Soweit mit einer Berufung ein entsprechender Antrag gestellt wird, ist ebenso nicht klar bestimmbar, in welcher Höhe eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt wird.

c) Mit dem Fall einer Klage auf zukünftige Leistung nach den §§ 257, 258 ZPO ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, da im Unterschied hierzu gerade unklar ist, wie sich der weitere Verlauf darstellt, und kein gewöhnlicher weiterer Verlauf vorausgesetzt werden kann, der Grundlage einer Klage auf zukünftige Leistung ist.

d) Der in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen gestützten Rechtsprechung zur Zulässigkeit der „Karlsruher Formel“ steht ferner das Erfordernis einer eindeutigen Bestimmbarkeit von Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft einer Entscheidung (§ 322 ZPO) und das hieraus folgende Interesse der Parteien an Rechtsklarheit und -sicherheit entgegen. Der Sache nach werden mit einer Tenorierung nach der „Karlsruher Formel“ die zeitlichen Grenzen der Rechtskraft über den Schluss der mündlichen Verhandlung verschoben und damit die Abgrenzung zur Vollstreckungsgegenklage (§ 767 II, § 796 II ZPO) verwischt und die dem Erkenntnisverfahren vorbehaltene Klärung der Höhe des von der Klagepartei geltend gemachten Anspruchs unzulässig in das Vollstreckungsverfahren verlagert.

Das Gesetz sieht im Fall sich ändernder Umstände zwischen Titulierung und Zwangsvollstreckung die Möglichkeit einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO vor und gibt damit dem Vollstreckungsgläubiger ein geeignetes Instrument zur Wahrung seiner Interessen an die Hand. Das System der vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe kann nicht durch bloße Zweckmäßigkeitserwägungen ausgehöhlt werden.

e) Hinzu kommt, dass die angeführten Zweckmäßigkeitserwägungen auch deshalb nicht überzeugen, weil in den Fällen, in denen der Annahmeverzug des Schuldners im Urteil festgestellt worden ist und der Gerichtsvollzieher daher keinen Anlass hat, das Fahrzeug in Besitz oder in Augenschein zu nehmen, offenbleibt, wer den Tachometerstand zum Zeitpunkt der Rückgabe feststellen soll. Hierdurch geschaffene Unsicherheiten stehen einer Zweckmäßigkeit entgegen.

BB. Die Beklagte haftet der Klagepartei aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB, wobei der Schaden in dem ungewollten Vertragsschluss liegt und sich die Klagepartei eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen muss.

Der Senat legt der Berechnung des im Rahmen des Vorteilsausgleichs abzuziehenden Nutzungsersatzes (§ 249 BGB) wie das Landgericht eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km zugrunde mit der Folge, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.389,65 € als Vorteil anzurechnen ist. Auf dieser Grundlage kann die Klagepartei von der Beklagten Zahlung in Höhe von 11.860,35 € verlangen.

1. Die Beklagte haftet der Klagepartei aus §§ 826, 31 BGB, da nach dem prozessual zugrunde zu legenden Sachverhalt Organe der Beklagten bei Inverkehrbringen des Fahrzeugs von der Verwendung der Manipulationssoftware Kenntnis gehabt und dies gebilligt haben, was als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung anzusehen ist (vgl. im Einzelnen BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, juris Rn. 12 ff.; Senat, Hinweisbeschl. v. 05.03.2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 6 ff.), wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist und was von der Beklagten mit der Berufung auch nicht (mehr) angegriffen wird.

2. Die Beklagte hat gemäß §§ 826, 249 ff. BGB der Klagepartei sämtliche aus der sittenwidrigen Schädigung resultierenden Schäden zu ersetzen.

a) Wenn – wie hier – der Geschädigte durch Täuschung eines Dritten zum Abschluss eines Vertrags veranlasst wurde, steht ihm im Rahmen der Naturalrestitution ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen dieses Vertrags zu, das heißt Ausgleich der für den Vertrag getätigten Aufwendungen durch den Schädiger gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten (vgl. BGH, Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149 = juris Rn. 41; Urt. v. 28.10.2014 – VI ZR 15/14, juris Rn. 28; Tiedtke, DB 1998, 1019).

Die Klagepartei hat sich im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihr gezogenen Nutzungen anrechnen zu lassen. Soweit prinzipielle Einwände gegen die Berücksichtigung der Nutzung des Fahrzeugs als Abzugsposition im Rahmen der deliktischen Haftung vorgebracht werden, vermögen diese nicht zu überzeugen (vgl. im Einzelnen BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, juris Rn. 64–77; Senat, Urt. v. 06.11.2019 – 13 U 37/19, juris Rn. 110–118). Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dürfen dem Geschädigten neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Gleichartige Gegenansprüche sind automatisch zu saldieren (BGH, Urt. v. 12.03.2009 – VII ZR 26/06, juris Rn. 16; Palandt/​Grüneberg, BGB, 79. Aufl. [2020], vor § 249 Rn. 71). Solange Ersatzanspruch und Vorteil nicht gleichartig sind, muss der Schädiger Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Vorteils leisten. Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet. Darauf, ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt, kommt es nicht an. Insbesondere bedarf es, anders als in den Fällen der §§ 320, 322, 348 BGB, keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schädigers (BGH, Urt. v. 23.06.2015 – XI ZR 536/14, juris Rn. 23 f.).

Danach kann die Klagepartei vorliegend Erstattung der von ihr für den Erwerb des Fahrzeugs verauslagten Kosten abzüglich einer Entschädigung für die gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs an die Beklagte verlangen.

b) Die Rechtsprechung geht insoweit für bewegliche Sachen von einer linearen Wertminderung aus (vgl. BGH, Urt. v. 31.03.2006 – V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 = juris Rn. 12 f.; jurisPK-BGB/​Seichter, 8. Aufl. [2017], § 281 Rn. 72 f.), das heißt, der für jeden gefahrenen Kilometer in Abzug zu bringende Betrag ist in der Weise zu ermitteln, dass der vereinbarte Bruttokaufpreis durch die im Kaufzeitpunkt zu erwartende Rest- (beim Gebrauchtwagenkauf) bzw. Gesamtlaufleistung (beim Neuwagenkauf) geteilt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 09.12.2014 – VIII ZR 196/14, juris Rn. 3).

Im Rahmen der Vorteilsausgleichung kommt es auf die aus dem erworbenen Fahrzeug (tatsächlich) gezogenen Vorteile an. Diese liegen darin, dass die Klagepartei das Fahrzeug genutzt hat. Darauf, ob es hätte in Betrieb genommen werden dürfen, kommt es nicht an (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, juris Rn. 81). Dass der Mangel die tatsächliche Nutzung erheblich eingeschränkt hat (vgl. Eggert, in: Reinking/​Eggert, a. a. O., Rn. 1173), ist weder ersichtlich, noch geht dies aus dem Sachvortrag der Klagepartei hervor.

c) Der Senat schätzt die Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs (§ 287 ZPO) auf 250.000 km. Zu berücksichtigen ist, dass die Fahrleistung, die ein Fahrzeug in seiner Lebensdauer zurücklegen kann, von verschiedenen Faktoren abhängig ist, nicht nur von der Lebensdauer des Motors, sondern auch von der Lebensdauer anderen Bauteile. Die Lebensdauer des Motors ist unter anderem von Größe und Leistung des Motors und insbesondere auch vom Nutzungsverhalten abhängig. Für Dieselfahrzeuge dieser Preisklasse und Qualität wird die durchschnittliche Laufleistung in der Rechtsprechung – wie hier – überwiegend auf 250.000 km geschätzt (vgl. die Übersicht bei Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3574; BGH, Beschl. v. 09.12.2014 – VIII ZR 196/14, juris Rn. 3 (BMW X5 3.0d); ebenso Senat, Urt. v. 06.11.2019 – 13 U 37/19, juris Rn. 108; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.12.2018 – 17 U 4/18, juris Rn. 50). Individuelle Leistungsmerkmale, die bei dem streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zur Zugrundelegung einer höheren Gesamtlaufleistung zwängen, zeigt die Klagepartei nicht auf. Es bedarf daher auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.

d) Die im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigende Entschädigung für die gezogenen Nutzungen berechnet der Senat nach der üblichen Formel:

$${\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{zu erwartende Gesamt- bzw. Restlaufleistung}}}.$$

Der Kilometerstand zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht betrug unstreitig 86.354 km, die Klagepartei ist also 74.365 km gefahren, und die zu erwartende Restlaufleistung betrug zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses 238.011 km, nicht, wie vom Landgericht irrtümlich in die Berechnung eingestellt, 163.646 km. Die vom Kaufpreis abzuziehende Nutzungsentschädigung beläuft sich somit auf (nur)

$$\left({\frac{\text{17.250 €}\times\text{74.365 km}}{\text{238.011 km}}} =\right) \text{5.389,65 €},$$

und nicht auf 7.838,85 €, wie vom Landgericht errechnet.

CC. Die Klagepartei kann keine Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz hinsichtlich vom Leistungsantrag nicht erfasster Schäden verlangen (I) und hat keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (II).

I. Die Klagepartei kann keine Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz hinsichtlich vom Leistungsantrag nicht erfasster Schäden verlangen, da der Vortrag zu nicht vom Leistungsantrag umfassten Schäden zu pauschal und damit nicht ausreichend ist, wovon auch das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen ist.

1. Ein auf den Ersatz künftiger Schäden gerichteter Feststellungsantrag kann nur dann Erfolg haben, wenn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann. Dabei kann die Möglichkeit ersatzpflichtiger künftiger Schäden ohne Weiteres zu bejahen sein, wenn ein deliktsrechtlich geschütztes absolutes Rechtsgut verletzt wurde und bereits ein Schaden eingetreten ist. Im Streitfall haften die Beklagten aber nicht wegen der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts, sondern wegen der vorsätzlichen sittenwidrigen Herbeiführung eines ungewollten Vertragsschlusses. Der in dem Vertragsschluss selbst liegende Schaden wird bereits von der Verurteilung der Beklagten zur Kaufpreiserstattung erfasst. Demgemäß hat die Klagepartei substanziiert darzulegen, welche darüber hinausgehenden Schäden sie befürchtet, ob solche Schäden möglich sind und ob auch insoweit die materiellen Haftungsvoraussetzungen des § 826 BGB (oder einer anderen Anspruchsgrundlage) erfüllt sind. Eine lediglich pauschale, auf das Feststellungsinteresse gemäß § 256 I ZPO bezogene Aussage, im Hinblick auf die Weiternutzung des Fahrzeugs oder des Softwareupdates seien weitere Schäden möglich, genügt insoweit nicht (BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, juris Rn. 29).

2. Gemessen an diesen Anforderungen fehlt es an hinreichendem Vortrag der Klagepartei.

a) Die Klagepartei hat hierzu vorgetragen, da die Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erloschen sei, entfalle rückwirkend die Bemessungsgrundlage für die CO2-Emissionen. Es müsse daher für jedes Fahrzeug zur Steuerbemessung eine Typengenehmigung oder zumindest eine Abgasmessung vorgenommen werden, um die für die Steuer maßgeblichen Schadstoffwerte zu ermitteln. Diese Werte würden erheblich höher sein als die Werte, die unter Nutzung der Abschalteinrichtung erreicht worden seien. Damit sei sie noch über Jahre hinweg möglichen Steuerforderungen ausgesetzt. Diese Argumentation geht schon deswegen fehl, weil die Typengenehmigung durch das vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigte und von der Klagepartei auch aufgespielte Softwareupdate gerade nicht erloschen ist. Aus diesem Gesichtspunkt kann daher eine Steuernachforderung nicht resultieren.

b) Soweit weiter vorgetragen wird, das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge nunmehr durch das Softwareupdate über eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sogenannten „Thermofensters“ und die Zulassungsbehörde könne daher das Fahrzeug stilllegen, da dieses so nicht zulassungsfähig gewesen sei und auch bleiben werde, handelt es sich um den in dem Vertragsschluss selbst liegenden Schaden, der bereits von der Verurteilung der Beklagten zur Kaufpreiserstattung erfasst wird, und gerade nicht um einen nicht bezifferbaren weiteren Schaden.

c) Auch verfängt der pauschale Hinweis auf höhere Unterhaltungskosten im Zuge der Durchführung des Softwareupdates nicht, da es insoweit an jeglichem individuellen Vortrag bezogen auf das streitgegenständliche Fahrzeug fehlt.

II. Ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht nicht, weil die Klagepartei nicht dargetan hat, ihren Prozessbevollmächtigten zunächst lediglich mit ihrer außergerichtlichen Vertretung beauftragt oder einen nur bedingten Prozessauftrag erteilt zu haben (vgl. BGH, Urt. v. 15.08.2019 – III ZR 205/17, juris Rn. 44), worauf das Landgericht insoweit zutreffend hingewiesen hat.

Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 I 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, ist eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats (BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 345/10, BKR 2013, 283 Rn. 37; Urt. v. 28.05.2013 – XI ZR 421/10, BeckRS 2013, 10761 Rn. 33; jeweils m. w. Nachw.). Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorbemerkung 3 I 1 VV RVG), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen (BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 345/10, BKR 2013, 283 Rn. 37; Urt. v. 28.05.2013 – XI ZR 421/10, BeckRS 2013, 10761 Rn. 33; jeweils m. w. Nachw.; Urt. v. 15.08.2019 – III ZR 205/17, juris Rn. 43).

Zu dieser Frage verhält sich die Klagepartei nicht. Auch mit der Berufung hat die Klagepartei nur vorgetragen, dass sie vorgerichtlich ihre Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung Ihrer Ansprüche gegenüber der Gegenseite beauftragt habe und dass die Ansprüche außergerichtlich durch die Prozessbevollmächtigten geltend gemacht worden seien. Dazu, ob den Klägervertretern das Mandat zur Klageerhebung bedingt oder unbedingt erteilt worden ist, hat sich die Klagepartei indes nicht verhalten.

Es bedurfte auch keines weitergehenden richterlichen Hinweises. Dies ergibt sich bereits aus § 139 III 1 ZPO, weil insoweit nur eine Nebenforderung betroffen war (vgl. BGH, Urt. v. 15.08.2019 – III ZR 205/17, juris Rn. 44).

C. … Die Revision war nicht zuzulassen, nachdem der BGH mit Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – in einer vergleichbaren Konstellation entschieden hat (§ 543 II 1 ZPO).

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