1. Im Rahmen der Wertermittlung eines Pkw der Mittelklasse ist eine Lebenserwartung von 150.000 km als normal anzusehen.
  2. Ein Urteil, durch welches der Beklagte verurteilt wird, Zug um Zug gegen Rückgabe eines bestimmten Fahrzeugs eine bestimmte Summe abzüglich eines Betrages zu zahlen, der nach der Kilometerleistung gemäß Tachostand dieses Fahrzeugs zu errechnen ist, ist mangels Vollstreckungsfähigkeit unzulässig.

OLG Koblenz, Urteil vom 16.04.2009 – 6 U 574/08

Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kraftfahrzeugkaufs.

Die Klägerin kaufte von der Beklagten mit Bestellung vom 08.02.2006 und erneut mit Bestellung vom 15.02.2006 einen Pkw. Beide Bestellungen trugen die Überschrift „Verbindliche Neuwagenbestellung“ und enthielten den Hinweis auf eine „Tageszulassung“ vom 20.01.2006. Das Fahrzeug war spätestens im Oktober 2004 hergestellt worden. Die Klägerin zahlte an die Beklagte für das Fahrzeug einschließlich einer zusätzlichen Ausstattung 15.769,99 € und gab einen Gebrauchtwagen in Zahlung.

Mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 19.10.2007 trat sie von dem Kaufvertrag zurück, weil der Verdacht bestehe, dass der Wagen bereits am 09.02.2004 hergestellt worden sei und es sich jedenfalls nicht mehr um ein fabrikneues Fahrzeug gehandelt habe.

Das Landgericht hat die Beklagte unter anderem verurteilt, an die Klägerin, Zug um Zug gegen Rückübereignung des in Rede stehenden Fahrzeugs, 19.769,99 € abzüglich eines Betrags zu zahlen, der sich wie folgt berechnet: 0,13 € pro Kilometer gemäß Tachostand zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.11.2007. Die Berufung der Beklagten war zum Teil erfolgreich.

Aus den Gründen: II. … Die Klägerin hat gemäß § 346 I BGB Anspruch auf Rückgewähr des an die Beklagte geleisteten Kaufpreises und Herausgabe des Wertes des in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagens. Die Beklagte hat demgegenüber Anspruch auf Herausgabe des Kaufgegenstands und Zahlung einer Nutzungsentschädigung (§§ 346 I, 347 II, 348 BGB).

1. Der von den Parteien geschlossene Kaufvertrag über den Pkw ist durch den Rücktritt der Klägerin vom 19.10.2007 in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden. Der Rücktritt, den die Klägerin durch Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 19.10.2007 erklärte, ist wirksam gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 BGB, da das an sie verkaufte Fahrzeug mangelhaft ist.

Der Pkw hatte bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB). Kaufgegenstand war ein Neuwagen; ein solcher wurde der Klägerin nicht geliefert.

Sowohl die Bestellung vom 15.02.2006 als auch die Bestellung vom 08.02.2006, jeweils von beiden Parteien unterzeichnet, tragen die Überschrift „Verbindliche Neuwagenbestellung“ und sind verbunden mit den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Fahrzeugen“. Danach durfte die Klägerin davon ausgehen, dass es sich bei dem Kaufobjekt tatsächlich um einen Wagen mit den Eigenschaften handelte, die üblicherweise bei einem fabrikneuen Kraftfahrzeug vorausgesetzt werden. Dazu gehörte nach der herrschenden Rechtsprechung, von der auch das Landgericht ausgegangen ist, dass das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wurde, es keine durch längere Standzeit bedingte Mängel aufwies, und zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als zwölf Monate lagen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02, NJW 2004, 160). Davon, dass das Modell des angebotenen Wagens nicht mehr gebaut werde, gingen die Vertragsparteien nicht aus (vgl. zu solchen Fällen OLG Köln, Urt. v. 01.04.2004 – 8 U 89/03, DAR 2005, 87 und OLG Bamberg, Urt. v. 21.06.2002 – 6 U 9/02, OLGR 2002, 328).

Dass kein fabrikneues Fahrzeug hätte verkauft werden sollen, ergibt sich auch nicht aus dem im Bestellschreiben enthaltenen Zusatz „Bei dem Fahrzeug handelt es sich um eine Tageszulassung vom 20.01.2006“. Sogenannte Tageszulassungen, bei denen das zu verkaufende Kraftfahrzeug zunächst für wenige Tage auf den Fahrzeughändler zugelassen wird, sind eine besondere Form des Neuwagengeschäfts. Der Kunde erwirbt auch in diesen Fällen ein fabrikneues Fahrzeug (BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VIII ZR 109/04, NJW 2005, 1422, 1423). Da die Erstzulassung auf den Händler lediglich 19 Tage vor der Bestellung vom 08.02.2006 lag und der Wagen unstreitig unbenutzt war, es sich also nicht um einen Vorführwagen handelte, musste für beide Parteien klar sein, dass die Zulassung auf die Beklagte nur rein formal erfolgt war, ohne dass sich die Beschaffenheit des Fahrzeugs als Neufahrzeug dadurch geändert hätte. …

Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht auf das Urteil des BGH vom 15.07.1999 (NJW 1999, 3267) berufen. In dieser Entscheidung wird die Frage behandelt, unter welchen Voraussetzungen ein Händler Fahrzeuge als „EG-Neuwagen“ anbieten darf. Der BGH kommt dabei zu dem Ergebnis, dass eine solche Werbung ohne den Hinweis darauf, dass eine sogenannte Tageszulassung im Ausland zur Verkürzung der Herstellergarantie geführt hat, dann nicht gegen das Verbot des unlauteren Wettbewerbs verstößt, wenn die Herstellergarantie um nicht mehr als zwei Wochen verkürzt ist. Andernfalls muss der Händler ausdrücklich auf die Verkürzung hinweisen. Zur Begründung wird in den Gründen der Entscheidung ausgeführt, der Umstand, dass ein nicht unerheblicher Teil der Herstellergarantie bereits abgelaufen sei, stelle „eine gewichtige Abweichung von den bei einem Neuwagen erwarteten Eigenschaften“ dar, auf die deshalb bereits in der Werbung hingewiesen werden müsse, um ein unlauteres Anlocken möglicher Interessenten zu vermeiden. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, nach einer um mehr als zwei Wochen zurückliegenden Tageszulassung habe ein Kraftfahrtzeug seine Eigenschaft als Neuwagen verloren. Vielmehr sieht es der BGH als zulässig an, ein Fahrzeug mit einer länger zurückliegenden Erstzulassung als „EU-Neuwagen“ zu bewerben, wenn dies mit einem deutlichen Hinweis auf die um mehr als zwei Wochen kürzere Garantiezeit verbunden ist (BGH, Urt. v. 15.07.1999 – I ZR 44/97, NJW 1999, 3267, 3268). Denn in diesen Fällen unterscheidet sich das fabrikneue Fahrzeug von anderen Neufahrzeugen nur insoweit, als die Garantiezeit verkürzt ist.

Das verkaufte Fahrzeug war also mangelhaft, sodass die Klägerin vom Vertrag zurücktreten konnte, nachdem sie der Beklagten mit Schreiben vom 18.06.2007 erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte (§ 323 I BGB).

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Rückgewähr der als Kaufpreis geleisteten Geldzahlung in Höhe von 15.769,99 €. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, welcher Kaufpreis vereinbart wurde; denn zurückzugewähren sind nach § 346 I BGB nur die tatsächlich empfangenen Leistungen. Da die Klägerin an die Beklagte unstreitig 15.769,99 € zahlte, ist grundsätzlich dieser Betrag zurückzuzahlen.

In der von der Klägerin geleisteten Zahlung sind enthalten der Preis für einen Satz Winterräder in Höhe von 400 € und für den Einbau einer Sitzheizung in Höhe von 799,99 €. Diese Beträge sind als Teil der für das Kaufobjekt erbrachten Leistung zu behandeln. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich hier nicht um Verwendungen der Klägerin auf die Kaufsache, die nach § 347 II BGB zu beurteilen wären, sondern um Zubehör, welches die Beklagte der Klägerin zusammen mit dem Pkw lieferte. Die Entscheidung des OLG Celle (Urt. v. 18.05.1995 – 7 U 78/94, DAR 1995, 404, 406 f.), auf welche die Beklagte sich in diesem Zusammenhang beruft und in der M+S-Reifen mit Felgen lediglich als nützliche Verwendungen auf einen gekauften Pkw angesehen wurden, ist nicht einschlägig, da in jenem Fall die Räder erst zwei Monate nach der Lieferung des Fahrzeugs angeschafft worden waren. Im vorliegenden Fall sind die Winterräder dagegen bereits in der Bestellung vom 08.02. bzw. 15.02.2006 enthalten und deshalb zur Ausstattung des Fahrzeugs – wie zum Beispiel das gleichfalls bestellte Autoradio – zu rechnen, zumal die Verwendung von Winterreifen nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei winterlichem Wetter vorgeschrieben ist. Ob die Winterräder vom Hersteller des Pkw oder von einem Dritten stammen, kann dabei keine Rolle spielen. Die Sitzheizung ist zwar nicht bereits Gegenstand der Fahrzeugbestellung, wurde aber noch vor dessen Auslieferung an die Klägerin in Auftrag gegeben und eingebaut sowie unter demselben Datum in Rechnung gestellt wie das Fahrzeug. Dass der Einbau in der Werkstatt der Beklagten erfolgte, rechtfertigt es nicht, diese Sitzheizung anders zu behandeln als ein Sonderzubehör, das bereits beim Hersteller installiert wurde.

3. Neben der Rückzahlung des Kaufpreises schuldet die Beklagte der Klägerin Wertersatz in Höhe von 1.350 € für den in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagen (§ 346 II 1 Nr. 2 BGB).

Wird beim Kauf eines Neuwagens der Gebrauchtwagen des Käufers unter Anrechnung auf den Kaufpreis in Zahlung genommen, und hat der Verkäufer den Gebrauchtwagen im Zeitpunkt des Rücktritts noch nicht weiterveräußert, so muss er ihn dem Käufer neben der in bar geleisteten Gegenleistung zurückgeben (BGH, Urt. v. 30.11.1983 – VIII ZR 190/82, NJW 1984, 429, 431). Ist der Gebrauchtwagen dagegen – wie offenbar hier – beim Verkäufer nicht mehr vorhanden, so schuldet dieser gemäß § 346 II BGB Wertersatz. Bei dessen Berechnung ist, wenn im Vertrag „eine Gegenleistung“ für das in Zahlung gegebene Fahrzeug bestimmt ist, diese zugrunde zu legen (§ 346 II 2 BGB). Es mag dahinstehen, ob als eine solche Gegenleistung in der Regel der Betrag anzusehen ist, zu dem die in Zahlung gegebene Sache auf den Kaufpreis angerechnet wurde (so z. B. Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 346 Rn. 76). Im vorliegenden Fall jedenfalls kann davon nicht ausgegangen werden, da im Kaufvertrag der für den Gebrauchtwagen anzurechnenden Betrag ausdrücklich als „Verschrottungsprämie“ bezeichnet ist und für jeden Kauf eines fabrikneuen Pkw ohne Unterschied und unabhängig von der Art des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs angeboten worden war. Denn darin kommt klar zum Ausdruck, dass der Betrag, der für den in Zahlung gegebene Wagen angerechnet wurde, nicht als Wert dieses Fahrzeugs gelten sollte. Hier ist es nicht gerechtfertigt, dem Käufer den Vorteil, der in einem für ihn günstigen Anrechnungspreis für den Altwagen bestand, auch im Falle eines Rücktritts zulasten des Verkäufers zu erhalten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.04.1998 – 22 U 205/97, NJW-RR 1998, 1752; ebenso MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl., § 433 Rn. 28).

Den Wert des Gebrauchtwagens der Klägerin (Baujahr 1997) mit einer Laufleistung von 178.000 km schätzt der Senat auf 1.350 € (§ 287 ZPO). Grundlage hierfür ist die glaubhafte Aussage des Zeugen M, der bei seiner Vernehmung durch den Senat bekundet hat, dass sich das Gebrauchtfahrzeug der Klägerin bis zur Veräußerung an den Beklagten in fahrbereitem und ordnungsgemäß gewartetem Zustand befand. Auf die Vernehmung des gegenbeweislich benannten Zeugen G hat die Beklagte verzichtet. Der Zeuge M, der als Kfz-Händler Erfahrung auf diesem Gebiet besitzt, hat den Wert auf 1.200 € bis 1.500 € geschätzt. Dementsprechend haben auch die Parteien den Wert einvernehmlich mit 1.350 € angesetzt.

4. Einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen, welche die Beklagte aus dem an sie gezahlten Betrag gezogen hat, wie ersparte Kreditzinsen oder Ähnliches (§ 346 I BGB), macht die Klägerin nicht geltend.

5. Den Ansprüchen der Klägerin steht ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der Nutzungsvorteile gegenüber, welche der Klägerin durch die Verwendung des gekauften Fahrzeugs entstanden sind (§ 346 I und II 1 Nr. 1 BGB). Der Anspruch wird auf 6.564,93 € geschätzt.

In der Rechtsprechung ist weitgehend anerkannt, dass der Wert der Nutzung eines Fahrzeugs anhand des Neuwerts des Fahrzeugs und der zu erwartenden Gesamtlaufleistung als lineare Wertminderung nach folgender Formel zu errechnen ist:

$$\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{zurückgelegte Fahrstrecke}}{\text{voraussichtliche Gesamtlaufleistung}}}$$

Die Klägerin hat mit ihrem Fahrzeug, wie sie im letzten Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, 51.409 km zurückgelegt.

Das neue Fahrzeug hatte einen Wert von 19.149,99 €.

Maßgeblich für die Wertermittlung ist der in der ersten Bestellung angegebene Preis. Nachdem die Parteien sich hierauf am 08.02.2006 geeinigt hatten, wurde die zweite Bestellungsurkunde unstreitig nur deshalb errichtet, weil der Vertreter der Beklagten die Klägerin hierum mit der Begründung gebeten hatte, Grund hierfür seien „nur Interna zwischen der Beklagten und dem Fiat-Konzern“. Die Klägerin unterschrieb die Bestellung vom 15.02.2006 also, wie für die Beklagte ohne Weiteres erkennbar war, nur „pro forma“ und nicht mit dem Willen, den Kaufvertrag inhaltlich abzuändern. Nach dem Inhalt der Bestellung vom 08.02.2006 sollte der Fahrzeugpreis 17.400 € zuzüglich eines Betrags von 550 € für die Sonderausstattung ab Werk betragen. Da es sich dabei unstreitig um den Listenpreis handelte, ist dieser Betrag als Marktwert des Fahrzeugs anzusehen. Daraus, dass die Beklagte von dem Kaufpreis eine „Verschrottungsprämie“ in Höhe von 4.000 € in Abzug brachte, kann nicht auf einen entsprechend niedrigeren Marktwert des verkauften Fahrzeugs geschlossen werden. Es handelte sich praktisch um einen Rabatt, der nur im Rahmen einer Sonderaktion gewährt wurde, sodass der verminderte Preis nicht mit dem Wert gleichgesetzt werden kann, den das Neufahrzeug normalerweise auf dem Markt hatte. Werterhöhend sind zu berücksichtigen die gelieferten Winterreifen mit 400 € und die Sitzheizung mit 799,99 €. Daraus ergibt sich ein Fahrzeugwert von 19.149,99 €.

Als Lebenserwartung des Pkw nimmt der Senat wie das Landgericht eine Laufleistung von 150.000 km an.

Während die ältere Rechtsprechung auf der Grundlage einer Lebenserwartung des Fahrzeugs von lediglich 100.000 km zu einem Wert von 1 % des Neuwerts je 1.000 km gelangte, werden heute meist ausgehend von 150.000 km 0,67 % des Neuwerts je 1.000 km zugrunde gelegt. Jedoch ist bei Fahrzeugen der gehobenen Klasse oder bei Dieselfahrzeugen auch die Annahme einer Laufleistung von 200.000 km und mehr möglich (vgl. MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., § 346 Rn. 27 mit Angabe von Rspr.). Da es sich im vorliegenden Fall aber um ein Mittelklassefahrzeug handelt, ist eine höhere Laufleistung als 150.000 km nicht zu erwarten. Dass bei einem Pkw Fiat Stilo mit einer höheren Laufleistung als 150.000 km zu rechnen wäre, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus der von ihr vorgelegten Werbung für Fahrzeuge der Marke Fiat, in welchen eine Qualitätsgarantie bis zu einer Laufleistung von 500.000 km für fünf Jahre angeboten worden ist. Denn eine so hohe Kilometerzahl überschreitet die normalerweise zu erwartende Lebensdauer eines Mittelklassewagens ganz offensichtlich bei Weitem, sodass das erwähnte Angebot als marktschreierische Anpreisung keinen Aussagewert für die Beurteilung der üblichen Gesamtlaufzeit besitzt.

Das Landgericht hat daher die geschuldete Nutzungsentschädigung zu Recht auf der Grundlage von 1.000 : 150.000 = 0,6667 % errechnet. Daraus ergibt sich bei Zugrundelegung eines Neuwerts von 19.149,99 € ein Wertverlust pro 1.000 km von 127,67 € oder 0,1277 €/km Die nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin bei Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgelegte Strecke von 51.409 km entspricht daher einem Nutzungswert von 6.564,93 €. Dieser Betrag ist an die Beklagte herauszugeben.

6. Der vom Landgericht zugesprochene Betrag ist nur in Höhe von 10.555,06 € gerechtfertigt.

Zahlung der Klägerin 15.769,99 €
Wert des Gebrauchtwagens + 1.350,00 €
Anspruch der Klägerin 17.119,99 €
Anspruch der Beklagten auf Ersatz von Nutzungsvorteilen 6.564,93 €
verbleibender Anspruch der Klägerin 10.555,06 €

Diesen Betrag hat die Beklagte der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Pkw zu zahlen.

7. Das angefochtene Urteil war neu zu fassen, soweit die Beklagte zur Zahlung eines Betrags abzüglich 0,13 € pro Kilometer gemäß Tachostand des zurückzugebenden Fahrzeugs verurteilt worden ist. Denn das Urteil wäre nach Auffassung des Senats so nicht vollstreckungsfähig. Die in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung war deshalb zu beziffern.

Ein Titel ist nur dann zur Vollstreckung geeignet, wenn er inhaltlich hinreichend bestimmt ist. Maßgeblich hierfür ist in erster Linie der Tenor, gegebenenfalls unter Heranziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen. Ein zu vollstreckender Zahlungsanspruch ist hinreichend bestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich aus dem Vollstreckungstitel ohne Weiteres errechnen lässt. Dies ist der Fall, wenn die Berechnung mithilfe „offenkundiger“, zum Beispiel aus dem Bundesgesetzblatt oder dem Grundbuch ersichtlicher Umstände möglich ist (BGH, Urt. v. 15.12.1994 – IX ZR 255/93, NJW 1995, 1162). Ist die Berechnung nur unter Heranziehung von außerhalb des Titels liegenden Umständen möglich, die nicht in diesem Sinne offenkundig sind, so ist es den Vollstreckungsorganen grundsätzlich verwehrt, hierauf zurückzugreifen. Deshalb können zum Beispiel Urkunden, auch Teile der Prozessakten, nur beachtet werden, wenn sie zum Bestandteil des Urteils gemacht worden sind; eine Bezugnahme auf nicht zum Bestandteil gemachte Urkunden reicht nicht aus (Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 704 Rn. 6). Ein solches „Dokument“ stellt der Tachometer des herauszugebenden Fahrzeugs dar.

Entgegen der in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Meinung (z. B. OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950, 1951; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 469) ist der Tenor, der auf den Tachostand im Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeugs Bezug nimmt, keineswegs eindeutig. So kann es zum Beispiel im Falle einer Vollstreckung nach wörtlichem Angebot gemäß § 756 II ZPO für den Gerichtsvollzieher unklar sein, welcher Tachostand maßgeblich sein soll. Das Argument, durch einen so gefassten Urteilstenor würde einer Vollstreckungsgegenklage vorgebeugt (so OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950, 1951), trifft nicht zu. Würde ein solches Urteil als Vollstreckungstitel zugelassen, so käme mangels hinreichender Bestimmtheit des abzuziehenden künftig anfallenden Betrags allenfalls eine Vollstreckung wegen der bezifferten Forderung, also ohne den Abzug, in Betracht; der Schuldner wäre hinsichtlich der ihm zustehenden weiteren Nutzungsentschädigung darauf angewiesen, diese im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (vgl. zu Ermäßigungsklauseln in einer vollstreckbaren Urkunde BGH, Urt. v. 16.04.1997 – VIII ZR 239/96, NJW 1997, 2887, 2888; Musielak/Lackmann, a. a. O., § 704 Rn. 7).

Zwar wird es allgemein als zulässig angesehen, einen Beklagten zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung bis zur Rückgabe der genutzten Sache zu verurteilen. Dies entspricht den sonstigen zahlreichen Fällen der Titulierung laufender Leistungen (Unterhalt, Renten, Mietzins usw.), die – auch wenn es so nicht in den Tenor aufgenommen wird – materiell-rechtlich unter dem Vorbehalt wesentlich gleich bleibender Verhältnisse stehen, und bei deren Änderung die Initiative zur Korrektur des Titels – in der Regel durch Abänderungs- oder Vollstreckungsgegenklage nach §§ 323, 767 ZPO – dem Vollstreckungsschuldner überlassen bleibt (BGH, Urt. v. 14.12.1998 – II ZR 330/97, NJW 1999, 954 f.). Diese Fälle sind jedoch nicht vergleichbar mit dem vorliegenden, in welchem die Beklagte nicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung sondern zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags abzüglich einer unbestimmten Nutzungsentschädigung verurteilt worden ist, die zudem nicht eindeutig für bestimmte Zeiträume festgesetzt ist.

Einer Auslegung, durch die das Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt erhalten könnte, ist der Urteilstenor nicht zugänglich. In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass es der Vollstreckungsfähigkeit eines notariellen Vertrags nicht entgegensteht, wenn sich die Höhe der titulierten Forderung aufgrund materiell-rechtlicher Regelungen in derselben Notarurkunde ermäßigen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass diese materiell-rechtlichen Regelungen nicht Gegenstand der Unterwerfungserklärung sind (BGH, Urt. v. 06.03.1996 – VIII ZR 212/94, NJW 1996, 2165, 2166). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Aus dem Tenor des angefochtenen Urteils kann ein vollstreckbarer Teil – die bezifferte Forderung – nicht herausgetrennt werden. Denn der Zusatz „abzüglich 0,1747 € pro Kilometer …“ ist sowohl sprachlich als auch inhaltlich Bestandteil der Urteilsformel. …

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