Der Käufer eines Neufahrzeugs – hier eines Coupé-Cabrios – darf erwarten, dass das elektrische Verdeck permanent einwandfrei funktioniert. Lässt es sich zeitweise nicht ordnungsgemäß öffnen oder schließen, stellt dies deshalb zumindest bei einem Neuwagen einen nicht unerheblichen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2008 – I-1 U 152/07

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von dem beklagten Autohaus ein neues Coupé-Cabrio zum Gesamtpreis von 21.000 €. Das Fahrzeug wurde ihr am 30.03.2005 gegen Bezahlung der Rechnung vom gleichen Tag übergeben. Um beim Fahren mit geöffnetem Verdeck gegen den Wind geschützt zu sein, erwarb die Klägerin zusätzlich ein Windschott für 200 €.

Im Juni 2005 brachte die Klägerin ihr Fahrzeug in die Werkstatt der Beklagten, weil sie den Eintritt von Wasser festgestellt hatte. Ein weiterer Werkstattaufenthalt fand am 11.07.2005 statt. Beanstandet hatte die Klägerin, dass das elektrisch zu öffnende und zu schließende Dach nicht mehr richtig schließe. Wegen weiterer Reklamationen – auch hinsichtlich des elektrischen Verdecks – war der Wagen Anfang August 2005 erneut in der Werkstatt der Beklagten. Mit Anwaltsschreiben vom 17.08.2005 äußerte die Klägerin den Verdacht, ein „Montagsfahrzeug“ erhalten zu haben. Sie verlangte die Lieferung eines neuen Fahrzeugs. Zur Erfüllung dieses Anspruchs ließ sie eine Frist von drei Wochen ab dem 31.08.2005 setzen. Die Beklagte lehnte eine Ersatzlieferung mit Schreiben vom 25.08.2005 ab. Daraufhin forderte die Klägerin erneut unter Fristsetzung die Lieferung eines Ersatzfahrzeugs. Während der laufenden Frist kamen die Parteien überein, das Fahrzeug in einer anderen Vertragswerkstatt im Beisein eines Beauftragten des Herstellers untersuchen zu lassen. Im Anschluss an diese Prüfung, die am 04.11.2005 stattfand, ließ die Klägerin ihr Fahrzeug zusätzlich von dem Sachverständigen P überprüfen. Das Gutachten vom 17.11.2005 wurde der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 30.11.2005 übersandt.

Gestützt auf dieses Gutachten hielt die Klägerin ihre Behauptung, der Wagen sei von Anfang an mangelhaft, aufrecht. Bezugnehmend auf den bereits mit Anwaltsschreiben vom 06.10.2005 erklärten Rücktritt forderte sie nunmehr Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich Erstattung der Kosten für das Windschott und abzüglich einer Nutzungsvergütung. Das Landgericht hat die Rückabwicklungsklage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte weitgehend Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht der Klägerin das Recht zu, von dem Kaufvertrag zurückzutreten (§§ 437 Nr. 2, 323 I BGB).

1. Im Ausgangspunkt ist der Senat mit dem Landgericht der Ansicht, dass das streitgegenständliche Fahrzeug sachmangelhaft ist.

Der von der Klägerin als „Hauptkritikpunkt“ gerügte Defekt am elektrischen Verdeck stellt ohne Zweifel einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar. Daran ändert nichts der Umstand, dass der Defekt nur sporadisch auftritt. Keiner näheren Begründung bedarf es, dass der Käufer eines Neufahrzeugs, hier eines Coupé-Cabrios, erwarten kann und erwarten darf, dass das elektrische Verdeck permanent einwandfrei funktioniert. Das war hier nicht der Fall. Davon ist der Senat nicht zuletzt aufgrund der Anhörung der Klägerin überzeugt. Anschaulich und nachvollziehbar hat sie geschildert, welchen „Ärger“ sie von Anfang an mit dem Verdeck gehabt habe. Sie hat in diesem Zusammenhang von einem wiederkehrenden, einem sporadisch wiederkehrenden Problem gesprochen. Mal habe es geklappt, mal nicht. Funktioniert habe die Mechanik beispielsweise bei der Überprüfung durch den von ihr eingeschalteten Sachverständigen P. Anders sei es indes gewesen, als der vom Gericht bestellte Sachverständige das Öffnen und Schließen des Dachs untersucht habe. Da habe es ein Problem gegeben. Man habe es nur kurzfristig lösen können. Im Anschluss an die Überprüfung durch den Gerichtssachverständigen habe sie, die Klägerin, das gleiche Problem wieder gehabt, und zwar bis heute; das mit dem Dach sei ein „Dauerproblem“. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin, seit vier Wochen das Dach nicht mehr geöffnet zu haben. Sie traue sich nicht mehr, an das Dach heranzugehen. Dafür habe sie zu viel Ärger gehabt. Mit dem Wagen fahre sie überhaupt nicht mehr viel.

Dass es sich um ein sporadisch auftretendes „Dauerproblem“ handelt, deckt sich mit den technischen Angaben des Sachverständigen L. Er hat in seinem Gutachten zunächst beschrieben, dass es bei dem Besichtigungstermin einen „technischen Aussetzer“ bei der elektrischen Faltdachfunktion gegeben habe. In der Anfangsphase habe sich das Faltdach zwar ordnungsgemäß geöffnet. Nach einer ca. zwei Sekunden andauernden, gewollten Unterbrechung des Öffnungsvorgangs durch Loslassen des Betätigungsschalters habe sich das Faltdach jedoch weder weiter öffnen noch wieder schließen lassen. Diese Funktionsstörung habe der anwesende technische Berater [des Herstellers], ein Herr K, innerhalb von ca. drei Minuten beseitigt, indem er mit einem Werkzeug die Hydraulik der Schließvorrichtungsmechanik „entriegelt“ habe. Nach dem manuellen Betätigen eines hydraulischen Ventils sei es möglich gewesen, das Faltdach manuell zu bewegen. Bei erneutem, mehrmaligen Überprüfen der Faltdachmechanik habe das Öffnen und Schließen sodann beanstandungsfrei funktioniert.

Die Ursache für den „technischen Aussetzer“ habe auch Herr K nicht klären können. Die von dem Vertragshändler per Werkstattcomputer ausgelesenen und monitormäßig dargestellten Fehler würden folgendermaßen lauten: „permanenter Fehler: Stellung Gepäckraumdeckel – permanenter Fehler: Dachstellung – sporadischer Fehler: Zeit für Öffnung Scheibe vorne links nicht erreicht – sporadischer Fehler: Zeit für Öffnung Scheibe vorne rechts nicht erreicht“.

Erschwert werde die Fehlersuche bzw. Beseitigung des „technischen Aussetzers“ insofern, als dieser nur sporadisch auftrete, so der Sachverständige L in seinem schriftlichen Gutachten. Als mögliche Ursachen können unter anderem das elektrische Faltdach-Steuergerät sowie Fehler im Betätigungsschalter oder/und bei den Endabstellungen in Betracht kommen, so der Sachverständige abschließend.

Sämtliche Ursachen liegen ausschließlich in der Sphäre der Beklagten als Verkäuferin. Bedienungsfehler der Klägerin sind auszuschließen und werden im Übrigen auch nicht behauptet.

Dass die Defektursachen durch die Maßnahme des technischen Beraters K nachhaltig und dauerhaft beseitigt worden sind, kann dem Gutachten des Sachverständigen L nicht entnommen werden. Seine Ausführungen sind eher dahin zu verstehen, dass Herr K nur kurzfristig Abhilfe schaffen konnte und dies auch nur durch einen technischen Eingriff („Entriegelung“), den die Klägerin als technischer Laie zum einen nicht beherrscht, und der ihr zum andern auch nicht zuzumuten ist. Ihre glaubhaften Angaben bei der Anhörung durch den Senat beweisen im Übrigen, dass die „Entriegelung“ durch Herrn K nur kurzfristig geholfen hat.

2. Allein dieser Mangel des Faltverdecks, den zu beseitigen der Beklagten trotz mehrmaliger Versuche nicht gelungen ist, hat so viel Gewicht, dass von einer Unerheblichkeit i. S. des § 323 V 2 BGB nicht gesprochen werden kann.

a) Was unter einer den Rücktritt ausschließenden unerheblichen Pflichtverletzung im Sinne der vorgenannten Vorschrift zu verstehen ist, ist durch den Beschluss des BGH vom 08.05.2007 – VIII ZR 19/05, NJW 2007, 2111 – dahin beantwortet worden, dass ein Sachmangel eine unerhebliche Pflichtverletzung darstellt, wenn der Mangel i. S. von § 459 I 2 BGB a.F. den Wert oder die Tauglichkeit der Kaufsache nur unerheblich mindert. Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung hat der 8. Zivilsenat des BGH die Revision gegen eine Entscheidung des erkennenden Senats zurückgewiesen, in der eine mangelhafte Lenkradfernbedienung bei einem neuen Pkw als nur unerhebliche Pflichtverletzung eingestuft worden ist. Die im konkreten Fall zu bewertende Funktionsstörung ist nach Einschätzung des Senats von größerem Gewicht als der Defekt an der Lenkradfernbedienung. Auch im Vergleich mit den weiteren Fällen, in denen der Senat Unerheblichkeit i. S. des § 323 V 2 BGB angenommen hat (vgl. z. B. Urt. v. 30.04.2007 – I-1 U 252/06), weicht die vorliegende Sache ab.

Von einer nur unerheblichen Minderung der Gebrauchstauglichkeit auszugehen, wird der Sachlage nicht gerecht. Ob eine erhebliche oder nur unerhebliche Pflichtverletzung (Sachmangel) vorliegt, bestimmt sich in einem Fall der Mangelhaftigkeit im Sinne der objektiven Kriterien des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nach objektiven Gesichtspunkten, insbesondere nach dem objektiven Ausmaß der Qualitätsabweichung und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigung des Äquivalenzinteresses des Käufers. Die nach dem früheren Kaufrecht (allein) maßgebenden Kriterien der Wertminderung und der Gebrauchsstörung (§ 459 I 2 BGB a.F.) sind bei der Konkretisierung des Merkmals der Unerheblichkeit vorrangig heranzuziehen.

b) Gemessen an diesen Grundsätzen, die auch in der oben zitierten Entscheidung des BGH ihren Niederschlag gefunden haben, muss die Abwägung der beiderseitigen Interessen nach den gesamten Umständen des Streitfalls zugunsten der Klägerin ausfallen. Auch bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise ist einem Neufahrzeugkäufer bei Gebrauchsstörungen seines Fahrzeugs ein geringeres Maß an negativen Auswirkungen zuzumuten, als es bei dem Käufer eines Gebrauchtwagens der Fall ist. Die Grenze zur Erheblichkeit ist folglich eher überschritten als beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie im Streitfall eine Funktion gestört ist, die für den Käufer von zentraler Bedeutung ist. Wie die Klägerin glaubhaft berichtet hat, hat sie sich den [Wagen] ganz bewusst als Cabrio gekauft. Genau genommen handelt es sich zwar um ein Coupé-Cabrio. Indes lässt sich das faltbare Blechdach so weit öffnen, dass der Wagen durchaus Cabriocharakter hat. Mit versenktem Dach offen zu fahren, war der Klägerin wichtig, wie nicht zuletzt auch der Zukauf eines Windschotts zeigt.

In dieser spezifischen Form der Fahrzeugnutzung war die Klägerin nachhaltig beeinträchtigt. Daran ändert im Ergebnis nichts der Umstand, dass das Öffnen und Schließen des elektrischen Daches zeitweise ohne Beanstandung funktionierte. Mal klappte es, mal klappte es nicht, so hat die Klägerin die Sache auf den Punkt gebracht. Die in einer solchen Situation bestehenden Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten sind eher gewichtiger als geringer einzuschätzen verglichen mit der Situation, dass ein Neuwagen eine permanente Fehlfunktion der Elektronik hat. In der Hoffnung, von einer Störung verschont zu bleiben, macht man sich auf den Weg, um dann feststellen zu müssen, dass sich beispielsweise das geöffnete Verdeck nicht mehr schließen lässt. Was das bedeutet, wenn es plötzlich zu regnen anfängt, bedarf keiner näheren Begründung. Auf der Hand liegen auch die Gefahren, die daraus resultieren, dass das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß abgestellt werden kann. Ein längeres Abstellen im geöffneten, jedenfalls nicht voll verschlossenen Zustand steigert die Gefahr des Diebstahls. Zudem war die Klägerin dem Risiko ausgesetzt, sich den Vorwurf grober Fahrlässigkeit zuzuziehen, wenn sie ihr Auto über einen längeren Zeitraum in ganz oder teilweise geöffnetem Zustand auf öffentlichem Gelände abstellt. Alle diese naheliegenden Störungen und Risiken bleiben unberücksichtigt, wenn man mit dem Landgericht den Mangel als unerheblich einstuft.

Seine Erheblichkeit bezieht der Mangel darüber hinaus aus der Tatsache, dass es sich um einen Mangel handelt, dessen Ursache sich nicht hat klären lassen. Eine nachhaltige und dauerhafte Beseitigung ist der Beklagten trotz mehrerer Versuche jedenfalls nicht gelungen.

Nach alledem ist allein schon der „technische Aussetzer“ bei dem faltbaren Blechdach als Mangel einzustufen, der entgegen der Ansicht der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht als unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB angesehen werden kann.

c) Offenlassen kann der Senat, ob das Fahrzeug, wie von der Klägerin behauptet und auch im Senatstermin bekräftigt, in anderen Punkten Mängel hat.

3. Der Rücktritt scheitert nicht daran, dass die Klägerin den grundsätzlich bestehenden Nacherfüllungsvorrang missachtet hat. Nachdem sie zunächst vergeblich Nachbesserung gefordert hatte, wie ihre Werkstattbesuche belegen, hat sie mit Anwaltsschreiben vom 17.08.2005 angesichts der Zunahme und Häufung von einzelnen Mängeln den Anspruch auf Nachlieferung geltend gemacht und insoweit, wie im Gesetz vorgesehen, eine angemessene Frist gesetzt. Während der laufenden Nachlieferungsfrist hat die Klägerin zwar in der Weise eingelenkt, dass sie mit einer Untersuchung des Fahrzeugs in der Vertragswerkstatt V einverstanden war. Das Fahrzeug sollte von einem Herrn F begutachtet werden, um zu klären, ob seitens des Herstellers einer Rückabwicklung des Kaufvertrages zugestimmt wird. Sollte die Begutachtung mit dem Ergebnis enden, dass der Hersteller einer Rückabwicklung nicht zustimmt, so sollte durch Gericht geklärt werden, ob zum Rücktritt berechtigende Mängel vorhanden sind oder nicht. Den bereits damals, vor der Besichtigung bei der V, mit Anwaltsschreiben vom 06.10.2005 erklärte Rücktritt ist im Anschluss an die Untersuchung zumindest konkludent erneut erklärt worden (Anwaltsschreiben vom 30.11.2005). Der Beklagten zuvor nochmals eine Frist zur Ersatzlieferung zu setzen, war nach den Gesamtumständen entbehrlich. Das wäre eine bloße Förmelei gewesen, wie auch der Umstand belegt, dass die Beklagte noch in ihrer Klageerwiderung behauptet, das elektrische Dach funktioniere einwandfrei. Technische Aussetzer bei der Bedienung des Daches wurden entschieden bestritten.

4. Aufgrund des wirksamen Rücktritts ist die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet (§§ 323 I, 346 I BGB).

a) In Wahrnehmung ihres berechtigten Kosteninteresses macht die Klägerin nicht den vollen Kaufpreis von 21.000 € geltend. Die Gebrauchsvorteile, die sie durch die Benutzung des Fahrzeugs gehabt hat, lässt sie sich anrechnen. Allerdings nimmt sie insoweit keinen konkreten Abzug durch Angabe eines bestimmten Eurobetrags vor. In Anlehnung an die sogenannte Karlsruher Formel (OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.05.2002 – 9 U 165/01, OLGR 2002, 248; Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950; ebenso OLG Oldenburg, NJW 1991, 1187) gibt sie lediglich den Betrag pro Kilometer an. Abziehen lassen möchte sie sich 0,084 € für jeden Kilometer, den das Fahrzeug bis zum Zeitpunkt der Rückgabe an die Beklagte zurückgelegt hat. Gegen diese Abzugsmethode bestehen grundsätzliche Bedenken, auf die der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat. Insoweit teilt er die Ansicht des Kammergerichts (Urt. v. 18.12.2006 – 2 U 13/06, OLGR 2007, 346), wonach der Tenor nicht genügend bestimmt ist. Zudem kann der Kilometerstand (Tachostand) manipuliert sein. Vorzuziehen ist die übliche Methode durch Abzug eines festen Betrags, bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Bei dieser Tenorierung ergeben sich auch keine Probleme mit Blick auf den Streitwert und die Beschwer.

Wie die Klägerin im Senatstermin unwidersprochen vorgetragen hat, belief sich der Kilometerstand am 17.12.2007 (letzte mündliche Verhandlung) auf ca. 13.980. Von diesem Wert geht der Senat bei seiner folgenden Berechnung aus.

Nach der allgemein anerkannten Formel der linearen Wertschwundberechnung

$$\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{mutmaßliche Gesamtlaufleistung}}}$$

ergibt sich im konkreten Fall ein Betrag von 1.174 €.

Mit der Klägerin ist die zu erwartende Gesamtlaufleistung auf 250.000 km zu schätzen (§ 287 ZPO). Der Einholung des von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens bedarf es nicht. Dies schon deshalb nicht, weil die Beklagte den Ansatz der Klägerin nicht ernsthaft bestritten hat. Im Übrigen deckt sich der Wert von 250.000 km mit der Gesamtlaufleistung, die der Senat für vergleichbare Fahrzeuge geschätzt hat. Auch aus der Schwackeliste „Gebrauchsvorteil“ (1997) geht hervor, dass der Wert von 250.000 km durchaus realistisch ist.

Nach Abzug einer Nutzungsvergütung von 1.174 € verbleibt ein zurückzuzahlender Betrag von 19.826 €.

b) Hinzuzurechnen ist ein Betrag von 200 €. Diesen Betrag schuldet die Beklagte zwar nicht unter dem Gesichtspunkt des rücktrittsrechtlichen Verwendungsersatzes (§ 347 II BGB). Bei dem Windschott, das die Klägerin für 200 € (brutto) gekauft hat, handelt es sich nicht um eine notwendige Verwendung i. S. des § 347 II 1 BGB. Andere Aufwendungen sind zu ersetzen, soweit der Gläubiger durch diese bereichert wird (§ 347 II 2 BGB). Die Voraussetzungen für diesen Aufwendungsersatzanspruch liegen gleichfalls nicht vor.

Seine Grundlage hat der Ersatzanspruch der Klägerin vielmehr in §§ 437 Nr. 3, 284 BGB. Der Käufer einer mangelhaften Sache hat auch dann gemäß § 284 BGB Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt. Der Anspruch ist nicht gemäß § 347 II BGB auf den Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen beschränkt, durch die der Verkäufer bereichert wird (BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 275/04, NJW 2005, 2848). Aufwendungen des Käufers auf eine gekaufte Sache, die sich später als mangelhaft erweist, sind in der Regel vergeblich, wenn der Käufer die Kaufsache wegen ihrer Mangelhaftigkeit zurückgibt oder sie jedenfalls nicht bestimmungsgemäß nutzen kann und deshalb auch die Aufwendungen nutzlos sind. So verhält es sich mit dem Windschott. Um beim Offenfahren gegen Wind geschützt zu sein, hat die Klägerin, für Cabrio-Fahrerinnen nicht ungewöhnlich, ein Windschott gekauft. Für die Benutzung des Fahrzeugs – auch im geöffneten Zustand – war das zwar keine notwendige Anschaffung. Das Fahrzeug hätte auch ohne Windschott uneingeschränkt genutzt werden können. Indessen handelt es sich um eine vergebliche Aufwendung, die die Klägerin im Vertrauen auf den Erhalt und die Nutzung des Fahrzeugs gemacht hat und billigerweise machen durfte.

Ob Zubehörteile, die der Käufer in das später wegen Mangelhaftigkeit zurückgegebene Fahrzeug hat einbauen lassen, für ihn anderweit verwendbar wären, ist für die Ersatzpflicht grundsätzlich ohne Bedeutung (BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 275/04, NJW 2005, 2848 [2850]).

Allerdings setzt der Aufwendungsersatzanspruch – nicht anders als der Schadensersatzanspruch statt der Leistung – grundsätzlich voraus, dass der Verkäufer die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Das Vertretenmüssen wird vom Gesetz vermutet (§ 280 I 2 BGB). Der Verkäufer muss sich demnach entlasten. Das hat die Beklagte versäumt. Sie hat weder vorgetragen, dass die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung (§§ 280 I 1, 433 I 2 BGB) von ihr nicht zu vertreten ist, noch hat sie dargetan, dass die Verletzung der Nacherfüllungspflicht unverschuldet ist. Infolgedessen sieht der Senat keine Bedenken gegen die Anwendung des § 284 BGB. Dies umso weniger, als das CC-Klappdach als typische, dem Hersteller und seinen Vertragshändlern bekannte Fehlerquelle gilt. Es gab einen Rückruf.

Erwogen hat der Senat, den Aufwendungsersatzanspruch … im Hinblick darauf zu kürzen, dass die Klägerin mit ihrem Fahrzeug ca. 14.000 km zurückgelegt hat, und dabei auch das Windschott bestimmungsgemäß hin und wieder eingesetzt worden sein dürfte. Wegen der immer wiederkehrenden Störungen beim Öffnen und Schließen des Daches kann jedoch schon aus diesem Grund nicht von einer durchgängigen Nutzung des Windschotts ausgegangen werden. Seine Funktion entfaltet es erst bei geöffnetem Verdeck. Mangels näherer Anhaltspunkte in tatsächlicher Hinsicht kann der Senat nicht feststellen, über welche Zeit bzw. für welche Fahrstrecke die Klägerin das Windschott genutzt hat. Eine Kürzung, die im Übrigen von der Beklagten auch nicht geltend gemacht wird, hätte somit keine tragfähige Grundlage. Damit bleibt es bei einem erstattungsfähigen Aufwendungsersatz in Höhe von 200 €. Insgesamt beläuft sich der von der Beklagten zurückzuzahlende Betrag demnach auf 20.026 €.

5. Was den geltend gemachten Zinsanspruch angeht, gilt Folgendes:

Die Klägerin verlangt … Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 31.03.2005 aus einem Betrag von 21.200 €. Zu Recht weist die Klägerin schon in der Klageschrift darauf hin, dass der von ihr gezahlte Kaufpreis im Wege des Nutzungsersatzes zu verzinsen ist. Vom Verkäufer erzielte und ersparte Zinsen sind gemäß § 346 I BGB herauszugeben bzw. zu ersetzen. Vom Verkäufer erzielbare Zinsen schuldet er dem Käufer gemäß § 347 I BGB.

Dass die Beklagte Zinsen in Höhe von 8 % tatsächlich erzielt hat oder hätte erzielen können, macht die Klägerin nicht geltend. Vielmehr trägt sie vor, die Beklagte habe durch den Zufluss des Kaufpreises von 21.100 € Schuldzinsen in Höhe von 8 % erspart. Hierzu führt sie aus, es sei davon auszugehen, dass die Beklagte mit laufenden Krediten arbeite. Die erhaltene Kaufpreissumme habe sie vermutlich dazu genutzt, um diese Kredite zurückzuführen. Als Zinssatz für die in Anspruch genommenen Kredite nennt sie acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dieser Sachvortrag ist schlüssig (§ 346 I BGB).

Zu den gezogenen Nutzungen im Sinne dieser Vorschrift zählen auch ersparte Schuldzinsen (vgl. BGH, NJW 1998, 2354 [zu § 818 I BGB]). Auch der Höhe nach ist der Anspruch schlüssig dargetan. Es kann der Klägerin nicht verwehrt sein, in Ermangelung näherer Kenntnisse von den finanziellen Verhältnissen der Beklagten nach Maßgabe ihres Vorbringens in der Klageschrift vorzutragen. Die Beklagte ist dem Sachvortrag der Klägerin nur unsubstanziiert entgegen getreten. Sie beschränkt sich darauf vorzutragen, weder einen Zinsverlust noch einen Zinsgewinn in Höhe von 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu verzeichnen. In zweiter Instanz hat sie sich jeglichen Sachvortrags enthalten. Bei dieser Sachlage hat der Senat keine Bedenken, die Zinsforderung der Klägerin auch der Höhe nach anzuerkennen.

Einer gesonderten Verzinsung unterliegt allerdings der Anspruch auf Zahlung von 200 € (Windschott). Insoweit steht der Klägerin kein Zinsanspruch unter dem Gesichtspunkt gezogener Nutzungen gemäß § 346 I BGB zu. Verzinsung kann sie jedoch nach § 256 BGB verlangen. Wer zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet ist, hat den aufgewendeten Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. Aufwendungen i. S. des § 256 BGB sind auch vergebliche Aufwendungen, die nach § 284 BGB zu ersetzen sind. Nach § 246 BGB beträgt die Verzinsung indes lediglich 4 %. Zinsbeginn ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Aufwendung, hier der Erwerb des Windschotts am 31.03.2005 …

6. Erfolg hat die Klage auch insoweit, als die Klägerin begehrt, den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen. Der Feststellungsantrag ist zulässig (§ 256 ZPO; vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 501). Der Feststellungsantrag ist auch sachlich gerechtfertigt, denn die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug …

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