1. Ein Wohmobil, dessen Aufbautür sich allenfalls mit übermäßiger Krafteinwirkung öffnen lässt und durch die bei Regen Wasser in das Innere des Fahrzeugs eindringt, leidet an einem erheblichen Mangel, der den Käufer grundsätzlich zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
  2. Nach einem wirksamen mangelbedingten Rücktritt von einem Kfz-Kaufvertrag (hier: über ein Wohnmobil) schuldet der Käufer dem Verkäufer gemäß § 346 I, II Nr. 1 BGB eine Nutzungsentschädigung für jeden mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer. Der Verkäufer ist seinerseits verpflichtet, dem Käufer aus dem Kaufpreis gezogene Nutzungen in Gestalt erwirtschafteter oder ersparter Zinsen herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen.

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 16.05.2019 – 10 O 4413/17

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte, die gewerblich mit Wohnmobilen handelt, auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Wohnmobil in Anspruch.

Mit Vertrag vom 25.03.2015 kaufte der Kläger als Verbraucher von der Beklagten ein Wohnmobil Knaus Vansation TI 600 MEG zum Preis 57.200 €. Dieses Fahrzeug wurde dem Kläger am 15.07.2015 übergeben.

Am 16.12.2015 rügte der Kläger kleinere Mängel des Wohnmobils, die die Beklagte beseitigte. Im Februar 2016 beanstandete der Kläger, dass die Hutzenverkleidung defekt und die Rückfahrkamera mangelhaft sei; außerdem schließe die Aufbautür nicht richtig. Die Beklagte erneuerte daraufhin sowohl die Verkleidung als auch die Kamera und stellte die Tür ein. Acht Monate später rügte der Kläger weitere kleinere Mängel, die die Beklagte ebenso beseitigte wie ihr im November 2016 angezeigte Mängel des Wohnmobils. Im Juli 2017 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte, da er festgestellt hatte, dass an der Aufbautür Wasser in das Wohnmobil eindrang. Die Beklagte justierte die Tür nach und versah den Türrahmen mit einem neuen Gummi.

Mit E-Mail vom 19.06.2017 setzte der Kläger der Beklagten (erfolglos) eine Frist zur Beseitigung weiterer – zwischen den Parteien streitiger – Mängel bis zum 15.07.2017.

In der am 14.07.2017 per Fax beim LG Nürnberg-Fürth eingegangenen und am 08.08.2017 zugestellten Klageschrift hat der Kläger den Rücktritt von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag erklärt.

Er hat geltend gemacht, die Eingangstür des streitgegenständlichen Wohnmobils weise einen erheblichen Mangel auf, der nicht beseitigt werden könne. Die Tür entspreche nicht dem Stand der Technik. Zwar habe die Beklagte die Tür ausgetauscht, doch könne sie nunmehr nur mit Gewalt geöffnet werden, da sie zu fest schließe. Bei starker Sonneneinstrahlung sei ein Öffnen gar nicht möglich. Zudem weise das Wohnmobil weitere – näher bezeichnete – Mängel auf, die die Beklagte trotz Rüge nicht beseitigt habe.

Die zuletzt auf Zahlung von 55.075 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnmobils gerichtete Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Das streitgegenständliche Wohnmobil war zur Überzeugung der Einzelrichterin mit einem Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB behaftet. Dies hat auch die beklagte Partei nach Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen G nicht mehr in Zweifel gezogen; im Übrigen ergibt sich dies zur Überzeugung der Einzelrichterin aus den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen G in dessen schriftlichen Gutachten vom 06.08.2018. Der Sachverständige hat dort ausgeführt, die Aufbautüre des streitgegenständlichen Wohnmobils lasse sich nur mit übermäßiger Krafteinwirkung öffnen. Zudem dringe bei regelmäßig zu erwartender Belastung mit Niederschlagswasser Wasser in das Wohnmobil ein. Die Ausführungen des Sachverständigen, die von keiner der Parteien angegriffen worden sind, waren von Sachkunde getragen und deshalb überzeugend.

Die Beklagte hat bereits nicht gerügt, die Pflichtverletzung sei unerheblich i. S. von § 323 V 2 BGB. Dies ist auch fernliegend. Für die Benutzbarkeit des Wohnmobils ist es von erheblicher Bedeutung, dass die Passagiere ein- und aussteigen können. Zudem werden Wohnmobile verstärkt in der warmen Jahreszeit genutzt, sodass es nach den nicht angegriffenen Ausführungen des Sachverständigen regelmäßig dazu kommen wird, dass eine Öffnung der Türe auch mit höchster Krafteinwirkung nicht bewerkstelligt werden kann. Schließlich stellt auch das Eindringen von Niederschlagswasser in das Innere des Wohnmobils einen erheblichen Mangel dar.

Die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung gemäß § 439 I BGB war vorliegend entbehrlich. Der jetzige Zustand des Wohnmobils, insbesondere der Türe, beruht auf den insoweit durch die Beklagte im Februar 2016 und im November 2016 durchgeführten Nachbesserungen. So wurde im Februar 2016 die Aufbautüre justiert und im November 2016 insoweit ein neuer Türrahmengummi eingebaut. Mithin gilt die Nachbesserung gemäß § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB als fehlgeschlagen, da auch nach dem zweiten Nachbesserungsversuch kein mangelfreier Zustand hergestellt werden konnte.

Der Kläger war deshalb gemäß §§ 433 I, 434 I 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323 I BGB zum Rücktritt von dem Kaufvertrag über das streitgegenständliche Wohnmobil berechtigt.

Es sind daher gemäß § 346 I BGB die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der Kläger kann daher zunächst die Rückerstattung des Kaufpreises verlangen. Dem steht – neben dem Anspruch der Beklagten auf Rückgabe des Wohnmobils – der Nutzungsersatzanspruch der Beklagten entgegen.

Insoweit schuldet der Kläger der Beklagten gemäß § 346 I, II Nr. 1 BGB Ersatz der durch den Gebrauch des Wohnmobils gezogenen Nutzungen. Der zu leistende Nutzungsersatz ist hierbei linear anhand der durch den Kläger mit dem Wohnmobil zurückgelegten Kilometer, der Gesamtfahrleistung und des Kaufpreises zu berechnen. Hierbei ist der Kaufpreis mit der Zahl der gefahrenen Kilometer, die 45.800 beträgt, zu multiplizieren und sodann durch die Gesamtfahrleistung in Höhe von 250.000 km zu teilen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. [2019], § 346 Rn. 10 m. w. Nachw.). Die beklagte Partei hat die Angabe des Klägers zur Gesamtfahrleistung ebenso wenig bestritten wie die in den Terminen zur mündlichen Verhandlung gemachten Angaben zum Kilometerstand. Aus diesem Grund hält das Gericht die nunmehrige Angabe des Klägers, die den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrifft und der beklagten Partei aus diesem Grund nicht mehr zur Stellungnahme zugeleitet werden konnte, für glaubhaft, da die nunmehr angabegemäß insgesamt gefahrenen Kilometer etwas über die aus den Terminsprotokollen ersichtlichen Kilometerleistungen hinausgehen.

Mithin hat der Kläger insoweit einen Nutzungsersatz in Höhe von 10.479,04 € zu leisten.

Der Kläger hat gegen die Beklagte demgegenüber aus § 346 I, II Nr. 1 BGB Anspruch auf Ersatz der Nutzung des Kaufpreises als Kapital. Insoweit sind jährlich 2.403 € anzusetzen. Dies ergibt sich aus einem Zinssatz ersparter Sollzinsen irr Höhe von fünf Prozent. Diesen hat die beklagte Partei nicht bestritten. Für den zwischen der Zahlung des Kaufpreises und dem auch insoweit maßgeblichen Schluss der mündlichen Verhandlung vergangenen Zeitraum von 3,75 Jahren ergibt sich hieraus ein Betrag von 9.011,25 €.

Der Kläger hat dadurch, dass er für die Begründung des zuletzt gestellten Antrags beide Beträge saldiert hat, mit diesem Anspruch aufgerechnet, sodass noch ein Betrag von 1.467,79 € vom Kaufpreis abzuziehen ist.

Soweit die beklagte Partei eingewandt hat der Kläger habe mit dem Fahrzeug einen schweren, mittlerweile reparierten Unfallschaden verursacht, hat sie mit dem sich hieraus möglicherweise ergebenden Wertersatzanspruch nicht aufgerechnet, sodass dieser im hiesigen Verfahren nicht zu berücksichtigen ist. …

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