- Eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) setzt keine ausdrücklichen Erklärungen der Parteien voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses, etwa aus dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen, ergeben. Insbesondere kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und der Verkäufer zustimmt. Auch kann es genügen, dass der Verkäufer die Eigenschaften der Kaufsache bei Vertragsschluss in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft.
- Einem als „Euro-5-Fahrzeug“ beworbenen, vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagen fehlt eine i. S. des § 434 I 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit und das Fahrzeug ist deshalb mangelhaft, wenn es die Euro-5-Emissionsgrenzwerte zwar während eines Emissionstests auf dem Prüfstand, aber nicht im realen Fahrbetrieb einhält.
- Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen, bei dem eine Software die korrekte Messung der Stickoxidemissionen verhindert, indem sie den Stickoxidausstoß (nur) während eines Emissionstests optimiert, ist (auch) i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, da er nicht die für einen Neuwagen übliche und daher vom Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Ein durchschnittlicher Neuwagenkäufer darf nämlich davon ausgehen, dass die einschlägigen Emissionsgrenzwerte nicht nur während eines Emissionstests eingehalten werden, weil eine Software die Testsituation erkennt und für eine Verringerung der Schadstoffemissionen sorgt.
- Der Käufer, der gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB die ersatzweise Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen darf, soll – nur – das erhalten, was er nach dem Kaufvertrag vom Verkäufer beanspruchen kann. Der Verkäufer hat dem Käufer daher im Rahmen der Nacherfüllung anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu übergeben und zu übereignen. Ein Anspruch auf Ersatzlieferung ist deshalb gemäß § 275 I BGB ausgeschlossen, wenn ein Neuwagen so, wie ihn der Käufer bestellt hat, nicht mehr hergestellt wird, sondern ein Modellwechsel stattgefunden hat.
- Die Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) zielt darauf ab, die gekaufte Sache ohne jede Einschränkung in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, das heißt, sie muss zu einer vollständigen und nachhaltigen Beseitigung des Mangels führen. Daran fehlt es, wenn ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ein Softwareupdate erhält; denn dieses Update ändert nichts daran, dass das Fahrzeug vom VW-Abgasskandal betroffen (gewesen) ist. Das Fahrzeug bleibt deshalb trotz des Softwareupdates mangelhaft.
LG Kempten, Urteil vom 29.03.2017 – 13 O 808/16
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten, einer VW-Vertragshändlerin, auf der Grundlage einer verbindlichen Bestellung vom 22.08.2011 einen fabrikneuen VW Tiguan Sport & Style 2.0 TDI 4MOTION mit 7-Gang-DSG zum Preis von 36.870,61 €. Das Fahrzeug wurde ihm am 03.03.2012 übergeben.
Es ist mit einem EA189-Dieselmotor und einer Software ausgestattet, die erkennt, ob das Fahrzeug zur Ermittlung seiner Schadstoffemissionen auf einem Prüfstand einen genormten Fahrzyklus durchfährt oder ob es im realen Straßenverkehr betrieben wird. Auf dem Prüfstand ist der Ausstoß von Stickoxid (NOX) geringer als beim normalen Betrieb des Fahrzeugs. Deshalb werden die Euro-5-Emissionsgrenzwerte zwar eingehalten, wenn auf dem Prüfstand die Stickoxidemissionen softwaregesteuert „optimiert“ werden. Im regulären Betrieb werden diese Grenzwerte indes überschritten.
Der Kläger sieht darin einen Mangel und forderte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 21.01.2016 auf, ihm bis zum 03.03.2016 einen mangelfreien Neuwagen zu liefern. Mit Schreiben vom 04.02.2016 verwies die Beklagte den Kläger darauf, dass die Fahrzeugherstellerin derzeit ein Softwareupdate entwickle, das mit einem Arbeitsaufwand von unter einer Stunde auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt werden könne. Einen konkreten Zeitpunkt hierfür nannte die Beklagte jedoch nicht.
Das Kraftfahrt-Bundesamt hat das Softwareupdate für das hier interessierende Fahrzeugmodell mit Bescheid vom 01.06.2016 freigegeben. Der Kläger ließ das Update bislang nicht durchführen; sein Fahrzeug ist dennoch fahrbereit und verkehrssicher, und die EG-Typgenehmigung wurde bisher nicht entzogen.
Der Kläger behauptet, eine Nachbesserung seines Fahrzeugs sei unmöglich; vor allem sei die Beklagte dazu am 21.01.2016, als er die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs verlangt habe, mangels Freigabe des Softwareupdates durch das Kraftfahrt-Bundesamt gar nicht in der Lage gewesen. Abgesehen davon sei nicht sichergestellt, dass das Update nicht einen übermäßigen Verschleiß zur Folge habe, sodass er – der Kläger – mit weiteren Kosten rechnen müsse und das Aufspielen des Softwareupdates keine taugliche Nachbesserungsmaßnahme sei.
Der Kläger hat zuletzt im Wesentlichen beantragt, die Beklagte zur Lieferung eines mangelfreien VW Tiguan zu verurteilen. Hilfsweise hat er gestützt auf § 441 IV BGB (Kaufpreisminderung) die Zahlung eines Geldbetrages verlangt, dessen Höhe er unter Angabe eines Mindestbetrages von 7.400 € in das Ermessen des Gerichts gestellt hat.
Der Hilfsantrag hatte teilweise Erfolg.
Aus den Gründen: III. Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neulieferung eines Pkw VW Tiguan gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 BGB.
1. Die Parteien schlossen einen Kaufvertrag über das gegenständliche Fahrzeug i. S. des § 433 I BGB.
2. Im Zeitpunkt des Gefahrübergangs war das gegenständliche Fahrzeug mangelhaft.
Die Mangelhaftigkeit des gegenständlichen Fahrzeugs ergibt sich sowohl aus § 434 I 1 BGB wie auch aus § 434 I 2 Nr. 2 BGB.
a) Der vom Kläger gekaufte Pkw weist nicht die vereinbarte Beschaffenheit i. S. des § 434 I 1 BGB auf.
Als Beschaffenheit einer Sache i. S. von § 434 I 1 BGB sind sowohl alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, als auch alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben (BGH, Urt. v. 15.06.2016 – VIII ZR 134/15, NJW 2016, 2874 Rn. 10; Urt. v. 19.04.2013 – V ZR 113/12, NJW 2013, 1948 Rn. 15; Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12, NJW 2013, 1671 Rn. 8 ff.; Beschl. v. 26.08.2014 – VIII ZR 335/13, BeckRS 2014, 17609; OLG Koblenz, Beschl. v. 05.03.2012 – 5 U 1499/11, MDR 2012, 507 [508] = BeckRS 2012, 06811; ähnl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 434 Rn. 54; MünchKomm-BGB/Westermann, 7. Aufl., § 434 Rn. 10; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 2441; jeweils m. w. Nachw.; enger hingegen Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 434 Rn. 3).
Die Beschaffenheitsvereinbarung beruht auf der Fahrzeugbeschreibung, die die Soll-Beschaffenheit des Fahrzeugs festlegt. Aus Sicht eines Kaufinteressenten werden solche Vorfeldangaben deshalb Grundlage einer Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 I 1 BGB (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346; Urt. v. 12.01.2011 – VIII ZR 346/09, NJW-RR 2011, 462 Rn. 12; Urt. v. 28.03.2012 – VIII ZR 244/10, NJW 2012, 2723 Rn. 25; Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 = BeckRS 2013, 1763 Rn. 15 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2016 – 28 U 2/16, NJW-RR 2017, 49; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2429; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl. [2016], § 434 Rn. 15).
Für eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung ist weder erforderlich, dass die Beschaffenheitsvereinbarung selbst Rechtscharakter aufweist (OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2016 – 28 U 2/16, NJW-RR 2017, 49), noch ist es erforderlich, dass bestimmte Beschaffenheitsanforderungen ausdrücklich festgelegt werden. Eine solche Vereinbarung kann sich vielmehr auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben (BGH, Urt. v. 17.03.2010 – VIII ZR 253/08, WM 2010, 990 Rn. 13). Insbesondere kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 9 unter Hinweis auf BT-Drs. 14/6040, S. 213). Ebenso ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft, die Erklärungen des Verkäufers ohne Weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung werden (BT-Drs. 14/6040, S. 212; BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 = BeckRS 2013, 1763 Rn. 16).
Danach wurde vorliegend zwischen den Parteien vereinbart, dass der NOX-Ausstoß innerhalb der Grenzwerte der Euro-5-Abgasnorm liegt und das Fahrzeug dieser Kategorie entspricht. Tatsächlich werden die maßgeblichen Grenzwerte nur durch das Eingreifen der Software in die Motorsteuerung erzielt, sodass tatsächlich das gegenständliche Fahrzeug nicht diese Vorgaben erfüllt und damit die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweist.
b) Darüber hinaus liegt auch ein Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB vor.
Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand frei von Sachmängeln, wenn er sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache verlangen kann.
Zwar eignet sich das Fahrzeug trotz der eingebauten Software und der so manipulierten Abgaswerte für die gewöhnliche Verwendung. Allerdings entspricht ein Neufahrzeug nicht schon dann der üblichen und berechtigterweise von einem Käufer zu erwartenden Beschaffenheit, wenn es technisch sicher und fahrbereit ist und über alle Genehmigungen verfügt. Vielmehr stellt die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht, als sie tatsächlich entstehen, eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16, juris Rn. 28 [Pkh-Verfahren]; vgl. OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 6 [Pkh-Verfahren]); LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 22; Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16, juris Rn. 22; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 26 = BeckRS 2016, 15963; LG Lüneburg, Urt. v. 02.06.2016 – 4 O 3/16 [unter B 1 a]; LG Braunschweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16, juris Rn. 19; von denjenigen, die Ansprüche aus anderen Gründen verneint haben: LG Paderborn, Urt. v. 17.05.2016 – 2 O 381/15, juris Rn. 16; Urt. v. 09.06.2016 – 3 O 23/16, juris Rn. 27; LG Dortmund, Urt. v. 12.05.2016 – 25 O 6/16, juris Rn. 26; LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 011 O 341/15, juris Rn. 18; LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15, juris Rn. 17; LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, juris Rn. 21; offengelassen von: LG Düsseldorf, Urt. v. 23.08.2016 – 6 O 413/15, juris Rn. 21; LG Bielefeld, Urt. v. 02.05.2016 – 3 O 318/15; LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, juris Rn. 23).
Ein Durchschnittskäufer eines Neufahrzeugs kann davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit nicht etwa daraus, dass die unter Laborbedingungen (Prüfstandlauf) gemessenen Werte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden, sondern basiert darauf, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software einhält (LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 011 O 341/15, juris).
Dies stellt einen Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar (so i. E. auch OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris).
c) Der Mangel des streitgegenständlichen Fahrzeugs lag bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vor.
3. Allerdings ist ein Anspruch des Klägers auf Neulieferung … nicht gegeben, da die Lieferung eines Neufahrzeugs der Beklagten gemäß § 275 I BGB unmöglich ist.
a) Der Nachlieferungsanspruch stellt einen modifizierten Erfüllungsanspruch dar (OLG München, Urt. v. 12.10.2005 – 15 U 2190/05, NJW 2006, 449 [450]; Canaris, JZ 2003, 831 [836]; Haas, NJW 1992, 2389 [2392]; ders., BB 2001, 1313 [1315]; Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, 2002, S. 200 f.; dies., JZ 2004, 62 [63]; P. Huber, in: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kap. 13 Rn. 45; ders., NJW 2002, 1004 [1005]; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rn. 504; …; Lorenz, NJW 2002, 2497; ders., NJW 2006, 1175; …; Tiedtke/Schmitt, DStR 2004, 2016 [2019]; Oechsler, NJW 2004, 1825 f.; Ball, NZV 2004, 217 [218]; Scherer, NZI 2002, 356 [361]; Arnold, DStR 2002, 1049 [1051]) und kann damit nicht weiter reichen als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch.
Bei der Lieferung einer mangelfreien Sache decken sich, wie schon aus der gesetzlichen Formulierung hervorgeht, der Nacherfüllungsanspruch und der ursprüngliche Erfüllungsanspruch hinsichtlich der vom Verkäufer geschuldeten Leistungen; es ist lediglich anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie – im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige – Sache zu liefern. Die Ersatzlieferung erfordert daher eine vollständige Wiederholung der Leistungen, zu denen der Verkäufer nach § 433 I 1 und 2 BGB verpflichtet ist; der Verkäufer schuldet nochmals die Übergabe des Besitzes und die Verschaffung des Eigentums an einer mangelfreien Sache – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Denn mit der Nacherfüllung soll nach der gesetzgeberischen Konzeption lediglich eine nachträgliche Erfüllung der Verkäuferpflichten aus § 433 I BGB durchgesetzt werden; der Käufer soll mit der Nacherfüllung das erhalten, was er vertraglich zu beanspruchen hat (BT-Drs. 14/6040, S. 221; BGH, Urt. v. 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219 [227] = NJW 2005, 1348, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, NJW 2008, 2837 Rn. 18).
b) Der Kläger hatte gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag einen Anspruch auf Lieferung eines VW Tiguan Sport & Style 2.0 TDI 4MOTION (103 kW/140 PS) mit 7-Gang-DSG – Modell-Bestellschlüssel 5N2239 – in der bestellten Ausstattungsvariante. Ein möglicher Nachlieferungsanspruch des Klägers muss damit eine gleichwertige und gleichartige Sache zum Gegenstand haben.
c) Die Lieferung eines Neufahrzeugs ist eine (individualisierte) Gattungsschuld. Die gesamte Gattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist untergegangen, sodass eine Neulieferung für die Beklagte unmöglich i. S. des § 275 I BGB ist.
aa) Die vom Kläger erworbene Modellreihe wird nicht mehr … hergestellt. Ein Neufahrzeug der vom Kläger im Jahr 2011 erworbenen Fahrzeugserie VW Tiguan existiert damit nicht mehr, die gesamte Gattung ist somit untergegangen.
Aufgrund des Untergangs der gesamten Gattung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist die Neulieferung eines solchen Fahrzeugs für die Beklagte unmöglich i. S. des § 275 I BGB, da die Lieferung eines Nachfolgemodells nicht einem gleichwertigen und gleichartigen Fahrzeug entspricht, sondern eine über den ursprünglichen Erfüllungsanspruch hinausgehende Leistung darstellen würde (so auch LG Bayreuth, Urt. v. 20.12.2016 – 21 O 34/16).
Aufgrund der Unmöglichkeit der Nachlieferung wird die Beklagte von der Verpflichtung zur Nachlieferung befreit (§ 275 I BGB).
bb) Sofern die Klagepartei im Schriftsatz vom 18.01.2017 nunmehr bestreitet, dass es einen Modellwechsel bezüglich des streitgegenständlichen Fahrzeugs gab, steht dieses pauschale Bestreiten im Widerspruch zu den Ausführungen der Klagepartei in der Klageschrift vom 24.05.2016, wo die Klagepartei selbst ausführt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mehr hergestellt wird, sondern eine neue Variante dieses Pkw hergestellt wird, wobei die Klagepartei die vorgenommenen Änderungen detailliert vorträgt.
Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass eine Partei nicht gehindert ist, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen (BGH, Urt. v. 05.07.1995 – KZR 15/94, NJW-RR 1995, 1340; Urt. v. 01.07.1999 – VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208; OLG München, Urt. v. 08.04.2005 – 10 U 5279/04, DAR 2005, 684; st. Rspr., zuletzt OLG München, Urt. v. 14.03.2014 – 10 U 679/13, juris Rn. 52; Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. [1994], Rn. 101). Der Umstand, dass der Vortrag zu dem eigenen früheren Vortrag in Widerspruch steht, kann aber im Rahmen der Verhandlungswürdigung nach § 286 I ZPO Beachtung finden (BGH, Urt. v. 01.07.1999 – VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208; OLG Rostock, Beschl. v. 03.11.2003 – 6 U 19/03, OLG-NL 2004, 118 [120]; OLG München, Urt. v. 14.03.2014 – 10 U 679/13, juris Rn. 52; Hohlweck, JuS 2001, 584 [585]). Wechselnder Vortrag kann dabei als Anpassung an die jeweilige Beweislage verstanden werden und verliert dann an Überzeugungskraft (OLG Hamm, Urt. v. 08.06.2006 – 18 U 163/05, juris Rn. 90]; OLG München, Urt. v. 14.03.2014 – 10 U 679/13, juris Rn. 52).
Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Klagepartei ihren zunächst substanziierten Vortrag dahin gehend ändert, dass der substanziierte und zunächst in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Klagepartei stehende Vortrag der Beklagten nunmehr pauschal bestritten wird. Gemäß § 138 II ZPO besteht jedoch eine Erklärungslast jeder Partei über die von ihrem Gegner behaupteten Tatsachen. Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht (§ 138 III ZPO). Die Erklärungslast ist in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat (BGH, Urt. v. 03.02.1999 – VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404 [1405]; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. [2012], § 138 Rn. 8a). Die erklärungsbelastete Partei hat deshalb, wenn ihr Vortrag beachtlich sein soll, auf die substanziierten Behauptungen ihres Prozessgegners grundsätzlich substanziiert, also mit positiven Angaben zu erwidern (BGH, Urt. v. 11.03.2010 – IX ZR 104/08, NJW 2010, 1357 Rn. 16; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl. [2011], § 138 Rn. 10; Zöller/Greger, a. a. O., § 138 Rn. 8a). Hieraus folgt, dass ein substanziiertes Vorbringen grundsätzlich nicht pauschal bestritten werden kann (BGH, Urt. v. 11.03.2010 – IX ZR 104/08, NJW 2010, 1357 Rn. 16; OLG Hamm, Urt. v. 27.03.2012 – I-24 U 61/11).
Das pauschale Bestreiten der Klagepartei, es habe bezüglich des klägerischen Fahrzeugs keinen Modellwechsel gegeben, ist daher vor allem unter Berücksichtigung dessen, dass dieser Vortrag zu dem substanziierten Vortrag der Klagepartei in der Klageschrift im Widerspruch steht und auch nicht der Realität im Pkw-Handel entspricht, gemäß § 138 III ZPO unbeachtlich.
c) Dem Eintritt der Unmöglichkeit steht auch nicht entgegen, dass in den Lieferbedingungen, die der verbindlichen Bestellung zugrunde lagen, unter Abschnitt IV Nr. 6. sich der Verkäufer während der Lieferzeit Konstruktion- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers vorbehält, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind.
Es kann insofern dahinstehen, ob die Neuwagen-Verkaufsbedingungen wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, was nicht einmal die Klagepartei behauptet hat, denn jedenfalls ist diese Klausel dahin gehend einschränkend zu verstehen, dass sie nicht zur Lieferung eines aliuds berechtigt (vgl. KG, Urt. v. 27.10.2011 – 23 U 15/11, NJW-RR 2012, 506 [507]: abweichende Schadstoffklasse und veränderte Motorleistung). Damit deckt diese Klausel jedoch gerade nicht die Lieferung einer anderen Baureihe ab, sodass bereits aus diesem Grund der Kläger keine Rechte aus der Klausel ableiten kann. Schließlich ist die Anwendung der Klausel nur auf Änderungen während der Lieferzeit beschränkt und erfasst damit schon nicht den geltend gemachten Anspruch des Klägers.
Die Klage ist damit im Hauptantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Nachlieferung eines neuen Fahrzeugs aus der aktuellen Produktion. Insoweit war die Klage abzuweisen.
4. Damit ist aber auch der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte sich im Annahmeverzug befindet, unbegründet und war abzuweisen.
IV. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 3.687,06 € (10 % des Neuwagenpreises) gemäß §§ 346, 433, 434, 437, 441 IV BGB.
1. Es war zulässig einen unbestimmten Klageantrag zu stellen und die Höhe des Minderungsbetrages ins Ermessen des Gerichts zu stellen. Darzulegen ist bei zulässigerweise unbezifferten Zahlungsklageanträgen die Größenordnung des erstrebten Betrages und Schätzungsgrundlagen. Diese Voraussetzung hat der Kläger erfüllt. Da zur Ermittlung des angemessenen Minderungsbetrages die Schätzung durch das Gericht zulässig ist (§ 441 III 2 BGB), ist daher ein unbestimmter Klageantrag zulässig, solange er eine Größenordnung enthält.
2. Die Parteien haben einen wirksamen Kaufvertrag über das gegenständliche Fahrzeug geschlossen (s. oben III 1). Das Fahrzeug ist mangelhaft. Der Mangel lag bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vor (s. oben III 2).
3. Der Kläger hat der Beklagten … eine Frist zur Nachlieferung gesetzt. Eine Frist zur Nachbesserung wurde der Beklagten zu keinem Zeitpunkt gesetzt. Eine Fristsetzung war jedoch … entbehrlich, nachdem die Nacherfüllung unmöglich ist (§§ 326 V, 275 I BGB).
a) Es kann vorliegend dahinstehen, ob im Rahmen des § 326 V BGB auf den Zeitpunkt des Nachbesserungsverlangens oder auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen ist, wobei im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des Nachbesserungsverlangens jedenfalls auch nach den Angaben der Beklagten im Schreiben vom 04.02.2016 es nicht möglich war, das von der Beklagten als Nachbesserung in Aussicht gestellte Softwareupdate aufzuspielen, da dieses jedenfalls für das streitgegenständliche Fahrzeug erst am 01.06.2016 zugelassen wurde und damit im Zeitpunkt des Nachbesserungsverlangens bzw. innerhalb einer angemessenen Frist jedenfalls nicht zur Verfügung stand.
b) Aber auch der Umstand, dass ein von der Beklagten angebotenes Softwareupdate seit dem 01.06.2016 vom Kraftfahrt-Bundesamt zugelassen wurde, ändert an dem Umstand, dass eine Nachbesserung des Fahrzeugs des Klägers im Sinne einer Beseitigung aller Mängel unmöglich ist, nichts.
Die Nachbesserung muss ohne jede Einschränkung zu einem vertragsgemäßen Zustand der Sache führen. Es reicht also nicht aus, wenn die Kaufsache deutliche Spuren der Reparatur- oder Austauschmaßnahmen des Verkäufers aufweist oder wegen verbliebener und nicht behebbarer Umstände auch in Zukunft Nachbesserungsmaßnahmen nötig sind (MünchKomm-BGB/Westermann, a. a. O., § 439 Rn. 9 ff.).
Das Aufspielen des Softwareupdates ist nicht geeignet, den Mangel vollständig zu beseitigen.
Es kommt hierbei nicht darauf an, ob das Softwareupdate geeignet ist, in technischer Hinsicht den Mangel dahin gehend zu beseitigen, dass das Fahrzeug nunmehr auch ohne manipulativen Eingriff in die Motorsteuerung die Grenzwerte der Euro-5-Abgasnorm einhält, ohne anderweitige technische Nachteile zu erleiden, da das klägerische Fahrzeug jedenfalls weiterhin mangelhaft ist, da auch durch das Aufspielen des Softwareupdates es bei der Eigenschaft des Fahrzeugs als ein solches Fahrzeug, dass von dem sogenannten Abgasskandal betroffen war, verbleibt. Dieser dem Fahrzeug anhaftende Eigenschaft kann nicht durch das Aufspielen des Softwareupdates beseitigt werden, sodass ein Makel an dem Fahrzeug verbleibt.
Auch muss berücksichtigt werden, dass der sogenannte Abgasskandal Gegenstand breiter öffentlicher Wahrnehmung und Diskussion ist, einschließlich der Nachbesserungsversuche von Herstellerseite. Bereits das Bestehen eines naheliegenden Risikos eines bleibenden merkantilen Minderwerts ist ausreichend. (so i. E. auch OLG Hamm, Urt. v. 09.02.2012 – I-28 U 186/10; LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, juris Rn. 46; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 34 = BeckRS 2016, 15963).
Folglich stellt die von der Beklagten angebotene Form der Nachbesserung keine taugliche Nachbesserung dar, ohne, dass es darauf ankommt, ob das Softwareupdate aus technischer Sicht den Mangel beseitigen kann, ohne dass es zu Folgeschäden an dem Fahrzeug kommt.
Da auch eine anderweitige Beseitigung des Mangels nicht ersichtlich ist, ist die Nachbesserung unmöglich (§ 275 I BGB), eine … Fristsetzung war damit nach § 326 V BGB entbehrlich.
4. Der Kläger hat konkludent die Minderung durch die Erhebung des hilfsweise gestellten Antrags erklärt.
5. Der Minderungsbetrag richtet sich nach dem Satz, um den das Fahrzeug im Geschäftsleben als geringer wertig angesehen wird.
Dieser Betrag ist, nachdem … eine Möglichkeit, den Makel „Abgasskandal“ zu beseitigen, nicht besteht, sodass sich der Minderungsbetrag weder nach der Proportionalmethode noch mithilfe der Reparaturkosten noch über eine Mehrbelastung des Käufers bestimmen lässt, nach § 441 III 2 BGB, § 287 ZPO zu schätzen.
Das Gericht kann diese Schätzung auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens selbst vornehmen, weil es über eine ausreichende eigene Sachkunde verfügt. Es ist aufgrund seines Aufgabenzuschnittes langjährig und mit einer Vielzahl von Streitigkeiten auf dem Gebiet des Kaufs oder Verkaufs von Kraftfahrzeugen bzw. mit Schäden an Fahrzeugen befasst. Die Reichweite des „Abgasskandals“ und die hieraus resultierende allgemeine negative Stimmung, bezogen auf die unter Verwendung einer manipulativen Software produzierten Fahrzeuge, ist hinlänglich allgemein bekannt. Das Gericht ist überzeugt, dass sich dies bei Verkaufsverhandlungen spürbar negativ auf den erzielbaren Preis auswirken wird.
Das Gericht erachtet hier den verbleibenden Minderwert, der dem Fahrzeug als Makel verbleibt, bei einem Satz von zehn Prozent des Kaufpreises. Maßgeblich war insoweit ein Vergleich mit anderen Mängeln bei Neufahrzeugen, bei denen Mängel allgemein als gravierend anzusehen sind. Unter Berücksichtigung dessen setzt das Gericht den Minderungsbetrag auf 3.687,06 € fest. Einen höheren Betrag kann der Kläger nicht beanspruchen.
IV. Der Kläger kann ebenfalls Freistellung von seinen vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 398,65 € verlangen.
Der Anspruch folgt aus § 439 II BGB. Danach muss der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen tragen. Die Aufzählungen in § 439 II BGB sind nicht abschließend. Ersatzfähig sind alle erforderlichen Aufwendungen, so auch die erforderlichen Rechtsanwaltskosten (BGH, Urt. v. 17.02.1999 – X ZR 40/96, NJW-RR 1999, 813 [814]; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 439 Rn. 11).
Der Anspruch berechnet sich jedoch aus einem Geschäftswert von bis zu 4.000 €, nachdem der Kläger mit einem Betrag von 3.687,06 € obsiegt, sodass ein Anspruch in Höhe von 398,65 € besteht. …