1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Neu­wa­gen (hier: ein Ško­da Fa­bia) ist je­den­falls i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft. Denn dass in ei­nem Pkw ei­ne Soft­ware zum Ein­satz kommt, die den Schad­stoff­aus­stoß re­du­ziert, so­bald das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nem Emis­si­ons­test un­ter­zo­gen wird, ist nicht üb­lich.
  2. Die in die­sem Man­gel zum Aus­druck kom­men­de Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers ist nicht i. S. des § 323 V 2 BGB un­er­heb­lich, zu­mal die in­so­weit er­for­der­li­che In­ter­es­sen­ab­wä­gung nicht auf das Ver­hält­nis von Kauf­preis und Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten re­du­ziert wer­den kann. Viel­mehr ist zu­guns­ten des Käu­fers auch zu be­rück­sich­ti­gen, dass ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gung (vor­über­ge­hend) un­mög­lich ist, bis die da­für be­nö­tig­te Soft­ware zur Ver­fü­gung steht. Die Un­si­cher­heit, ob und wann ei­ne voll­stän­di­ge Nach­bes­se­rung mög­lich ist, geht zu­las­ten des Ver­käu­fers.
  3. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass sei­ne Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 323 V 2 BGB un­er­heb­lich ist und des­halb ei­nen Rück­tritt vom Kauf­ver­trag nicht recht­fer­tigt, trägt der Ver­käu­fer als Rück­tritts­geg­ner.

LG Braun­schweig, Ur­teil vom 12.10.2016 – 4 O 202/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten auf­grund ei­ner ver­bind­li­chen Be­stel­lung vom 02.04.2015 ei­nen fa­brik­neu­en Ško­da Fa­bia 1.6 TDI zum Preis von 11.960 €. Den Kauf­preis be­glich er in Hö­he von 9.760 € in bar und hin­sicht­lich der ver­be­lei­ben­den 2.200 € da­durch, dass er sei­nen bis­her ge­nutz­ten Au­di A2 bei dem Be­klag­ten in Zah­lung gab. Die­ser ist al­ler­dings nicht mehr Ei­gen­tü­mer und Be­sit­zer des Alt­fahr­zeugs.

Der Ško­da Fa­bia ist mit ei­nem Die­sel­mo­tor der Bau­rei­he EA198 aus­ge­stat­tet, und in dem Fahr­zeug kommt ei­ne Soft­ware zum Ein­satz, die er­kennt, ob sich der Pkw auf ei­nem Prüf­stand be­fin­det. In die­sem Fall wird der Aus­stoß von Stick­oxi­den re­du­ziert, so­dass die Stick­oxid-Emis­sio­nen nied­ri­ger sind als im nor­ma­len Fahr­be­trieb; der Aus­stoß von Stick­stoff­oxi­den im nor­ma­len Fahr­be­trieb ist zu­dem hö­her als vom Her­stel­ler öf­fent­lich an­ge­ge­ben.

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug für man­gel­haft und meint, die Soft­ware, die dar­in zum Ein­satz kom­me, sei ei­ne il­le­ga­le Ab­schalt­ein­rich­tung. Er hat dem Be­klag­ten des­halb un­ter dem 05.10.2015 (er­folg­los) ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung bis zum 27.10.2015 ge­setzt. An­schlie­ßend, näm­lich in der dem Be­klag­ten am 17.03.2016 zu­ge­stell­ten Kla­ge­schrift, hat der Klä­ger sei­nen Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Der Be­klag­te meint dem­ge­gen­über, der Ško­da Fa­bia sei nicht man­gel­haft, da das Fahr­zeug un­ein­ge­schränkt ge­nutzt wer­den kön­ne. Selbst wenn ein Man­gel vor­lä­ge, wä­re die dar­in lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB, weil der Man­gel mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von cir­ca 100 € be­sei­tigt wer­den könn­te.

Die auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges ge­rich­te­te Kla­ge hat­te weit über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Kla­ge ist – auch hin­sicht­lich des Fest­stel­lungs­be­geh­rens ge­mäß dem Kla­ge­an­trag zu 2 – zu­läs­sig. Der Klä­ger hat ein ge­mäß § 256 I ZPO er­for­der­li­ches recht­li­ches In­ter­es­se an der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zu­ges … Durch die im Ur­teil te­n­o­rier­te Fest­stel­lung, dass sich der Be­klag­te im An­nah­me­ver­zug be­fin­det, ver­mag der Klä­ger den ge­mäß § 756 I ZPO er­for­der­li­chen Be­weis zu füh­ren, dass sich der Be­klag­te mit der An­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw im Ver­zug der An­nah­me be­fin­det, so­dass der Klä­ger im Rah­men der Zwangs­voll­stre­ckung den Pkw nicht er­neut an­bie­ten muss, ob­wohl es sich um ei­ne Zug-um-Zug-Leis­tung han­delt.

II. Die Kla­ge ist auch weit über­wie­gend be­grün­det. Dem Klä­ger steht die Rück­ge­währ des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses … ab­züg­lich ei­nes Nut­zungs­er­sat­zes in Hö­he von 1.312,28 € für ei­ne an­re­chen­ba­re Lauf­leis­tung von 19.750 km Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw zu.

1. Der Klä­ger ist wirk­sam von dem Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten.

Ge­mäß §§ 433, 437, 440, 323, 434 BGB kann der Käu­fer von dem Kauf­ver­trag durch Er­klä­rung zu­rück­tre­ten, wenn die Kauf­sa­che man­gel­haft ist, er dem Ver­käu­fer ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat und es sich nicht um ei­nen un­er­heb­li­chen Man­gel han­delt. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen vor.

a) Die in dem Pkw in­stal­lier­te Soft­ware zur Be­ein­flus­sung der Schad­stoff­emis­sio­nen im Test­be­trieb stellt je­den­falls ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar. Der Pkw weist kei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Die In­stal­la­ti­on und Ver­wen­dung ei­ner so­ge­nann­ten Ab­schalt­soft­ware ist bei Pkw an­de­rer Her­stel­ler in ei­ner ver­gleich­ba­ren Fahr­zeug­klas­se je­den­falls nicht be­kann­ter­ma­ßen üb­lich. Der Be­klag­te hat Ent­spre­chen­des auch nicht vor­ge­tra­gen.

b) Der Klä­ger hat dem Be­klag­ten auch ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt. Zwar ist die mit Schrift­satz vom 05.10.2015 ge­setz­te Frist zur Nach­er­fül­lung von höchs­tens drei Wo­chen zu kurz und da­her nicht an­ge­mes­sen. Je­doch wur­de durch die Frist­set­zung ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Gang ge­setzt (vgl. BGH, Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84 m. w. Nachw.; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 75. Aufl. [2016], § 323 Rn. 14). Zwi­schen Frist­set­zung und Rück­tritts­er­klä­rung la­gen mehr als drei Mo­na­te, zwi­schen Frist­set­zung und Zu­gang der Rück­tritts­er­klä­rung über fünf Mo­na­te. Die­se Frist ist zur Nach­er­fül­lung an­ge­mes­sen; stellt man dar­über hin­aus in Rech­nung, dass zwi­schen Frist­set­zung und ge­richt­li­cher Ent­schei­dung über ein Jahr ver­gan­gen ist, oh­ne dass ei­ne Nach­bes­se­rung an­ge­bo­ten oder durch­ge­führt wor­den ist, ist ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung in Gang ge­setzt wor­den und frucht­los ver­stri­chen.

c) Das Rück­tritts­recht des Klä­gers ist auch nicht ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen, da der Man­gel nicht un­er­heb­lich ist.

Ge­mäß § 323 V 2 BGB ist der Rück­tritt aus­ge­schlos­sen, wenn der Schuld­ner ei­ne Schlecht­leis­tung er­bracht hat, die Pflicht­ver­let­zung je­doch un­er­heb­lich ist. Die dies­be­züg­li­che Dar­le­gungs- und Be­weis­last trägt der Be­klag­te als Rück­tritts­geg­ner (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 323 Rn. 254).

Dem An­ge­bot des Be­klag­ten, zum Be­weis der Tat­sa­che, dass die Kos­ten für die Be­he­bung des Man­gels durch Auf­spie­len ei­ner neu­en Soft­ware 100 € be­tra­gen, ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten bzw. ei­ne Aus­kunft der Ško­da Au­to Deutsch­land GmbH ein­zu­ho­len, war nicht nach­zu­kom­men. Die Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung sind vor­lie­gend eben­so we­nig maß­geb­lich für die In­ter­es­sen­ab­wä­gung wie die Fra­ge, ob zur Män­gel­be­sei­ti­gung wei­te­re Maß­nah­men an dem Pkw durch­ge­führt wer­den müs­sen und der Markt­wert des Pkw in­fol­ge der Ver­wen­dung der streit­ge­gen­ständ­li­chen Soft­ware ge­sun­ken ist.

aa) Nach der Recht­spre­chung des BGH ist für die Ent­schei­dung der Fra­ge, ob die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist, ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge der Um­stän­de des Ein­zel­falls vor­zu­neh­men. Da­bei ist zu dif­fe­ren­zie­ren, ob ein be­heb­ba­rer oder un­be­heb­ba­rer Man­gel vor­liegt (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13). Ist der Man­gel be­heb­bar, ist in der In­ter­es­sen­ab­wä­gung ins­be­son­de­re auf das Ver­hält­nis der Be­sei­ti­gungs­kos­ten zum Kauf­preis ab­zu­stel­len, wes­halb das Ge­wicht der Ge­brauchs­be­ein­träch­ti­gung zu­nächst aus­ge­blen­det bleibt. Bei ei­nem be­heb­ba­ren Man­gel ist im Rah­men der ge­bo­te­nen In­ter­es­sen­ab­wä­gung von ei­ner Ge­ring­fü­gig­keit des Man­gels und da­mit von ei­ner Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung je­den­falls nicht mehr aus­zu­ge­hen, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses über­steigt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13).

bb) Der Klä­ger kann sich nicht mit Er­folg dar­auf be­ru­fen, dass zu den Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten auch die Kos­ten für die Ent­wick­lung der neu auf­zu­spie­len­den Soft­ware zu rech­nen sind, die die Ab­schalt­ein­rich­tung ih­rer­seits ab­schal­ten soll. Die Kam­mer schließt sich für den hier zu be­ur­tei­len­den Sach­ver­halt nicht der Auf­fas­sung des LG Mün­chen I (Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15) an. Die Ent­wick­lungs­kos­ten fal­len nicht bei dem Be­klag­ten, son­dern bei dem Her­stel­ler an und sind des­halb au­ßer­halb des rück­ab­zu­wi­ckeln­den Ver­trags­ver­hält­nis­ses zu ver­or­ten, da der Be­klag­te je­den­falls kein Toch­ter­un­ter­neh­men der Ško­da Au­to Deutsch­land GmbH ist. Wenn bei dem Be­klag­ten kei­ne Ent­wick­lungs­kos­ten ent­ste­hen, kann sich der Klä­ger im Um­kehr­schluss nicht dar­auf be­ru­fen, dass die Pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten nicht des­halb un­er­heb­lich ist, weil die Ent­wick­lungs­kos­ten zu be­rück­sich­ti­gen sei­en.

cc) Es wür­de je­doch zu kurz grei­fen, die In­ter­es­sen­ab­wä­gung le­dig­lich auf das Ver­hält­nis von Kauf­preis und Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu re­du­zie­ren; er­for­der­lich ist nach der Recht­spre­chung des BGH, der die Kam­mer folgt, ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung. Die­se führt in dem kon­kret zu be­ur­tei­len­den Fall da­zu, dass die In­ter­es­sen des Klä­gers die des Be­klag­ten so deut­lich über­wie­gen, dass von ei­ner bloß un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung nicht aus­ge­gan­gen wer­den kann.

(1) Nach der Recht­spre­chung des BGH ist ei­ne nicht nur un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung re­gel­mä­ßig in­di­ziert, wenn ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung vor­liegt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13 m. w. Nachw.). Nach un­be­strit­te­nem Klä­ger­vor­trag über­steigt die tat­säch­lich aus­ge­sto­ße­ne Stick­oxid­men­ge die von Ško­da bzw. dem Be­klag­ten durch öf­fent­li­che Äu­ße­run­gen an­ge­ge­be­ne Men­ge. Wenn öf­fent­lich mit be­stimm­ten Emis­si­ons­wer­ten ge­wor­ben wird, liegt die An­nah­me ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB na­he. Die­se Fra­ge be­darf je­doch kei­ner ab­schlie­ßen­den Klä­rung.

(2) Denn der Be­klag­te kann sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass der Man­gel für we­ni­ger als fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses be­sei­tigt wer­den kann, wenn die Be­sei­ti­gung des Man­gels tat­säch­lich nicht in ab­seh­ba­rer Zeit durch­ge­führt wer­den kann. Da­bei ver­kennt die Kam­mer nicht, dass die Fra­ge des frucht­lo­sen Frist­ab­laufs hin­sicht­lich der Nach­er­fül­lung ei­ne ge­son­der­te ge­setz­li­che Vor­aus­set­zung für die Ent­ste­hung und Aus­übung ei­nes ge­setz­li­chen Rück­tritts­rechts dar­stellt (vgl. § 323 I BGB). Im kon­kre­ten Fall kommt die­sem Kri­te­ri­um je­doch Re­le­vanz auch hin­sicht­lich der Fra­ge zu, ob die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist.

Es be­geg­net er­heb­li­chen recht­li­chen Be­den­ken, dass sich der Be­klag­te ei­ner­seits dar­auf be­ruft, dass die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist, an­de­rer­seits die Ent­wick­lungs­pro­zes­se für die Be­sei­ti­gung des Man­gels be­reits mehr als ein Jahr in An­spruch neh­men, oh­ne dass für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ein Zeit­punkt in Aus­sicht steht, zu dem die neue Soft­ware auf­ge­spielt und der Man­gel – laut Be­haup­tung des Be­klag­ten – voll­stän­dig be­sei­tigt wer­den kann. Be­reits der er­heb­li­che zeit­li­che Auf­wand für die Be­sei­ti­gung des Man­gels spricht ein­deu­tig da­ge­gen, dass die Pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten un­er­heb­lich ist, oh­ne dass ein­sei­tig und die In­ter­es­sen­la­ge der Par­tei­en ver­kür­zend auf die be­haup­te­ten Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten ab­ge­stellt wird.

Der Be­klag­te kann sich dar­über hin­aus nicht dar­auf be­ru­fen, dass die Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten im Ver­gleich zum Kauf­preis un­er­heb­lich sind, wenn die Män­gel­be­sei­ti­gung tat­säch­lich nicht durch­ge­führt wer­den kann. Es liegt ein Fall der zu­min­dest vor­über­ge­hen­den tat­säch­li­chen Un­mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung i. S. des § 275 I BGB vor (vgl. zur vor­über­ge­hen­den Un­mög­lich­keit MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 275 Rn. 135 ff.), was in die In­ter­es­sen­ab­wä­gung ein­zu­stel­len ist und für den hier zu be­ur­tei­len­den Fall da­zu führt, dass die Pflicht­ver­let­zung nicht un­er­heb­lich ist, da sie zu­min­dest nicht in ab­seh­ba­rer Zeit er­folg­reich durch Nach­er­fül­lung be­ho­ben wer­den kann.

Aus dem Ge­dan­ken der je­den­falls vor­über­ge­hen­den Un­mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung folgt auch, dass der Man­gel je­den­falls der­zeit nicht be­heb­bar ist. Dies recht­fer­tigt auch vor dem Hin­ter­grund der Recht­spre­chung des BGH die Wer­tung, dass die Pflicht­ver­let­zung nicht un­er­heb­lich ist, da der BGH da­von aus­geht, dass die Pflicht­ver­let­zung bei ei­nem nicht be­heb­ba­ren Man­gel nicht un­er­heb­lich ist (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13). Da­bei ver­kennt die Kam­mer nicht, dass der BGH von ei­nem dau­er­haft ver­blei­ben­den Man­gel aus­geht, der die Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung aus­schließt. Die Un­si­cher­hei­ten, ob und wann ei­ne voll­stän­di­ge Nach­er­fül­lung durch die Be­klag­te ge­währ­leis­tet wer­den kann, müs­sen je­doch der Be­klag­ten­sei­te zur Last fal­len.

Aus den ge­nann­ten Grün­den ver­mag sich die Kam­mer den Ent­schei­dun­gen des LG Bo­chum (Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15) so­wie des LG Müns­ter (Urt. v. 11.03.2016 – 11 O 341/15) hin­sicht­lich der Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung nicht an­zu­schlie­ßen.

2. Dem Klä­ger steht der gel­tend ge­mach­te Zah­lungs­an­spruch je­doch nicht im vol­len Um­fang zu. Der Klä­ger hat auf­grund der von dem Kauf­preis ab­zu­zie­hen­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 1.312,28 € le­dig­lich An­spruch auf Zah­lung von 10.647,72 €.

Ge­mäß §§ 346 I, II, 323 I BGB hat der Klä­ger im Fall des Rück­tritts emp­fan­ge­ne Leis­tun­gen zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben bzw. Wert­er­satz zu leis­ten. Zu den ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ge­hö­ren ge­mäß § 100 BGB auch die Vor­tei­le, die dem Klä­ger aus dem Ge­brauch der Sa­che er­wach­sen sind.

Un­strei­tig hat der Pkw seit Ge­fahr­über­gang ei­ne Lauf­leis­tung von 20.000 km. Der Klä­ger hat in sei­ner Be­rech­nung le­dig­lich ei­ne Fahr­leis­tung von 9.500 km ab­züg­lich 250 km von dem Kauf­preis in Ab­zug ge­bracht.

In An­be­tracht der tat­säch­li­chen Lauf­leis­tung und un­ter Be­rück­sich­ti­gung der … be­reits ab­ge­gol­te­nen und in­so­weit im hie­si­gen Rechts­streit nicht be­rück­sich­ti­gungs­fä­hi­gen Teil­lauf­leis­tung von 250 km ist nach den Grund­sät­zen der ki­lo­me­ter­an­tei­li­gen li­nea­ren Wert­min­de­rung (vgl. hier­zu und zur Be­rech­nungs­for­mel Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 1162 ff.) … ein Nut­zungs­er­satz in Hö­he von 1.312,28 € von dem Kauf­preis in Ab­zug zu brin­gen. Da­bei ist das Ge­richt von der un­strei­ti­gen zu er­war­ten­den Ge­samt­lauf­leis­tung von 200.000 km aus­ge­gan­gen.

III. Dem Klä­ger ste­hen Ver­zugs­zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechts­hän­gig­keit (17.03.2016) ge­mäß §§ 286 I, 288 I BGB zu.

IV. Der Kla­ge­an­trag zu 2 ist be­grün­det, da sich der Be­klag­te ge­mäß § 293 BGB im Ver­zug der An­nah­me be­fin­det, nach­dem der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt und dem Be­klag­ten die Über­ga­be und Über­eig­nung an­ge­bo­ten hat. In dem Kla­ge­an­trag zu 1 ist das An­ge­bot des Klä­gers an den Be­klag­ten zu er­bli­cken, den Pkw an ihn zu über­ge­ben und zu über­eig­nen …

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