- Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende – Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 installiert ist, die gemäß Art. 5 II 1 dieser Verordnung unzulässig ist.
- Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwendung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 I FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.
- Ob eine gemäß § 439 I Fall 2 BGB begehrte Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache nach Maßgabe des § 275 I BGB unmöglich ist, hängt nicht von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf, sondern vom Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ab (Bestätigung von Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 20; Urt. v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17, NJW 2019, 80 Rn. 20 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).
- Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 I Fall 2 BGB richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist (Bestätigung von Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23; Urt. v. 17.10.2012 – VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, NJW 2019, 292 Rn. 41 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]). Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben (Bestätigung von BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8).
- Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang. Insoweit kommt es – nicht anders, als wäre ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 I BGB, sondern können den Verkäufer gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden Voraussetzungen des § 439 IV BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
BGH, Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17
(vorangehend: OLG Bamberg, Beschluss vom 20.09.2017 – 6 U 5/17)
Sachverhalt: Der Kläger hat im Frühjahr 2015 von der Beklagten für 31.350 € einen Neuwagen VW Tiguan 2.0 TDI mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 erworben. Nach den – in der Revisionsinstanz nicht angegriffenen – Feststellungen der Vorinstanzen ist das Fahrzeug mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert.
Das Landgericht ist insoweit, ohne dies näher zu begründen, von einer „unzulässigen Abschaltvorrichtung“ ausgegangen, die dazu führe, dass das Fahrzeug nicht die Beschaffenheit aufweise, die der Käufer erwarten könne (vgl. § 434 I 2 Nr. 2 BGB), sodass der Pkw mangelhaft sei. Das Berufungsgericht (OLG Bamberg, Beschl. v. 02.08.2017 – 6 U 5/17, DAR 2018, 143; Beschl. v. 20.09.2017 – 6 U 5/17, juris) hat offengelassen, ob es diese rechtliche Beurteilung teilt. Denn es hat den vom Kläger im vorliegenden Prozess geltend gemachten Anspruch auf Ersatzlieferung eines neuen Fahrzeugs jedenfalls deshalb für unbegründet erachtet, weil es das mittlerweile allein noch hergestellte Nachfolgemodell („VW Tiguan der zweiten Generation“) mit Rücksicht auf dessen abweichende Motorisierung (110 statt 103 kW und Höchstgeschwindigkeit von 201–204 statt 182–192 km/h) und andere Maße (6 cm mehr Fahrzeuglänge, 8 cm breiterer Radstand) nicht mehr als „gleichartige und gleichwertige Sache“ angesehen hat; eine Ersatzlieferung sei deshalb unmöglich und jedenfalls aus diesem Grund vom Verkäufer nicht geschuldet.
Das Revisionsgericht – der VIII. Zivilsenat des BGH – hat mit Beschluss vom 08.01.2019 „nach vorläufiger rechtlicher Beurteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung bezüglich der voraussichtlich entscheidungserheblichen Rechtsfragen“ die nachstehenden Hinweise erteilt.
Hinweise des BGH: [3] II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung dürfte – nach vorläufiger Einschätzung des Senats – der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Nachlieferung einer mangelfreien Sache (§ 437 Nr. 1, §§ 434 I, 439 I Fall 2 BGB) nicht zurückzuweisen sein.
[4] 1. Es dürfte – was das Berufungsgericht offengelassen hat – vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen sein. Gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist eine Sache (nur dann) frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und, die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Diese Anforderungen dürfte das Fahrzeug des Klägers im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs bei Auslieferung Ende Juli 2015 nicht erfüllt haben.
[5] a) Für die gewöhnliche Verwendung eignet sich ein Kraftfahrzeug grundsätzlich nur dann, wenn es eine Beschaffenheit aufweist, die weder seine (weitere) Zulassung zum Straßenverkehr hindert noch ansonsten seine Gebrauchsfähigkeit aufhebt oder beeinträchtigt (vgl. Senat, Urt. v. 29.06.201 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 40; Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15; Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, ZIP 2018, 2272 = NJW 2019, 292 Rn. 29 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]; jeweils m. w. Nachw.). Dem dürfte das vom Kläger erworbene Fahrzeug bei Gefahrübergang nicht genügt haben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war es zu diesem Zeitpunkt werkseitig mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb reduziert. Dass dieser Zustand – etwa durch eine Nachrüstung – zwischenzeitlich verändert wurde, ist nicht ersichtlich. Danach dürfte das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sein, aufgrund derer die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Zulassungsbehörde besteht.
[6] aa) Bei der im Fahrzeug des Klägers vorhandenen Einrichtung, die bei erkanntem Prüfstandlauf eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert, dürfte es sich um eine nach Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. 2007 L 171, 1; nachfolgend: VO 715/2007/EG) unzulässige Abschalteinrichtung handeln.
[7] (1) Die Verordnung (EG) Nr. 715/2007, in deren Anwendungsbereich auch das Fahrzeug des Klägers fällt (Art. 2 I, 10 VO 715/2007/EG), legt gemeinsame technische Vorschriften der Mitgliedstaaten für die EG-Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Schadstoffemissionen fest (Art. 1 I VO 715/2007/EG). Dabei regelt sie unter anderem auch die Anforderungen, die die Hersteller von Neufahrzeugen zu erfüllen haben, um eine EG-Typgenehmigung zu erhalten (Art. 5 VO 715/2007/EG). Die genannte Verordnung wird unter anderem ergänzt durch die Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18.07.2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 (ABl. 2008 L 199, 1). Diese „Durchführungsverordnung“ regelt in Art. 3 I, dass der Hersteller für die Erlangung der EG-Typgenehmigung die Übereinstimmung mit den in den Anhängen im Einzelnen konkretisierten Prüfbedingungen nachzuweisen hat, und verlangt in Art. 3 IX Unterabs. 3 bei Dieselfahrzeugen zusätzlich weitere Nachweise im Hinblick auf Stickoxidemissionen, unter anderem auch „zur Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems“.
[8] Was unter einer EG-Typgenehmigung zu verstehen ist, bestimmen die genannten Verordnungen nicht; dies ergibt sich vielmehr aus der Legaldefinition in Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.09.2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (ABl. 2007 L 263, 1 – Rahmenrichtlinie). Danach ist eine EG-Typgenehmigung das Verfahren, nach dem ein Mitgliedstaat der Europäischen Union einem Hersteller gegenüber bescheinigt, dass ein Typ eines Fahrzeugs, eines Systems oder eines Bauteils oder einer selbstständigen technischen Einheit den einschlägigen Verwaltungsvorschriften und technischen Anforderungen der Rahmenrichtlinie und der in ihrem Anhang IV oder XI aufgeführten Rechtsakte entspricht. Diese Begriffsbestimmung hat der deutsche Normgeber auch in § 2 Nr. 4 lit. a FZV übernommen.
[9] (2) Die Verwendung der betreffenden Software im Fahrzeug des Klägers dürfte nach Art. 5 II VO 715/2007/EG unzulässig sein.
[10] (a) Nach Art. 5 I VO 715/2007/EG hat der Hersteller von ihm gefertigte Neufahrzeuge dergestalt auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen den Vorgaben der Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO 715/2007/EG) und dass die zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte erforderliche erhebliche Minderung der Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen (vgl. Erwägungsgrund 6 der VO 715/2007/EG) erreicht wird.
[11] Folgerichtig sieht die Verordnung die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, strikt als unzulässig an (Art. 5 II 1 VO 715/2007/EG), sofern nicht die ausdrücklich normierten Ausnahmetatbestände (Art. 5 II 2 VO 715/2007/EG) greifen (vgl. auch Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 7 – 3000 – 031/16, S. 12 ff.). Dabei ist eine „Abschalteinrichtung“ gemäß Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG definiert als jedes Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl, den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
[12] (b) Ausgehend von diesen weitgefassten Bestimmungen dürfte es sich auch bei der im Fahrzeug des Klägers installierten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 II VO 715/2007/EG handeln (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 28.05.2018 – 27 U 13/17, juris Rn. 2; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.09.2017 – 2 U 4/17, NJW-RR 2018, 376 Rn. 20; OVG Münster, Beschl. v. 17.08.2018 – 8 B 548/18, juris Rn. 1; Führ, NVwZ 2017, 265, 266; Legner, VuR 2018, 251, 253; Harriehausen, NJW 2018, 3137, 3140). Denn eine solche Software erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet, und schaltet in diesem Fall in einen Modus, bei dem verstärkt Abgase in den Motor zurückgelangen und sich so der Ausstoß an Stickoxiden (NOX-Werte) verringert. Im normalen Fahrbetrieb hingegen aktiviert eine solche Software einen anderen Modus, bei dem die Abgasrückführung nur in geringerem Umfang stattfindet; sie ermittelt also aufgrund technischer Parameter die betreffende Betriebsart des Fahrzeugs – Prüfstandlauf oder Echtbetrieb – und aktiviert oder deaktiviert dementsprechend die Abgasrückführung, was unmittelbar die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt.
[13] (c) Soweit Art. 5 II 2 VO 715/2007/EG in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, dürften die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sein. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Frage nicht näher befasst. Die vorgesehenen Ausnahmen dürften – nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 I VO 715/2007/EG ausdrücklich benannten Regelungszwecks dieser Vorschrift – von vornherein nicht in Betracht kommen, wenn die betreffende Abschalteinrichtung gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der (andernfalls nicht erreichten) Emissionsgrenzwerte sicherzustellen.
[14] Aufgrund der beschriebenen Wirkungsweise der Software dürfte es sich weder um eine Abschalteinrichtung handeln, die notwendig ist, um den Motor vor einer Beschädigung oder einem Unfall zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten (Art. 5 II 2 lit. a VO 715/2007/EG), noch um eine Abschalteinrichtung, die nicht länger arbeitet, als dies zum Anlassen des Motors erforderlich ist (Art. 5 II 2 lit. b VO 715/2007/EG).
[15] Es ist auch nicht erkennbar, dass „die Bedingungen in den Verfahren zur Prüfung der Verdunstungsemissionen und der durchschnittlichen Auspuffemissionen im Wesentlichen enthalten sind“ (Art. 5 II 2 lit. c VO 715/2007/EG). Denn wie ein Blick in eine frühere Fassung des Verordnungsentwurfs zeigt, ist diese – ausgehend vom Wortlaut zunächst schwer verständliche – Ausnahme nur dann einschlägig, wenn die Bedingungen, „unter denen die Einrichtung arbeitet“, im Emissionsprüfverfahren im Wesentlichen „berücksichtigt“ sind (vgl. dazu den Kommissionsentwurf vom 21.12.2005, KOM[2005] 683 endg., S. 18). Die in Art. 5 II 2 lit. c VO 715/2007/EG vorgesehene Privilegierung ist daher nur dann einschlägig, wenn die Abschalteinrichtung deshalb greift, weil dies durch die Prüfverfahren zur Emissionsmessung im Wesentlichen vorgegeben wird (s. auch Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 7 – 3000 – 031/16, S. 18). Dass durch die demgegenüber geänderte Formulierung in der verabschiedeten Fassung der VO 715/2007/EG ein anderer Aussagegehalt beabsichtigt war, ist nicht ersichtlich (in diesem Sinne deutlicher nunmehr auch Art. 19 Satz 2 lit. c [Verbot von Abschalteinrichtungen] der zum 01.01.2016 in Kraft getretenen Verordnung [EU] Nr. 168/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.01.2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen; ABl. 2013 L 60, 52).
[16] Mithin dürfte vorliegend auch die Ausnahmevorschrift des Art. 5 II 2 lit. c VO 715/2007/EG nicht einschlägig sein, da ausgehend von den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts dafür spricht, dass die im Fahrzeug des Klägers vorhandene Abschalteinrichtung durch die Prüfverfahren zur Emissionsmessung vorgegeben war, sondern dazu dienen dürfte, unerkannt auf das Emissionsprüfverfahren einzuwirken.
[17] bb) Infolge der nach Art. 5 II VO 715/2007/EG (wohl) unzulässigerweise im Fahrzeug des Klägers installierten Abschalteinrichtung dürfte der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs des Klägers im öffentlichen Straßenverkehr bei Gefahrübergang nicht gewährleistet sein und das Fahrzeug sich somit nicht zur gewöhnlichen Verwendung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB eignen. Ein Pkw, der aufgrund seiner Ausrüstung mit einer Software, die einen speziellen Modus für den Prüfstandlauf sowie einen hiervon abweichenden Modus für den Alltagsbetrieb vorsieht und hierdurch im Prüfzyklus verbesserte Stickoxidwerte generiert, dürfte bereits deshalb einen Sachmangel aufweisen (vgl. hierzu auch OLG München, Beschl. v. 23.03.2017 – 3 U 4316/16, juris Rn. 13; OLG Köln, Beschl. v. 27.03.2018 – 18 U 134/17, juris Rn. 11 m. w. Nachw.; OLG Nürnberg, Urt. v. 24.04.2018 – 6 U 409/17, NZV 2018, 315 Rn. 38; ferner OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 31.08.2018 – 25 U 17/18, juris Rn. 53; Witt, NJW 2017, 3681, 3682; Harriehausen, NJW 2018, 3137, 3138).
[18] (1) Denn nach § 5 I FZV kann die zuständige Zulassungsbehörde in Fällen, in denen sich ein Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung erweist, dem Eigentümer oder Halter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen.
[19] Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sind Fahrzeuge, die mit einer nach Art. 5 II VO 715/2007/EG unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sind, auch dann „nicht vorschriftsmäßig“ i. S. von § 5 I FZV, wenn der Halter einer Aufforderung zur Entfernung der Abschalteinrichtung mittels eines von der zuständigen Typgenehmigungsbehörde zugelassenen Softwareupdates nicht Folge leistet, da ein solches Fahrzeug entgegen den in § 3 I 2 FZV normierten Zulassungsvoraussetzungen keinem genehmigten Typ (mehr) entspricht (vgl. etwa OVG Münster, Beschl. v. 17.08.2018 – 8 B 548/18, juris Rn. 24 ff.; VG Düsseldorf, Urt. v. 24.01.2018 – 6 K 12341/17, juris Rn. 269 ff., 347 ff.; VG Karlsruhe, Beschl. v. 26.02.2018 – 12 K 16702/17, juris Rn. 22; VG Sigmaringen, Beschl. v. 04.04.2018 – 5 K 1476/18, juris Rn. 20; VG Stuttgart, Beschl. v. 27.04.2018 – 8 K 1962/18, juris Rn. 10 ff.; VG Köln, Beschl. v. 29.05.2018 – 18 L 854/18, juris Rn. 15; VG Magdeburg, Beschl. v. 02.07.2018 – 1 B 268/18, juris Rn. 7 ff.).
[20] (2) Da somit bei Kraftfahrzeugen, die entgegen zwingender unionsrechtlicher Vorschriften installierte Abschalteinrichtungen aufweisen, zur Herstellung ihrer Vorschriftsmäßigkeit eine entsprechende Nachrüstung erforderlich ist, sieht sich der Halter eines solchen Fahrzeugs, so lange eine ordnungsgemäße Nachrüstung (noch) nicht durchgeführt worden ist, einer drohenden Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 I FZV ausgesetzt. Diese Gefahr besteht nicht erst bei einer – hier aber durch Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 14.10.2015 an den Fahrzeughersteller bereits erteilten – Umrüstungsanordnung der zuständigen Typgenehmigungsbehörde, sondern auch schon dann, wenn diese Behörde eine entsprechende Maßnahme gegenüber dem Hersteller noch nicht gefordert hat. Denn auch dann liegt im Ansatz bereits ein Sachverhalt („Mangelanlage“/Grundmangel) vor, der – gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Umständen (vor allem einer Entscheidung bzw. Äußerung der zuständigen Typgenehmigungsbehörde) – dazu führen kann, dass die Zulassungsbehörde eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung nach § 5 I FZV vornimmt, weil das Fahrzeug wegen der gegen Art. 5 II VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ (§ 3 I 2 FZV) entspricht.
[21] (3) Die im Falle einer (noch) nicht erfolgten Nachrüstung – zumindest latent – bestehende Gefahr einer Betriebsuntersagung oder -beschränkung durch die Zulassungsbehörde hätte demnach aus kaufrechtlicher Sicht zur Folge, dass bei den betroffenen Fahrzeugen die Eignung für die gewöhnliche Verwendung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB fehlt. Eine entsprechende Eignung ist einer Kaufsache nicht erst dann abzusprechen, wenn ihre Tauglichkeit ganz aufgehoben, sondern bereits dann, wenn ihre Eignung herabgesetzt ist (vgl. Senat, Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 80/16, NJW 2017, 2817 Rn. 18 m. w. Nachw.; Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 15 f.).
[22] Von einer solch verminderten Eignung dürfte bei Fahrzeugen, die mit (noch) nicht nachgerüsteten Motoren des Typs EA189 ausgestattet sind, auszugehen sein. Denn der Käufer eines solchen Fahrzeugs muss jederzeit damit rechnen, es aufgrund behördlicher Anordnung – unter Umständen sogar unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (vgl. etwa OVG Münster, Beschl. v. 17.08.2018 – 8 B 548/18, juris Rn. 1) – nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr nutzen zu dürfen. Dies dürfte unabhängig davon gelten, ob die im jeweiligen Einzelfall zuständige Zulassungsbehörde bereits eine entsprecl1ende Betriebsuntersagung nach § 5 I FZV ausgesprochen hat oder eine solche (zunächst) unterblieben ist. Die den Käufer an der gewöhnlichen Verwendung hindernde Beschaffenheit läge nämlich nicht erst in der behördlich verfügten Untersagung des Betriebs, sondern bereits in der durch die unzulässige Abschalteinrichtung hervorgerufenen Möglichkeit eines entsprechenden behördlichen Eingreifens (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2017 – VIII ZR 234/15, NJW 2017, 1666 Rn. 21 f.; Urt. v. 11.12.1992 – V ZR 204/91, NJW-RR 1993, 396 [unter II 2]; jeweils zum Rechtsmangel).
[23] b) Da sich das Fahrzeug des Klägers somit bei Gefahrübergang Ende Juli 2015 und zum Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens im Oktober 2015 wegen (latent) drohender Betriebsuntersagung nicht für die gewöhnliche Verwendung geeignet haben dürfte, wäre es unabhängig davon mangelhaft i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, ob es die Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten konnte. Denn die in der genannten Vorschrift genannten Merkmale der Sache (Verwendungseignung und übliche Beschaffenheit) müssen kumulativ vorliegen, damit die Sache frei von Sachmängeln ist (BGH, Urt. v. 30.11.2012 – V ZR 25/12, NJW 2013, 1671 Rn. 13 m. w. Nachw.).
[24] 2. Nach vorläufiger Einschätzung des Senats könnte die Auffassung des Berufungsgerichts von Rechtsfehlern beeinflusst sein, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache (§ 437 Nr. 1, § 434 I 2 Nr. 2, § 439 I Fall 2 BGB) deshalb nicht zu, weil Fahrzeugmodelle der ersten Generation des VW Tiguan nicht mehr hergestellt würden, sodass die von der Beklagten geforderte Leistung unmöglich sei (§ 275 I BGB) und der Kläger die Lieferung eines VW Tiguan der seit dem Jahr 2016 hergestellten zweiten Generation nicht beantragt habe (§ 308 I 1 ZPO).
[25] a) Das Berufungsgericht hat unter anderem angenommen, dem geltend gemachten Anspruch auf Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs stehe entgegen, dass die verlangte Leistung unmöglich sei (§ 275 I BGB). Maßgeblich sei insoweit, ob der Verkäufer eine gleichartige und gleichwertige Sache beschaffen könne. Dies sei hier nicht der Fall, weil der Kläger ein Fahrzeugmodell der ersten Generation des VW Tiguan erworben habe, solche Fahrzeuge jedoch seit dem Jahr 2016 nicht mehr hergestellt würden. Ein VW Tiguan der nunmehr produzierten zweiten Generation stelle – so das Berufungsgericht – keine gleichartige und gleichwertige Sache dar, weil ein solches Fahrzeug eine andere Motorisierung aufweise, nämlich 110 kW (150 PS) statt 103 kW (140 PS). Die Höchstgeschwindigkeit betrage nunmehr 202–204 km/h anstelle von 182-193 km/h. Außerdem seien die Fahrzeuge der zweiten Modellgeneration um 6 cm länger und der Radstand um 8 cm breiter.
[26] aa) Im Anschluss an die Entscheidung des Berufungsgerichts haben auch andere Oberlandesgerichte auf den Gesichtspunkt einer leistungsstärkeren Motorisierung im Zuge eines Modellwechsels oder auf die Zertifizierung für eine höhere Abgasnorm abgestellt und gemeint, vornehmlich diese Umstände stünden einem Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung eines Fahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion entgegen (OLG Köln, Beschl. v. 06.03.2018 – 16 U 110/17, juris Rn. 9; OLG München, Beschl. v. 02.07.2018 – 8 U 1710/17, juris Rn. 27; OLG Jena, Urt. v. 15.08.2018 – 7 U 721/17, NZV 2018, 571 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2018 – 22 U 2/18, BeckRS 2018, 29177 Rn. 55; OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.2018 – 11 U 55/18, juris Rn. 46 ff.; s. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.12.2018 – 17 U 4/18, juris Rn. 30).
[27] Nach einer anderen in der Instanzrechtsprechung vertretenen Ansicht ist auch nach einem Modellwechsel ein Anspruch des Käufers eines mangelhaften Neufahrzeugs gegen den Verkäufer auf Lieferung eines mangelfreien fabrikneuen und typengleichen, entsprechend ausgestatteten Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers nicht gemäß § 275 I BGB ausgeschlossen (s. nur LG Hamburg, Urt. v. 20.04.2018 – 313 O 31/17, juris Rn. 29 ff.; Urt. v. 07.03.2018 – 329 O 105/17, DAR 2018, 273, 274, 276 f.; LG Ravensburg, Urt. v. 06.03.2018 – 2 O 96/17, juris Rn. 49; LG Offenburg, Urt. v. 21.03.2017 – 3 O 77/16, VuR 2017, 269, 271).
[28] bb) Der Senat tendiert zu der letztgenannten Auffassung.
[29] Das Berufungsgericht dürfte bei der Beurteilung der hier maßgeblichen Frage, ob der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs gemäß § 439 I Fall 2 BGB grundsätzlich auch ein Fahrzeug der aktuellen Serienproduktion erfassen kann, sofern das bei Vertragsabschluss maßgebliche Modell nicht mehr produziert wird und weder vom Verkäufer noch von einem Dritten beschafft werden kann, die Bedeutung der interessengerechten Auslegung der Willenserklärungen der Kaufvertragsparteien (§§ 133, 157 BGB) nicht hinreichend in den Blick genommen haben.
[30] Ob eine Ersatzlieferung in Betracht kommt, ist, wie der Senat bereits entschieden hat, nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss zu beurteilen (§§ 133, 157 BGB; Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 23). Eine dahin gehende Ermittlung und Auslegung des Willens der Vertragsparteien hat das Berufungsgericht aber unterlassen. Dies dürfte vom Senat nachzuholen sein, da die hierfür maßgeblichen Umstände bei vorläufiger Bewertung festgestellt und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
[31] (1) Im Ausgangspunkt dürfte dabei zu berücksichtigen sein, dass es sich beim Kauf eines Neufahrzeugs zwar regelmäßig – ohne anderslautende Vereinbarung der Vertragsparteien – um eine Gattungsschuld (§ 243 I BGB) handelt (Senat, Urt. v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17, NJW 2019, 80 Rn. 20 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]). Bei der hier eröffneten Frage, ob die vom Käufer nach Maßgabe des § 439 I Fall 2 BGB begehrte Ersatzlieferung unmöglich ist, dürfte aber die Unterscheidung zwischen Stückkauf und Gattungskauf nicht maßgeblich sein, denn im Rahmen der Nacherfüllung hat der Gesetzgeber des am 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BGBl. 2001 I 3138) diese Unterscheidung ausdrücklich als verzichtbar angesehen (BT-Drs. 14/6040, S. 230 [zu § 439 BGB]; s. auch BT-Drs. 14/6040, S. 94). Demgemäß ist nach dem Wortlaut des § 439 BGB weder hinsichtlich der Nachbesserung noch hinsichtlich der Ersatzlieferung maßgebend, ob ein Stückkauf oder ein Gattungskauf vorliegt (Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 20). Vielmehr dürfte bei der vom Schuldner vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht anzusetzen sein (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 132; Senat, Urt. v. 17.10.2018 – VIII ZR 212/17, NJW 2019, 80 Rn. 20), deren Inhalt und Reichweite durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags zu bestimmen ist (§§ 133, 157 BGB).
[32] (2) Bei der Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vertraglichen Beschaffungspflicht des Verkäufers dürfte zunächst dem aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Vorrang des Anspruchs auf Nacherfüllung Rechnung zu tragen sein; der den §§ 437 ff. BGB zugrunde liegt und der einerseits dem Käufer das gewähren will, was dieser vertraglich zu beanspruchen hat und andererseits dem Verkäufer eine letzte Chance einräumen will, den mit der Rückabwicklung des Vertrags verbundenen wirtschaftlichen Nachteil abzuwenden (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 93 ff., 220 f., 230; Senat, Urt. v. 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 226 f.; Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 19). Diese gesetzliche Wertung könnte das Berufungsgericht hinsichtlich des hier in Rede stehenden Nachlieferungsverlangens nicht hinreichend berücksichtigt und auf diese Weise vorschnell auf § 275 I BGB zurückgegriffen haben.
[33] (3) Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht des Verkäufers zur Ersatzbeschaffung nach § 439 I Fall 2 BGB, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst, denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und – funktionell sowie vertragsmäßig – gleichwertige Sache zu liefern ist (vgl. Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 17, 23; Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 18; Urt. v. 17.10.2012 – VIII ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, ZIP 2018, 2272 Rn. 41). Die Ersatzbeschaffung ist damit nicht darauf beschränkt, eine mangelfreie, im Übrigen aber mit dem Kaufgegenstand identische Sache zu liefern.
[34] Für die Frage, ob ein Mangel durch eine gleichartige und gleichwertige Ersatzleistung behoben werden kann, dürfte es somit darauf ankommen, ob die Vertragsbeteiligten die konkrete Leistung nach dem Vertragszweck und ihrem erkennbaren Willen als austauschbar angesehen haben (BGH, Urt. v. 21.11.2017 – X ZR 111/16, NJW 2018, 789 Rn. 8, unter Hinweis auf Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 22 ff.).
[35] (a) Dabei dürfte zu beachten sein, dass beim Kauf eines Neufahrzeugs mit der Produktion und dem Markteintritt eines Nachfolgemodells typischerweise zu rechnen ist. Den Parteien, namentlich dem Fahrzeughändler, ist bei Abschluss des Kaufvertrags in der Regel bewusst, dass der Fahrzeughersteller nach gewisser Zeit einen Modellwechsel vornehmen kann und das bisherige Modell nicht mehr produziert. Am Markt tritt das Nachfolgemodell an die Stelle des nicht mehr aktuellen Vorgängermodells. Nachfolgemodelle sind dabei in der Regel in mancher Hinsicht fortentwickelt, sei es durch die Klassifikation nach neuen europäischen Abgasnormen und Änderungen der Motortechnik, durch Fortschritte bei Sicherheits- und Assistenzsystemen und entsprechenden umfangreicherem Einsatz von Steuerungssoftware, durch Änderung bei Abmessungen, Gewicht, Kraftstoffverbrauch und Formensprache oder etwa durch vermehrten Komfort. Auf diese Weise ersetzt das Nachfolgemodell am Markt seinen Vorgänger und tritt an dessen Stelle.
[36] (b) Diese Gesichtspunkte dürften auch bei der Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung nach einem Modellwechsel Gewicht erlangen. Ein mehr oder weniger großer Änderungsumfang dürfte für die Interessenlage der Vertragsparteien, insbesondere des Verkäufers, in der Regel ohne Belang sein, zumal der Fahrzeughersteller technische oder andere Änderungen auch ohne äußerlich erkennbaren Modellwechsel vornehmen kann. Auch die in der lnstanzrechtsprechung teilweise für maßgeblich erachtete Unterscheidung zwischen einem „Facelift“ und einem Modellwechsel (s. etwa OLG Jena, Urt. v. 15.08.2018 – 7 U 721/17, NZV 2018, 571, 572) dürfte insoweit nicht entscheidend sein. Vielmehr steht für den mit einem Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung konfrontierten Verkäufer eines Neuwagens nach einem Modellwechsel – sofern ein Neufahrzeug der nicht mehr aktuellen Modellreihe nicht mehr zu beschaffen ist – im Mittelpunkt, welche Ersatzbeschaffungskosten er für das Nachfolgemodell aufwenden müsste. Die Interessenlage des Verkäufers dürfte in dieser Lage nicht wesentlich anders zu beurteilen sein, als wäre das zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages produzierte Modell noch lieferbar.
[37] Die danach entscheidende Frage, ob die Kosten der Ersatzbeschaffung – nach dem Vortrag der Beklagten, auf den die Revision Bezug nimmt, hier 28.000 € netto abzüglich des Veräußerungserlöses für das vom Kläger erworbene Fahrzeug in Höhe von 19.330 € netto – im Einzelfall unverhältnismäßig sind und deshalb ein Beschaffungshindernis darstellen könnten, dürfte nicht anhand von § 275 I BGB zu beantworten sein. Denn für das Kaufrecht hat der Gesetzgeber diese Frage vornehmlich dem Anwendungsbereich des § 439 IV BGB (bzw. des hier in zeitlicher Hinsicht noch anwendbaren § 439 III BGB a.F.) zugewiesen (BT-Drs. 14/6040, S. 232). Zu diesen Gesichtspunkten hat das Berufungsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.
[38] (c) Ausgehend von diesen vorläufigen Erwägungen des Senats dürfte das Berufungsgericht den Vorrang der Nacherfüllung nicht hinreichend beachtet haben, sodass dem Anspruch des Klägers auf die begehrte Ersatzlieferung nicht entgegenstehen dürfte, dass das nunmehr allein zur Verfügung stehende Nachfolgemodell technisch in verschiedener Hinsicht, unter anderem im Hinblick auf die vom Berufungsgericht in erster Linie genannte Motorisierung, Änderungen aufweist.
[39] b) Vor dem beschriebenen (materiell-rechtlichen) Hintergrund erscheint ferner die Auffassung des Berufungsgerichts fraglich, der Kläger könne schon deshalb nicht Ersatzlieferung eines VW Tiguan der zweiten Generation verlangen, weil er einen dahin gehenden Antrag nicht gestellt habe, sodass das Berufungsgericht zu einer entsprechenden Verurteilung nicht befugt gewesen sei (§ 308 I 1 ZPO). Denn das Prozessrecht soll das materielle Recht verwirklichen und nicht dessen Durchsetzung vermeidbar verhindern. Inhalt und die Reichweite des Klagebegehrens werden deshalb nicht nur durch den Wortlaut des gestellten Klageantrags bestimmt; vielmehr ist dieser unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszulegen (Senat, Urt. v. 21.03.2018 – VIII ZR 68/17, NJW 2018, 3448 Rn. 31 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]; Urt. v. 21.03.2018 – VIII ZR 84/17, WuM 2018, 278 Rn. 36; jeweils m. w. Nachw.).
[40] Nach dieser Maßgabe hat das Berufungsgericht unter den hier gegebenen Umständen möglicherweise zu strenge Anforderungen an die Bestimmtheit des Klagebegehrens gemäß § 253 II Nr. 2 ZPO gestellt und seine Entscheidungsbefugnis (§ 308 I 1 ZPO) in unzulässiger Weise verengt.
[41] So bezeichnet der vom Kläger gestellte Antrag zwar ein Fahrzeug mit einer Motorleistung von „103 kW (140 PS)“, während ein VW Tiguan der zweiten Generation nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 110 kW (150 PS) aufweist. Dennoch richtet sich das Begehren des Klägers, was letztlich auch das Berufungsgericht gesehen hat, unverkennbar auf die Ersatzlieferung eines mangelfreien VW Tiguan, sei es das Nachfolgemodell oder – sofern auch dieses nicht mehr zu beschaffen sein sollte – das nunmehr produzierte Modell. Als solches dürfte gerade ein Fahrzeug der zweiten Generation infrage kommen, möglicherweise – sofern die erste Modellreihe insgesamt mangelhaft war und auch nicht nachgerüstet werden konnte – sogar ausschließlich ein solches Fahrzeug.
Hinweis: Der Kläger hat seine Revision unter Hinweis darauf zurückgenommen, dass sich die Parteien verglichen hätten.