1. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen und des­halb je­den­falls ur­sprüng­lich man­gel­haf­ten Neu­wa­gens kann vom Ver­käu­fer grund­sätz­lich auch dann noch mit Er­folg die Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ver­lan­gen, wenn das vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ne Fahr­zeug be­reits ein Soft­ware­up­date er­hal­ten hat. Denn es be­steht der be­grün­de­te Ver­dacht, dass die In­stal­la­ti­on des Soft­ware­up­dates schon des­halb kei­ne (aus­rei­chen­de) Nach­bes­se­rung i. S. des §439 I Fall 1 BGB ist, weil sie zu ei­nem deut­lich hö­he­ren Ver­schleiß von Mo­tor­tei­len führt. An­ge­sichts die­ser in der Öf­fent­lich­keit um­fang­reich und kon­tro­vers dis­ku­tier­ten Be­fürch­tung haf­tet dem Fahr­zeug trotz des Soft­ware­up­dates auf un­ab­seh­ba­re Zeit ein deut­li­cher mer­kan­ti­ler Min­der­wert an.
  2. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen VW Ti­gu­an der ers­ten Ge­ne­ra­ti­on (VW Ti­gu­an I) kann vom Ver­käu­fer grund­sätz­lich die Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ver­lan­gen. Denn die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en VW Ti­gu­an I ist zwar i. S. des § 275 I BGB un­mög­lich, doch kann der Ver­käu­fer den Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Käu­fers oh­ne Wei­te­res durch Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Neu­wa­gens der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on (VW Ti­gu­an II) er­fül­len. Dies gilt erst recht, wenn der Kauf­ver­trag über den VW Ti­gu­an I ei­nen Än­de­rungs­vor­be­halt i. S. des § 308 Nr. 4 BGB ent­hält.
  3. Bei der Be­ur­tei­lung, ob der Ver­käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Neu­wa­gens ei­ne Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ge­mäß § 439 IV BGB ver­wei­gern darf, weil sie nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich ist, ist maß­geb­lich zu be­rück­sich­ti­gen, dass auf ei­ne Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) nicht oh­ne er­heb­li­che Nach­tei­le für den Käu­fer zu­rück­ge­grif­fen wer­den könn­te. Denn der­zeit ist un­klar, ob die tech­ni­sche Über­ar­bei­tung ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs durch die In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates auf lan­ge Sicht tech­ni­sche Nach­tei­le mit sich bringt. Des­halb ist of­fen, ob die In­stal­la­ti­on des Up­dates als (aus­rei­chen­de) Nach­bes­se­rung i. S. des § 439 I Fall 1 BGB an­ge­se­hen wer­den kann.

LG Ham­burg, Ur­teil vom 07.03.2018 – 329 O 105/17
(nach­fol­gend: OLG Ham­burg, Ur­teil vom 21.12.2018 – 11 U 55/18)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger, ein Ver­brau­cher, er­warb von der Be­klag­ten Kfz-Händ­le­rin mit Kauf­ver­trag vom 02.04.2015 ei­nen VW Ti­gu­an 2.0 TDI BMT Sport & Style 4Mo­ti­on mit 7-Gang-DSG und ei­ner Mo­tor­leis­tung von 103 kW (140 PS).

In den Kauf­ver­trag wur­den die Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen der Be­klag­ten ein­be­zo­gen, in de­ren Ab­schnitt IV es un­ter an­de­rem heißt:

„6. Kon­struk­ti­ons- oder Form­än­de­run­gen, Ab­wei­chun­gen im Farb­ton so­wie Än­de­run­gen des Lie­fer­um­fangs sei­tens des Her­stel­lers blei­ben wäh­rend der Lie­fer­zeit vor­be­hal­ten, so­fern die Än­de­run­gen oder Ab­wei­chun­gen un­ter Be­rück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen des Ver­käu­fers für den Käu­fer zu­mut­bar sind. So­fern der Ver­käu­fer oder der Her­stel­ler zur Be­zeich­nung der Be­stel­lung oder des be­stell­ten Kauf­ge­gen­stan­des Zei­chen oder Num­mern ge­braucht, kön­nen al­lein dar­aus kei­ne Rech­te her­ge­lei­tet wer­den.“

Das Fahr­zeug des Klä­gers ist mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet und folg­lich vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen. Ei­ne Soft­ware er­kennt, ob der Pkw auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert oder er re­gu­lär im Stra­ßen­ver­kehr be­trie­ben wird. In ei­ner Test­si­tua­ti­on ak­ti­viert sie ei­nen Be­triebs­mo­dus („Mo­dus 1“), in dem die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te hö­her ist und in dem des­halb die Stick­oxid(NOX)-Emis­sio­nen ge­rin­ger sind als in dem Mo­dus, in dem das Fahr­zeug nor­ma­ler­wei­se be­trie­ben wird („Mo­dus 0“).

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug des­halb für man­gel­haft, ob­wohl es am 19.07.2016 ei­nem von der Volks­wa­gen AG ent­wi­ckel­ten Soft­ware­up­date un­ter­zo­gen wur­de, das das Kraft­fahrt-Bun­des­amt am 01.06.2016 frei­ge­ge­ben hat­te. Auch oh­ne die­ses Up­date wä­re das Fahr­zeug des Klä­gers fahr­be­reit und ver­kehrs­si­cher. Die EG-Typ­ge­neh­mi­gung wur­de Fahr­zeu­gen oh­ne Soft­ware­up­date bis­lang nicht ent­zo­gen, ob­wohl das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die In­stal­la­ti­on des Up­dates, das in je­der VW-Ver­trags­werk­statt zur Ver­fü­gung steht, als ver­pflich­tend an­sieht.

Mit Schrei­ben vom 16.01.2017 for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te des­halb zur Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ei­nes man­gel­frei­en Neu­wa­gens auf. Dies lehn­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 20.01.2017 ab.

Der Klä­ger, der sei­nen An­spruch auf Er­satz­lie­fe­rung mit der vor­lie­gen­den Kla­ge wei­ter­ver­folgt, macht gel­tend, sein Fahr­zeug ha­be bei der Über­ga­be un­ter an­de­rem ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf­ge­wie­sen. Die­ser Man­gel sei durch die In­stal­la­ti­on des Soft­ware­up­dates nicht be­sei­tigt wor­den. Viel­mehr sei die Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs un­mög­lich, da das da­für ver­wen­de­te Soft­ware­up­date un­ter an­de­rem die Le­bens­dau­er des Mo­tors ver­rin­ge­re. Je­den­falls ver­blei­be trotz der In­stal­la­ti­on des Up­dates ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert. Dar­über hin­aus sei ihm – dem Klä­ger – ei­ne Nach­bes­se­rung auch un­zu­mut­bar. Denn da­für müs­se – un­strei­tig – auf ein Soft­ware­up­date zu­rück­ge­grif­fen wer­den, das aus­schließ­lich die Volks­wa­gen AG zur Ver­fü­gung stel­le, die ihn – den Klä­ger – durch die Ver­wen­dung ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung schon ein­mal arg­lis­tig ge­täuscht ha­be. Er – der Klä­ger – ha­be das Soft­ware­up­date, das im Üb­ri­gen zu ei­nem hö­he­ren Kraft­stoff­ver­brauch ge­führt ha­be, vor die­sem Hin­ter­grund nur in­stal­lie­ren las­sen, weil er ei­ne Still­le­gung sei­nes Fahr­zeugs be­fürch­tet ha­be.

Die Be­klag­te ver­tritt un­ter an­de­rem die Auf­fas­sung, dass ihr die be­gehr­te Er­satz­lie­fe­rung i. S. des § 275 I BGB un­mög­lich sei, da der Klä­ger ei­nen VW Ti­gu­an der ers­ten Ge­ne­ra­ti­on (VW Ti­gu­an I) er­hal­ten ha­be und ent­spre­chen­de Fahr­zeu­ge nicht mehr her­ge­stellt wür­den. Die Lie­fe­rung ei­nes Neu­fahr­zeu­ges der zwei­ten Ge­ne­ra­ti­on (VW Ti­gu­an II) kom­me nicht in Be­tracht, weil ein VW Ti­gu­an II ein ali­ud und zu­dem ei­ne Er­satz­lie­fe­rung mit un­ver­hält­nis­mä­ßig ho­hen Kos­ten ver­bun­den sei. Dar­über hin­aus weist die Be­klag­te dar­auf hin, dass die Volks­wa­gen AG je­dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs nach des­sen tech­ni­scher Über­ar­bei­tung als ver­trau­ens­bil­den­de Maß­nah­me zu­sa­ge, in­ner­halb ei­nes Zeit­raums von 24 Mo­na­ten (max. Fahr­leis­tung 250.000 km) even­tu­el­len Be­schwer­den im Zu­sam­men­hang mit der Über­ar­bei­tung des Fahr­zeugs nach­zu­ge­hen.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: 1. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf ein man­gel­frei­es fa­brik­neu­es ty­penglei­ches Er­satz­fahr­zeug aus der ak­tu­el­len Se­ri­en­pro­duk­ti­on des Her­stel­lers mit iden­ti­scher tech­ni­scher Aus­stat­tung wie das Fahr­zeug VW Ti­gu­an 2.0 TDI BMT Sport & Style 4Mo­ti­on … Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs … ge­mäß §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB.

Der An­trag des Klä­gers ist ge­mäß §§ 133, 157 BGB da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass es ihm dar­auf an­kommt, ein gleich­wer­ti­ges Fahr­zeug mit der von ihm zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses ge­wünsch­ten Aus­stat­tung zu er­hal­ten. Die Be­klag­te kann den Nach­lie­fe­rungs­an­spruch so­mit mit al­len ty­penglei­chen Fahr­zeu­gen des Mo­dels VW Ti­gu­an 2.0 TDI mit iden­ti­scher Aus­stat­tung wie das „Alt­fahr­zeug“ des Klä­gers er­fül­len.

a) Das durch die Be­klag­te ge­lie­fer­te Fahr­zeug hat­te bei Ge­fahr­über­gang ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB (so neu­er­dings auch OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2017 – 18 U 112/17). Der vom Klä­ger er­wor­be­ne Neu­wa­gen ent­sprach nicht dem Leis­tungs­ver­spre­chen des zwi­schen den Par­tei­en am 12.07.2013 ge­schlos­se­nen Kfz-Kauf­ver­tra­ges. Das Fahr­zeug war bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft je­den­falls ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 und Satz 3 BGB.

Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist der Kauf­ge­gen­stand nicht frei von Sach­män­geln, wenn er sich nicht für die ge­wöhn­li­che An­wen­dung eig­net oder nicht ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann.

Man­gel­haft ist der Wa­gen im Echt­be­trieb schon des­halb, weil sich der Her­stel­ler ei­nes un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­me­cha­nis­mus für die Mes­sung der Stick­oxid­wer­te un­ter Prüf­be­din­gun­gen be­dient hat. Der Käu­fer ei­nes Fahr­zeugs kann im Rah­men der üb­li­chen und zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit ei­nes Neu­wa­gen­kaufs in je­dem Fall da­von aus­ge­hen, dass die recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Zu­las­sungs­fä­hig­keit sei­nes Fahr­zeugs auf recht­mä­ßi­gem We­ge ein­ge­hal­ten wer­den oh­ne die Ver­wen­dung ei­ner ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware, die im Rah­men ei­nes Prüf­stand­laufs ei­nen Mo­dus ak­ti­viert, der nicht dem üb­li­chen Be­triebs­mo­dus ent­spricht und in dem der Stick­oxid­aus­stoß re­du­ziert wird (hier­zu wie zum Fol­gen­den LG Neu­rup­pin, Urt. v. 24.05.2017 – 1 O 170/16 – un­ter Ver­weis u. a. auf LG Re­gens­burg, Urt. v. 04.01.2017 – 7 O 967/16; LG Müns­ter, Urt. v. 14.03.2016 – 011 O 341/15; LG Ol­den­burg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16; LG Aa­chen, Urt. v. 18.05.2016 – 9 O 269/16). Dass im Fahr­zeug des Klä­gers wie in al­len mit dem ent­spre­chen­den Ag­gre­gat EA189 aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeu­gen, ei­ne sol­che ma­ni­pu­lie­ren­de Soft­ware in­stal­liert wur­de, ist un­strei­tig. Dass die­se auch un­zu­läs­sig ist, steht zur Über­zeu­gung des Ge­richts aus­weis­lich der zur Ak­te ge­reich­ten Do­ku­men­te des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes fest, das den Her­stel­ler ver­pflich­tet hat, die­se un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung un­ter Ein­hal­tung der ent­spre­chen­den Ein­zel­rechts­ak­te der Richt­li­nie 2007/46/EG zu ent­fer­nen.

Die­ser Man­gel lag als pro­duk­ti­ons­be­ding­ter auch bei Ge­fahr­über­gang vor, hier bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger (§§ 434 1 1, 446 BGB).

Der Durch­schnitts­käu­fer kann bei ei­nem Au­to­kauf er­war­ten, dass das von ihm er­wor­be­ne Fahr­zeug die Ab­gas­wer­te ein­hält, und zwar nicht nur durch ei­ne bei­ge­füg­te Soft­ware für den Prüf­stand. Er kann er­war­ten, dass al­le lau­fen­den Pro­zes­se auf dem Prüf­stand auch im nor­ma­len Fahr­be­trieb ak­tiv blei­ben und der Prüf­stand so­mit die rea­le Fahr­si­tua­ti­on nach­bil­det. Dass, wie die Be­klag­te vor­bringt, der Ab­gas­aus­stoß zwi­schen Prüf­stand und Stra­ßen­be­trieb auf na­tür­li­che Wei­se va­ri­iert, ist da­bei be­kannt, aber in­so­weit un­er­heb­lich.

b) Fer­ner liegt ein Rechts­man­gel vor.

Nach § 435 Satz 1 BGB ist ei­ne Sa­che frei von Rechts­män­geln, wenn Drit­te in Be­zug auf die Sa­che kei­ne oder nur die im Kauf­ver­trag über­nom­me­nen Rech­te ge­gen den Käu­fer gel­tend ma­chen kön­nen. Auch auf öf­fent­li­chem Recht be­ru­hen­de Ein­griffs­be­fug­nis­se, Be­schrän­kun­gen und Bin­dun­gen, die die Nut­zung der Kauf­sa­che be­ein­träch­ti­gen, kön­nen ei­nen Rechts­man­gel be­grün­den (BGH, Urt. v. 18.01.2017 – VI­II ZR 234/15 Rn. 18). So liegt es auch hier.

Zwar ist es rich­tig, dass der Klä­ger sein Fahr­zeug (noch) be­stim­mungs­ge­mäß nut­zen kann. Der Käu­fer ei­nes neu­en Kraft­fahr­zeugs kann je­doch er­war­ten, dass die­ses in vol­lem Um­fang den ak­tu­el­len ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen ent­spricht. Denn das den je­weils gel­ten­den Ab­gas­vor­schrif­ten ent­spre­chen­de Emis­si­ons­ver­hal­ten des Mo­tors stellt ei­ne Ei­gen­schaft dar, wel­che für die ge­schul­de­te Be­schaf­fen­heit i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB maß­geb­lich ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16, ju­ris Rn. 28; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, ju­ris Rn. 6; LG Ha­gen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, ju­ris Rn. 24, 32 ff.; je­weils m. w. Nachw.). Das Emis­si­ons­ver­hal­ten des streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tors ent­spricht die­sen Vor­schrif­ten je­doch nicht, was un­strei­tig ist. Auch er­war­tet ein Durch­schnitts­käu­fer nicht, dass die ge­setz­lich vor­ge­ge­be­nen Ab­gas­wer­te nur des­halb ein­ge­hal­ten und ent­spre­chend at­tes­tiert wer­den, weil ei­ne Soft­ware in­stal­liert ist, die da­für sorgt, dass der Prüf­stand­laufs er­kannt und über ent­spre­chen­de Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung nur für die­sen Fall der Stick­oxid­aus­stoß re­du­ziert wird (LG Braun­schweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16, ju­ris Rn. 19; LG Re­gens­burg, Urt. v. 04.01.2017 – 7 O 967/16, ju­ris Rn. 30).

Da der Klä­ger das Soft­ware­up­date aber hat durch­füh­ren las­sen, droht je­den­falls nach der­zei­ti­ger Sach­la­ge kein Ent­zug der Be­triebs­er­laub­nis und kei­ne Still­le­gung, dies be­sei­tigt aber letzt­lich den Man­gel nicht (s. da­zu wei­ter un­ten).

Nach al­lem hat der Klä­ger An­spruch auf Nach­er­fül­lung ge­mäß § 439 I BGB und hat in­so­weit Nach­lie­fe­rung ver­langt. Dies zu Recht.

c) Die ge­wähl­te Nach­er­fül­lung durch Neu­lie­fe­rung ei­nes Fahr­zeugs ist nicht un­ver­hält­nis­mä­ßig.

Die Be­klag­te kann die Ein­re­de der Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­lie­fe­rung im Ver­hält­nis zur Nach­bes­se­rung ge­mäß § 439 IV BGB nicht mit Er­folg gel­tend ma­chen. Denn auf das Auf­spie­len des von VW be­reit­ge­stell­ten Soft­ware­up­dates im We­ge der Nach­bes­se­rung kann der Klä­ger nicht ver­wie­sen wer­den, da auf die­se nicht oh­ne er­heb­li­che Nach­tei­le für den Käu­fer zu­rück­ge­grif­fen wer­den kann (§ 439 IV 2 letz­ter Halb­satz BGB) und die ge­bo­te­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung im Rah­men des § 439 IV BGB da­her zu­guns­ten des Klä­gers aus­fällt.

Nach § 439 IV BGB kann der Ver­käu­fer die vom Käu­fer ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung ver­wei­gern, wenn sie nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich ist, wo­bei ins­be­son­de­re der Wert der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand, die Be­deu­tung des Man­gels und die Fra­ge zu be­rück­sich­ti­gen ist, ob auf die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung oh­ne er­heb­li­che Nach­tei­le für den Käu­fer zu­rück­ge­grif­fen wer­den kann.

Selbst un­ter der An­nah­me zu­guns­ten der Be­klag­ten, die Kos­ten der Ent­wick­lung des Soft­ware­up­dates sei­en – et­wa als „so­wie­so“ auf­grund der An­for­de­run­gen des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes und der die Nach­bes­se­rung wün­schen­den Kun­den an­fal­len­de Kos­ten – bei der Be­mes­sung der Kos­ten, die für die Nach­bes­se­rung an­fal­len, nicht zu be­rück­sich­ti­gen und es stün­den da­her Nach­bes­se­rungs­kos­ten in Hö­he von et­wa 100 € den viel­fa­chen Kos­ten für die Neu­lie­fe­rung ei­nes Fahr­zeugs ge­gen­über, fällt die In­ter­es­sen­ab­wä­gung zu­guns­ten des Klä­gers aus.

Zu­nächst ist der Man­gel von er­heb­li­cher Be­deu­tung. Selbst un­ter der An­nah­me, dass ei­ne Ver­wen­dungs­ein­schrän­kung des Fahr­zeugs der­zeit nicht be­steht und die Man­gel­be­sei­ti­gung le­dig­lich 100 € kos­ten wür­de, ist der Man­gel er­heb­lich. Denn im Rah­men die­ser in­di­zi­el­len Be­deu­tung müss­te ne­ben den Kos­ten für die Ent­wick­lung auch der er­heb­li­che für die Ent­wick­lung und Zu­las­sung des Soft­ware­up­dates er­for­der­li­che zeit­li­che Auf­wand von mehr als ei­nem Jahr be­rück­sich­tigt wer­den, der schon für sich ei­ne Un­er­heb­lich­keit aus­schließt (so auch LG Ham­burg (1. Zi­vil­kam­mer), Urt. v. 16.11.2016 – 301 O 96/16).

Es kommt im Er­geb­nis aber auch nicht auf die wirt­schaft­li­che Ar­gu­men­ta­ti­on an. Zu be­rück­sich­ti­gen ist viel­mehr, dass der­zeit un­klar ist, ob das Soft­ware­up­date auch auf lan­ge Dau­er tech­nisch kei­ne Nach­tei­le mit sich bringt. Al­lein die Be­haup­tung, das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ha­be nach sach­kun­di­ger Über­prü­fung kei­ne Be­den­ken ge­habt, be­sagt da­zu nichts. Denn zum ei­nen kann sach­lich nur ge­prüft wor­den sein, ob tech­nisch nach kur­zer Zeit noch kei­ne Aus­wir­kun­gen zu be­mer­ken sind (über die lang­fris­ti­gen Fol­gen ist da­mit nichts ge­sagt und kann der­zeit auch noch nichts ge­sagt wer­den, s. da­zu fer­ner un­ter d). Zum an­de­ren ist bei die­ser un­kla­ren Sach­la­ge wei­ter­hin of­fen, ob die vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt an­ge­ord­ne­te Nach­bes­se­rung im kauf­recht­li­chen Ver­hält­nis als aus­rei­chend an­ge­se­hen wer­den kann.

All dies sind letzt­lich Um­stän­de, die die ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung, näm­lich die Neu­lie­fe­rung, nicht als un­ver­hält­nis­mä­ßig er­schei­nen las­sen. Schon der Um­stand, dass ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­me von der zu­stän­di­gen Be­hör­de ge­prüft und ge­for­dert wird, zeigt, dass es sich nicht um ei­nen un­er­heb­li­chen Man­gel han­deln kann (so auch LG Aa­chen, Urt. v. 18.05.2016 – 9 O 269/16).

d) Die Nach­bes­se­rung durch das Soft­ware­up­date ist für den Klä­ger un­zu­mut­bar, wo­bei es nicht dar­auf an­kommt, dass der Klä­ger das Soft­ware­up­date in­zwi­schen hat auf­spie­len las­sen.

Es be­steht der plau­si­ble Ver­dacht, dass das an­ge­bo­te­ne Soft­ware­up­date kei­ne aus­rei­chen­de Nach­bes­se­rung ist. Die von Klä­ger­sei­te zi­tier­ten tech­ni­schen Be­den­ken sind je­den­falls auch ei­nem Lai­en nach­voll­zieh­bar: Wenn die Soft­ware­nach­bes­se­rung nun­mehr da­zu führt, dass der Mo­tor nur noch im Prüf­stand­mo­dus be­trie­ben wird, das heißt, ei­ne per­ma­nen­te Ab­gas­rück­füh­rung er­folgt, so dürf­te re­la­tiv klar sein, dass da­mit ein deut­lich ge­stei­ger­ter Ver­schleiß der be­trof­fe­nen Mo­tor­tei­le ein­her­geht. Schon die­se Be­fürch­tung, die auch in der Öf­fent­lich­keit um­fang­reich und kon­tro­vers dis­ku­tiert wird, führt nach An­sicht des Ge­richts zu ei­nem deut­li­chen und auf un­ab­seh­ba­re Zeit ver­blei­ben­den Min­der­wert des Fahr­zeugs, der auch durch ei­ne sach­ver­stän­di­ge Über­prü­fung, die ei­gent­lich nur durch Lang­zeit­tests er­fol­gen kann, nicht aus­ge­räumt wer­den kann.

Auch folgt hier ei­ne Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung aus der nach­hal­ti­gen Stö­rung des Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses zwi­schen dem Klä­ger und der Be­klag­ten (zu den Grund­sät­zen: BGH, Urt. v. 20.03.2010 – VI­II ZR 182/08 Rn. 19). Der Käu­fer ei­nes so man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs be­fürch­tet, dass die Nach­bes­se­rung durch ein ein­fa­ches Soft­ware­up­date kei­nes­falls aus­rei­chend sein kann, um die Män­gel zu be­he­ben, denn es wä­re dann ja nicht nach­voll­zieh­bar, war­um der Her­stel­ler die­ses ein­fa­che, mit ge­rin­gem Kos­ten ver­bun­de­ne Up­date nicht von vor­ne­her­ein ein­ge­bracht hät­te. Auf­grund der er­folg­ten her­stel­ler­be­ding­ten Täu­schung ist ein sol­ches Ver­hal­ten nach­voll­zieh­bar.

Im Rah­men der Fra­ge der Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung durch das Soft­ware­up­date ist das Ver­hal­ten der Her­stel­le­rin auch der Be­klag­ten zu­zu­rech­nen, weil nur die ein­zi­ge Mög­lich­keit be­steht, die­ses Soft­ware­up­date von der Her­stel­le­rin zu er­hal­ten (vgl. da­zu LG Köln, Urt. v. 18.05.2017 – 2 O 422/16; LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16; LG Aa­chen, Urt. v. 18.05.2016 – 9 O 269/16), denn un­strei­tig ist ein Soft­ware­up­date nur un­ter Mit­wir­kung der Volks­wa­gen AG mög­lich. Selbst wenn, was hier auch strei­tig ist, die Be­klag­te und die Volks­wa­gen AG recht­lich als selbst­stän­dig zu be­trach­ten sind, bleibt es für den Klä­ger auch im Rah­men des Ver­trags­ver­hält­nis­ses mit der Be­klag­ten un­zu­mut­bar, ein Soft­ware­up­date als Nach­bes­se­rung zu ak­zep­tie­ren, des­sen Wirk­sam­keit nicht wis­sen­schaft­lich er­wie­sen ist und das je­den­falls auf un­ab­seh­ba­re Zeit mit ei­nem Ma­kel be­haf­tet ist.

Die Be­klag­te kann hier­bei auch nicht dar­auf ver­wei­sen, das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ha­be durch Ak­zep­tie­ren der Nach­bes­se­rung durch das Soft­ware­up­date und auf­grund ei­nes öf­fent­lich-recht­li­chen Be­scheids wirk­sam die­se Art der Nach­bes­se­rung ver­fügt. Denn da­bei han­delt es sich le­dig­lich um öf­fent­lich-recht­li­che Vor­schrif­ten, die letzt­lich klei­ne Aus­wir­kun­gen im zi­vil­recht­li­chen Ver­trag ha­ben, un­ab­hän­gig da­von, ob die öf­fent­lich-recht­li­che Ent­schei­dung ver­wal­tungs­ge­richt­lich und auch vor dem Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hof Be­stand ha­ben wird. Ge­ra­de die „Zwick­müh­le“, die sich ei­nem ge­schä­dig­ten Käu­fer bie­tet, zeigt, dass die Nach­bes­se­rung durch ein tech­nisch in der sach­kun­di­gen Öf­fent­lich­keit an­ge­zwei­fel­tes Soft­ware­up­date für den Ver­brau­cher un­zu­mut­bar ist. Ent­we­der der Kun­de ver­traut auf den Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes mit dem Ri­si­ko, dass auf­grund Lang­zeit­tests das Soft­ware­up­date eben doch nicht hin­rei­chen­de Nach­bes­se­rung er­bringt (sonst hät­te der Her­stel­ler dies si­cher doch von An­fang an ein­ge­baut und da­mit den ge­sam­ten Die­sel­ab­gas­skan­dal ver­hin­dern kön­nen), oder der Kun­de ver­wei­gert das Soft­ware­up­date we­gen der be­ste­hen­den Be­den­ken mit dem Ri­si­ko der Still­le­gung des Fahr­zeugs.

Bei die­ser Sach­la­ge kann dem Klä­ger auch nicht vor­ge­wor­fen wer­den, dass er das Soft­ware­up­date hat auf­spie­len las­sen. Er hat da­mit nicht die Nach­bes­se­rung im Sin­ne der zi­vil­recht­li­chen Vor­schrif­ten ak­zep­tiert, son­dern ist die­sem Be­geh­ren le­dig­lich aus öf­fent­lich-recht­li­chen Zwän­gen nach­ge­kom­men, weil er be­fürch­tet hat, dass an­sons­ten das Fahr­zeug aus öf­fent­lich-recht­li­chen Grün­den still­ge­legt wird. Ein Ak­zep­tie­ren der Nach­bes­se­rung kann dar­in nicht ge­se­hen wer­den.

Of­fen­blei­ben kann, ob nicht die Nach­bes­se­rung durch das Soft­ware­up­date schon des­we­gen nicht hin­rei­chend ist, weil es an­de­re, er­heb­lich bes­se­re und nach­hal­ti­ge­re Nach­bes­se­rungs­mög­lich­kei­ten gibt. Im­mer­hin lässt sich nach den ak­tu­el­len In­for­ma­tio­nen aus ei­ner Stu­die des Lehr­stuhl­in­ha­bers für Ver­bren­nungs­kraft­ma­schi­nen an der TU Mün­chen, Ge­org Wacht­meis­ter, das Pro­blem prak­tisch für al­le streit­be­fan­ge­nen Fahr­zeug­ty­pen durch die so­ge­nann­te SCR-Tech­nik lö­sen mit ei­nem al­ler­dings hö­he­ren Auf­wand von min­des­tens rund € 1.300 € pro Fahr­zeug (vgl. DER SPIE­GEL 4/2018, S. 67).

Fer­ner kann dem Käu­fer in ei­ner sol­chen Fall­kon­stel­la­ti­on nicht vor­ge­wor­fen wer­den, er han­de­le wi­der­sprüch­lich, wenn er ei­ner­seits dem Soft­ware­up­date als Nach­bes­se­rung des Her­stel­lers nicht ver­traut, an­de­rer­seits aber wie­der­um ein Die­sel­fahr­zeug im We­ge der Nach­lie­fe­rung ver­langt (so wohl LG Pots­dam, Urt. v. 24.11.2017 – 6 O 36/17). Denn der maß­geb­li­che Un­ter­schied ist der, dass der Käu­fer, der sich auf ein Soft­ware­up­date ein­lässt, nur noch ein­ge­schränk­te Ge­währ­leis­tungs­rech­te hat (wenn über­haupt), bei ei­ner Nach­lie­fe­rung ei­nes Neu­fahr­zeugs aber wie­der­um die nor­ma­le Neu­wa­gen­ge­währ­leis­tung be­steht und der Käu­fer nach der­zei­ti­gem Sach­stand ziem­lich si­cher sein kann, dass das Neu­fahr­zeug oh­ne Män­gel ge­ra­de auch der hier strei­ti­gen Art aus­ge­lie­fert wer­den wird. Es ist des­halb nach An­sicht des Ge­richts nicht ver­werf­lich, der höchst strei­ti­gen Nach­bes­se­rung des Her­stel­lers im Rah­men des „Die­sel-Ab­gas­skan­dals“ nicht zu ver­trau­en, an­de­rer­seits aber bei zeit­lich nach dem Be­ginn des „Ab­gas­skan­dals“ auf den Markt ge­kom­me­nen Neu­fahr­zeu­gen un­ter Be­rück­sich­ti­gung der neu lau­fen­den Ge­währ­leis­tungs­frist auf die Man­gel­frei­heit zu ver­trau­en.

e) Ei­ne Nach­lie­fe­rung ist auch nicht un­mög­lich i. S. des § 275 I BGB.

Vor­lie­gend lag ei­ne Gat­tungs­schuld vor. Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung wird erst dann un­mög­lich, wenn die ge­sam­te Gat­tung un­ter­ge­gan­gen bzw. man­gel­haft ist (Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 77. Aufl., § 439 Rn. 15).

Im Streit­fall ist zwar da­von aus­zu­ge­hen, dass al­le Fahr­zeu­ge des Typs Ti­gu­an aus der ers­ten Bau­rei­he mit dem Die­sel­mo­tor EA189 man­gel­be­haf­tet sind. Die Nach­lie­fe­rung ist aber durch die Über­las­sung ei­nes Fahr­zeugs der ak­tu­el­len Bau­rei­he des Ti­gu­an, al­so des „Ti­gu­an II“, mit dem an­de­ren Mo­tor mög­lich.

Der Auf­fas­sung der Be­klag­ten, dass die Fahr­zeu­ge der ak­tu­el­len Se­ri­en­pro­duk­ti­on des Typs Ti­gu­an ei­ner an­de­ren Gat­tung an­ge­hö­ren, kann nicht ge­folgt wer­den. Ei­ne Gat­tung bil­den al­le Ge­gen­stän­de, die durch ge­mein­schaft­li­che Merk­ma­le (Typ, Sor­te, u. U. auch Preis) ge­kenn­zeich­net sind und sich da­durch von an­de­ren Ge­gen­stän­den ab­he­ben. Über die Ab­gren­zung ent­schei­det der Par­tei­wil­le (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 77. Aufl., § 243 Rn. 2).

Im Streit­fall ist dem­nach die Re­ge­lung un­ter IV 6 der Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen der Be­klag­ten, die un­strei­tig in den Kauf­ver­trag ein­be­zo­gen wa­ren, zu be­rück­sich­ti­gen. Dort heißt es un­ter an­de­rem:

„Kon­struk­ti­ons- oder Form­än­de­run­gen, Ab­wei­chun­gen im Farb­ton so­wie Än­de­run­gen des Lie­fer­um­fangs sei­tens des Her­stel­lers wäh­rend der Lie­fer­zeit blei­ben vor­be­hal­ten, so­fern die Än­de­run­gen oder Ab­wei­chun­gen un­ter Be­rück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen des Ver­käu­fers für den Käu­fer zu­mut­bar sind. So­fern der Ver­käu­fer oder Her­stel­ler zur Be­zeich­nung der Be­stel­lung oder des be­stell­ten Kauf­ge­gen­stan­des Zei­chen oder Num­mern ge­braucht, kön­nen al­lein dar­aus kei­ne Rech­te be­grün­det wer­den.“

Der Mo­tor des „Ti­gu­an II“ hat 10 PS mehr (150 PS statt 140 PS) und er­füllt an­stel­le der Eu­ro-5-Norm die Eu­ro-6-Norm. Wei­ter ist der „Ti­gu­an II“ ge­gen­über dem „Ti­gu­an I“, wie aus den von der Be­klag­ten ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen er­sicht­lich ist, um ei­ni­ge Zen­ti­me­ter grö­ßer, hat mehr La­de­vo­lu­men, und die tech­ni­sche Aus­stat­tung und das De­sign wur­den leicht ab­ge­än­dert. Die­se Än­de­run­gen sind je­doch nicht so er­heb­lich, dass man da­von aus­ge­hen könn­te, dass der „Ti­gu­an II“ ei­ner ei­ge­nen Gat­tung an­ge­hö­ren wür­de. Die Ab­wei­chun­gen op­ti­scher Art sind als ge­ring zu be­wer­ten. Auch die tech­ni­schen Ver­än­de­run­gen sind nur leich­te­rer Na­tur und letzt­lich nicht er­heb­lich. Die Ab­wei­chun­gen zwi­schen den Mo­del­len sind des­halb ins­ge­samt als ge­ring zu be­wer­ten und wä­ren dem Kun­den nach IV 6 der Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen zu­zu­mu­ten, falls die Volks­wa­gen AG nach der Be­stel­lung, aber vor der Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs an den Klä­ger die Pro­duk­ti­on des „Ti­gu­an I“ ein­ge­stellt und auf den „Ti­gu­an II“ um­ge­stellt hät­te.

Zwar ist es rich­tig, dass die in Be­zug ge­nom­me­nen Neu­wa­gen­be­din­gun­gen hier ei­ne Klau­sel zu­guns­ten des Ver­käu­fers ent­hal­ten. Dar­aus lässt sich aber der all­ge­mei­ne Grund­satz für die­ses Kauf­ver­trags­ver­hält­nis ab­lei­ten, dass auch im Ge­gen­zug der Ver­käu­fer ihm zu­mut­ba­re Än­de­run­gen der Leis­tun­gen er­brin­gen muss. Das ist hier nach obi­gen Er­ör­te­run­gen der Fall.

So­weit die Be­klag­te dar­auf ver­weist, der „Ti­gu­an II“ ba­sie­re auf ei­nem neu­en mo­du­la­ren Quer­bau­kas­ten, ist das un­er­heb­lich. Der­ar­ti­ge tech­ni­sche De­tails sind in al­ler Re­gel für ei­nen Ver­brau­cher, der sich ei­nen Pkw kauft, nicht von Be­deu­tung und ihm zu­meist nicht ein­mal be­kannt. Zu­dem ver­pflich­tet IV 6 der Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen den Käu­fer ge­ra­de, auch Kon­struk­ti­ons- und Form­än­de­run­gen hin­zu­neh­men, so­fern die­se für ihn zu­mut­bar sind, was hier, wie aus­ge­führt, an­ge­sichts der nur ge­rin­gen op­ti­schen und tech­ni­schen Än­de­run­gen vor­liegt (so je­den­falls ent­ge­gen der von der Be­klag­ten zi­tier­ten um­fang­rei­chen Recht­spre­chung: LG Of­fen­burg, Urt. v. 21.03.2017 – 3 O 77/16; LG Pots­dam, Urt. v. 24.11.2017 – 6 O 36/17; neu­er­dings wohl auch da­hin ten­die­rend: OLG Stutt­gart in ei­nem Hin­weis in der Sa­che 3 U 133/17).

f) Der Klä­ger schul­det der Be­klag­ten kei­nen Wert­er­satz für die Nut­zung des Fahr­zeugs.

Ge­mäß § 474 II 1 BGB a.F. ist bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf kein Wert­er­satz für Nut­zun­gen des Ver­brau­chers zu leis­ten (im Zeit­punkt des Kaufs gel­ten­de Ge­set­zes­än­de­rung in Fol­ge der Ent­schei­dung des EuGH, Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, NJW 2008, 1433 – Quel­le AG/Bun­des­ver­band der Ver­brau­cher­zen­tra­len und Ver­brau­cher­ver­bän­de). Ei­ne Ab­wei­chung von die­ser kla­ren ge­setz­li­chen und eu­ro­pa­recht­li­chen Re­ge­lung ist nicht des­halb an­ge­zeigt, weil der Klä­ger das zu­rück­zu­ge­ben­de Fahr­zeug oh­ne jeg­li­che män­gel­be­ding­te Ein­schrän­kung hat nut­zen kön­nen, denn im Rah­men des Ver­brau­cher­recht­schut­zes ist ge­ra­de un­ein­ge­schränkt für al­le Fäl­le ge­re­gelt, dass Nut­zun­gen nicht her­aus­zu­ge­ben sind.

g) Der An­spruch auf Nach­lie­fe­rung ist auch nicht da­durch aus­ge­schlos­sen, dass der Her­stel­ler im We­ge „ver­trau­ens­bil­den­der Maß­nah­men“ die Be­schei­ni­gung … und die Er­klä­rung ab­gibt, wo­nach je­dem Kun­den für den Zeit­raum von 24 Mo­na­ten (max. Fahr­leis­tung 250.000 km) zu­ge­sagt wer­de, even­tu­el­len Be­schwer­den im Zu­sam­men­hang mit den tech­ni­schen Maß­nah­men an den Die­sel­fahr­zeu­gen nach­zu­ge­hen. Denn die Be­schei­ni­gung … zeigt nur, dass der Fahr­zeug­her­stel­ler der Auf­fas­sung ist, mit dem Soft­ware­up­date sei­en al­le Pro­ble­me ge­löst. Recht­lich ver­bind­li­che Er­klä­run­gen wer­den in­so­weit je­doch nicht ab­ge­ge­ben, so­dass sich ein Käu­fer ei­nes be­trof­fe­nen Fahr­zeugs hier­auf nicht in zu­mut­ba­rer Wei­se ein­las­sen kann und muss.

2. Die Be­klag­te be­fin­det sich mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs im Ver­zug. Der Klä­ger hat mit Schrei­ben vom 16.01.2017 die Be­klag­te auf­ge­for­dert, ihm ein Neu­fahr­zeug zu lie­fern, was nach obi­gen Er­ör­te­run­gen auch pro­blem­los mög­lich wä­re. Die Be­klag­te hät­te mit­hin das Fahr­zeug des Klä­gers nach Frist­ab­lauf zu­rück­neh­men müs­sen.

3. Die Be­klag­te schul­det dem Klä­ger die Frei­stel­lung von den durch die Be­auf­tra­gung der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ger­par­tei ent­stan­de­nen vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 2.613,24 € ge­mäß §§ 280 I, II, 286 BGB. Zum Zeit­punkt der Ent­ste­hung die­ser Kos­ten hat­te der Klä­ger ei­nen fäl­li­gen und durch­setz­ba­ren An­spruch auf Nach­lie­fe­rung ei­nes … Fahr­zeugs. Ei­ne Mah­nung war ent­behr­lich, da die Be­klag­te die Leis­tung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert hat­te. …

Hin­wei­se: 1. Das OLG Stutt­gart hat den Par­tei­en im Ver­fah­ren 3 U 133/17 fol­gen­den Hin­weis er­teilt:

„Es er­scheint zwei­fel­haft, ob die An­nah­me des Land­ge­richts, ei­ne Nach­lie­fe­rung sei un­mög­lich, trag­fä­hig be­grün­det ist. Nach dem bei­der­sei­ti­gen Sach­vor­trag und den Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts er­ge­ben sich in­fol­ge ei­ner Än­de­rung der Mo­to­ri­sie­rung beim Mo­dell Ško­da Ye­ti Ab­wei­chun­gen in der Aus­stat­tung nur in­so­fern, als nach den Än­de­run­gen ab Ju­ni 2015 der 2,0-Li­ter-Mo­tor mit 1968 cm3 nun­mehr nur noch in ei­ner Leis­tungs­stu­fe mit 110 kW (150 PS) an­ge­bo­ten wird, Die­se Än­de­rung wur­de von N von Ško­da Deutsch­land in der münd­li­chen Ver­hand­lung beim Land­ge­richt als ‚Face­lif­ting‘ be­zeich­net. Sie ha­ben nach sei­nen An­ga­ben – was zwangs­läu­fig ist – Fol­ge­wir­kun­gen für die Pa­ra­me­ter Höchst­ge­schwin­dig­keit, Ver­brauch, Ge­wicht und& Be­schleu­ni­gung. Da­mit zu­sam­men hän­gen wohl auch die güns­ti­ge­ren Emis­si­ons­wer­te mit der Fol­ge ei­ner Ein­stu­fung in Eu­ro 6. Im Tat­säch­li­chen ist dies un­strei­tig. Nach vor­läu­fi­ger Ein­schät­zung des Se­nats han­delt es sich hier bei der Leis­tungs­än­de­rung um 10 PS ge­gen­über dem ge­kauf­ten Fahr­zeug mit ent­spre­chen­den Aus­wir­kun­gen auf die ge­nann­ten Wer­te nicht um mehr­fa­che Un­ter­schie­de in der Fahr­zeug­aus­stat­tung, son­dern um ei­ne ein­heit­li­che Ver­än­de­rung, die nicht so gra­vie­rend sein dürf­te, dass da­mit schon ei­ne Gat­tungs­än­de­rung ver­bun­den ist.“

2. Das OLG Ham­burg hat der Be­ru­fung der Be­klag­ten mit Ur­teil vom 21.12.2018 – 11 U 55/18 – statt­ge­ge­ben und die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

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