1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Ge­braucht­wa­gen, bei dem ei­ne Soft­ware nur dann ei­ne Ver­rin­ge­rung der Stick­oxid(NOX)-Emis­sio­nen be­wirkt, wenn das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft. Denn ein durch­schnitt­li­cher Fahr­zeug­käu­fer darf er­war­ten, dass den Schad­stoff­aus­stoß ver­rin­gern­de Pro­zes­se nicht nur wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests, son­dern auch beim Be­trieb des Fahr­zeugs im re­gu­lä­ren Stra­ßen­ver­kehr ak­tiv sind.
  2. Ei­ne Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) durch In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates ist dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar, wenn er die be­grün­de­te Be­fürch­tung ha­ben darf, dass das Up­date nicht er­folg­reich sein oder zu Fol­ge­män­geln füh­ren wür­de.
  3. Ei­ne Nach­bes­se­rung durch In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates kann dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs auch des­halb i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar sein, weil er das Ver­trau­en in die – am Kauf­ver­trag nicht be­tei­lig­te – Volks­wa­gen AG ver­lo­ren hat. In­so­weit ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Volks­wa­gen AG die Käu­fer ih­rer Fahr­zeu­ge ge­täuscht und sich da­durch als un­zu­ver­läs­sig er­wie­sen hat und dass ei­ne Nach­bes­se­rung fak­tisch von ihr vor­ge­nom­men wer­den wür­de, da sie das da­für er­for­der­li­che Soft­ware­up­date ent­wi­ckelt hat.
  4. Bei der Be­ur­tei­lung, ob der Man­gel, der ei­nem vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug an­haf­tet, ge­ring­fü­gig ist und des­halb ei­nem Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag § 323 V 2 BGB ent­ge­gen­steht, könn­te selbst dann nicht auf den mit der Ent­wick­lung und der In­stal­la­ti­on des Soft­ware­up­dates ver­bun­de­nen Kos­ten­auf­wand ab­ge­stellt wer­den, wenn die In­stal­la­ti­on die­ses Up­dates zu ei­ner voll­stän­di­gen und nach­hal­ti­gen Man­gel­be­sei­ti­gung füh­ren wür­de. Denn weil das Up­date aus­schließ­lich von der Volks­wa­gen AG selbst an­ge­bo­ten wird, lässt sich ein Markt­preis da­für nicht er­mit­teln. Ei­ne An­knüp­fung an die von der Volks­wa­gen AG an­ge­ge­be­nen Kos­ten ver­bie­tet sich, weil an­dern­falls die Volks­wa­gen AG durch ent­spre­chen­de An­ga­ben be­stim­men könn­te, ob von ihr ver­ur­sach­te Män­gel er­heb­lich oder un­er­heb­lich sind.
  5. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens kann die – am Kauf­ver­trag nicht be­tei­lig­te – Volks­wa­gen AG grund­sätz­lich ge­stützt auf § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB auf Scha­dens­er­satz in An­spruch neh­men. Denn in­dem die Volks­wa­gen AG Fahr­zeu­ge in den Ver­kehr ge­bracht hat, in de­nen ei­ne den Schad­stoff­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­de Soft­ware zum Ein­satz kommt, hat sie den Käu­fern die­ser – nicht den öf­fent­lich-recht­li­chen Vor­schrif­ten ent­spre­chen­den – Fahr­zeu­ge in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se vor­sätz­lich ei­nen Scha­den zu­fügt.
  6. Da­von, dass ein ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­ner Ver­tre­ter der Volks­wa­gen AG i. S. des § 31 BGB den ob­jek­ti­ven und sub­jek­ti­ven Tat­be­stand des § 826 BGB ver­wirk­licht hat, kann aus­zu­ge­hen sein, wenn der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs sub­stan­zi­iert be­haup­tet, dass der Vor­stand der Volks­wa­gen AG Kennt­nis von der Ent­wick­lung und vom Ein­satz der den VW-Ab­gas­skan­dal kenn­zeich­nen­den Soft­ware ge­habt ha­be, und die Volks­wa­gen AG nicht dar­legt, wie es oh­ne Kennt­nis ih­res Vor­stands zur Ent­wick­lung und Ver­wen­dung die­ser Soft­ware ge­kom­men ist.

LG Sie­gen, Ur­teil vom 14.11.2017 – 1 O 118/17

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten zu 1, ei­ner Se­at-Ver­trags­händ­le­rin, am 14.09.2011 ei­nen ge­brauch­ten Se­at Le­on FR mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 8.810 für 22.900 €.

Die­ses Fahr­zeug ist mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet, den die Be­klag­te zu 2 – die Volks­wa­gen AG – ent­wi­ckelt und her­ge­stellt hat. Ei­ne Soft­ware er­kennt, ob der Pkw auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert oder ob er un­ter rea­len Be­din­gun­gen im Stra­ßen­ver­kehr be­trie­ben wird, und op­ti­miert (nur) in ei­ner Te­si­tua­ti­on den Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß des Fahr­zeugs. Des­halb wer­den zwar auf dem Prüf­stand die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­ge­hal­ten; un­ter rea­len Be­din­gun­gen im Stra­ßen­ver­kehr ist die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te in­des nied­ri­ger als wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests, so­dass der Stick­oxid­aus­stoß hö­her ist als auf dem Prüf­stand.

Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ver­pflich­te­te die Be­klag­te zu 2 mit Be­scheid vom 14.10.2015, die Soft­ware – bei der es sich aus Sicht des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes um ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung han­delt – aus al­len von VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen mit dem Mo­tor EA189 zu ent­fer­nen und nach­zu­wei­sen, dass an­schlie­ßend die ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen er­füllt wer­den. Dem­entspre­chend kün­dig­te die Be­klag­te zu 2 an, die Soft­ware un­ter Auf­sicht des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes im Rah­men ei­ner Rück­ruf­ak­ti­on zu ent­fer­nen. Zu­dem wur­den ex­ter­ne Be­ra­ter be­auf­tragt, die (in­ter­ne) Auf­klä­rung des VW-Ab­gas­skan­dals durch die Be­klag­te zu 2 zu be­glei­ten.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 09.09.2016 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten zu 1 die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung und vor­sorg­lich den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die Be­klag­te zu 1 wies mit Schrei­ben vom 20.09.2016 un­ter an­de­rem dar­auf hin, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wei­ter­hin tech­nisch si­cher und fahr­be­reit sei und un­ein­ge­schränkt im Stra­ßen­ver­kehr ge­nutzt wer­den kön­ne. Zur Be­he­bung der in Re­de ste­hen­den Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten sei le­dig­lich ein Soft­ware­up­date er­for­der­lich, des­sen In­stal­la­ti­on in ei­ner Ver­trags­werk­statt mit ei­nen Zeit­auf­wand von rund ei­ner hal­ben Stun­de ver­bun­den sei. So­bald das Fahr­zeug des Klä­gers ein Soft­ware­up­date er­hal­ten kön­ne, wer­de die Se­at Deutsch­land GmbH den Klä­ger in­for­mie­ren.

Der Klä­ger macht gel­tend, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug lei­de an ei­nem er­heb­li­chen Man­gel, weil sein tat­säch­li­cher Stick­oxid­aus­stoß so hoch sei, dass der (ein­schlä­gi­ge) Eu­ro-5-Grenz­wert nicht ein­ge­hal­ten wer­de. Ihm – dem Klä­ger – sei in­des wich­tig ge­we­sen, ein Eu­ro-5-Fahr­zeug zu er­wer­ben. Als er den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt ha­be, ha­be er nicht ab­se­hen kön­nen, ob sich die In­stal­la­ti­on des an­ge­kün­dig­ten Soft­ware­up­dates nach­tei­lig auf den Kraft­stoff­ver­brauch, die CO2-Emis­sio­nen oder die Mo­tor­leis­tung aus­wir­ken wer­de. Es ge­be be­kann­ter­ma­ßen ei­nen Ziel­kon­flikt zwi­schen güns­ti­gen NOX– und güns­ti­gen CO2-Emis­sio­nen. Des­halb sei zu ver­mu­ten, dass ei­ne Ver­rin­ge­rung des NOX-Aus­sto­ßes nur mög­lich sei, wenn man da­für ei­nen hö­he­ren CO2-Aus­stoß, ei­nen hö­he­ren Kraft­stoff­ver­brauch oder ei­nen er­höh­ten Mo­tor­ver­schleiß in Kauf neh­me.

Der Klä­ger be­haup­tet, dass ne­ben zahl­rei­chen Füh­rungs­kräf­ten, lei­ten­den Ma­na­gern und In­ge­nieu­ren meh­re­re Mit­glie­der des Vor­stands und der da­ma­li­ge Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten zu 2 von der Ent­wick­lung und der Ver­wen­dung der den VW-Ab­gas­skan­dal kenn­zeich­nen­den Soft­ware ge­wusst hät­ten. Die­ses Wis­sen – so meint der Klä­ger – müs­se sich die Be­klag­te zu 1 als Ver­trags­händ­le­rin zu­rech­nen las­sen.

Ei­ne Nach­bes­se­rung sei ihm – dem Klä­ger – schon des­halb un­zu­mut­bar, weil ihn die Be­klag­te zu 2 arg­lis­tig ge­täuscht ha­be und ei­ne Nach­bes­se­rung der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge fak­tisch durch die Be­klag­te zu 2 er­fol­ge.

Die Kla­ge ha­te ganz über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te zu 1 ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 22.900 € ab­züg­lich ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen in Hö­he von 5.286,59 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des … Fahr­zeugs (§§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440 Satz 1 Fall 3, 323 I, 346 I, 348 BGB). Der Pkw wies bei Ge­fahr­über­gang ei­nen Sach­man­gel auf. Ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung war ent­behr­lich, und die Pflicht­ver­let­zung war nicht un­er­heb­lich.

1. Der Klä­ger ist mit Schrei­ben vom 09.09.2016 wirk­sam von dem Kauf­ver­trag mit der Be­klag­ten zu 1 über den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw zu­rück­ge­tre­ten.

2. Das Fahr­zeug war im Zeit­punkt der Über­ga­be man­gel­haft i. S. des § 434 I BGB, da es je­den­falls nicht die Be­schaf­fen­heit auf­wies, die bei Sa­chen glei­cher Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten kann.

Wel­che Be­schaf­fen­heit des Kauf­ge­gen­stands ein Käu­fer an­hand der Art der Sa­che i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten kann, be­stimmt sich nach dem Emp­fän­ger­ho­ri­zont ei­nes Durch­schnitts­käu­fers und da­mit nach der ob­jek­tiv be­rech­tig­ten Käu­fe­rer­war­tung.

Das Fahr­zeug ent­spricht die­sen ob­jek­tiv be­rech­tig­ten Er­war­tun­gen nicht. Die ein­ge­bau­te Soft­ware er­kennt, wann sich das Fahr­zeug im Test­zy­klus be­fin­det, und ak­ti­viert wäh­rend die­ser Test­pha­se ei­nen Ab­gas­rück­füh­rungs­pro­zess, der zu ei­nem ge­rin­ge­ren Stick­oxid­aus­stoß führt. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug täuscht mit­hin im Prüf­stand ei­nen nied­ri­ge­ren Stick­oxid­aus­stoß vor, als er im Fahr­be­trieb ent­steht. Ein Durch­schnitts­käu­fer darf er­war­ten, dass die in der Test­pha­se lau­fen­den stick­oxid­ver­rin­gern­den Pro­zes­se auch im rea­len Fahr­be­trieb ak­tiv blei­ben und nicht durch den Ein­satz ei­ner Soft­ware de­ak­ti­viert bzw. nur im Test­zy­klus ak­ti­viert wer­den. An­dern­falls wä­re die staat­li­che Re­gu­lie­rung zu­läs­si­ger Stick­oxid­aus­stoß­gren­zen – wenn auch nur un­ter La­bor­be­din­gun­gen – Ma­ku­la­tur (vgl. u. a. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16; LG Aa­chen, Urt. v. 06.12.2016 – 10 O 146/16; LG Müns­ter, Urt. v. 14.03.2016 – 011 O 341/15; LG Ol­den­burg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16; LG Mün­chen II, Urt. v. 15.11.2016 – 12 O 1482/16; LG Dort­mund, Urt. v. 31.10.2016 – 7 O 349/15; LG Ha­gen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, LG Pa­der­born, Urt. v. 17.05.2016 – 2 O 381/15).

3. Dem Rück­tritts­recht steht nicht ent­ge­gen, dass im klä­ge­ri­schen Schrei­ben vom 09.09.2016 kei­ne Nach­er­fül­lungs­frist ge­setzt wur­de. Ei­ne Frist­set­zung war ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB we­gen Un­zu­mut­bar­keit ent­behr­lich.

Vor­lie­gend war der dem Klä­ger zu­ste­hen­de Nach­er­fül­lungs­an­spruch ge­mäß § 439 I BGB von vorn­her­ein auf die Nach­bes­se­rung be­schränkt. Denn ei­ne Nach­lie­fe­rung … kam be­reits des­halb nicht in Be­tracht, weil es sich um ei­nen Ge­braucht­wa­gen han­delt.

Ob ei­ne Nach­bes­se­rung tech­nisch mög­lich ist, kann da­hin­ste­hen. Denn auch bei tech­nisch mög­li­cher Nach­bes­se­rung war es dem Klä­ger zum Rück­tritts­zeit­punkt ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar, sich auf ei­ne Nach­bes­se­rung mit of­fe­nem Aus­gang und un­ge­wis­ser Dau­er ein­zu­las­sen. Die Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung be­ur­teilt sich al­lein aus der Per­spek­ti­ve des Käu­fers, vor­lie­gend des Klä­gers, zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung. In die Be­ur­tei­lung sind al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls ein­zu­stel­len, ins­be­son­de­re die Art des Man­gels und die Be­ein­träch­ti­gung der In­ter­es­sen des Käu­fers, die Be­gleit­um­stän­de der Nach­er­fül­lung, die Zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers so­wie ei­ne nach­hal­ti­ge Stö­rung des Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses der Par­tei­en (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 23).

Aus­ge­hend von dem vor­ge­nann­ten Maß­stab war vor­lie­gend die Nach­bes­se­rung dem Klä­ger schon des­halb un­zu­mut­bar, weil er die be­grün­de­te Be­fürch­tung he­gen durf­te, dass das be­ab­sich­tig­te Soft­ware­up­date ent­we­der nicht er­folg­reich sein oder zu Fol­ge­män­geln füh­ren wür­de (vgl. et­wa auch LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16; LG Bü­cke­burg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16; LG Dort­mund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16; LG Arns­berg, Urt. v. 24.03.2017 – I-1 O 224/16). So war es vor­lie­gend zum Zeit­punkt des Rück­tritts, auf den al­lein ab­zu­stel­len ist (BGH, Urt. v. 15.06.2011 – VI­II ZR 139/09, WM 2011, 2148 Rn. 9), nicht aus­zu­schlie­ßen, dass die Be­sei­ti­gung der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die üb­ri­gen Emis­si­ons­wer­te, den Kraft­stoff­ver­brauch und die Mo­tor­leis­tung ha­ben wür­de.

Die Ein­zel­ge­neh­mi­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes lag für den streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug­typ zum Rück­tritts­zeit­punkt nicht vor. Zwei­fel an ei­nem Nach­bes­se­rungs­er­folg sind be­reits un­ter Be­rück­sich­ti­gung der öf­fent­li­chen Dis­kus­si­on nach­voll­zieh­bar. Hier­zu heißt es auch in dem Schrei­ben der Be­klag­ten zu 1 vom 20.09.2016:

„Wir möch­ten zu­nächst noch ein­mal un­ser Be­dau­ern dar­über aus­drü­cken, dass Ih­nen durch die Dis­kus­sio­nen über ei­ne Soft­ware, wel­che bei Die­sel­mo­to­ren des Typs EA189 den Aus­stoß von Stick­oxid (NOX) auf dem Prüf­stand op­ti­miert, Un­an­nehm­lich­kei­ten ent­stan­den sind. Die durch die öf­fent­li­che Dis­kus­si­on her­vor­ge­ru­fe­ne Un­si­cher­heit kön­nen wir sehr gut nach­voll­zie­hen.“

Der Ver­dacht ei­nes Fol­ge­man­gels nach durch­ge­führ­ter Nach­bes­se­rung er­gibt sich auch aus dem vom Klä­ger plau­si­bel vor­ge­tra­ge­nen Kon­flikt zwi­schen Stick­oxid­wer­ten und Koh­len­di­oxid­wer­ten und der na­he­lie­gen­den Fra­ge, war­um die Be­klag­te zu 2 die jetzt be­ab­sich­tig­ten tech­ni­schen Lö­sun­gen nicht von vorn­her­ein im­ple­men­tiert hat. Der be­rech­tig­te Man­gel­ver­dacht reicht vor­lie­gend aus, um dem Klä­ger die Nach­bes­se­rung un­zu­mut­bar zu ma­chen. Der Klä­ger muss nicht be­wei­sen oder auch nur als si­cher ein­tre­tend be­haup­ten, dass ein Fol­ge­man­gel ent­ste­hen wer­de (LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16). Die In­ter­es­sen des Klä­gers als Käu­fer sind viel­mehr be­reits dann hin­rei­chend be­ein­träch­tigt, wenn aus Sicht ei­nes ver­stän­di­gen Kun­den kon­kre­te tat­säch­li­che An­halts­punk­te für die Mög­lich­keit von Fol­ge­män­geln vor­lie­gen (LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16). Dies ist, wie oben aus­ge­führt, vor­lie­gend der Fall.

Des Wei­te­ren war es für den Klä­ger auch zeit­lich un­zu­mut­bar, auf die Nach­er­fül­lung zu war­ten (so auch LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16; LG Bü­cke­burg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16; LG Dort­mund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16; LG Arns­berg, Urt. v. 24.03.2017 – I-1 O 224/16).

Ei­ne Nach­bes­se­rung hat grund­sätz­lich in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zu er­fol­gen. Maß­geb­lich ist, dass dem Ver­käu­fer ei­ne zeit­li­che Gren­ze ge­setzt wird, die auf­grund der je­wei­li­gen Um­stän­de des Ein­zel­falls be­stimm­bar ist und ihm vor Au­gen führt, dass er die Nach­bes­se­rung nicht zu ei­nem be­lie­bi­gen Zeit­punkt be­wir­ken darf (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VI­II ZR 49/15 Rn. 25).

Ab­wei­chend da­von war hier zum Rück­tritts­zeit­punkt nicht be­stimm­bar, wie viel Zeit die Nach­bes­se­rung in An­spruch neh­men wird. So ent­hält auch das Schrei­ben der Be­klag­ten zu 1 vom 20.09.2016 kei­ne zeit­li­che An­ga­be, da tech­ni­sche Lö­sun­gen zu­nächst noch ent­wi­ckelt wer­den muss­ten. Die Be­klag­te zu 1 gab an, dass VW mit Hoch­druck dar­an ar­bei­te, dass sämt­li­che Maß­nah­men für al­le Mo­tor­va­ri­an­ten so schnell wie mög­lich ab­ge­schlos­sen wür­den. So­bald die Maß­nah­men an dem klä­ge­ri­schen Fahr­zeug durch­ge­führt wer­den könn­ten, wer­de der Klä­ger von Se­at in­for­miert. Bis zur kon­kre­ten Durch­füh­rung der Maß­nah­men bit­te man um Ge­duld und Ver­ständ­nis. Ein Fris­ten­lauf ist un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen Ma­ku­la­tur: We­der kann die Nach­bes­se­rung zeit­lich be­schleu­nigt wer­den, noch kann der Käu­fer ab­se­hen, wie lan­ge er sich ge­dul­den muss. Dies kann nicht zu­las­ten des Käu­fers ge­hen.

Im Üb­ri­gen be­stand je­den­falls zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung auch der Ver­dacht, dass das Fahr­zeug in­ner­halb von Deutsch­land nicht recht­lich ge­si­chert be­trie­ben wer­den kann bzw. kein Haft­pflicht­ver­si­che­rungs­schutz be­steht. Ent­spre­chen­de recht­li­che Er­wä­gun­gen sind je­den­falls nicht un­ver­tret­bar. So heißt es et­wa in Ur­teil des LG Mün­chen II vom 15.11.2016 – 12 O 1482/16:

„Zu be­rück­sich­ti­gen ist auch, dass die Be­triebs­er­laub­nis für den Pkw kraft Ge­set­zes ge­mäß § 19 II 2 Nr. 3 StV­ZO er­lo­schen ist. Dass die Be­hör­den an die­sen Um­stand mo­men­tan für Hun­dert­tau­sen­de Kraft­fahr­zeug­füh­rer kei­ne Fol­gen knüp­fen, ist für sich ge­nom­men für § 19 II 2 Nr. 3 StV­ZO un­er­heb­lich, da die Rechts­fol­ge kraft Ge­set­zes ein­tritt – un­ab­hän­gig von be­hörd­li­chen Maß­nah­men.“

Die­ses recht­li­che Ri­si­ko kann nicht dem Käu­fer auf­ge­bür­det wer­den, zu­mal aus­län­di­sche Be­hör­den von der hie­si­gen Ver­wal­tungs­pra­xis ab­wei­chen kön­nen.

Auch we­gen feh­len­den Ver­trau­ens in die Be­klag­te zu 2 kann dem Klä­ger ei­ne Nach­bes­se­rung nicht zu­ge­mu­tet wer­den. Auf­grund der tat­säch­li­chen en­gen Ver­bin­dung zwi­schen der Be­klag­ten zu 1 als Ver­trags­händ­le­rin und der Be­klag­ten zu 2 im Rah­men des se­lek­ti­ven Ver­triebs­sys­tems strahlt der Ver­trau­ens­ver­lust ge­gen­über dem Her­stel­ler auch auf die Be­zie­hung des Klä­gers zu der Be­klag­ten zu 1 aus.

In der Recht­spre­chung des BGH ist an­er­kannt, dass ei­nem Käu­fer die Nach­bes­se­rung durch den Ver­käu­fer in der Re­gel nicht zu­mut­bar ist, wenn die­ser ihn arg­lis­tig über den Kauf­ge­gen­stand ge­täuscht hat. We­gen der er­wie­se­nen Un­zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers darf der Käu­fer von ei­ner wei­te­ren Zu­sam­men­ar­beit Ab­stand neh­men, um sich vor even­tu­el­len neu­er­li­chen Täu­schungs­ver­su­chen zu schüt­zen (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 182/08 Rn. 19).

Wenn der Wa­gen di­rekt von der Be­klag­ten zu 2 an den Klä­ger ver­kauft wor­den wä­re, wä­re nach die­sen Grund­sät­zen oh­ne Wei­te­res ei­ne Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung an­zu­neh­men. Im Er­geb­nis kann für den hier vor­lie­gen­den Fall nichts an­de­res gel­ten. Die we­sent­li­chen Nach­bes­se­rungs­schrit­te, die Ent­wick­lung der Soft­ware, de­ren Test und die Ein­ho­lung der Ge­neh­mi­gun­gen, wer­den von der Be­klag­ten zu 2 ge­leis­tet, al­so von dem­je­ni­gen, der ge­täuscht und sich da­durch als un­zu­ver­läs­sig er­wie­sen hat. Die Be­klag­te zu 1 will als Teil ei­nes se­lek­ti­ven Ver­triebs­sys­tems beim Ver­kauf ih­rer Fahr­zeu­ge von dem gu­ten Ruf des Her­stel­lers pro­fi­tie­ren, muss dann aber im Fal­le des er­heb­li­chen An­se­hens­ver­lusts des Her­stel­lers im Ge­gen­zug hin­neh­men, dass der Kun­de ei­ne Nach­bes­se­rung durch den Her­stel­ler ab­lehnt.

4. Das Rück­tritts­recht war auch nicht ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen.

Nach die­ser Norm kann der Gläu­bi­ger vom Ver­trag nicht zu­rück­tre­ten, wenn der Schuld­ner die Leis­tung nicht ver­trags­ge­mäß be­wirkt hat und die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist. Nach um­fas­sen­der In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge der Um­stän­de die­ses Ein­zel­falls han­delt es sich vor­lie­gend um ei­nen er­heb­li­chen Man­gel (so auch LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16; LG Bü­cke­burg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16LG Dort­mund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16; LG Arns­berg, Urt. v. 24.03.2017 – I-1 O 224/16; LG Lü­ne­burg, Urt. v. 02.06.2016 – 4 O 3/16).

Bei ei­nem be­heb­ba­ren Sach­man­gel ist im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung je­den­falls in der Re­gel dann die Er­heb­lich­keits­schwel­le als er­reicht an­zu­se­hen, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses über­schrei­tet (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13 Rn. 12 ff.). Hier­bei han­delt es sich je­doch nicht um ei­nen star­ren Grenz­wert, son­dern al­lein um ei­ne Re­gel­fall­be­trach­tung, die die wei­te­re In­ter­es­sen­ab­wä­gung nicht von vorn­her­ein aus­schließt.

Die Be­klag­te zu 1 hat sich vor­lie­gend dar­auf be­ru­fen, dass das Fahr­zeug tech­nisch si­cher, op­tisch in Ord­nung und in der Fahr­be­reit­schaft nicht ein­ge­schränkt sei. Fer­ner wür­den mit der Män­gel­be­sei­ti­gung le­dig­lich Kos­ten deut­lich un­ter 100 € und ein zeit­li­cher Re­pa­ra­tur­auf­wand von un­ter ei­ner Stun­de ver­bun­den sein. Aus der Sicht des Klä­gers muss im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung je­doch be­ach­tet wer­den, dass ein er­heb­li­cher Man­gel al­lein schon des­halb vor­liegt, weil zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung – wie aus­ge­führt – bei dem Klä­ger ein er­heb­li­cher und be­rech­tig­ter Man­gel­ver­dacht ver­blie­ben ist und da­mals noch nicht kon­kret ab­seh­bar war, wann der Wa­gen des Klä­gers nach­ge­bes­sert wer­den wür­de. Hier grei­fen die Grün­de, die dem Klä­ger ei­ne Nach­bes­se­rung un­zu­mut­bar ma­chen und die den Man­gel er­heb­lich ma­chen, in­ein­an­der, so­dass ei­ne bloß un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung nicht an­ge­nom­men wer­den kann (LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16).

Nur be­heb­ba­re Män­gel kön­nen un­er­heb­lich sein (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VI­II ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 19; Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, NJW 2014, 3229 Rn. 17). Die Zwei­fel des Klä­gers an der end­gül­ti­gen Man­gel­be­sei­ti­gung sind aber nicht von der Hand zu wei­sen. Auch wenn es hier­auf ent­schei­dend nicht an­kommt, stellt sich be­rech­tig­ter­wei­se die Fra­ge, wes­halb der VW-Kon­zern das Ri­si­ko er­heb­li­cher Straf­zah­lun­gen und Rück­ruf-/Nach­bes­se­rungs­kos­ten in Kauf nimmt, wenn durch ei­ne ein­fa­che Ver­än­de­rung der Soft­ware oh­ne ne­ga­ti­ve Ef­fek­te auf Fahr­ver­hal­ten, Ver­brauch und Tei­le­ver­schleiß ei­ne Mög­lich­keit be­steht, die ge­setz­li­chen Em­mis­si­ons­wer­te ein­zu­hal­ten. Wä­re dies so, hät­te es des Ein­baus der Ab­schal­tungs­soft­ware nicht be­durft. Zu­dem kommt es hin­sicht­lich der Be­fürch­tung un­zu­rei­chen­der Man­gel­be­sei­ti­gung auf das dem Klä­ger zu­gäng­li­che Wis­sen im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung an (so auch LG Ha­gen, Urt. v. 18.12.2016 – 3 O 66/16, ju­ris). Je­den­falls im Sep­tem­ber 2016, als der Klä­ger den Rück­tritt er­klär­te, be­stan­den gu­te Grün­de für die An­nah­me, dass die Nach­bes­se­rung zu an­der­wei­ti­gen Nach­tei­len füh­ren könn­te. So hat die Be­klag­te zu 1 in dem Schrei­ben vom 20.09.2016 aus­ge­führt:

„Es ist das Ziel von VW, dass die Maß­nah­men kei­nen nach­hal­ti­gen Ein­fluss auf Ver­brauch und Fahr­leis­tung ha­ben wer­den.“

Es han­delt sich er­kenn­bar um nicht mehr als ei­ne Ab­sichts­er­klä­rung; kei­nes­falls lässt das Schrei­ben den Ein­druck zu, nach­hal­ti­ger Ein­fluss auf Ver­brauch und Fahr­leis­tung sei aus­ge­schlos­sen (vgl. LG Lü­beck, Urt. v. 29.06.2017 – 4 O 218/16, ju­ris).

Ab­ge­se­hen da­von kann der Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand oh­ne­hin nicht al­lein nach der Durch­füh­rung des Soft­ware­up­dates be­ur­teilt wer­den, son­dern er be­steht auch im Auf­wand der Ent­wick­lung des­sel­ben. An ei­nem fest­stell­ba­ren Markt­preis für die Ent­wick­lung, Her­stel­lung und In­stal­la­ti­on des Up­dates fehlt es in­des. Nur wenn sich ein Markt­preis für ei­ne Re­pa­ra­tur fest­stel­len lässt, kann die­ser die Un­er­heb­lich­keit in­di­zie­ren. Da hier die Man­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­me nur vom Her­stel­ler an­ge­bo­ten wird, ver­bie­tet sich ei­ne An­knüp­fung an vom Her­stel­ler mo­no­po­lis­tisch an­ge­ge­be­ne Kos­ten. Wä­ren be­reits der­ar­ti­ge An­ga­ben des Her­stel­lers maß­geb­lich, könn­te die­ser durch sei­ne Preis­an­ga­ben dar­über be­stim­men, ob von ihm ver­ur­sach­te Män­gel er­heb­lich oder un­er­heb­lich sind (LG Stutt­gart, Urt. v. 30.06.2017 – 20 O 425/16, ju­ris).

5. Dem Klä­ger steht der gel­tend ge­mach­te Zah­lungs­an­spruch je­doch nicht im vol­len Um­fang zu. Auf­grund der vom Kauf­preis ab­zu­zie­hen­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 5.286,59 € hat der Klä­ger le­dig­lich An­spruch auf Zah­lung von 17.613,41 €.

Die sich aus dem Rück­tritt er­ge­ben­den Pflich­ten sind ge­mäß §§ 348, 320 I BGB Zug um Zug zu er­fül­len. In­so­fern hat die Be­klag­te zu 1 ih­rer­seits ei­nen An­spruch auf Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs und Wert­er­satz für die tat­säch­li­che Nut­zung des Fahr­zeugs ge­mäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB ge­gen Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nebst ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen.

Vor dem Hin­ter­grund der tat­säch­li­chen Lauf­leis­tung ist nach den Grund­sät­zen der ki­lo­me­ter­an­tei­li­gen li­nea­ren Wert­min­de­rung der Nut­zungs­er­satz wie folgt zu be­rech­nen:

{\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­war­te­te Rest­lauf­leis­tung}}},

wo­bei das Ge­richt die zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung ge­mäß § 287 ZPO auf 250.000 km und da­mit die Rest­lauf­leis­tung im Zeit­punkt des Kaufs auf 241.190 km schätzt.

In der öf­fent­li­chen Sit­zung vom 12.09.2017 hat der Klä­ger die bis da­hin ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter mit 64.490 an­ge­ge­ben. Zwar hat die Be­klag­te zu 1 die­se An­ga­be mit Schrift­satz vom 23.10.2017 be­strit­ten. Al­ler­dings ging die­ser Schrift­satz erst nach Ab­lauf der da­für ge­setz­ten Frist bei Ge­richt ein. Des­halb ist in ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 283 Satz 2 ZPO zu ent­schei­den, ob das ver­spä­te­te Vor­brin­gen noch be­rück­sich­tigt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 20.02.2014 – IX ZR 54/13, NJW-RR 2014, 505 Rn. 3). Im Rah­men der Er­mes­sens­aus­übung ist vor­lie­gend zu be­ach­ten, dass die Ver­spä­tung nicht ge­nü­gend ent­schul­digt wor­den und der Rechts­streit im Üb­ri­gen ent­schei­dungs­reif ist. Un­ter dem Ge­sichts­punkt der Ver­fah­rens­be­schleu­ni­gung wird das Be­strei­ten der bis­he­ri­gen Lauf­leis­tung des­halb nicht mehr be­rück­sich­tigt (§ 296a ZPO).

Die Lauf­leis­tung des Pkw zwi­schen Ge­fahr­über­gang und letz­ter münd­li­cher Ver­hand­lung liegt so­mit bei 55.680 km, so­dass sich der Klä­ger ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von ([22.900 € × 55.680 km] : 241.190 km =) 5.286,59 € an­rech­nen las­sen muss.

Dem Klä­ger ob­lag im Rah­men sei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last die Dar­le­gung und Be­rech­nung des Nut­zungs­er­sat­zes. Dem hat der ur­sprüng­li­che An­trag zu 1 nicht Rech­nung ge­tra­gen, in­dem hier der vol­le Kauf­preis zur Rück­zah­lung un­ter Ab­zug ei­ner un­be­zif­fer­ten Nut­zungs­ent­schä­di­gung ge­stellt wor­den ist.

6. Zin­sen schul­det die Be­klag­te zu 1 seit dem 24.09.2016 (§ 288 BGB). Mit Schrei­ben vom 09.09.2016 hat­te der Klä­ger ei­ne Zah­lungs­frist bis zum 23.09.2016 ge­setzt.

7. Ei­nen wei­ter­ge­hen­den An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses hat der Klä­ger auch nicht ge­mäß § 812 I 1 Fall 1 BGB we­gen der er­klär­ten An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung. Denn dass die Be­klag­te zu 1 selbst ge­täuscht hat, ist nicht er­kenn­bar. Ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu 2 muss sich die Be­klag­te zu 1 auch nicht zu­rech­nen las­sen, da es sich bei der Be­klag­ten zu 1 um ei­ne recht­lich selbst­stän­di­ge Ver­trags­händ­le­rin han­delt (vgl. LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15).

II. Der Kla­ge­an­trag zu 2 ist zu­läs­sig und be­grün­det.

Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te zu 2 ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch aus §§ 826, 31 BGB auf Er­satz der durch die Ma­ni­pu­la­ti­on des Klä­ger­fahr­zeugs ent­stan­de­nen und noch ent­ste­hen­den Schä­den.

1. Die Zu­läs­sig­keit des Fest­stel­lungs­an­trags er­gibt sich aus § 256 I ZPO. Es be­steht ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se, da wei­ter­ge­hen­de – der­zeit noch nicht be­zif­fer­ba­re – Schä­den je­den­falls nicht un­wahr­schein­lich sind. Ins­be­son­de­re ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass der Klä­ger mit Kraft­fahr­zeug­steu­er-Nach­for­de­run­gen kon­fron­tiert wird. Dar­über hin­aus hat der Klä­ger mit der Kla­ge kei­ne Ver­wen­dun­gen und an­de­ren Auf­wen­dun­gen i. S. des § 347 II BGB gel­tend ge­macht. Auch dies­be­züg­lich be­steht ein Fest­stel­lungs­in­ter­es­se.

2. Der Be­klag­ten zu 2 ist durch das In­ver­kehr­brin­gen der ma­ni­pu­lier­ten Fahr­zeu­ge ein sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten im Sin­ne ei­ner Täu­schung an­zu­las­ten.

Ob­jek­tiv sit­ten­wid­rig ist ei­ne Hand­lung, die ge­gen das An­stands­ge­fühl al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den ver­stößt. Wer be­wusst täuscht, um ei­nen an­de­ren zu ei­nem Ver­trags­schluss zu brin­gen, han­delt in der Re­gel sit­ten­wid­rig (BGH, Urt. v. 21.12.2004 – VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361 [366]).

Die Be­klag­te zu 2 hat in gro­ßem Um­fang und mit er­heb­li­chem tech­ni­schem Auf­wand ge­setz­li­che Um­welt­schutz­vor­schrif­ten aus­ge­he­belt und zu­gleich ih­re Kun­den ma­ni­pu­lie­rend be­ein­flusst. Sie hat da­bei nicht ein­fach nur ge­setz­li­che Ab­gas­wer­te au­ßer Acht ge­las­sen, son­dern mit der Ab­schalt­vor­rich­tung zu­gleich ein Sys­tem zur plan­mä­ßi­gen Ver­schleie­rung ih­res Vor­ge­hens ge­gen­über den Auf­sichts­be­hör­den und den Ver­brau­chern ge­schaf­fen, wel­ches sich ins­ge­samt als sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten dar­stellt (vgl. LG Of­fen­burg, Urt. v. 12.05.2017 – 6 O 119/16, ju­ris; so auch LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, ju­ris; LG Kle­ve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, ju­ris; LG Frank­furt (Oder), Urt. v. 17.07.2017 – 13 O 174/16, ju­ris).

Die Sit­ten­wid­rig­keit der Täu­schung er­gibt sich aus dem Um­stand, dass die Be­klag­te zu 2 ihr Ge­winn­stre­ben über den Schutz der Ge­sund­heit der Be­völ­ke­rung setz­te, da der tat­säch­li­che Schad­stoff­aus­stoß bei Be­trieb des Pkw im Stra­ßen­ver­kehr deut­lich hö­her liegt als wäh­rend des Durch­lau­fens des Prüf­zy­klus. Die Täu­schung dien­te ein­zig dem Zweck der Kos­ten­sen­kung in Be­zug auf an­de­ren­falls not­wen­di­ge Lö­sun­gen der Ab­gas­rei­ni­gung, um mit­hil­fe schein­bar um­welt­freund­li­cher Prüf­stand­wer­te Wett­be­werbs­vor­tei­le zu er­zie­len.

3. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der all­ge­mei­nen Le­bens­er­fah­rung ist auch da­von aus­zu­ge­hen, dass die sit­ten­wid­ri­ge Täu­schung kau­sal für die Kauf­ent­schei­dung des Klä­gers war. Denn die ma­ni­pu­lier­ten Da­ten ha­ben ne­ben der Um­welt­ver­träg­lich­keit auch Ein­fluss auf die Zu­las­sung des Fahr­zeugs. Es ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ge­setz­mä­ßig­keit ei­nes Fahr­zeugs für die Kauf­ent­schei­dung im­mer von Be­deu­tung ist, oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob im Ver­kaufs­ge­spräch kon­kre­te Äu­ße­run­gen über die Um­welt­ver­träg­lich­keit statt­ge­fun­den ha­ben (LG Kle­ve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, ju­ris).

4. Aus pro­zes­sua­len Grün­den ist der Ent­schei­dung auch zu­grun­de zu le­gen, dass das Wis­sen vom Ein­bau der streit­ge­gen­ständ­li­chen Soft­ware dem sei­ner­zei­ti­gen Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 ge­mäß § 31 BGB ana­log un­mit­tel­bar zu­zu­rech­nen ist (vgl. da­zu und zum Fol­gen­den LG Frank­furt (Oder), Urt. v. 17.07.2017 – 13 O 174/16, ju­ris Rn. 90 ff.). Zwar trifft es zu, dass der Klä­ger die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Zu­rech­nungs­norm dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen hat. Je­doch hat die Be­klag­te zu 2 ih­rer se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last in­so­weit nicht ge­nügt.

Der Klä­ger hat ei­ne Kennt­nis des Vor­stands der Be­klag­ten zu 2 hin­rei­chend sub­stan­zi­iert be­haup­tet. Er hat kei­nen Ein­blick in die in­ne­ren Ab­läu­fe der Be­klag­ten zu 2 und kann des­we­gen da­zu nicht im Ein­zel­nen vor­tra­gen. Die Be­klag­te zu 2 hat­te al­so dar­zu­le­gen, wie es zu ei­nem Ein­bau der Soft­ware oh­ne Kennt­nis des Vor­stands ge­kom­men ist (LG Of­fen­burg, Urt. v. 12.05.2017 – 6 O 119/16, ju­ris; LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, ju­ris; LG Kle­ve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, ju­ris). Ins­be­son­de­re muss­te sie dar­le­gen, wer die Ent­schei­dung zur Ent­wick­lung und Nut­zung der Soft­ware ge­trof­fen hat und wer hier­von Kennt­nis hat­te. Da­zu hat die Be­klag­te zu 2 je­doch kei­ne An­ga­ben ge­macht, son­dern sich auf den Stand­punkt ge­stellt, dass sie Nach­for­schun­gen an­ge­stellt ha­be und wei­ter­hin an­stel­le und ihr wei­te­re Er­klä­run­gen der­zeit un­zu­mut­bar sei­en. Man­gels ei­ner sub­stan­zi­ier­ten ge­gen­tei­li­gen Dar­le­gung durch die Be­klag­te zu 2 ist der klä­ge­ri­sche Vor­trag da­her ge­mäß § 138 III ZPO als zu­ge­stan­den zu be­han­deln.

5. Durch die Hand­lung der Be­klag­ten zu 2 hat der Klä­ger auch ei­nen … Ver­mö­gens­scha­den i. S. von § 249 BGB er­lit­ten, der Fol­ge des ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den In­ver­kehr­brin­gens des Fahr­zeugs ist. Scha­den i. S. des § 826 BGB ist nicht nur je­de nach­tei­li­ge Ein­wir­kung auf die Ver­mö­gens­la­ge, son­dern dar­über hin­aus je­de Be­ein­träch­ti­gung ei­nes recht­lich an­er­kann­ten In­ter­es­ses. Im vor­lie­gen­den Fall hat der Klä­ger ein Fahr­zeug er­wor­ben, das nicht den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen ent­sprach. Er hat da­mit ei­nen Ver­mö­gens­scha­den er­lit­ten.

Der Scha­den wur­de dem Klä­ger auch vor­sätz­lich zu­ge­fügt. Für den Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 war zwin­gend er­sicht­lich, dass Kun­den Fahr­zeu­ge er­wer­ben wür­den, wel­che nicht ih­ren Vor­stel­lun­gen von ei­nem die ge­setz­li­chen Vor­ga­ben er­fül­len­den ord­nungs­ge­mä­ßen Be­trieb ent­spra­chen (vgl. ins­ge­samt LG Frank­furt (Oder), Urt. v. 17.07.2017 – 13 O 174/16, ju­ris Rn. 108 ff.).

III. Es ist auch der An­nah­me­ver­zug fest­zu­stel­len.

Die Be­klag­te zu 1 be­fin­det sich mit der An­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug ge­mäß § 293 BGB. Der Klä­ger hat der Be­klag­ten zu 1 mit Schrei­ben vom 09.09.2016 die Rück­ga­be des Fahr­zeugs an­ge­bo­ten. Ein wört­li­ches An­ge­bot war ge­mäß § 295 Satz 1 BGB aus­rei­chend, da die Be­klag­te zu 1 im Rah­men des Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis­ses als Gläu­bi­ge­rin das Fahr­zeug bei dem Klä­ger als Schuld­ner ge­mäß § 269 I BGB ab­zu­ho­len hat. Dies hat die Be­klag­te zu 1 mit Schrei­ben vom 20.09.2016 ab­ge­lehnt.

Das nach § 256 I ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se des Klä­gers be­steht, weil die Fest­stel­lung der er­leich­ter­ten Voll­stre­ckung des gel­tend ge­mach­ten Leis­tungs­an­spruchs dient und hier­zu er­for­der­lich ist (§ 756 ZPO; vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2001 – VII ZR 27/00, ju­ris Rn. 27).

IV. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te zu 1 kei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten. Ein sol­cher An­spruch folgt nicht aus Ver­zug ge­mäß §§ 280 I, II, 286 I BGB, weil die Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers aus­weis­lich des Schrei­bens vom 09.09.2016 be­reits vor der ver­zugs­be­grün­den­den Mah­nung be­auf­tragt wa­ren. Ein An­spruch auf Frei­stel­lung von An­walts­kos­ten ge­gen­über der Be­klag­ten zu 1 folgt auch nicht aus § 280 I BGB, da kei­ne An­halts­punk­te da­für be­ste­hen, dass die Be­klag­te zu 1 Kennt­nis von der Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on hat­te und sie sich als recht­lich selbst­stän­di­ge Ver­trags­händ­le­rin ein Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu 2 auch nicht zu­rech­nen las­sen muss.

Auch ge­gen die Be­klag­te zu 2 hat der Klä­ger kei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten. In­so­weit sind be­reits kei­ne Rechts­an­walts­kos­ten ent­stan­den. Aus dem vor­ge­leg­ten Schrift­ver­kehr er­gibt sich nicht, dass der Klä­ger vor­ge­richt­lich über­haupt An­sprü­che ge­gen die Be­klag­te zu 2 gel­tend ge­macht hat. …

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