Ein Käufer, der vor Bekanntwerden des VW-Abgasskandals einen 2011 erstzugelassenen Gebrauchtwagen von einem Kfz-Händler erwarb, konnte i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass in dem Fahrzeug keine Software dafür sorgt, dass der Schadstoffausstoß während eines Emissionstests auf dem Prüfstand geringer ist als im realen Fahrbetrieb. Daran ändert nichts, dass sich das reale Emissionsverhalten eines Fahrzeugs vom Verhalten „unter Laborbedingungen“ unterscheidet. Denn jedenfalls entspricht es der objektiv berechtigten Käufererwartung, dass Emissionen im realen Fahrbetrieb mit derselben Effektivität wie auf dem Prüfstand vermieden werden.

LG Hagen, Urteil vom 18.10.2016 – 3 O 66/16

Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der beklagten Kfz-Händlerin mit Kaufvertrag vom 20.05.2014 einen 2011 erstzugelassenen Gebrauchtwagen für 17.939 €. Im Kaufvertrag ist vorgesehen, dass Rechte des Käufers wegen eines Mangels ein Jahr nach Übergabe des Fahrzeugs verjähren. Der Pkw wurde dem Kläger wenige Tage nach Abschluss des Kaufvertrages übergeben.

Er ist mit einem vom VW-Abgasskandal betroffenen 2-Liter-Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Eine im Zusammenhang mit diesem Motor im Fahrzeug zum Einsatz kommende Software erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet. In diesem Fall schaltet sie in den „Modus 1“, in dem der Ausstoß von Stickoxiden (NOX) niedrig ist. Der normale Fahrbetrieb findet dagegen im „Modus 0“ statt, in dem die NOX-Emissionen nicht optimiert werden.

Mit Anwaltsschreiben vom 27.10.2015 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Motor ausgerüstet sei, und forderte sie auf, sich zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages zu äußern. Mit Anwaltsschreiben vom 13.11.2015, das am 16.11.2015 per Fax an die Beklagte versandt wurde, nahm der Kläger auf sein unbeantwortet gebliebenes Schreiben vom 27.10.2015 Bezug und forderte die Beklagte auf, den seinem Fahrzeug anhaftenden Mangel bis zum 27.11.2015 zu beseitigen.

Die Beklagte wies die Fristsetzung mit Schreiben vom 08.12.2015 mit der Begründung zurück, dass ihr keine Vollmachtsurkunde vorgelegt worden sei. Gleichzeitig führte sie aus, dass mögliche gegen sie gerichtete Ansprüche des Klägers verjährt sein dürften. Die Beklagte äußerte jedoch auch Verständnis für die Besorgnis des Klägers und teilte mit, dass nach Aussage des Fahrzeugherstellers alle vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge technisch sicher und fahrbereit seien und laut Kraftfahrt-Bundesamt weiterhin im Straßenverkehr genutzt werden dürften. Der Fahrzeughersteller arbeite mit Hochdruck daran, ein Softwareupdate und – soweit erforderlich – weitere technische Lösungen zu entwickeln.

Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt die Volkswagen AG bereits mit Bescheid vom 14.10.2015 verpflichtet hatte, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA189 (Euro 5) die aus Sicht des Kraftfahrt-Bundesamtes unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen, stand für die Volkswagen AG Ende November 2015 fest, dass die 2-Liter-Motoren ein reines Softwareupdate erhalten. Dazu entwickelte sie eine Konzeptsoftware, die allerdings für die verschiedenen Fahrzeug- und Motorvarianten feinabgestimmt werden musste. Das Kraftfahrt-Bundesamt machte seine Zustimmung zur Umsetzung von separaten Freigabebestätigungen für die einzelnen Fahrzeug- und Motorvarianten abhängig. Mit Pressemitteilung vom 16.12.2015 informierte die Volkswagen AG über das geplante Update und teilte mit, dass die reine Arbeitszeit dafür knapp eine halbe Stunde betragen werde. Alle betroffenen Fahrzeuge würden „in mehreren Wellen zur Umsetzung der technischen Lösungen in die Partnerbetriebe gerufen“.

Mit Anwaltsschreiben vom 11.03.2016 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, ihm bis zum 18.03.2016 den gezahlten Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für 12.800 gefahrene Kilometer Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zurückzuzahlen.

Das Kraftfahrt-Bundesamt gab den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp unter dem 01.06.2016 zur Umrüstung frei und bestätigte, dass das Softwareupdate geeignet sei, „die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“.

Der Kläger ist der Auffassung, sein Fahrzeug sei mangelhaft, weil die tatsächlichen NOX-Emissionen verschleiert würden. Das Softwareupdate aufspielen zu lassen, sei für ihn nicht zumutbar, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich in der Folge das Fahrverhalten, die CO2-Emissionen, die Leistungswerte und die Verbrauchswerte verändern. Dadurch, dass das Fahrzeug nach dem Softwareupdate – unstreitig – immer in einem (Prüfstands-)Modus betrieben werde, werde zwar möglicherweise der NOX-Ausstoß reduziert; jedoch würden zugleich sämtliche Aggregate des Motors mehr beansprucht als ursprünglich vorgesehen. Eine Nachbesserung sei schließlich auch deshalb unzumutbar, weil gerade derjenige sie durchführen solle, der arglistig getäuscht habe.

Die Klage hatte größtenteils Erfolg.

Aus den Gründen: I. … 1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte – nach Anrechnung der von ihm gezogenen Nutzungen – ein Anspruch auf Zahlung von 16.519,85 € gemäß § 346 I BGB i. V. mit §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB zu.

a) Der Kläger ist mit anwaltlichem Schreiben vom 11.03.2016 von dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag – einem Verbrauchsgüterkauf – wirksam zurückgetreten.

aa) Der vom Kläger erworbene Pkw war im Zeitpunkt der Übergabe mit einem Sachmangel behaftet. Denn das Fahrzeug wies nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und vom Käufer nach Art der Sache erwartet werden kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

(1) Nach – soweit ersichtlich – einhelliger Auffassung der zum sogenannten VW-Abgasskandal veröffentlichten Rechtsprechung entspricht jedenfalls ein Neufahrzeug nicht schon dann der üblichen und berechtigterweise von einem Käufer zu erwartenden Beschaffenheit, wenn es technisch sicher und fahrbereit ist und über alle Genehmigungen verfügt. Vielmehr stellt die Installation einer Manipulationssoftware, welche die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindert und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vortäuscht, als sie im Fahrbetrieb entstehen, eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16, juris Rn. 28 [Pkh-Verfahren]; OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 6 [Pkh-Verfahren]; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 22; Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16, juris Rn. 22; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 26; LG Lüneburg, Urt. v. 02.06.2016 – 4 O 3/16 [unter B 1 a]; LG Braunschweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16, juris Rn. 19; von denjenigen, die Ansprüche aus anderen Gründen verneint haben: LG Paderborn, Urt. v. 17.05.2016 – 2 O 381/15, juris Rn. 16; Urt. v. 09.06.2016 – 3 O 23/16, juris Rn. 27; LG Dortmund, Urt. v. 12.05.2016 – 25 O 6/16, juris Rn. 26; LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 11 O 341/15, juris Rn. 18; LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15, juris Rn. 17; LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, juris Rn. 21; offengelassen von: LG Düsseldorf, Urt. v. 23.08.2016 – 6 O 413/15, juris Rn. 21; LG Bielefeld, Urt. v. 02.05.2016 – 3 O 318/15; LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, juris Rn. 23).

Ob es dabei darauf ankommt, inwieweit die verwendete Software gegen die auf dem Prüfstand geltenden Vorschriften verstößt – mithin eine i. S. von Art. 3 Nr. 10, 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt – oder inwieweit diese zumindest zu Auflagen des Kraftfahrt-Bundesamtes geführt haben muss, wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.

(a) Die überwiegende Auffassung stellt nicht entscheidend auf die Frage ab, ob die Funktionsweise der Software das auf dem Prüfstand geltende Recht verletzt (OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16, juris Rn. 28; OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 6; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 26; LG Lüneburg, Urt. v. 02.06.2016 – 4 O 3/16 [unter B 1 a]; LG Paderborn, Urt. v. 09.06.2016 – 3 O 23/16, juris Rn. 27; Urt. v. 17.05.2016 – 2 O 381/15, juris Rn. 16; LG Braunschweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16, juris Rn. 19; i. E. auch: LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15, juris Rn. 17, das für unerheblich hält, ob die Manipulation auf einer Abschaltung des Emissionskontrollsystems beruht; LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 22, und LG Dortmund, Urt. v. 12.05.2016 – 25 O 6/16, juris Rn. 26, die auf eine vorschriftswidrige Installation zwar im Ansatz, aber nicht im Ergebnis abstellen).

Von einigen wird vertreten, ein Mangel liege (jedenfalls) dann vor, wenn die Durchführung eines Softwareupdates zur Beseitigung der Umschaltlogik und die Umstellung auf einen einheitlichen Modus des Abgassystems im Prüf- und Fahrbetrieb aufgrund einer Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamts zwingend notwendig ist, um nicht den Verlust der Betriebserlaubnis zu riskieren (LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, juris Rn. 21; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 26).

Das LG Münster hat schließlich auf eine gesetzlich unzulässige Funktionsweise abgestellt, wobei es eine solche Unzulässigkeit der Umschaltlogik ohne nähere Begründung unterstellt hat (LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 11 O 341/15, juris Rn. 18).

(2) Die vorgenannten Anforderungen an die übliche Beschaffenheit, die in erster Linie der instanzgerichtlichen Rechtsprechung zu Neufahrzeugen entspringen, gelten jedenfalls auch für einen Gebrauchtwagen mit Erstzulassung 2011, der vor öffentlichem Bekanntwerden des sogenannten Abgasskandals bei einem gewerblichen Autohändler erworben wurde, so wie es vorliegend der Fall ist. Der Kunde, der ein solches Fahrzeug von einem Autohändler erwirbt, kann mit Blick auf das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein einer Manipulationssoftware bei einem Gebrauchtfahrzeug dieselben Erwartungen – gemessen an der Vergleichsgruppe entsprechender Gebrauchtfahrzeuge – hegen wie bei einem Neufahrzeug.

(3) Hieran gemessen, liegt jedenfalls nach den Maßstäben der unter I 1 a aa (a) und (b) genannten Ansichten ein Sachmangel vor.

Denn auch das streitgegenständliche Fahrzeug weist im Sinne der unter I 1 a aa (a) genannten Auffassung eine Software auf, die zwischen dem Betrieb des Fahrzeuges auf dem Prüfstand (Modus 1) mit einer erhöhten Abgasrückführung und dem Betrieb im normalen Fahrbetrieb (Modus 0) mit einer niedrigeren Abgasrückführung unterscheidet und bei Erkennen des Prüfstands entsprechend umschaltet. Das bedeutet zugleich, dass der streitgegenständliche Fahrzeugtyp die für seine Typgenehmigung erforderliche Prüfung gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 nur im Prüfstandmodus – nicht aber im Modus für den Fahrbetrieb – absolviert und bestanden hat. Das streitgegenständliche Fahrzeug täuscht mithin im Prüfstand einen niedrigeren Stickoxidausstoß vor, als er im Fahrbetrieb entsteht.

Auch die von der unter I 1 a aa (b) genannten Ansicht gestellten Anforderungen sind erfüllt. Denn nach dem unstreitigen Vorbringen muss der streitgegenständliche Pkw ein Update erhalten, mit dem – zumindest nach Ansicht des Kraftfahrt-Bundesamtes – erst die Vorschriftsgemäßheit des Fahrzeuges hergestellt wird. Dass es sich um eine zwingende Maßnahme handelt, geht aus der insoweit unstreitigen Darstellung der Beklagten hervor, nach der das Kraftfahrt-Bundesamt im Oktober 2015 den von der Volkswagen AG vorgeschlagenen Zeit- und Maßnahmenplan für die betroffenen Fahrzeuge für verbindlich erklärt hat und die Software bei jedem der etwa 1.200 verschiedenen Fahrzeug- bzw. Motorvarianten umgeschrieben werden muss. Nach diesen Vorgaben des Kraftfahrt-Bundesamtes muss die fahrzyklusabhängige Umschaltung beseitigt werden und darf die Abgasrückführung sowohl auf dem Prüfstand als auch im Straßenbetrieb nur noch in einem einheitlichen Modus, dem Modus 1, betrieben werden. Daraus folgt, dass die Maßnahmen auf zwingenden Auflagen des Kraftfahrt-Bundesamtes beruhen, nicht freiwilliger Natur sind und bei Unterbleiben die Betriebserlaubnis riskiert wird (vgl. auch das Schreiben des Kraftfahrt-Bundsamts vom 01.06.2016).

Soweit nach der unter I 1 a aa (c) genannten Ansicht auch die Vorschriftswidrigkeit der eingesetzten Software – mithin ein Verstoß gegen Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 – verlangt wird, ist auch von dieser jedenfalls auf Grundlage des bisherigen wechselseitigen Parteivorbingens auszugehen. Zwar können Rechtsfragen als solche nicht unstreitig werden. Jedoch kann das Vorbringen der Parteien dazu, ob die Funktionsweise der Software in tatsächlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen an sie erfüllt, unstreitig sein. Der Kläger hat insoweit vorgebracht, dass er davon ausgehe, dass die Software vorschriftswidrig sei und Gesetzeskonformität erst durch das beabsichtige Update hergestellt werde. Nicht anders, als dass die noch vorhandene Umschaltlogik rechtswidrig ist, ist auch der bisherige Vortrag der Beklagten zu verstehen. Sie weist selbst mit der Freigabeerklärung des Kraftfahrt-Bundesamtes darauf hin, dass (erst) die beabsichtigte Änderung der Software geeignet sei, „die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“. Wenn die Beklagte demgegenüber anderes geltend machen wollte, obläge es ihr als Verkäuferin, die sich zwecks Beseitigung der beanstandeten Software mit dem Hersteller abstimmt, die konkrete Funktionsweise zu beschreiben, aus der sie die Vereinbarkeit mit den auf dem Prüfstand geltenden Vorschriften herleitet (insbesondere welche Funktionen der Abgasrückführung aus welchen technischen Gründen im Fahrbetrieb abgeschaltet bzw. verändert werden), oder anderenfalls konkret darzulegen, dass und aus welchen Gründen sie dies trotz ihres Kontaktes zum Hersteller nicht kann. Allerdings sähe sich das Gericht, wenn es entscheidungserheblich auf die Frage der Gesetzeskonformität der Software ankäme, gehalten, den Parteien einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und der Beklagten Gelegenheit zu geben, näher zur Funktionsweise der Software, wenn sie diese – anders als das Kraftfahrt-Bundesamt – für vorschriftsgemäß hielte, substanziiert vorzutragen.

(4) Eine weitere Klärung der Frage, ob die von der unter I 1 a aa (c) genannten Auffassung vorausgesetzte Gesetzeswidrigkeit vorliegt, kann aber dahinstehen. Denn der erstgenannten Ansicht ist zu folgen, dass bereits in der Umschaltsoftware als solcher ein Sachmangel liegt, da diese die berechtigten Erwartungen des Käufers enttäuscht.

Schon das Vorhandensein einer Umschaltlogik, welche auf dem Prüfstand in den NOX-optimierten Modus 1 (mit einer erhöhten Abgasrückführungsrate) und  im normalen Fahrbetrieb in einen Modus 0 (mit reduzierter Abgasrückführung) schaltet, enttäuscht berechtigte Erwartungen des Kunden an die übliche Beschaffenheit von Fahrzeugen vergleichbarer Art. Denn nur bei im Wesentlichen identischer Funktion der Motorsteuerung wird gewährleistet, dass die Abgas- und Verbrauchswerte, die nicht mit denen des realen Fahrbetriebs übereinstimmen müssen, in einer gewissen Korrelation zueinander stehen. Nur bei von technischer Seite her einheitlicher Motorsteuerung auf dem Prüfstand und im Fahrbetrieb lassen die im Prüfbetrieb ermittelten Werte eine Aussage über den realen Fahrbetrieb sowie einen Vergleich zu anderen Fahrzeugen zu und erlauben niedrige Werte im Prüfstand Rückschlüsse des Käufers auf niedrige Werte im realen Fahrbetrieb (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 25; LG Dortmund, Urt. v. 12.05.2016 – 25 O 6/16, juris Rn. 26). Da die Prüfstandsfahrt Grundlage für die EG-Typgenehmigung ist und nur deren Werte öffentlich (in Prospekten und der Werbung) bekannt gemacht werden, werden Kunden (und auch die Genehmigungsbehörde) über die Aussagekraft der Messwerte und die im realen Fahrbetrieb zu erwartenden Emissionswerte getäuscht (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 25) und in ihren berechtigten Erwartungen enttäuscht.

Dass dem informierten Kunden bekannt ist, dass Werte auf dem Prüfstand nicht deckungsgleich im Fahrbetrieb erwartet werden können, steht der durch die Umschaltlogik eintretenden Enttäuschung berechtigter Erwartungen nicht entgegen. Denn die Abweichungen beruhen im Falle der Umschaltlogik der Software gerade nicht auf den dem Kunden bekannten Unterschieden zwischen synthetischem Prüfstandsbetrieb und realem Alltagsbetrieb. Unterschiede zwischen dem gemessenen Schadstoffausstoß unter Laborbedingungen und dem tatsächlichen Schadstoffausstoß im Alltagsbetrieb braucht der Käufer lediglich aufgrund der sich aus dem Alltagsbetrieb ergebenden Faktoren wie Fahrverhalten, Geländelage, Verkehrsfluss usw. zu erwarten, die im Prüfzyklus nur standardisiert stattfinden. Demgegenüber entspricht es nicht den berechtigten Erwartungen des Käufers an die übliche Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge, wenn durch eine technische Umschaltlogik des Fahrzeuges schädliche Emissionen im Straßenverkehr nicht mit derselben Effektivität wie auf dem Prüfstand vermieden werden (LG Paderborn, Urt. v. 09.06.2016 – 3 O 23/16, juris Rn. 27; LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15, juris Rn. 17).

In jedem Fall genügt es aber für die Annahme eines Sachmangels, wenn die im erworbenen Fahrzeug verwendete Software einem Softwareupdate unterzogen werden muss, um entsprechenden Auflagen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren (LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, juris Rn. 21; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 26). Denn auch die aus der Beschaffenheit des Fahrzeuges folgenden Maßnahmen des Kraftfahrt-Bundesamtes, deren Umsetzung zum Erhalt der Betriebserlaubnis für den Kunden zwingend ist, führen dazu, dass das erworbene Fahrzeug nicht die berechtigten Erwartungen des Käufers erfüllt. Der Käufer darf nämlich üblicherweise erwarten, dass er ein Fahrzeug erwirbt, dessen Betriebserlaubnis nicht – sei es aufgrund feststehender Rechtswidrigkeit seiner Einrichtungen oder sei es aufgrund behördlicherseits angenommener Rechtswidrigkeit – gefährdet ist oder nur mit Auflagen aufrechterhalten wird.

bb) Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Rücktritt waren im Rücktrittszeitpunkt unabhängig davon erfüllt, ob die vom Kläger verlangte Mängelbeseitigung unmöglich, vorübergehend unmöglich oder möglich war. Einer Klärung in tatsächlicher Hinsicht, ob Unmöglichkeit und welche Art von Unmöglichkeit vorlag, bedarf es deshalb nicht.

(1) Für den Fall, dass die Mängelbeseitigung – etwa wegen negativer Folgewirkungen – für jedermann oder die Beklagte unmöglich i. S. von § 275 I BGB war (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 7; OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16, juris Rn. 37), war der Kläger nach Maßgabe des § 326 V BGB ohne Fristsetzung zum Rücktritt berechtigt. Gleiches gilt, wenn eine vorübergehende Unmöglichkeit in einer Form vorlag, die ausnahmsweise der endgültigen Unmöglichkeit gleichsteht. Letzteres ist bei vorübergehender Unmöglichkeit der Fall, wenn durch diese das Erreichen des Vertragszwecks infrage gestellt wird und deshalb dem Vertragsgegner nach Treu und Glauben unter Abwägung der Belange beider Vertragsteile ein Festhalten am Vertrag – vom Zeitpunkt des Eintritts dieses Hindernisses betrachtet – nicht zugemutet werden kann (BGH, Urt. v. 16.03.2005 – IV ZR 246/03, juris Rn. 11; Urt. v. 11.03.1982 – VII ZR 357/80, BGHZ 83, 197; Urt. v. 31.01.1967 – V ZR 125/65, BGHZ 47, 48; vgl. RG, Urt. v. 15.10.1918 – III 104/18, RGZ 94, 45 [47]), was vorliegend (vom Rücktrittszeitpunkt aus betrachtet) wegen der aus Käufersicht völlig ungeklärten Frage des Ob, Wie und Wann der Mängelbeseitigung in Betracht kommt, aber letztlich – wie eingangs zu bb ausgeführt – offenbleiben kann.

Im Falle der Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung (oder einer ihr ausnahmsweise gleichstehenden vorübergehenden Unmöglichkeit) stand einem sofortigen Rücktritt nach §§ 437 Nr. 2, 326 V BGB nicht entgegen, dass die Beklagte zur anderen Art der Nacherfüllung – hier in Form der Nachlieferung – imstande gewesen wäre. Denn selbst wenn beim Gebrauchtwagenkauf eine Nacherfüllung durch Nachlieferung nicht generell ausgeschlossen ist, so schied sie vorliegend schon deshalb aus, weil der erworbene Fahrzeugtyp als solcher – also die gesamte Gattung – mit dem in der Manipulationssoftware liegenden Mangel behaftet ist.

(2) Für den Fall, dass die Mängelbeseitigung möglich war, waren im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung die Voraussetzungen des § 323 BGB erfüllt. Diese gelten auch für die Fälle vorübergehender Unmöglichkeit (MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 275 Rn. 148; jurisPK-BGB/Alpmann, 7. Aufl. [2014], § 275 Rn. 24; Staudinger/Caspers, BGB, Neubearb. 2014, § 275 Rn. 50; vgl. Erman/H. P. Westermann, BGB, 14. Aufl. [2014], § 275 Rn. 12), soweit eine solche nicht ausnahmsweise einer endgültigen – mit der Folge der Anwendbarkeit des § 326 V BGB – gleichgestellt ist (s. oben (1)). Nach erfolglosem Ablauf einer nach § 323 I BGB zu setzenden Frist soll sich nämlich der Gläubiger sicher sein dürfen, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zurücktreten zu können, ohne dass es auf den Grund der Nichtleistung des Schuldners ankommt (BT-Drs. 14/7052, S. 183).

(a) Die für beide Fälle – mögliche Mängelbeseitigung und vorübergehend unmögliche Mängelbeseitigung – notwendige Fristsetzung erfolgte mit Schreiben vom 13.11.2015, das sich im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Schreiben vom 27.10.2015 auf die Beseitigung des durch den Abgasskandal bekannt gewordenen Mangels hinsichtlich der Manipulation der Abgaswerte des Motors EA189 bezog und ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 08.12.2016 auch so verstanden wurde.

Da das Schreiben unbestritten am 16.11.2015 an die Beklagte gefaxt wurde, war die im Schreiben vom 08.12.2015 nach Ablauf der gesetzten Frist erfolgte Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB nicht mehr unverzüglich (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 09.09.1987 – 20 U 161/87, NJW-RR 1988, 282; Urt. v. 26.10.1990 – 20 U 71/90, NJW 1991, 1185 [1186]). Anderes ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

(b) Unabhängig davon, ob die bis zum 27.11.2015 gesetzte Frist angemessen war, hat sie jedenfalls die angemessene Frist in Gang gesetzt. Hierfür ist nicht einmal die Nennung eines bestimmten Enddatums Voraussetzung, sondern es genügt, dass zum Ausdruck gebracht wird, dass nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht (BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, juris Rn. 25: Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung). Dafür, dass die Fristsetzung nur zum Schein oder rechtsmissbräuchlich erfolgte und deshalb unwirksam war, sind greifbare Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist gerade der Sinn der Fristsetzung, die Voraussetzungen für den Rücktritt zu schaffen. Vor zu kurz gesetzten Fristen ist der Schuldner dabei schon durch das Ingangsetzen der angemessenen Frist geschützt.

(c) Die angemessene Frist war jedenfalls im Zeitpunkt des am 11.03.2016 – mithin mehr als drei Monate und drei Wochen nach Fristsetzung – erklärten Rücktritts abgelaufen.

Mangels vorrangiger Parteiabreden (BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, juris Rn. 36) ist die Angemessenheit der Frist objektiv zu bestimmen. Dabei soll die Frist dem Schuldner lediglich eine letzte Gelegenheit gewähren, seine schon im Wesentlichen ins Werk gesetzte und abgeschlossene Leistung zu vollenden (BGH Urt. v. 10.02.1982 – VIII ZR 27/81, NJW 1982, 1279 [1280, zu § 326 BGB a.F.]; Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84, NJW 1985, 2640 [zu § 326 BGB a.F.]; BeckOK-BGB/H. Schmidt, 40. Edition [2016], § 323 Rn. 17) und damit den Vertrag vor der Gefährdung durch ein gläubigerseitiges Rücktrittsrecht zu „retten“ (MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 323 Rn. 73). Der Schuldner kann sich dabei nicht darauf berufen, er müsse sich erst nach neuen Lieferquellen umsehen (MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 73) oder erst noch mit der Beschaffung von Gattungssachen zwecks Nacherfüllung beginnen (jurisPK-BGB/Alpmann, a. a. O., § 323 Rn. 24). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Natur des betreffenden Geschäfts und die Interessen beider Vertragspartner (BeckOK-BGB/H. Schmidt, a. a. O., § 323 Rn. 17).

Speziell für das Kaufrecht ist auch zu berücksichtigen, dass dieses auf eine zeitnahe Regulierung von Gewährleistungsrechten ausgerichtet ist, was insbesondere in der auf zwei Jahre verkürzten Verjährungsfrist (LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, juris Rn. 38) und bei gebrauchten Sachen zusätzlich in der selbst beim Verbrauchsgüterkauf eingeräumten Möglichkeit einer Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr (§ 475 II BGB) zum Ausdruck kommt.

Unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile erscheint der bis zum Rücktritt verstrichene Zeitraum hier jedenfalls (mehr) als angemessen.

Dabei ist zwar zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, ob die Klärung der Mangelursache und die Mangelbehebung leicht oder schwierig sind. Soweit die Beklagte allerdings anführt, ihr sei eine zeitnahe Erfüllung unmöglich gewesen, da eine technische Lösung vom Hersteller erst noch in einem monatelangen Prozess mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmt werden musste, so beruft sie sich damit auf einen Fall der vorübergehenden Unmöglichkeit. Da die Fristsetzung nach § 323 I BGB für den Gläubiger aber unabhängig von dem für ihn nicht sicher zu beurteilenden Grund der Nichtleistung des Schuldners Klarheit über sein Rücktrittsrecht schaffen soll (BT-Drs. 14/7052, S. 183), würde der Zweck der gesetzlichen Regelung weitgehend verfehlt, wenn die Länge der Frist abhängig vom Grund der Nichtleistung – hier: einer vorübergehenden Unmöglichkeit von unbekannter Dauer – unterschiedlich bemessen würde.

Lässt man die von der Beklagten eingewendete vorübergehende Unmöglichkeit außer Ansatz, ist eine für eine Pkw-Reparatur angemessene Frist zugrunde zu legen, welche den Zeitraum bis zu einem zeitnahen Werkstatttermin sowie den Zeitraum für eine eventuell noch notwendige Fahrzeuguntersuchung und unmittelbar anschließende Reparatur abdeckt. Für die hier vorgesehene Reparaturmaßnahme in Form eines Updates der Fahrzeugsoftware, deren Installation nach Angaben des Herstellers sogar weniger als eine Stunde dauert, wäre mithin bei unmittelbarer Leistungsfähigkeit der Beklagten ein Zeitraum von einigen Tagen bis zu wenigen Wochen ausreichend und angemessen.

Selbst wenn man allerdings bei der Bemessung der Frist die Unmöglichkeit der Beklagten, die Reparatur sofort anbieten und durchführen zu können, einbezieht, so lief die angemessene Frist jedenfalls nicht länger als der verstrichene Zeitraum von drei Monaten und drei Wochen seit Fristsetzung. Denn aufseiten des Klägerinteresses fällt insbesondere ins Gewicht, dass ihm von der Beklagten im Schreiben vom 08.12.2015 lediglich mitgeteilt wurde, dass „die notwendigen Updates der Software, aber auch – soweit erforderlich – technische Lösungen entwickelt werden“. Auch im März 2016, als der Kläger zurücktrat, waren die Lösungen noch nicht in eine Phase gelangt, dass sie alsbald umgesetzt werden konnten. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten und dem von ihr vorgelegten Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamts vom 01.06.2016 wurde für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp die Freigabe zum Rückruf erst am 01.06.2016 erteilt. Aus der Perspektive des Rücktrittszeitpunktes – also am 11.03.2016 – war für den Kläger weder erkennbar noch absehbar, ob für sein Fahrzeug eine Lösung, die auch keine Folgemängel erwarten ließ, gefunden und binnen angemessener Frist umgesetzt werden kann. Einen konkreten Umrüstungstermin für sein Fahrzeug hatte man ihm zu keiner Zeit mitgeteilt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte auf eine vorrangige Parteivereinbarung hätte hinwirken können (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, juris Rn. 36). Stattdessen hat sie sich aber darauf zurückgezogen, dem Kläger die nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen scheinbar schon vollendete Verjährung entgegenzuhalten, ihn an die Volkswagen AG zu verweisen und von ihrer Seite aus nichts Weiteres mehr zu veranlassen.

Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen bedurfte es nach § 323 I BGB jedenfalls nicht, bei der im Rücktrittszeitpunkt herrschenden Unklarheit über das Ob, Wie und Wann einer Mängelbeseitigung, in welcher die Beklagte den Kläger gelassen hat, länger als den bereits verstrichenen Zeitraum von drei Monaten und drei Wochen abzuwarten.

(d) Ob die hier erfolgte Fristsetzung überdies sogar entbehrlich war, weil in der mit Schreiben der Beklagten vom 08.12.2015 erhobenen Verjährungseinrede eine ernsthafte und endgültige Verweigerung von gegenüber dem Verkäufer einklagbaren Gewährleistungsrechten zu sehen ist (§ 323 II Nr. 1 BGB), dem die Übermittlung eines nicht einklagbaren Kulanzangebots seitens des Herstellers nicht entgegenstünde, oder weil besondere Umstände nach § 323 II Nr. 3 BGB oder eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB vorlagen (so LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 29), braucht hier nicht entschieden zu werden.

(3) Sowohl im Falle eines Rücktritts aufgrund Unmöglichkeit der Nacherfüllung nach § 326 V BGB als auch im Falle des Rücktritts nach § 323 BGB war ein solcher nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 V 2 BGB gegebenenfalls i. V. mit § 326 V BGB) ausgeschlossen.

Für die Frage nach der Unerheblichkeit ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16; Urt. v. 15.06.2011 – VIII ZR 139/09, juris Rn. 9). Ein zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung erheblicher Mangel wird nicht dadurch unerheblich, dass es möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt noch gelingen kann, das Fahrzeug in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, juris Rn. 18).

Die Beurteilung, ob ein Mangel unerheblich ist, erfordert dabei eine umfassende Interessenabwägung (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16; jurisPK-BGB/Alpmann, a. a. O., § 323 Rn. 57; BeckOK-BGB/H. Schmidt, a. a. O., § 323 Rn. 39). Dabei sind die Bedeutung des Mangels und sein Beseitigungsaufwand zu berücksichtigen (OLG Hamm, Urt. v. 12.09.2013 – 21 U 35/13, BeckRS 2013, 17547; Urt. v. 10.03.2011 – I-28 U 131/10, juris Rn. 39). Bei behebbaren Mängeln ist grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 17).

Eine Unerheblichkeit folgt vorliegend nicht daraus, dass die Durchführung des Softwareupdates nach Angaben des Herstellers voraussichtlich nur 100 € kosten und nur bis zu einer Stunde Zeitaufwand verursachen wird. Denn der Kostenaufwand einer Mängelbeseitigung entfaltet lediglich dann Bedeutung, wenn die Mängelbeseitigung möglich ist. In dem für die Beurteilung der Frage der Unerheblichkeit maßgeblichen Rücktrittszeitpunkt – also am 11.03.2016 – war der Sachmangel jedoch auch auf Grundlage des Vorbringens der Beklagten sowohl für sie als auch den Hersteller unbehebbar (vgl. LG Lüneburg, Urt. v. 02.06.2016 – 4 O 3/16 [unter B 1 c]). Weder lag nämlich die Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt vor, noch ist dargelegt oder sonst ersichtlich, dass die Software vom Hersteller installationsfertig (inkl. der vor Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt notwendigen Feinabstimmung auf den Fahrzeugtyp) erstellt worden war.

Der Mängelbeseitigungsaufwand kann überdies nicht allein nach der Durchführung des Softwareupdates beurteilt werden, sondern er besteht – solange dessen Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist – auch im Aufwand der Entwicklung desselben (LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, juris Rn. 23; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 30). Dabei kann offenbleiben, ob bei der Bemessung des für die Entwicklung notwendigen Kostenaufwands dem Verkäufer und Hersteller zugutekommt, dass der Aufwand für eine Vielzahl von Fahrzeugen erforderlich und deshalb der auf das einzelne Fahrzeug entfallende Anteil gering ist (so LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15, juris Rn. 18), mit der Folge, dass ein konkreter technischer Mangel, für dessen Beseitigung die personellen und technischen Ressourcen des Herstellers über Monate gefordert werden, allein deshalb unerheblich wird, weil dieser bei einer Vielzahl mängelbehafteter Fahrzeuge vorliegt. Denn jedenfalls hat die Beklagte die Entwicklungskosten für die Mängelbeseitigungsmaßnahme beim konkreten Fahrzeugtyp schon nicht dargelegt.

Überdies fehlt es auch an einem feststellbaren Marktpreis für die Entwicklung, Herstellung und Installation des Updates. Nur wenn sich ein Marktpreis für eine Reparatur von dritter Seite feststellen lässt, kann dieser die Unerheblichkeit indizieren. Da hier die Mängelbeseitigungsmaßnahme nur vom Hersteller – seinerseits Verkäufer der Händler – angeboten wird, verbietet sich eine Anknüpfung an vom Hersteller monopolistisch angegebene Kosten. Wären bereits derartige Angaben des Herstellers maßgeblich, könnte dieser durch seine Preisangaben darüber bestimmen, ob von ihm verursachte Mängel erheblich oder unerheblich sind.

Einer Unerheblichkeit des Mangels steht vorliegend (auch ungeachtet des Kosten- und Zeitaufwands des Softwareupdates) jedenfalls entgegen, dass – vom maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung aus betrachtet – negative Auswirkungen auf andere Parameter des Fahrzeugs und seinen Marktpreis ernstlich zu befürchten waren (LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 33 f., LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 47, 49). Denn aus Käufersicht durfte jedenfalls im maßgeblichen Rücktrittszeitpunkt berechtigterweise befürchtet werden, dass das Update (dauerhafte Umstellung auf den Prüfstandmodus) nachhaltig negativ auf den Verbrauch, andere Abgaswerte oder die Haltbarkeit von Fahrzeugbauteilen wirken würde. Denn aus dem mit der Täuschung auf dem Prüfstand eingegangenen unternehmerischen Risiko von Strafzahlungen, Schadensersatzklagen und Imageverlust konnte jedenfalls vom Rücktrittszeitpunkt aus nur der Schluss gezogen werden, dass es für die Reduzierung der Abgasrückführung im Fahrbetrieb aus Sicht des Herstellers wichtige, wenn nicht sogar zwingende technische Gründe gab. Inwieweit die Freigabeerklärung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 solche Bedenken zu zerstreuen vermag, kann offenbleiben, da diese im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 11.03.2016 noch nicht vorlag. Ebenso wenig wurden dem Kläger die Beweggründe für die vom Hersteller installierte Abschaltlogik offenbart, welche ihn in die Lage versetzt hätten zu beurteilen, welche Folgen die Beseitigung der Umschaltlogik für das Fahrzeug haben würde.

Auch der Umstand, dass das Kraftfahrt-Bundesamt die Beseitigung des Mangels angeordnet hat und anderenfalls die Betriebserlaubnis in Gefahr ist, steht einer Unerheblichkeit des Mangels entgegen. Zwar hat sich das Kraftfahrt-Bundesamt faktisch gegenüber dem Hersteller auf ein Moratorium eingelassen, vorerst nicht gegen die Betriebserlaubnis des betroffenen streitgegenständlichen Fahrzeugtyps vorzugehen, obwohl es bereits mit Bescheid vom 15.10.2015 die Beseitigung der Manipulationssoftware in allen Fahrzeugen mit dem Motor EA189 angeordnet hatte. Jedoch war aus der maßgeblichen Perspektive des Rücktrittszeitpunktes für den Kläger nicht abschätzbar, ob und wann für sein Fahrzeug eine technische Lösung gefunden werden kann und er das über dem Fahrzeug schwebende Risiko des Verlustes der Betriebserlaubnis dauerhaft werde abwenden können. Der Umstand, dass das Fahrzeug von den Anordnungen des Kraftfahrt-Bundesamtes betroffen war und dass der Kläger vom Zeitpunkt der Rücktrittserklärung aus betrachtet gezwungen war, Maßnahmen unbekannter Art und Wirkung umzusetzen oder anderenfalls die Betriebserlaubnis zu riskieren, ist bei der Gewichtung seines Interesses zu berücksichtigen (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 48).

Schließlich steht der Annahme eines bloß unerheblichen Mangels entgegen, dass das Vertrauen in den Hersteller, der vorliegend allein in der Lage wäre (wenn überhaupt und aus der Rücktrittsperspektive erst zu einem noch nicht konkret absehbaren Zeitpunkt), das zwingend erforderliche Softwareupdate zur Verfügung zu stellen, durch dessen heimliches Vorgehen erschüttert ist. Da der Pkw ein langlebiges und hochwertiges Wirtschaftsgut ist, das im Laufe seiner Nutzung ständig gepflegt, gewartet und repariert werden muss, bedarf es der ständigen Leistung des Herstellers, weil dieser Wartungsintervalle und -maßnahmen vorgibt und die Ersatzteile produziert. Das erfordert ebenfalls ein gewisses Vertrauen in dessen Zuverlässigkeit, das durch die heimliche Installation der zu beseitigenden Software gestört ist (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris Rn. 50) und vorliegend im Rücktrittszeitpunkt auch nicht etwa dadurch wiederhergestellt werden konnte, dass dem Kläger vor seinem Rücktritt innerhalb der von ihm abgewarteten Frist das Update aufgespielt werden konnte, um dessen Wirksamkeit und Folgen zeitnah … zu überprüfen.

Nach alledem kann unter den hier im maßgeblichen Rücktrittszeitpunkt – am 11.03.2016 – gegebenen Umständen nicht von einer Unerheblichkeit des Mangels ausgegangen werden.

cc) Die Rücktrittserklärung war auch nicht unwirksam nach §§ 218 I 1, 438 I Nr. 3 BGB i. V. mit Abschnitt VI Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten. Unabhängig davon, ob die Beklagte nach dem vom Kläger am 11.03.2016 erklärten Rücktritt umfassend bis Ende 2017 auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat, waren die Ansprüche im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung schon deshalb nicht verjährt, weil die Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten, die insoweit mit der vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) e. V. empfohlenen Allgemeinen Geschäftsbedingung übereinstimmt, infolge Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB unwirksam ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VIII ZR 104/14, juris Rn. 15 [zur Muster-AGB des ZDK e. V.).

b) Der Höhe nach beläuft sich der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nach Abzug der vom Kläger im Wege des Wertersatzes zu erstattenden Nutzungen auf (17.939 € − 1.419,15 € =) 16.519,85 €.

Infolge des wirksam erklärten Rücktritts kann der Kläger Rückzahlung des von ihm geleisteten Kaufpreises (17.939 €) nach § 346 I BGB verlangen. Dem stehen Nutzungsersatzersatzansprüche der Beklagten nach § 346 II 1 Nr. 1 BGB gegenüber, mit denen die Beklagte konkludent … – durch Bezugnahme auf die vom Kläger in der Klage schon selbst vorgenommene (allerdings geringere) Anrechnung – mit der Folge des § 389 BGB die (Hilfs-)Aufrechnung erklärt hat.

Der Nutzungsersatzanspruch der Beklagten beläuft sich – ausgehend von einer nach § 287 ZPO geschätzten Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Pkw von 250.000 km (vgl. KG, Urt. v. 23.05.2013 – 8 U 58/12, juris Rn. 14 [zu einem Diesel-Pkw Mercedes-Benz C 200 CDI]; vgl. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 3571, 3574) – auf 1.419,15 €

$$\left({\frac{\text{17.939 € [Bruttokaufpreis]}\times\text{12.800 km [Fahrstrecke]}}{\text{161.800 km [mutmaßliche Restlaufleistung}}} \right).$$

c) Antragsgemäß war die Beklagte Zug um Zug zu verurteilen (§§ 274 I, 273 I BGB).

2. Auch der Feststellungsantrag ist begründet.

Die Beklagte befindet sich im Annahmeverzug gemäß § 293 ZPO. Spätestens mit der Stellung der Klageanträge hat der Kläger der Beklagten ein wörtliches Angebot auf Herausgabe des streitgegenständlichen Pkw nebst Fahrzeugschlüsseln, Fahrzeugpapieren und des Serviceheftes, die sämtlich durch Abholung seitens Beklagten zu erfolgen hätte, unterbreitet (§ 295 Satz 1 Fall 2 BGB). Die Beklagte hat mit ihrem Klageabweisungsantrag dieses Angebot abgelehnt, weshalb sie spätestens hierdurch in Annahmeverzug geriet (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.05.2011 – 17 U 53/10, juris Rn. 63).

3. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in der geltend gemachten Höhe nach §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB zu.

Mit der Lieferung eines mangelbehafteten Fahrzeugs hat die Beklagte ihre Pflichten aus dem Kaufvertrag verletzt, wobei sie sich nicht nach § 280 I 2 BGB entlastet hat.

Die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten entsprechen der Höhe nach einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zuzüglich Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer aus einem Gegenstandswert von 17.174 €. Dieser Gegenstandswert ist außergerichtlich zugrunde zu legen, da im Zeitpunkt der anwaltlichen Beauftragung eine Aufrechnung mit einem höheren als dem darin schon berücksichtigten Nutzungsersatzanspruch von der Beklagten noch nicht erklärt worden war.

Selbst wenn ursprünglich lediglich ein Freistellungsanspruch bezüglich der Anwaltskosten  bestanden hätte, hätte sich dieser nach §§ 249 I, 250 Satz 2 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Zwar hat der Kläger der Beklagten keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt (§ 250 Satz 1 BGB) und im Rahmen der Geltendmachung seines Schadens auch nicht Freistellung von den Anwaltskosten, sondern Zahlung verlangt. Allerdings wird die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Dabei kann in der definitiven Weigerung, die Anwaltskosten zu bezahlen, zugleich auch eine endgültige und ernsthafte Weigerung einer geschuldeten Freistellung zum Ausdruck kommen (OLG Hamm, Urt. v. 03.09.2013 – 4 U 58/13, juris Rn. 26; Urt. v. 23.10.2012 – 4 U 134/12, juris Rn. 82).

Eine solche ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung kann ihrerseits unter Berücksichtigung des gesamten Verhaltens des Schuldners auch in einem auf die Negierung sämtlicher Ansprüche dem Grunde nach gestützten Klageabweisungsantrag zu sehen sein. Ausschlaggebend ist, ob nach Stellung des Antrags auf Klageabweisung noch Raum für die Annahme bleibt, der Schuldner könne durch Setzen einer Nachfrist zur besseren Einsicht gelangen und „freiwillig“ die Ansprüche erfüllen. Nur wenn wenigstens die Möglichkeit besteht, dass der Gläubiger durch eine Nachfristsetzung irgendeinen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft des Schuldners ausüben kann, ist es auch geboten, eine solche Frist zu setzen (BGH, Urt. v. 08.12.1983 – VII ZR 139/82, NJW 1984, 1460 [1461]).

Vorliegend hat die Beklagte aufgrund ihres gesamten Verhaltens vor dem Prozess (Erhebung der Verjährungseinrede) und im Prozess (Bestreiten des Mangels und sämtlicher Rücktrittvoraussetzungen) bis hin zu ihrem (auf die Negierung aller Ansprüche dem Grunde nach gestützten) Klageabweisungsantrag ernsthaft und endgültig auch den Ersatz von Anwaltskosten verweigert. Damit wäre auch eine Fristsetzung zur Freistellung reine Förmelei und damit entbehrlich (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 03.09.2013 – 4 U 58/13 Rn. 26) …

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