- Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug (hier: ein Audi Q3), bei dem eine Software für eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes sorgt, sobald das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft (im Anschluss u. a. an LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15). Das folgt schon daraus, dass das Kraftfahrt-Bundesamt dem VW-Konzern auferlegt hat, die Software aus allen vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen zu entfernen, und diesen Fahrzeugen ein Verlust der Betriebserlaubnis droht, falls dies nicht geschieht.
- Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – mangelhaften – Fahrzeugs liegt, ist schon deshalb nicht unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB, weil die vom VW-Konzern entwickelten Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels einer umfassenden Prüfung und Genehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt bedurften (im Anschluss an LG Aachen, Urt. v. 06.12.2016 – 10 O 146/16).
- Jedenfalls noch im November 2015 musste sich dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs die Befürchtung geradezu aufdrängen, dass sich das für eine Nachbesserung des Fahrzeugs erforderliche Softwareupdate negativ auf den Kraftstoffverbrauch, die Motorleistung, die Schadstoffemissionen oder die Haltbarkeit von Fahrzeugbauteilen auswirken werde. Zu diesem Zeitpunkt war dem Käufer eine Nachbesserung deshalb unzumutbar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).
- Bei der Prüfung, ob dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs eine Nachbesserung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar ist, ist auch zu berücksichtigen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Käufer und dem Fahrzeughersteller nachhaltig erschüttert ist. Das gilt auch dann, wenn der Hersteller nicht Partei des Kaufvertrages ist, da nur er das für eine Nachbesserung erforderliche Softwareupdate zur Verfügung stellen kann. Insoweit ist ohne Belang, dass der Fahrzeughersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Kfz-Verkäufers ist und diesem daher ein mögliches Verschulden des Herstellers nicht gemäß § 278 BGB zugerechnet werden kann.
- Ein Kfz-Käufer, der zur Finanzierung des Kaufpreises mit einer Bank einen Darlehensvertrag geschlossen hat, der mit dem Kfz-Kaufvertrag i. S. von § 358 III BGB verbunden ist, kann vom Verkäufer nach einem mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag die Rückzahlung des gesamten Kaufpreises verlangen. Sein Rückzahlungsanspruch ist nicht auf den Betrag beschränkt, der den bereits an die finanzierende Bank gezahlten Raten entspricht.
- Ein Kfz-Käufer, der zur Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen aufgenommen und das Fahrzeug der finanzierenden Bank zur Sicherung der Darlehensschuld übereignet hat, kann den Verkäufer nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag nicht dadurch in (Annahme-)Verzug mit der Rücknahme des Fahrzeugs versetzen, dass er dem Verkäufer statt der Rückübereignung des Fahrzeugs anbietet, ihm seinen – des Käufers – Anspruch gegen die Bank auf Rückübereignung des Fahrzeugs abzutreten. Denn gemäß § 346 I BGB und ungeachtet der Sicherungsübereignung ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer das Fahrzeug zurückzugeben und ihm und das Eigentum daran wieder zu verschaffen.
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Bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung hat die Feststellung des Annahmeverzugs keinen eigenen wirtschaftlichen Wert.
LG Koblenz, Urteil vom 30.06.2017 – 15 O 205/16
Sachverhalt: Die Kläger nehmen die Beklagte auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Audi Q3 in Anspruch, den sie auf der Grundlage einer verbindlichen Bestellung vom 29.11.2013 von der Beklagten erwarben. Den Kaufpreis in Höhe von 43.100 € finanzierten die Kläger teilweise, indem sie bei der Volkswagen Bank GmbH ein Darlehen aufnahmen und der Bank das Fahrzeug zur Sicherung der Darlehensschuld übereigneten.
Der streitgegenständliche Audi Q3 ist mit einem EA189-Dieselmotor ausgestattet und deshalb vom VW-Abgasskandal betroffen. In dem Fahrzeug kommt eine Software zum Einsatz, die einen bestimmten Betriebsmodus („Modus 1“) aktiviert, sobald der Pkw auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert. In diesem Modus ist die Abgasrückführungsrate höher und sind deshalb die Stickoxid(NOX)-Emissionen niedriger als beim normalen Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr, der im „Modus 0“ erfolgt.
Nachdem die Fahrzeugherstellerin die Verwendung der Software im September 2015 öffentlich eingeräumt hatte, teilte das Kraftfahrt-Bundesamt in einer Pressemitteilung vom 16.10.2015 mit, dass die Software nach seiner Auffassung eine unzulässige Abschalteinrichtung sei. VW sei auferlegt worden, diese Abschalteinrichtung aus allen betroffenen VW-Markenfahrzeugen zu entfernen. Der Volkswagen-Konzern gab seinerseits mit Pressemitteilung vom 16.12.2015 bekannt, dass Fahrzeuge mit einem EA189-Motor ein Softwareupdate erhielten. Das streitgegenständliche Fahrzeugmodell wurde in der Folgezeit vom Kraftfahrt-Bundesamt zur Umrüstung freigegeben.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.2015 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag. Für dessen Rückabwicklung setzten sie der Beklagten – erfolglos – eine Frist bis zum 24.12.2015.
Nach Auffassung der Kläger ist das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft, weil es – so behaupten die Kläger – die Euro-5-Emissionsgrenzwerte entgegen den Herstellerangaben nicht einhalte. Eine Nachbesserung durch die Installation eines Softwareupdates sei mit erheblichen Nachteilen, insbesondere mit einem Anstieg des Kraftstoffverbrauchs und einer Verringerung der Motorleistung, verbunden. Zudem verbleibe trotz der Installation des Updates ein merkantiler Minderwert.
Die Kläger haben zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 43.100 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung des ihnen gegen die Volkswagen Bank GmbH zustehenden Anspruchs auf Herausgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs und Zug um Zug gegen Zahlung einer von der Beklagten noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung zu verurteilen. Außerdem haben die Kläger die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Audi Q3 in (Annahme-)Verzug befinde, und schließlich haben die Kläger erreichen wollen, dass die Beklagte sie von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1,642,20 € freistellen muss.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie meint, ein Rücktritt der Kläger vom Kaufvertrag scheitere bereits daran, dass die Kläger ihr – der Beklagten – keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hätten. Der dem Fahrzeug der Kläger vermeintlich anhaftende Mangel sei außerdem unerheblich. Die Kosten für die Installation des Softwareupdates – so behauptet die Beklagte – beliefen sich auf weniger als 100 €, und nachteilige Folgen für das Fahrzeug der Kläger seien mit der Installation des Updates nicht verbunden.
Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg.
Aus den Gründen: 1. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung von 31.939 € Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus § 346 I BGB i. V. mit §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323 BGB.
a) Das streitgegenständliche Fahrzeug war zum Zeitpunkt der Übergabe mit einem Sachmangel behaftet. Das Fahrzeug wies nicht die Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und vom Käufer nach Art der Sache erwartet werden kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).
Unstreitig war das Fahrzeug der Kläger mit einer Software ausgestattet, welche in der Lage ist, zwischen normalem Straßenbetrieb und Testbetrieb zu unterscheiden, und [die] in letzterem Fall in einen Modus. wechselt, der zu einem geringeren Ausstoß an Schadstoffen führt. Die Installation einer solchen Manipulationssoftware stellt nach einhelliger Auffassung der Rechtsprechung eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (vgl. etwa LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, juris; LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 011 O 341/15, juris; LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15, juris Rn. 17; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, juris Rn. 26). Hierzu führt das LG Bochum zutreffend aus:
„Selbstverständlich unterscheiden sich die Emissionswerte im Alltagsbetrieb eines Fahrzeugs von denen in einem synthetischen Prüfzyklus. Das ergibt sich schon daraus, dass sie von einer Vielzahl von Faktoren wie Fahrverhalten, Verkehrsfluss usw. abhängig sind, die im Prüfzyklus nur standardisiert stattfinden. Dennoch besteht bei einem die Prüfstandswerte nicht manipulierenden Fahrzeug die Gewähr dafür, dass die Vermeidung schädlicher Emissionen im Straßenverkehr mit derselben Effektivität wie auf dem Prüfstand erfolgt. Dies ist bei dem klägerischen Pkw jedoch nicht der Fall. Hier sorgt eine technische Vorrichtung dafür, dass im Prüfstandsbetrieb eine Abgasreinigung vorgetäuscht wird, die im Alltagsbetrieb schon grundsätzlich nicht stattfindet. Dabei ist entgegen der Ansicht der Beklagten unerheblich, ob dies durch Manipulationen der Abgasrückführung oder [durch] Abschaltung des Emissionskontrollsystems erfolgt. Welche technischen Maßnahmen der Fahrzeughersteller gewählt hat, um in unzulässiger Weise bessere Emissionswerte vorzutäuschen, ist ohne Belang. Ebenso ist unerheblich, ob man diese Software als ‚Schummelsoftware‘ bezeichnet oder nicht.“ (LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15, juris Rn. 17).
Ein Mangel folgt im Übrigen auch bereits daraus, dass die Durchführung eines Softwareupdates zur Beseitigung der Umschaltlogik aufgrund einer Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes zwingend notwendig ist, um nicht den Verlust der Zulassung zu riskieren (LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, juris Rn. 21).
b) Der vorliegende Mangel erweist sich auch nicht aIs unerheblich. Aus Käufersicht musste jedenfalls zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Rücktritts am 10.11.2015 befürchtet werden, dass das Softwareupdate nachhaltig negativ auf Verbrauch, Leistung, andere Abgaswerte oder die Haltbarkeit von Fahrzeugbauteilen wirken würde. Diese Befürchtung musste sich den Klägern geradezu aufdrängen, da andernfalls schlicht unverständlich gewesen wäre, weshalb man seitens des Herstellers überhaupt eine entsprechende Manipulationssoftware eingebaut haben sollte. Schon aus dem
„mit der Täuschung auf dem Prüfstand eingegangenen unternehmerischen Risiko von Strafzahlungen, Schadensersatzklagen und Imageverlust konnte jedenfalls vom Rücktrittszeitpunkt aus nur der Schluss gezogen werden, dass es für die Reduzierung der Abgasrückführung im Fahrbetrieb aus Sicht des Herstellers wichtige, wenn nicht sogar zwingende technische Gründe gab“ (LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, juris Rn. 65).
Ob mittlerweile eine technische Lösung gefunden worden ist, die jegliche negative Auswirkungen vermeidet, kann dahinstehen. Jedenfalls zum Zeitpunkt des Rücktritts war das Vorhandensein einer solchen Lösung für den Kläger nicht nur nicht ersichtlich, sondern musste im Gegenteil äußerst fraglich erscheinen.
Gleiches gilt auch für einen möglicherweise verbleibenden merkantilen Minderwert:
„Hinzu kommt, dass derzeit noch nicht abzusehen ist, ob sich allein durch die Betroffenheit des klägerischen Fahrzeugs vom Abgasskandal ein merkantiler Minderwert … realisieren wird. Im Hinblick auf die umfassende Berichterstattung zum sogenannten Abgasskandal und die sich daraus in der Öffentlichkeit ergebenen kontroversen Diskussionen, auch über einen etwaigen Mehrverbrauch nach durchgeführter Nachbesserung, ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass sich dies auf den im Falle eines Verkaufs zu erzielenden Wiederverkaufspreis negativ auswirkt. Dieser Bewertung stünde auch nicht entgegen, wenn die gegenteilige Behauptung der Beklagten, die Auswirkungen auf den Gebrauchtwagenmarkt vehement verneint, derzeit zuträfe. Insoweit ist allgemein bekannt, dass sich wertnachteilige Umstände auch erst mit zeitlicher Verzögerung auswirken können, zumal vorliegend die Rückrufaktion erst Mitte 2016 angelaufen ist.“ (LG Aachen, Urt. v. 06.12.2016 – 10 O 146/16, juris Rn. 31).
Schließlich weist das LG Aachen auch zutreffend, darauf hin, dass bereits aufgrund des Umstands, dass die vom Hersteller entwickelte Mängelbeseitigungsmaßnahme der umfassenden vorherigen behördlichen Prüfung und Genehmigung bedurfte, die Pflichtverletzung nicht mehr als unerheblich anzusehen ist (LG Aachen, Urt. v. 06.12.2016 – 10 O 146/16, juris Rn. 31).
c) Aus diesen Gründen erweist sich auch das fehlende Nacherfüllungsverlangen als unbeachtlich, da eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB wegen Unzumutbarkeit entbehrlich war.
Die Nachbesserung war den Klägern schon deshalb unzumutbar, weil sie
„die begründete Befürchtung hegen durfte[n], dass das beabsichtigte Softwareupdate entweder nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen würde. Es war vorliegend zum Zeitpunkt des Rücktritts, auf den allein abzustellen ist (BGH, Urt. v. 15.06.2011 – VIII ZR 139/09 Rn. 9), nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der Manipulationssoftware negative Auswirkungen auf die übrigen Emissionswerte, den Kraftstoffverbrauch und die Motorleistung haben würde. Im Gegenteil, derartige Befürchtungen wurden gerichtsbekannt auch von Fachleuten mehrfach öffentlich geäußert und beruhten auf der naheliegenden Überlegung, warum der Hersteller Audi nicht schon bei der Entwicklung der Motoren zur Erstellung einer entsprechenden Software in der Lage gewesen sei bzw. warum Audi nicht schon viel früher, nämlich schon weit vor Bekanntwerden des Abgasskandals, die Entwicklung der jetzt in Aussicht gestellten Software unternommen habe“ (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16, juris Rn. 29; ebenso LG Bückeburg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, juris Rn. 32, 35).
Hinzu kommt, dass das Vertrauensverhältnis zum Hersteller durch den Einsatz der Manipulationssoftware nachhaltig erschüttert worden ist. Der Hersteller war zwar nicht der Vertragspartner der Kläger, der Hersteller war aber allein in der Lage, das zwingend erforderliche Softwareupdate zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte selbst hätte wegen des dadurch hervorgerufenen Verlustes der Betriebserlaubnis gar nicht eigenständig nachbessern dürfen. Auch dies begründet im vorliegenden Fall die Unzumutbarkeit eines Nacherfüllungsverlangens (LG Krefeld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16, juris Rn. 40).
Soweit die Beklagte zutreffend darauf hinweist, dass der Verkäufer sich ein Verschulden des Herstellers grundsätzlich nicht gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss, ist dies für die Frage der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung unerheblich. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob dem Verkäufer ein Verschulden zugerechnet werden kann, sondern lediglich darauf, ob aus der Perspektive des Käufers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Nacherfüllung unzumutbar ist. Dies ist vorliegend aufgrund der genannten Umstände der Fall.
d) Gemäß § 346 I BGB waren aufgrund des erklärten Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Dabei sind die Kläger nicht darauf beschränkt, nur jenen Teil des Kaufpreises zurückzuverlangen, der den von ihnen bereits an die finanzierende Bank gezahlten Raten entspricht, sondern [sie] können den gesamten Kaufpreis zurückverlangen (OLG Koblenz, Urt. v. 18.12.2008 – 6 U 564/08, juris Rn. 42; LG Hagen, Urt. v. 26.08.2015 – 2 O 149/14, juris Rn. 26).
Dem stehen Nutzungsersatzansprüche der Beklagten nach § 346 II 1 Nr. 1 BGB gegenüber, mit denen die Beklagte konkludent mit Schriftsätzen vom 30.09.2016 und vom 19.12.2016 hilfsweise aufgerechnet hat. Der Nutzungsersatzanspruch der Beklagten beläuft sich – ausgehend von einer nach § 287 ZPO geschätzten Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 250.000 km (vgl. KG, Urt. v. 23.05.2013 – 8 U 58/12, juris Rn. 14; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2008 – I-1 U 152/07, juris Rn. 42) – auf 11.161 €
$$\left({\frac{\text{43.100 € [Bruttokaufpreis]}\times\text{64.739 km [gefahrene Kilometer]}}{\text{250.000 km [erwartete Gesamtlaufleistung]}}}\right).$$
Den Differenzbetrag in Höhe von 31.939 € hat die Beklagte an die Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Pkw zu zahlen. Unerheblich ist insoweit, dass das Fahrzeug der finanzierenden Bank zur Sicherheit übereignet worden ist. Insoweit obliegt es den Klägern, die Eigentumsverschaffung zu ermöglichen (OLG Koblenz, Urt. v. 18.12.2008 – 6 U 564/08, juris Rn. 69).
2. Ein weitergehender Anspruch der Kläger gegen die Beklagte besteht nicht. Ein solcher folgt weder aus § 812 I 1 Fall 1 BGB noch aus §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB.
Die Beklagte hat die Kläger nicht arglistig getäuscht und muss sich eine vermeintliche Täuschung des Herstellers auch nicht zurechnen lassen. Der Hersteller war in keiner Weise am Zustandekommen des streitgegenständlichen Kaufvertrages beteiligt und konnte darauf keinen Einfluss nehmen. Die Beklagte handelte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Hersteller und die Beklagte sind rechtlich unabhängige juristische Personen ohne gesellschaftsrechtliche oder personelle Verflechtungen. Der Hersteller ist nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten als Verkäufer. Hersteller und Händler verfolgen auch nicht per se gleichlaufende Gewinninteressen in Bezug auf das Verkaufsgeschäft mit dem Endkunden. Die Beklagte ist der Wirtschaftsstufe des Herstellers nicht wie ein Handelsvertreter funktional zugeordnet, sondern „steht als selbstständiges Absatzorgan auf einer anderen Wirtschaftsstufe“ (LG Bamberg, Urt. v. 22.07.2016 – 11 O 62/16, juris Rn. 19; ebenso OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 8).
Hinsichtlich eines Anspruchs aus §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB fehlt es jedenfalls an einem Verschulden der Beklagten. Auch insoweit kommt eine Zurechnung eines Verschuldens des Herstellers nicht in Betracht.
3. Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht in Annahmeverzug. Die Kläger haben der Beklagten die ihr obliegende Leistung nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten. Ein solches konkretes Angebot lässt sich dem Schreiben der Bevollmächtigten vom 10.11.2015 nicht entnehmen. Die Kammer vermag ein solches auch nicht konkludent in der Klageschrift oder im Schriftsatz vom 05.12.2016 zu erkennen.
Mit Schriftsatz vom 05.12.2016 begehrten die Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen „Abtretung des Herausgabe- und Übereignungsanspruchs“ bezüglich des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Geschuldet war indes die Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs.
4. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 I, II, 286 BGB. Die Bevollmächtigten der Kläger haben erstmals mit Schreiben vom 10.11.2015 die Anfechtung bzw. den Rücktritt gegenüber der Beklagten erklärt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte indes nicht in Verzug. Soweit die Bevollmächtigten in der Folge gegenüber der Beklagten erneut außergerichtlich tätig geworden sind, ist dies ohne Bedeutung, da es insoweit an der erforderlichen Kausalität fehlt. Die Kosten waren bereits mit Erstellung des Schreibens vom 10.11.2015 angefallen (vgl. hierzu LG Aachen, Urt. v. 06.12.201 – 10 O 146/16, juris Rn. 41; LG Köln, Urt. v. 02.03.2017 – 2 O 317/16, juris Rn. 36; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2013 – I-22 U 67/13, juris Rn. 89). Eine andere Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich.
Auch eine Verzinsung des zu zahlenden Betrages können die Kläger von der Beklagten gemäß §§ 286, 288 I BGB nicht verlangen, da die Forderung einredebehaftet und die Einrede noch nicht weggefallen ist. Der Beklagten steht die Einrede gemäß §§ 348, 320, 322 BGB zu (LG Hagen, Urt. v. 26.08.2015 – 2 O 149/14, juris Rn. 29).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO. Dabei war der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs im Rahmen der Quotenbildung nicht zu berücksichtigen, da diesem kein eigener wirtschaftlicher Wert zukommt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.07.2008 – I-24 W 46/08). …