1. Die den Käufer treffende Obliegenheit, vom Verkäufer Nacherfüllung zu verlangen, bevor er wegen eines Mangels den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung. Vielmehr umfasst sie auch die Bereitschaft des Käufers, die Kaufsache dem Verkäufer zur Verfügung zu stellen, damit dieser insbesondere prüfen kann, ob der gerügte Mangel besteht und bereits bei Gefahrübergang vorhanden war.
  2. Die Aufforderung des Käufers, der Verkäufer möge innerhalb einer bestimmten Frist seine Bereitschaft erklären, die Kaufsache zurückzunehmen und dem Käufer eine mangelfreie Sache nach Maßgabe des Kaufvertrages zu liefern, ist kein taugliches Nacherfüllungsverlangen und reicht für eine Fristsetzung i. S. des §§ 323 I BGB nicht aus.
  3. Einem Kfz-Verkäufer, der gemäß § 439 I Fall 2 BGB die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs schuldet, muss dafür regelmäßig eine Frist von einem Monat zur Verfügung stehen; eine Frist von weniger als zwei Wochen ist keinesfalls ausreichend.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2016 – I-5 U 49/15

Sachverhalt: Der Kläger bestellte bei der Beklagten am 10.10.2006 einen Neuwagen (Citroën C4 Picasso HDi 135 Exclusive) zum Preis von 29.800 €. Das Fahrzeug wurde ihm am 13.10.2006 gegen Zahlung des Kaufpreises übergeben.

Nachdem der Kläger unter anderem im Rahmen von Inspektionen verschiedene Reparaturen an dem Fahrzeug hatte durchführen lassen, teilte er der Beklagten durch anwaltliches Schreiben vom 03.01.2008 mit, dass er das ihm gemäß „§ 439 Abs. 2 BGB in der zweiten Alternative zustehende Recht auf Lieferung einer mangelfreien Sache geltend“ mache. Gleichzeitig forderte der Kläger die Beklagte auf, bis zum 16.01.2008 zu bestätigen, dass sie das Fahrzeug zurücknehmen und ihm ein mangelfreies Fahrzeug nach Maßgabe des Kaufvertrages liefern werde. Dabei nahm er insbesondere Bezug auf eine Liste bereits behobener und (angeblich) noch bestehender Mängel.

Mit Anwaltsschreiben vom 29.01.2008 bat die Beklagte den Kläger, ihr sein Fahrzeug nach Terminabsprache zur Verfügung zu stellen, damit sie es hinsichtlich der behaupteten Mängel untersuchen könne. Sollten sich die Mängel verifizieren lassen, werde sie – die Beklagte – eine Kalkulation vorlegen, wonach eine Nachlieferung „unverhältnismäßig und damit nicht zumutbar sein dürfte“.

Der Kläger erklärte daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 20.02.2008 den Rücktritt vom Kaufvertrag, ohne mit der Beklagten einen Termin zur Überprüfung des Fahrzeugs vereinbart zu haben.

Das Landgericht (LG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.2015 – 10 O 183/08) hat seine Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt – insbesondere nicht gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 I BGB – die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs verlangen. Ein Rücktritt gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 I BGB komme nicht in Betracht, weil der Kläger der Beklagten weder die Möglichkeit zur Nacherfüllung gegeben noch ihr eine Frist hierfür gesetzt habe und eine Fristsetzung nicht entbehrlich gewesen sei. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei nicht darin zu sehen, dass der Kläger die Beklagte aufgefordert habe, sich bis zum 16.01.2008 über ihre Leistungsbereitschaft zu erklären.

Zwar sei § 323 BGB im Hinblick auf Art. 3 V 2. Spiegelstrich der Richtlinie 1999/44/EG („Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie“) bei einem Verbrauchsgüterkauf, wie er hier vorliege, europarechtskonform dahin auszulegen, dass der Käufer dem Verkäufer keine Frist zur Mangelbeseitigung setzen müsse. Vielmehr reiche es aus, wenn der Käufer nach Anzeige eines Mangels eine angemessene Frist abwarte, bevor er den Rücktritt vom Kaufvertrag erkläre, und dem Verkäufer so Gelegenheit zur Nacherfüllung gebe. Der Kläger habe der Beklagten jedoch keine ausreichende Möglichkeit zur Nacherfüllung gegeben, weil er ihr sein Fahrzeug nicht für eine Überprüfung zur Verfügung gestellt habe.

Dass die Beklagte die von ihm gewählte Art der Nacherfüllung verweigert habe, habe der Kläger nicht dargelegt. Gerade dass die Beklagte um die Möglichkeit zur Überprüfung des Fahrzeugs gebeten und gleichzeitig darauf hingewiesen habe, dass eine Ersatzlieferung unverhältnismäßig und ihr deshalb nicht zumutbar sein dürfte, habe ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Nacherfüllung gezeigt. An dieser Beurteilung ändere auch der Umstand nichts, dass die Beklagte erst nach Ablauf der ihr gesetzten Frist reagiert habe. Denn an den Ablauf der mit Schreiben vom 03.01.2008 gesetzten Frist seien keine Rechtsfolgen geknüpft.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht vom Kaufvertrag zurücktreten konnte. Damit scheiden auch die übrigen geltend gemachten Ansprüche sowie die begehrten Feststellungen aus.

1. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag gemäß §§ 433 I, 437 Nr. 2, 440, 323, 346 ff. BGB liegen nicht vor.

a) Zutreffend ist das Landgericht von der Anwendbarkeit des Kaufrechts ausgegangen …

b) Die sich dementsprechend nach dem Kaufrecht bestimmenden Voraussetzungen eines Rücktritts sind jedoch nicht gegeben. Neben der im Schreiben vom 20.02.2008 zu sehenden Erklärung des Rücktritts vom Vertrag bedürfte es dazu eines Rücktrittsgrundes des Klägers – hier also des Vorliegens ausreichender Mängel – sowie der Einhaltung der weiteren Rücktrittsvoraussetzungen. Bereits an Letzteren scheitert der Rücktritt; ob und welche Mängel am Fahrzeug vorlagen/vorliegen, kann daher im Ergebnis offenbleiben.

Grundsätzlich setzt ein Rücktritt nämlich gemäß §§ 433 I, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB voraus, dass eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt wird und damit Gelegenheit zu dieser geboten wird. Diese Anforderung erfüllt der Kläger vorliegend nicht.

Zwar wird wegen der Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung im Hinblick auf EGRL 44/1999, dort Art. 3 V 2. Spiegelstrich („wenn der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat“), für den Verbraucherverkauf einschränkend angenommen, dass nur eine angemessene Frist abgewartet werden müsse, diese aber nicht konkret gesetzt zu werden brauche (BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 176/14, MDR 2015, 576 Rn. 11, Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 892; Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 439 Rn. 7; MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, 7. Auf. , § 437 Rn. 10; LG Stuttgart, Urt. v. 08.02.2012 – 13 S 160/11, juris Rn. 19).

Erforderlich ist eine bestimmte und eindeutige Nacherfüllungsaufforderung (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 323 Rn. 13) unter Benennung des genauen Inhalts des Nacherfüllungsverlangens (MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, a. a. O., § 437 Rn. 10); dagegen genügt die bloße Aufforderung zur Erklärung zur/über die Leistungsbereitschaft nicht (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 897; so auch BGH, Urt. v. 16.09.1999 – VII ZR 456/98, NJW 1999, 3710 [zu § 634 I BGB a.F.]). Nur eine solche ist indes in dem Schreiben vom 03.01.2008 zu sehen. Deutlich wird dies insbesondere dadurch, dass ausdrücklich eine Frist gesetzt wurde bis zum 16.01.2008 zur Bestätigung, dass das Fahrzeug zurückgenommen werde, bei gleichzeitiger Bitte um Mitteilung einer diesbezüglichen Lieferfrist. Dies schließt es aus, die Aufforderung bereits auf die eigentliche Nacherfüllung selbst zu beziehen, hinsichtlich derer zunächst nur eine Erklärung über die Bereitschaft sowie über die zu erwartende Dauer verlangt wird.

Die Erklärung des Klägers würde jedoch selbst dann nicht ausreichen, wenn man sie entgegen dem Wortlaut wegen der angedrohten Konsequenz des Rücktritts für den Fall des fruchtlosen Verstreichens als Aufforderung zur Nachlieferung wertete. Denn die Beklagte war berechtigt, vor ihrer Entscheidung über die Durchführung der Nacherfüllung zu verlangen, dass ihr die Möglichkeit zur eigenen Prüfung der behaupteten Mängel eingeräumt werde. Durch ihr Schreiben vom 29.01.2015 hat die Beklagte ihr diesbezügliches Bestehen auf eigene Feststellungen am Auto auch bekundet. Damit ergab sich für den Kläger die Obliegenheit, ihr diese zu ermöglichen. Denn die Obliegenheit (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 12; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 892) des Käufers, dem Verkäufer eine Nacherfüllungsmöglichkeit einzuräumen, umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Prüfung zu ermöglichen, ob und welche Mängel vorliegen, worauf diese beruhen und ob sie bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlagen; all dies muss der Verkäufer prüfen können, was voraussetzt, dass ihm der Kaufgegenstand hierzu zur Verfügung gestellt wird (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 12; zuletzt BGH, Urt. v. 01.07.2015 – VIII ZR 226/14, MDR 2015, 1199 Rn. 30). Dem Verkäufer soll dies zur Einschätzung dienen, ob er sich auf die gewählte Art der Nacherfüllung einlassen muss oder berechtigt ist, sie – insbesondere nach § 439 III BGB – zu verweigern (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 13). Danach konnte die Beklagte grundsätzlich verlangen, dass der Kläger ihr das Fahrzeug zur Überprüfung bei ihr im Autohaus zur Verfügung stellt (vgl. hierzu Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 899).

Der Kläger war auch entgegen seiner Ansicht nicht ausnahmsweise berechtigt, diese Besichtigung zu verweigern, weil er der Beklagten selbst die Mängel konkret benannt hat und die Beklagte ihre angekündigten Berechnungen bereits auf dieser Grundlage hätte anstellen können. Diese Argumentation läuft der gesamten Obliegenheit zuwider, deren Zweck gerade darin liegt, dass der Schuldner eine eigene Abschätzung vornehmen können soll.

Auch ansonsten ergeben sich keine Gesichtspunkte, unter denen die Obliegenheit vorliegend hätte entfallen können. Zwar hat die Beklagte ausgeführt:

„Sofern sich die von Ihnen beschriebenen Mängel bestätigen sollten, würden wir eine Kalkulation vorlegen, aus der sich ergibt, dass das Recht der Nachlieferung für meine Mandantin unverhältnismäßig und damit nicht zumutbar sein dürfte.“

Allerdings wird schon durch die abschwächende Formulierung im Konjunktiv deutlich, dass hierdurch keine bindende Erklärung über die Verweigerung jeglicher Nacherfüllung und auch nicht einmal eine endgültige Verweigerung einer Nacherfüllung gerade durch Nachlieferung erklärt wurde, sondern dies nur als voraussichtliches Ergebnis der noch durchzuführenden Mangelprüfung dargestellt wurde. Eine Nacherfüllungsverweigerung wird aber erst dann angenommen, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen; hierzu reicht nicht einmal das bloße Bestreiten des Mangels oder des Anspruches aus (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, MDR 2011, 906 Rn. 14). Die Beklagte hat indes sogar offengelassen, wie sie nach der Inaugenscheinnahme weiter reagieren werde, indem sie nur ihre Einschätzung mitgeteilt hat, selbst das Vorliegen der Mängel werde wohl kein Verlangen einer Neulieferung rechtfertigen können.

Schließlich steht der Obliegenheit auch nicht entgegen, dass die vom Kläger gesetzte Frist bereits abgelaufen war, als die Beklagte den Kläger aufforderte, ihr die Prüfung zu ermöglichen. Anerkannt ist vielmehr sogar, dass ein Verkäufer sich vor Erklärung des Rücktritts unabhängig von einem bereits gegebenen Fristablauf zur Mangelbeseitigung noch auf die Einrede des § 439 III BGB berufen kann (BGH, Urt. v. 16.10.2013 – VIII ZR 273/12, MDR 2014, 26 Rn. 17). Wenn dies der Fall ist, so muss ihm allerdings auch hierzu die Prüfung ermöglicht werden, ob die Voraussetzungen der Einrede gegeben sind. Es wäre widersprüchlich, dem Verkäufer zwar einzuräumen, sich auf die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung durch Nachlieferung zu berufen, ihm aber die Möglichkeit zu verwehren, die hierzu notwendigen Tatsachen festzustellen.

Dies muss jedenfalls vorliegend gelten, da die gesetzte Frist – sofern man sie entgegen ihrem Wortlaut auf eine Nachlieferung und nicht nur auf eine Erklärung hierüber bezöge – zu kurz war und daher zum Zeitpunkt des Verlangens der Beklagten auf Vorstellung des Fahrzeugs ein Rücktritt noch nicht erklärt werden durfte. Das Schreiben vom 03.01.2008, einem Donnerstag, sollte der Beklagten zugestellt werden. Wann dies erfolgt ist, wird nicht mitgeteilt. Die Beklagte reagierte hierauf durch Schreiben vom 29.01.2008, und zwar ausweislich des Schreibens vorab per Fax, von dessen Zugang am selben Tag mangels anderer Darlegungen auszugehen ist. Dies wäre jedenfalls als rechtzeitig anzunehmen, denn die gesetzte Frist wäre als Nachlieferfrist zu kurz, da für die Ersatzlieferung eines Fahrzeugs eine Nachlieferungsfrist von einem Monat erforderlich ist (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 904). Demnach konnte die Fristsetzung keinesfalls die gewählte, sondern allenfalls eine angemessen lange Frist in Gang setzen (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 905). Denn jedenfalls wäre zu berücksichtigen, dass der Kläger seiner Formulierung nach bereits für die Überlegung und Erklärung Zeit bis zum 16.01.2008 eingeräumt hat; die eigentliche Nachlieferungsfrist könnte daher erst danach beginnen. Dann aber muss die Reaktion durch das Schreiben vom 29.01.2008 als rechtzeitig akzeptiert werden, denn keinesfalls kann eine Nachlieferfrist für ein neu zu beschaffendes Auto mit weniger als zwei Wochen bemessen werden.

Es liegen ersichtlich auch keine sonstigen Gründe vor, weshalb vorliegend ein Einräumen der Möglichkeit zur Nacherfüllung entbehrlich sein könnte, insbesondere auch nicht wegen vorangehender Reparaturen, Mängel oder Rückrufe bezüglich des gelieferten Fahrzeugs. Letztlich geht der Kläger auch selbst nicht hiervon aus, indem er nämlich zunächst durch die Fristsetzung zur Erklärung über die Bereitschaft zur Lieferung eines Ersatzfahrzeugs einen Anspruch auf Nacherfüllung geltend machen wollte. Damit verdeutlicht er, nur das konkrete Auto nicht behalten zu wollen. Dass ihm jede Nacherfüllung – auch eine solche durch Nachlieferung – nicht zumutbar sei, legt er gerade nicht dar, sondern verdeutlicht zunächst mit seiner Fristsetzung zur Erklärung der Nachlieferbereitschaft gerade das Gegenteil. Diese Einschätzung ist auch zutreffend, weil seine sämtlichen Ausführungen zum Vorliegen der Mängelhäufung am konkreten Fahrzeug nebst der Vielzahl von Rückrufen nicht dazu angetan sein können, dem Kläger jegliche Nachbesserung (also auch durch Nachlieferung) unzumutbar erscheinen zu lassen.

c) Auf die Frage, ob und wenn ja welche Mängel tatsächlich vorlagen, sowie die weitere Frage, ob die Gesamtheit der Mängel zur Einordnung des gelieferten Fahrzeugs als „Montagsauto“ zutreffend ist, kommt es daher insgesamt nicht an. Maßgeblich wären diese Mängel nur dann gewesen, wenn eine Nacherfüllung durch Nachlieferung unmöglich gewesen wäre und/oder in dem Schreiben der Beklagten vom 29.01.2008 eine Verweigerung der Nacherfüllung durch Nachlieferung zu sehen wäre. Dann nämlich verbliebe allein die Nacherfüllung durch Mängelbeseitigung. Wäre diese wiederum für den Kläger unzumutbar, weil es sich um ein „Montagsauto“ handelte, bestünde insgesamt keine Nacherfüllungsmöglichkeit mehr, die gegenüber einem Rücktritt vorrangig wäre. Es liegt allerdings keine der beiden Alternativbedingungen – Unmöglichkeit oder Verweigerung der Nachlieferung – vor.

Die Beklagte hat vor Rücktritt eine Nachlieferung nicht i. S. des § 439 III 1 BGB abgelehnt. Die Auslegung des Schreibens vom 29.01.2008 ergibt keine Ablehnung der Nacherfüllung durch Nachlieferung, sondern nur die überschlägige Wertung, dass diese „unverhältnismäßig und damit nicht zumutbar sein dürfte“ (vgl. oben).

Eine Nacherfüllung durch Nachlieferung wäre auch möglich gewesen. Zwar beschreibt das Landgericht im Tatbestand einen Stückkauf …, indem es bereits bei der Angabe der Bestellung die Fahrgestellnummer … aufführt. Diese Angabe ist indes im Kaufvertrag unstreitig nicht enthalten gewesen und daher für das Berufungsgericht auch nicht bindend festgestellt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2011 – I-23 U 137/10, juris Rn. 49; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 531 Rn. 20); letztlich kann dies auch dahinstehen, denn die Nacherfüllungspflicht des § 439 BGB gibt auch bei einer ursprünglichen Stückschuld die Möglichkeit einer Nachlieferung jedenfalls dann, wenn keine schützenswerten Interessen von Käufer oder Verkäufer dagegen sprechen (vgl. MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, a. a. O., § 439 Rn. 12). Dies ist beim Kläger ersichtlich nicht der Fall gewesen, da er ja gerade die Nachlieferung eines anderen Fahrzeugs akzeptieren wollte, wie die Forderung zur Erklärung der Bereitschaft hierzu zeigt. Und auch die Beklagte führt hierzu nichts an. Zwar äußert sie Bedenken gegen die Verpflichtung zur Nachlieferung eines anderen Fahrzeugs; dies erfolgt aber wegen der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs, die Voreintragung des Klägers, die Abnutzung etc. und nicht etwa im Hinblick darauf, dass Gegenstand des Verkaufs ein bestimmtes Fahrzeug gewesen sei, auf den sich der Vertrag allein konzentriert habe (wie dies etwa beim Verkauf eines vorhandenen Pkw der Fall sein könnte, der wegen seiner Konfiguration nur zu besonders günstigen Konditionen weiterzuverkaufen wäre).

d) Anders als der Kläger annimmt, kann auch die Frage später aufgetretener zusätzlicher Mängel sowie weiter hinzugetretener Rückrufaktionen des Herstellers nicht zu einer anderen Einschätzung führen, denn das Auftreten von Mängeln nach Abgabe der Rücktrittserklärung ist ohne Belang, da schon aus Gründen der Rechtssicherheit die Wirksamkeit einer Gestaltungserklärung nicht mit einer nachträglich eingetretenen oder erweiterten Sachlage begründet werden kann (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.03.2011 – I-3 U 47/10, MDR 2011, 723). Hierauf kann es daher nicht ankommen, denn der Kläger hat keine auf neu aufgetretene Mängel bezogene weitere Rücktrittserklärung abgegeben. Zudem fehlte hierzu wiederum die notwendige Aufforderung zur Nacherfüllung.

2. Damit kommt auch ein Erfolg mit dem Klageantrag zu 2. nicht in Betracht. Sowohl der Anfall von Mietwagenkosten für September 2008 bis Dezember 2010 als auch die Unterstellkosten ab April 2008 wären allenfalls im Rahmen eines Schadensersatzanspruches gemäß §§ 433 I, 437 Nr. 3, 440, 280 I BGB durch die Beklagte zu ersetzen.

Auch dem steht jedoch die Obliegenheitsverletzung des Klägers entgegen. Zugunsten der Beklagten muss davon ausgegangen werden, dass sie – hätte der Kläger ihr die Möglichkeit dazu eingeräumt – eine Prüfung der Mängel durchgeführt hätte und Maßnahmen ergriffen hätte, bei denen die genannten Kosten nicht angefallen wären. Dies gilt als Rechtsfolge der Obliegenheitsverletzung schon unabhängig von einer tatsächlichen Prognose. Im Übrigen wäre dies auch tatsächlich zu erwarten gewesen, da die Beklagte auch zuvor sämtlichen Mängelanzeigen des Klägers nachgegangen war. Jedenfalls hat der Kläger nichts anderes hinreichend dargelegt.

3. In derselben Weise und mit der jeweils zutreffenden Begründung des Landgerichts können auch die Feststellungsanträge … hinsichtlich des nicht gegebenen Annahmeverzugs und … weiterer Unterstellkosten nicht zum Erfolg führen, was auch für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten … und für die als Nebenanspruch geltend gemachten Zinsen gilt.

Hinweis: Art. 3 V der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlements und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter („Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie“) lautet:

„Der Verbraucher kann eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder eine Vertragsauflösung verlangen,

  • wenn der Verbraucher weder Anspruch auf Nachbesserung noch auf Ersatzlieferung hat oder
  • wenn der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat oder
  • wenn der Verkäufer nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe geschaffen hat.“

Den vollständigen Text der Richtline finden Sie hier.

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