1. Bei der Prüfung, ob ein i. S. von § 323 V 2 BGB geringfügiger Mangel vorliegt, ist eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Abwägung der Interessen der Vertragspartner vorzunehmen. Ob eine erhebliche oder nur eine unerhebliche Pflichtverletzung vorliegt, bestimmt sich bei einem Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nach objektiven Gesichtspunkten, insbesondere nach dem objektiven Ausmaß der Qualitätsabweichung und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigung des Äquivalenzinteresses des Käufers. Die nach früherem Kaufrecht (allein) maßgebenden Kriterien der Wertminderung und der Gebrauchsstörung (§ 459 I 2 BGB a.F.) sind für eine Konkretisierung des Merkmals der Unerheblichkeit vorrangig heranzuziehen.
  2. Bei einem Neufahrzeug ist die Grenze von einem unerheblichen zu einem erheblichen Mangel eher überschritten als bei einem gebrauchten Kraftfahrzeug. Dies gilt insbesondere mit Blick auf negative Auswirkungen auf den Fahrkomfort. Wenn ein Neuwagenkäufer durch die Bestellung bestimmter, erfahrungsgemäß kostspieliger Sonderausstattungen den Basisfahrkomfort individuell steigern wollte, dann muss – auch nach der Verkehrsanschauung – ein technisch bedingter Ausfall dieses „Extras“ eine andere Beurteilung erfahren als im Fall des Kaufs eines gebrauchten, bereits komplett ausgestatteten Fahrzeugs. Auch bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise ist einem Neufahrzeugkäufer in dieser Hinsicht ein geringeres Maß an negativen Auswirkungen zuzumuten.
  3. Ob die vertraglich vereinbarte, hilfsweise die gewöhnliche Gebrauchstauglichkeit und/oder der Wert des Kaufobjekts erheblich beeinträchtigt sind, kann bei einem behebbaren Mangel auch, aber nicht ausschließlich anhand des Umfangs und der Kosten der Mängelbeseitigung beurteilt werden. Bei einer mangelhaften Sonderausstattung erscheint es zudem sinnvoll, auf die Relation zwischen Gesamtkaufpreis und dem Preis für das „Extra“ abzustellen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.01.2007 – I-1 U 177/06

Sachverhalt: Der Kläger nimmt das beklagte Autohaus auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen neuen Pkw in Anspruch. Der Streit der Parteien betrifft in erster Linie die Frage, ob der Ausfall der Lenkradfernbedienung ein erheblicher, den vom Kläger erklärten Rücktritt rechtfertigender Mangel ist.

Gemäß verbindlicher Bestellung vom 30.09.2004 kaufte der Kläger von der Beklagten einen neuen Opel zum Preis von 31.563 €. In der Liste „Fahrzeug-Sonderausstattung“ ist unter anderem – ohne Einzelpreisangabe – eine Lenkradfernbedienung für ein ebenfalls als Sonderzubehör bestelltes Radio aufgeführt. Da die Lenkradfernbedienung von Anfang an nicht richtig funktionierte, suchte der Kläger wiederholt die Beklagte auf. Als es dieser trotz dreier Versuche nicht gelang, die Störung nachhaltig zu beseitigen, erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 20.05.2005 die „Wandlung“ des Kaufvertrags.

Im ersten Rechtszug hat der Kläger zuletzt Zahlung von 25.160,33 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw verlangt und die Feststellung des Annahmeverzugs begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Fehlfunktion der Lenkradfernbedienung zwar einen Sachmangel darstelle. Insoweit sei ein Rücktritt jedoch ausgeschlossen, weil die in dem Sachmangel liegende Pflichtverletzung der Beklagten unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB sei. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er verfolgt sein erstinstanzliches Klageziel im Grundsatz weiter. Das Rechsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger kann nicht vom Kauf gemäß § 437 Nr.2 BGB i. V. mit § 323 I BGB zurücktreten. Denn der Rücktritt ist, wie das Landgericht richtig entschieden hat, nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kann der Gläubiger im Fall vertragswidriger Leistung vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Das ist hier mit dem Landgericht nach den gesamten Umständen des Falls festzustellen.

1. Allerdings enthalten weder das BGB (hier: § 323 BGB) noch die EU-Kaufrechtsrichtlinie 1999/44 (hier: Art. 3 VI) nähere Kriterien für die Bestimmung der Unerheblichkeit. Auch in der nationalen kaufrechtlichen Rechtsprechung zum modernisierten Schuldrecht haben sich noch keine allgemein anerkannten Grundsätze herausgebildet, anhand derer sich erhebliche von unerheblichen Pflichtverletzungen (Sachmängeln) sicher und nachvollziehbar abgrenzen lassen.

a) Der BGH hat in einer Entscheidung vom 14.09.2005 (Urt. v. 14.09.2005 – VIII ZR 363/04, NJW 2005, 3490) offengelassen, ob für die Frage der Erheblichkeit eines – wie hier – behebbaren Mangels stets auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen ist, und bei welchem Prozentsatz vom Kaufpreis oder vom Wert der Sache in mangelfreiem Zustand die Grenze zur Erheblichkeit zu ziehen ist. Mängelbeseitigungskosten von nur knapp 1 % des Kaufpreises liegen nach dieser Entscheidung eindeutig unterhalb der Bagatellgrenze.

Bei Mängelbeseitigungskosten von 2.500 € und einem Kaufpreis von rund 84.000 € (für eine Eigentumswohnung) hat der V. Zivilsenat des BGH unentschieden gelassen, ob damit die Grenze zur Erheblichkeit überschritten ist (Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960 = DAR 2006, 448 m. Anm. Andreae). Für den Fall, dass nach rein objektiven Gesichtspunkten von einem nur geringfügigen Mangel/Pflichtverletzung auszugehen ist, hat der V. Zivilsenat mit Rücksicht auf das arglistige Verschweigen des Mangels Erheblichkeit der Pflichtverletzung bejaht.

Arglist scheidet im Streitfall als Argument für die Bejahung von Erheblichkeit von vornherein aus, ebenso Fahrlässigkeit. Die Beklagte hat weder den Mangel als solchen noch das Fehlschlagen der Nachbesserung zu vertreten (§ 276 BGB). Allem Anschein nach fehlte ihr aus Gründen, die sie als Händlerin nicht zu vertreten hat, das passende Ersatzteil, um den Fehler nachhaltig zu beseitigen.

b) Wie in Fällen ohne Arglist oder einem minderschweren Verschulden geringfügige Mängel eines Kraftfahrzeugs von erheblichen im Lichte der EU-Kaufrechtsrichtlinie 1999/44 abzugrenzen sind, hat der österreichische OGH bereits mehrfach entschieden. Bei einem fabrikneuen Pkw (Tagezulassung) könne nicht mehr von einem nur geringfügigen Mangel gesprochen werden, wenn nach „Verbesserungsversuchen“ Vibrationsgeräusche vom Armaturenbrett ausgehen, die linke hintere Türe schwergängig sei, bei gerader Lenkradeinstellung eine Seitenabweichung von zwei Metern auf einer Strecke von hundert Metern gegeben sei, und die Stauklappen im Kofferraum außergewöhnlich große Formabweichungen aufweisen (Urt. v. 28.09.2005 – 7 Ob 194/05p, ZVR 2006, 285). Demgegenüber hat der OGH in einer früheren Entscheidung – gleichfalls zum Neufahrzeugkauf – einen Mangel als nur geringfügig eingestuft, der in einem Geräusch durch das (sporadische) Vibrieren des Schalthebels bestanden hat (Entsch. v. 24.05.2005 – 1 Ob 14/05y).

Ebenso wie der BGH (V. Zivilsenat, Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960 = DAR 2006, 448) stellt der OGH das Regel-Ausnahme-Verhältnis heraus, das der „Geringfügigkeitsregelung“ zugrunde liegt. Auf diesen Gesichtspunkt weist auch die Berufung zu Recht hin. Rücktritt bzw. Wandlung (Österreich) sind in der Tat nur in Ausnahmefällen ausgeschlossen. Grundsätzlich hat das Rückabwicklungsinteresse des Käufers bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache Vorrang. Wie nicht zuletzt aus § 441 I 2 BGB hervorgeht, handelt es sich bei der Regelung in § 323 V 2 BGB um einen Ausschlussgrund. Die Darlegungs- und Beweislast liegt beim Verkäufer.

Nach gefestigter Ansicht des österreichischen OGH ist bei der Prüfung, ob ein geringfügiger Mangel vorliegt, eine auf den konkreten Vertrag bzw. die Umstände des Einzelfalls bezogene Abwägung der Interessen der Vertragspartner vorzunehmen (ZVR 2006, 285 [287]). Dem stimmt der Senat zu. Ob eine erhebliche oder unerhebliche Pflichtverletzung vorliegt, bestimmt sich in einem Fall der Mangelhaftigkeit i. S. der objektiven Kriterien des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nach objektiven Gesichtspunkten, insbesondere nach dem objektiven Ausmaß der Qualitätsabweichung und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigung des Äquivalenzinteresses des Käufers. Die nach dem früheren Kaufrecht (allein) maßgebenden Kriterien der Wertminderung und der Gebrauchsstörung (§ 459 I 2 BGB a.F.) sind bei der Konkretisierung des Merkmals der Unerheblichkeit vorrangig heranzuziehen.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen muss die Abwägung der beiderseitigen Interessen nach den gesamten Umständen des Streitfalles zulasten des Klägers ausfallen.

a) In tatsächlicher Hinsicht ist der Senat dabei von Folgendem ausgegangen: Die fehlerhafte Lenkradfernbedienung gehört nicht zur serienmäßigen Ausstattung des Kaufobjekts, sondern ist Bestandteil der vom Kläger gewählten Sonderausstattung. Wie dem – nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten – Auszug aus der Bedienungsanleitung … zu entnehmen ist, werden (in Abhängigkeit vom Fahrzeugtyp) zwei unterschiedliche Typen von Lenkradfernbedienungen verbaut, nämlich „Lenkrad 1“ und „Lenkrad 2“. Nach den farblichen Markierungen in der Bedienungsanleitung zu urteilen, kommt im Fall des Klägers der Typ 1 („Lenkrad 1“) zum Zuge. Wie es … in der … Bedienungsanleitung heißt, kann über die Lenkradfernbedienung das Infotainment-System sicher und bequem, ohne eine Hand vom Lenkrad nehmen zu müssen, bedient werden. Ergänzend heißt es dazu …: „Zur Erhöhung der Fahrsicherheit und zur Steigerung des Bedienkomforts lässt sich das Infotainment-System bequem über die Lenkradtasten bedienen“.

In der mündlichen Verhandlung ist der Senat der Frage nachgegangen, welche Einzelfunktionen über die Lenkradfernbedienung gesteuert werden können. Einigkeit herrscht zwischen den Parteien insoweit, als es nicht nur um die Verringerung bzw. Erhöhung der Lautstärke geht. Unbestritten ist andererseits, dass das Auto des Klägers nicht über eine Mobilephone-Einrichtung verfügt, sodass eine Störung in diesem Bereich außer Betracht zu bleiben hat. Außer der Lautstärkeregelung (Radio/CD) kann über die Lenkradfernbedienung zwischen Radio- und CD-Wiedergabe umgeschaltet werden. Auch insoweit bestand im Senatstermin Übereinstimmung. Die vom Kläger nachträglich vorgelegte Bedienungsanleitung bestätigt auch im Übrigen, dass die Beschreibung der Funktionen in den Schriftsätzen des Klägers zutrifft. Hiernach können nicht nur das Radio und der CD-Player, sondern auch der Bordcomputer und das Navigationssystem vom Lenkrad aus bedient werden. Für eine weniger weitgehende Funktionsweise hat die Beklagte nichts Konkretes vorgetragen.

Was den Ausfall der Einzelfunktionen angeht, ist in tatsächlicher Hinsicht gleichfalls dem Kläger zu folgen. Danach traten von Anfang an ständig Fehlfunktionen auf. Eingabebefehle wurden überhaupt nicht angenommen. Es erfolgten ungewollte Umschaltungen, etwa vom Navigationsmodus in den Radiobetrieb wie vom CD-Betrieb in den Navigationsmodus. Wegen dieser Fehlfunktionen war der Kläger unstreitig dreimal in der Werkstatt der Beklagten. Sämtliche Nachbesserungsversuche schlugen aus technischen Gründen fehl. Ob nach den einzelnen Versuchen – der letzte war Anfang Januar 2005 – wenigstens vorübergehend Besserung eingetreten war, kann der Senat nicht beurteilen. Nach der Darstellung der Beklagten war die Funktion der Lenkradfernbedienung nur „zeitweise“ fehlerhaft. Zugunsten des Klägers unterstellt der Senat, dass die Fernbedienung in den oben genannten Funktionen bis zum Zeitpunkt des Rücktrittsschreibens vom 20.01.2005 durchgängig in der vom Kläger behaupteten Weise gestört war. Wie viele Kilometer der Kläger mit der fehlerhaften Lenkradfernbedienung zurückgelegt hat, kann der Senat anhand der Angaben des Klägers zur Berechnung der Nutzungsvergütung abschätzen. Bis zum 29.11.2005 will der Kläger 48.816 km gefahren sein. Das sind pro Monat durchschnittlich etwa 3.500 km. Eine solche Fahrleistung ist überdurchschnittlich hoch. So gesehen ist es richtig, wenn der Kläger sich als „Vielfahrer“ bezeichnet.

b) Unter Berücksichtigung all dieser Umstände stuft der Senat den vorliegenden Sachmangel in Übereinstimmung mit dem Landgericht als nur unerheblich ein.

aa) Gewiss wird man dem Fall nicht gerecht, wenn man das Problem mit der Beklagten auf ein Komfortproblem reduziert. Die Lenkradfernbedienung, die der Kläger als Zusatzausstattung bestellt hat, dient nicht nur der Erhöhung des Bedienkomforts. In der Bedienungsanleitung wird ausdrücklich auch die Steigerung der Fahrsicherheit angesprochen, wobei dieser Gesichtspunkt sogar an erster Stelle genannt wird. Daran muss die Beklagte sich festhalten lassen, auch wenn es nicht ihre eigene Darstellung ist (Rechtsgedanke des § 434 I 3 BGB).

Dass die Lenkradfernbedienung zur Erhöhung der Fahrsicherheit beiträgt, bedeutet nicht zwangsläufig, dass ihr Ausfall die Fahrsicherheit spürbar beeinträchtigt. Gleiches gilt für das Kriterium Bedienkomfort. Auch ohne intakte Lenkradfernbedienung war der Kläger dazu in der Lage, sämtliche Funktionen, die über die Lenkradfernbedienung steuerbar waren, anderweitig zu betätigen, beispielsweise durch das Drücken oder Drehen des Multifunktionsknopfs. Er stellt das zentrale Bedienelement des Infotainment-Systems dar, mit dem nahezu alle Funktionen des Systems über Menüs bedient werden können.

Während der gesamten Dauer der Nutzung ab Oktober 2004 bis zum Rücktrittsschreiben vom 20.01.2005 war die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs infolge des hier in Rede stehenden Mangels zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt. Auch ohne Lenkradfernbedienung konnte der Kläger sein Auto verkehrs- und betriebssicher bewegen. In diesem Sinne ist auch das Landgericht zu verstehen, wenn es ausführt, bei der Lenkradfernbedienung handele es sich nicht um ein „unmittelbar sicherheitsrelevantes Ausstattungsdetail“. Mag seine weitere Einschätzung, ein gewisser Gewinn an Verkehrssicherheit sei nur „ein Nebeneffekt“, mit der Darstellung in der Bedienungsanleitung nicht unbedingt vereinbar sein, so sieht doch auch der Senat in erster Linie den vertraglich vorausgesetzten – erhöhten – Fahrkomfort (Bedienkomfort) als beeinträchtigt an.

Diese Einbuße hat bei objektiver Betrachtung nicht das Gewicht, um dem Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrags zuzubilligen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es sich hier um einen Neuwagen handelt. Bei Fahrzeugen dieser Art … ist die Bagatellgrenze tendenziell enger zu ziehen als bei bereits gebrauchten Kraftfahrzeugen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf negative Auswirkungen auf den Fahrkomfort. Wenn ein Neuwagenkäufer durch die Bestellung bestimmter, erfahrungsgemäß kostspieliger Sonderausstattungen den Basisfahrkomfort individuell hat steigern wollen, und ihm zudem ein Gewinn an Fahrsicherheit versprochen wird, dann muss – auch nach der Verkehrsanschauung – ein technisch bedingter Ausfall dieses „Extras“ eine andere Beurteilung erfahren als im Fall des Kaufs eines gebrauchten, bereits komplett ausgestatteten Fahrzeugs. Auch bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise ist einem Neufahrzeugkäufer in dieser Hinsicht ein geringeres Maß an negativen Auswirkungen zuzumuten, die Grenze zur Erheblichkeit also eher überschritten als beim Kauf eines gebrauchten Kfz.

bb) Dass diese Grenze anders verlaufen muss als in denjenigen Fällen, die im früheren Kaufrecht nach Maßgabe des § 45 I 2 BGB a.F. beurteilt wurden, steht für den Senat außer Frage (ebenso OLG Bamberg, Urt. v. 10.04.2006 – 4 U 295/05, DAR 2006, 456 = OLGR 2006, 502; Schmidt-Räntsch, Festschr. f. Wenzel, 2005, S. 409 [417 f.]). Damit verbietet sich eine Anknüpfung an die Auslegung von § 459 I 2 BGB a.F. (so ausdrücklich Schmidt-Räntsch, a. a. O.), mag sie dem Gesetzgeber auch vor Augen gestanden haben. Allerdings sind solche Mängel, die bereits nach der früheren Bagatellregelung als unerheblich eingestuft worden sind, heute erst recht nicht geeignet, aus ihnen ein Rücktrittsrecht gemäß § 437 Nr. 2 BGB herzuleiten. Unter diesem Blickwinkel ist die umfangreiche, freilich nicht einheitliche Kasuistik zu § 459 I 2 a.F. durchaus verwertbar.

cc) Auch nach neuem Recht ist im Falle eines behebbaren Mangels zumindest auch auf den Aufwand abzustellen, der zur Mängelbeseitigung erforderlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060; Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 323 Rn. 32). Ob die vertraglich vereinbarte, hilfsweise die gewöhnliche Gebrauchstauglichkeit und/oder der Wert des Kaufobjekts erheblich beeinträchtigt sind, kann bei einem behebbaren Mangel in der Tat auch, aber nicht nur, anhand des Umfangs und der Kosten der Mängelbeseitigung beurteilt werden. Welcher Prozentsatz dabei anzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060; LG Kiel, Urt. v. 03.11.2004 – 12 O 90/04, DAR 2005, 38; OLG Bamberg, Urt. v. 10.04.2006 – 4 U 295/05, DAR 2006, 456). Hinzuweisen ist auch auf die bereits zitierte Entscheidung des BGH, wonach Mängelbeseitigungskosten unter 1 % des Kaufpreises eindeutig unterhalb der Bagatellgrenze liegen.

Auch das Landgericht hat im angefochtenen Urteil auf diesen Aspekt abgehoben, wenn es ausführt, dass der Mangel voraussichtlich mit geringem Zeit- und Kostenaufwand behoben werden könne. Zur Untermauerung dieser Einschätzung hat die Beklagte einen Kostenvoranschlag … zu den Akten gereicht. Daraus ergibt sich ein Gesamtreparaturaufwand von 265,58 € brutto. Der Lohnanteil macht 22,80 € netto aus, was darauf hindeutet, dass es sich um eine einfache, schnell ausführbare Reparaturmaßnahme handelt. Bei einem Kaufpreis von 31.563 € betragen die gesamten Reparaturkosten lediglich rund 0,85 %.

Allein daraus auf Unerheblichkeit zu schließen, hält der Senat für verfehlt. Störungen im Bereich der Elektrik/Elektronik lassen sich erfahrungsgemäß nicht selten ohne großen Kostenaufwand beheben, wie auch der Streitfall zeigt. Angesichts der hohen Neuwagenpreise (im Durchschnitt 25.000 €) bliebe selbst die 1 %-Grenze häufig unterschritten. Sinnvoller erscheint es dem Senat, beim Ausfall einer Sonderausstattung auch auf die Relation zwischen Gesamtkaufpreis und dem Preis für das „Extras“ abzustellen (in diese Richtung auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.02.2006 – 22 U 149/05, VRR 2006, 306). Ob der Kläger einen Aufpreis für die Lenkradfernbedienung gezahlt hat, geht aus dem Bestellschein (Kaufvertrag) nicht hervor. Aber selbst wenn sie aufpreispflichtig gewesen sein sollte, dürfte der Betrag 1.000 € nicht überschritten worden sein. Auch unter diesem Blickwinkel erweist sich die Rückabwicklung des gesamten Vertrags als unverhältnismäßig. Unabhängig von dem zwischenzeitlichen Diebstahl des Fahrzeugs ist dem berechtigten Interesse des Klägers durch eine Minderung des Kaufpreises in vollem Umfang Genüge getan …

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