- Auch bei Vorliegen von Sachmängeln des Kaufgegenstands ist ein Anspruch des Käufers auf „großen Schadensersatz“ ebenso wie ein Rücktrittsrecht ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers nur unerheblich ist (§ 281 I 3 BGB, § 323 V 2 BGB). Im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung kommt es auf die objektive Störung, also das konkrete Mängelbild an. Bei einem Gebrauchtwagenkauf hängt deshalb die Erheblichkeit der Pflichtverletzung in erster Linie davon ab, ob die gerügten Mängel behebbar sind und mit welchem Kostenaufwand sie sich gegebenenfalls beseitigen lassen.
- Die Erheblichkeitsschwelle ist bei einem Gebrauchtwagen jedenfalls dann nicht erreicht, wenn die Gesamtkosten einer Mängelbeseitigung weniger als 10 % des Kaufpreises ausmachen.
OLG Bamberg, Urteil vom 10.04.2006 – 4 U 295/05
Sachverhalt: Der Kläger macht Ansprüche auf sogenannten großen Schadensersatz aus einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen geltend.
Er kaufte am 11.02.2003 bei der beklagten GmbH, die einen Neu- und Gebrauchtwagenhandel sowie eine Werkstatt betreibt, für seine private Nutzung einen Jahreswagen zum Preis von 21.900 €. Das Fahrzeug, dessen Vorbesitzerin die Beklagte selbst war, wurde dem Kläger am 13.02.2003 mit einem Kilometerstand von 12.600 übergeben.
In dem Kaufvertragsformular befindet sich oberhalb der Unterschriftsleiste der folgende – klein gedruckte – Text: „In Kenntnis und Einverständnis mit dem mir ausgehändigten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen oder gebrauchten Fahrzeugen“. Unterhalb der Unterschriftsleiste steht in Kleindruck: „Eine Durchschrift dieser Bestellung sowie die Geschäftsbedingungen wurden mir ausgehändigt!!“.
Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Verkauf von Gebrauchtwagen unterliegen Gewährleistungsansprüche der Käuferseite einer Frist von einem Jahr ab Übergabe. Ob dem Kläger im Rahmen des Vertragsschlusses auch eine Ablichtung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten übergeben wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls unterzeichnete der Kläger bei der Übergabe des Fahrzeugs ein Bestätigungsformular, in dem es auszugsweise heißt: „Ich wurde über die Garantie-/Gewährleistungsbedingungen informiert“.
Zwischen Mitte März und Mitte November 2003 befand sich das Fahrzeug insgesamt sieben Mal in der Werkstatt der Beklagten; bei jedem dieser Werkstatttermine stand dem Kläger jeweils ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung. Im Vorfeld eines für den 22.01. oder 29.01.2004 vorgesehenen weiteren Werkstatttermins ließ der Kläger mit Schreiben seiner jetzigen Bevollmächtigten vom 20.01.2004 mitteilen, „der kommende Nachbesserungsversuch“ sei für die Beklagte die „letzte Gelegenheit, das Fahrzeug in einen mangelfreien Zustand zu versetzen“. Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schreiben vom 21.01.2004, der Werkstatttermin könne wie vorgesehen durchgeführt werden, jedoch werde dieses Mal kein Ersatzwagen mehr gestellt. Hierauf schaltete der Kläger ein Ingenieurbüro ein. Auf der Grundlage des Untersuchungsberichts seiner Privatgutachter vom 09.02.2004 ließ der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 17.02.2004 gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Vertrag erklären sowie die Erstattung des Kaufpreises und die Zahlung von Schadensersatz verlangen.
Mit der am 11.08.2004 beim Landgericht eingegangenen und der Beklagten am 31.08.2004 zugestellten Klage hat der Kläger die Zahlung von 22.919,91 € – hiervon 19.646,67 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs – zuzüglich Prozesszinsen verlangt. Das Landgericht hat nach Begutachtung des Fahrzeugs durch einen TÜV-Sachverständigen mit Urteil vom 15.10.2005 der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 21.084,46 € nebst Prozesszinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw verurteilt. Die Berufung der Beklagten, die eine vollständige Abweisung der Klage anstrebte, hatte Erfolg.
Aus den Gründen: II. Die … Berufung hat ohne Einschränkung Erfolg und führt unter antragsgemäßer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur vollständigen Abweisung der Klage. Das landgerichtliche Urteil kann bereits deswegen keinen Bestand haben, weil es an zureichenden Feststellungen dazu fehlt, dass ein die Gewährleistungspflicht der Beklagten auslösender Sachmangel vorliegt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Klägerseite auch keineswegs dargetan, dass ihr ein nochmaliger Nachbesserungsversuch hinsichtlich der Fahrgeräusche im Bereich der Beifahrerseite sowie in Bezug auf die Dekorbeschichtung des Schaltknüppels nicht mehr zuzumuten ist. Darüber hinaus muss der hier geltend gemachte Anspruch auf „großen Schadensersatz“ von Vornherein an dem Ausschlusstatbestand des § 281 I 3 BGB scheitern, weil die vom Landgericht festgestellten Mängelbilder auch zusammengenommen nicht die Erheblichkeitsschwelle erreichen. Diesen Gesichtspunkt hat die Klägerseite offenbar zu keinem Zeitpunkt im Auge gehabt. Schließlich überzeugen auch die Ausführungen des Landgerichts in der Verjährungsfrage nicht.
Da der vorliegende Kaufvertrag am 11.02.2003 abgeschlossen wurde, ist das seit dem 01.01.2002 geltende Schuldrecht maßgebend (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB), sodass es für den hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf die Voraussetzungen der § 434 I 1, § 437 Nr. 3, §§ 440, 281 I 1 und 3, § 280 I und III BGB ankommt.
1. Vorliegen von Mängeln
a) Der Sachmängelhaftung unterliegt von vornherein nicht das vom Kläger beanstandete Fehlen der Innenraumabdeckung. Nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vorbringen der Beklagten geht dieser Umstand darauf zurück, dass die Verkleidung beim letzten Werkstatttermin versehentlich nicht wieder angebracht worden ist. Es handelt sich also um einen Montagefehler, für den die Beklagte allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Schlechterfüllung (§ 280 I BGB) einzustehen hat (vgl. etwa OLG Celle, Urt. v. 29.01.1998 – 7 U 207/96, OLGR 1998, 171, 172).
Hierauf kommt es im Übrigen nach dem inzwischen erreichten Prozesstand gar nicht mehr an (§ 540 I 1 Nr. 1 und 2 ZPO): Die Klagepartei ist nämlich auch nicht der in der Berufungsbegründung enthaltenen Behauptung entgegengetreten, die Verkleidung sei auf Wunsch des Klägers selbst entfernt worden. Dieses Vorbringen ist zwar neu; da es sich jedoch um eine unstreitige Tatsache handelt, steht ihrer Berücksichtigung auch § 531 II ZPO nicht entgegen (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.11.2004 – IX ZR 229/03, BGHZ 161, 138, 142 = NJW 2005, 291, 292).
b) Hinsichtlich der beiden anderen Mängelbilder, auf die das Landgericht abhebt, kommt ein Sachmangel des Fahrzeugs i. S. des § 434 I 1 BGB nur in Betracht, wenn sie jeweils auf eine Ursache zurückzuführen sind, die bereits bei Gefahrübergang – also der Übergabe des Wagens (§ 446 Satz 1 BGB) – vorhanden war (vgl. BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215, 218). Hiervon kann im Streitfall – jedenfalls auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands – nicht ausgegangen werden.
aa) Die Vermutung des § 476 BGB, der gemäß § 474 I BGB bei einem Verbrauchergeschäft wie hier auch auf den Verkauf gebrauchter Sachen Anwendung findet (BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215), greift im Streitfall nicht ein. Nach dem Klagevortrag haben sich die hier in Rede stehenden Mängel erst in der 35. Kalenderwoche, also zwischen dem 25.08. und dem 31.08.2003, gezeigt. Demzufolge ist im vorliegenden Fall die tatbestandliche Zeitgrenze von sechs Monaten (entspricht 180 Tagen, § 191 BGB) seit Gefahrübergang (hier am 13.02.2003) nicht mehr gewahrt (237 Tage − 44 Tage = 193 Tage).
bb) Die demnach unumgänglichen Feststellungen, dass die jeweilige Mangelursache bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs vorhanden war, hat das Landgericht nicht getroffen. Es führt lediglich aus, die Mängel seien weder auf Verschleiß noch auf unsachgemäße Benutzung des Pkw zurückzuführen. In diesem Sinne hat sich zwar der gerichtliche Sachverständige in seinem Ausgangsgutachten vom 28.04.2005 geäußert. Auf der anderen Seite hat der Sachverständige in beiden Mängelkomplexen die einschlägige Beweisfrage, ob ein eventuell vorhandener Fehler bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war, dahin beantwortet, eine sichere Aussage sei nicht möglich. Diese zurückhaltende Bewertung leuchtet schon aufgrund der erheblichen Laufleistung des Fahrzeugs ein, das der Kläger bei einem Kilometerstand von 12.600 übernommen und mit dem er bis zur Untersuchung durch den von ihm eingeschalteten Privatgutachter – also binnen eines knappen Jahres – gut 23.000 km zurückgelegt hatte, was im Durchschnitt einer monatlichen Fahrstrecke von über 1.900 km entspricht. Was die vom Kläger beanstandeten Fahrgeräusche auf der Beifahrerseite angeht, so ist weiter zu berücksichtigen, dass dem jetzt gerügten Mängelbild eine längere Entwicklung zugrunde liegt. Nach dem Klagevortrag soll sich zunächst in der 35. Kalenderwoche die Innenverkleidung der A-Säule vorne rechts „gelockert“ haben. Im Anschluss an den letzten Werkstattaufenthalt in der 46. Kalenderwoche soll dann ein „Vibrieren“ der Innenverkleidung eingesetzt haben. Erst im Privatgutachten vom 09.02.2004 heißt es hierzu, die Verkleidung verursache während der Fahrt Geräusche; sie „dröhne“. Zudem hat der gerichtliche Sachverständige konkrete Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass der Wagen einer intensiven Benutzung im Kurzstreckenverkehr ausgesetzt war. Unter diesen Umständen lässt sich kein sicherer Rückschluss darauf ziehen, dass die Geräuschquelle – nämlich die der Lockerung der Innenverkleidung der rechten A-Säule zugrunde liegende Ursache – bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs vorhanden war.
c) Ohne Erfolg macht der Kläger – hilfsweise – eine mangelnde Funktionstüchtigkeit der Schließanlage geltend. Der Sachverständige ist auf der Grundlage der von ihm nachvollziehbar erläuterten Untersuchungen auch bei seiner abschließenden Anhörung dabei geblieben, dass insoweit keine Funktionsstörungen vorliegen …
d) Schließlich hilft dem Kläger auch nicht sein nunmehriges Vorbringen bezüglich der Freisprechanlage weiter. In erster Instanz wurde als Mängelbild die fehlende Funktionstüchtigkeit gerügt. Diese Rüge ist nach dem Ergebnis der gutachtlichen Untersuchungen unbegründet. Die nunmehr mit der Berufungserwiderung unterbreitete Behauptung, der Einbau eines Zusatzmikrofons stelle nur „eine provisorische Lösung“ dar, beinhaltet demgegenüber neues Vorbringen, das … nicht zuzulassen ist (§ 531 II 1 Nr. 3 ZPO).
2. Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung
Dem Kläger steht ein auf Zahlung gerichteter Gewährleistungsanspruch auch deshalb nicht zu, weil er der Beklagten keine Gelegenheit gegeben hat, die vom Landgericht angenommenen Mängel selbst zu beseitigen. Sowohl das Recht des Käufers zur Minderung des Kaufpreises gemäß § 437 Nr. 2 Fall 2, § 441 BGB wie auch der Anspruch auf Schadenersatz statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, §§ 440, 280 I und III, 281 BGB setzen grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) bestimmt hat (vgl. etwa BGH, Urt. v. 23.02.2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 221 = NJW 2005, 1348). Das ist hier nicht geschehen. Einer derjenigen Ausnahmetatbestände, in denen es nach den § 440 BGB, § 281 II BGB, § 323 II BGB einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht bedarf, ist hier nicht gegeben.
a) Die klägerische Ansicht, einer Fristsetzung habe es nicht bedurft, weil die Beklagte in ihrem Antwortschreiben vom 21.01.2004 eine ordnungsgemäße Nachbesserung „ausdrücklich verweigert“ habe, liegt schon in tatsächlicher Hinsicht neben der Sache. Die Beklagte hat in ihrem Bezugsschreiben lediglich die nochmalige Stellung eines „Leihfahrzeugs“ abgelehnt. Im Übrigen hat sie ihr Angebot auf Durchführung des Werkstatttermins ausdrücklich aufrechterhalten. Darüber hinaus sind an die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme einer endgültigen Erfüllungsverweigerung i. S. des § 281 II BGB strenge Anforderungen zu stellen: Sie liegt nur vor, wenn der Schuldner eindeutig und abschließend zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten nicht nachkommen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, Urt. v. 16.03.1988 – VIII ZR 184/87, BGHZ 104, 6, 13). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein, zumal im Bestreiten von Mängeln für sich genommen noch keine endgültige Verweigerung der Nacherfüllung liegt (BGH, Urt. v. 12.01.1993 – X ZR 63/91, NJW-RR 1993, 882, 883). Die Beklagte hat im Übrigen bereits in der Klageantwort darauf hinweisen lassen, dass dem Kläger weitere Nachbesserungsarbeiten durchaus zuzumuten seien.
b) Auch dem Standpunkt des Klägers, im Hinblick auf die Vielzahl der zurückliegenden Werkstattaufenthalte sei es ihm nicht zuzumuten gewesen, das Fahrzeug der Beklagten ein weiteres Mal zur Nachbesserung zu überlassen, vermag der Senat nicht ernsthaft näherzutreten.
Die Zumutbarkeitsprüfung nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB erfordert eine Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 408). Hieran gemessen hat der Kläger weder zum Gesichtspunkt eines nachhaltigen Vertrauensverlusts noch zu einem der anderen einschlägigen Bewertungskriterien (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 440 Rn. 8) schlüssig vorgetragen.
aa) Es begegnet zwar vom rechtlichen Ansatz her keinen Bedenken, dass das Landgericht in seine Beurteilung auch die zurückliegenden Werkstattaufenthalte einbezogen hat (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 407 mit dem zutreffenden Hinweis, dass sich Erfolglosigkeit und Unzumutbarkeit der Nacherfüllung oftmals zu überlagern pflegen). Indessen greift der vom Landgericht angestellte Vergleich mit einem sogenannten „Montagsauto“ auf einen Maßstab zurück, der nur im Zusammenhang mit einem Neuwagenkauf Sinn macht (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 403 ff.). Zudem trifft das maßgebende Charakteristikum eines Montagsautos, nämlich das gehäufte Auftreten der unterschiedlichsten Fehler innerhalb „kürzester Frist“ (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 403 ff.; OLG Frankfurt, Urt. v. 02.10.1989 – 12 U 82/89, NZV 1990, 70) auf die Entwicklung im Streitfall nur bedingt zu. Zum einen liegt zwischen der Übergabe des Fahrzeugs und dem letzten Werkstattaufenthalt bei der Beklagten ein Zeitraum von über einem Dreivierteljahr, in dem mit dem Fahrzeug zwischen 15.000 und 20.000 km zurückgelegt wurden. Zum anderen handelt es sich bei den aufgetretenen Fehlern – soweit unstreitig bzw. vom Gerichtssachverständigen bestätigt – zum ganz überwiegenden Teil um Beeinträchtigungen mit ausgesprochenem Bagatellcharakter bzw. um eine (auffällige) Häufung von rein verschleißbedingten Mängeln (vgl. auch oben 1 b bb). In keinem Fall waren Beeinträchtigungen mit nennenswerten Auswirkungen auf die Sicherheitseigenschaften des Wagens oder auf seine Fahrtauglichkeit im Übrigen zu verzeichnen. Nur bei zwei Mängeln (vordere rechte A-Säule und Dekorbeschichtung des Ganghebels) machte sich ein bereits behoben geglaubter Fehler erneut bemerkbar.
bb) Im Rahmen der gebotenen Abwägung ist weiter zu berücksichtigen, dass die Beklagte, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, dem Kläger bei sämtlichen Werkstattterminen jeweils kostenlos ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt hat. Bereits dadurch wird die von Klägerseite in den Vordergrund gerückte Anzahl der zurückliegenden Werkstattaufenthalte in ihrem Gewicht erheblich relativiert (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 399). Sodann ist die Zumutbarkeitsgrenze im Streitfall auch im Hinblick auf die Art der beiden in Rede stehenden Mängel weiter zu ziehen. So handelt es sich bei dem Fehlen der Dekorbeschichtung um einen – ohnhin nur optischen – Mangel innerhalb der Bagatellgrenze des § 459 I 2 BGB a.F., der noch dazu mühelos zu beheben ist. Der Defekt im Bereich der rechten vorderen A-Säule wiederum betrifft einen technischen Mangel, dessen Ursache nach Lage der Dinge nicht ohne Weiteres zu finden ist, ohne dass dadurch die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs eingeschränkt wird. In einem derartigen Fall sind der Verkäuferseite unter Umständen sogar mehr als zwei Nachbesserungsversuche zuzubilligen (vgl. nur Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 402). Hiernach stehen auch und gerade die Art und das Ausmaß des Mängelbildes der Zumutbarkeit eines nochmaligen – nunmehr zweiten – Nachbesserungsversuchs nicht entgegen.
3. Der Ausschlusstatbestand des § 281 I 3 BGB
Auch bei Vorliegen von Sachmängeln des Kaufgegenstandes ist ein Anspruch der Käuferseite auf sogenannten großen Schadensersatz ebenso wie ein Rücktrittsrecht ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers nur unerheblich ist (§ 281 I 3 BGB, § 323 V 2 BGB). So aber verhält es sich im Streitfall.
a) Im Gegensatz zur früheren Rechtslage ist eine Minderung bzw. (kleiner) Schadensersatz auch bei Mängeln mit Bagatellcharakter möglich. Es ist daher inzwischen herrschende Ansicht, dass die Erheblichkeitsschwelle i. S. der § 281 I 3 BGB, § 323 V 2 BGB deutlich höher anzusetzen ist als bei § 459 I 2 BGB a.F. (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060, 1061 im Anschluss an Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1440; LG Kiel, Urt. v. 03.11.2004 – 12 O 90/04, MDR 2005, 384; MünchKomm-BGB/Ernst, 4. Aufl., § 323 Rn. 243; Grothe, in: Bamberger/Roth, BGB, § 323 Rn. 39; Staudinger/Otto, BGB, Neubearb. 2004, § 323 Rn. C 30; Palandt/Grüneberg, BGB, 65. Aufl., § 323 Rn. 32). Dem schließt sich auch der erkennende Senat an. Denn eine Übernahme der eng gezogenen Bagatellgrenze des § 459 I 2 BGB a.F., wie sie vom Gesetzgeber angedacht war, würde die den §§ 281 I 3 und 323 V 2 BGB zukommende Filterfunktion weitgehend leerlaufen lassen.
b) Im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung, für die es einer umfassenden Interessenabwägung bedarf (MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 243; Grothe, in: Bamberger/Roth, a. a. O., § 323 Rn. 39; Staudinger/Otto, a. a. O., § 323 Rn. C 30), kommt es nicht auf einen Verstoß gegen Verhaltenspflichten und dessen Erheblichkeit, sondern auf die objektive Störung, also das konkrete Mängelbild an (OLG Nürnberg, Urt. v. 21.03.2005 – 8 U 2366/04, NJW 2005, 2019; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.2005 – I-3 U 12/04, NJW 2005, 2235 im Anschluss an MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 243). Bei einem Gebrauchtwagenkauf hängt deshalb die Erheblichkeit der Pflichtverletzung in erster Linie davon ab, ob die gerügten Mängel behebbar sind und mit welchem Kostenaufwand sie sich beseitigen lassen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060 unter Hinweis auf Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1440 f.; zum Sonderfall irreparabler optischer Bagatellmängel vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.2005 – I-3 U 12/04, NJW 2005, 2235, 2236). Hiernach ist, wenn ausschließlich funktionelle Fehler oder sonstige technische Defekte bzw. geringfügige optische Beeinträchtigungen in Rede stehen, die Erheblichkeitsschwelle jedenfalls dann nicht erreicht, wenn die Gesamtkosten einer Mängelbeseitigung weniger als 3 % des Kaufpreises ausmachen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060, 1061; LG Kiel, Urt. v. 03.11.2004 – 12 O 90/04, MDR 2005, 384; vgl. ferner die Nachw. bei Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1440; vgl. auch Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 323 Rn. 32: mindestens 10 % der vereinbarten Gegenleistung; noch strenger MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 243: wenigstens 20 % der Gegenleistung).
c) Auf dieser Grundlage kommt der hier eingeklagte Anspruch auf „großen“ Schadensersatz von vornherein nicht in Betracht. Der Sachverständige hat für die beiden noch in Rede stehenden Mängel, die das Landgericht seiner Bewertung zugrunde gelegt hat, Beseitigungskosten in Höhe von insgesamt 110 € ermittelt. Dieser Gesamtaufwand beträgt weniger als 1 % des Kaufpreises. Nach Lage der Dinge wäre somit die Erheblichkeitsgrenze selbst dann nicht erreicht, wenn auch noch Kosten für etwaige Nachbesserungsarbeiten an der Freisprechanlage hinzukämen. Im Übrigen erscheint dem Senat – in Übereinstimmung mit der in der Literatur im Vordringen begriffenen Ansicht (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 323 Rn. 32; MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 243) der für das Überschreiten der Beachtlichkeitsschwelle notwendige Gesamtaufwand jedenfalls für den Bereich des Gebrauchtwagenkaufs mit einer Quote von (wenigstens) 10 % des Kaufpreises keinesfalls zu hoch angesetzt.
Auch die Einbeziehung der sonstigen abwägungserheblichen Umstände des Streitfalls führt zu keinem anderen Ergebnis. Es wäre mit dem Gebot eines beiderseits angemessenen Interessenausgleichs schlechthin nicht zu vereinbaren, wenn der Kläger aufgrund weniger Mängel, die ohne nennenswerten Aufwand zu beheben sind, die Rückabwicklung des Vertrages erreichen könnte, nachdem der Pkw über ein Jahr lang einer (sehr) intensiven Nutzung ausgesetzt war und sich seine Gesamtfahrleistung inzwischen auf mehr als 40.000 km beläuft.
4. Verjährung
a) Entgegen der klägerischen Ansicht sind die Einbeziehungsvoraussetzungen bezüglich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagtenseite unter dem hier streitigen Gesichtspunkt des § 305 II Nr. 2 BGB jedenfalls für die Gewährleistungsregelungen in Abschnitt VI der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gewahrt. Das ergibt sich aus dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 28.10. 2004, wonach der Kläger im Rahmen der Übernahmeinspektion auch über den „Inhalt der Gewährleistungsbedingungen“ aufgeklärt worden ist. Das bestreitende Vorbringen in der Berufungserwiderung – es wäre zudem insoweit verspätet (§ 531 II 1 Nr. 3 ZPO) – befasst sich nämlich nur mit der Situation bei Vertragsschluss. Auszugehen ist daher von der in VI Nr. 1 AGB bestimmten Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist auf ein Jahr, die sich, wie auch aus § 202 BGB i. V. mit § 475 II BGB folgt, im Rahmen des nach § 309 Nr. 8 lit. b BGB Zulässigen hält. Wie das Landgericht zutreffend darlegt, ist die Klage demnach nicht mehr vor Eintritt der Verjährung erhoben worden, sofern nicht von einem Neubeginn oder einer ausreichend langen Hemmung der Verjährung auszugehen ist.
b) Die Annahme eines Neubeginns der Verjährung durch das Landgericht hält der Überprüfung nicht stand: Ob Mängelbeseitigungsmaßnahmen oder -versuche des Verkäufers nur zu einer Hemmung (§ 203 BGB) oder zum Neubeginn nach § 212 I Nr. 1 BGB führen, hängt davon ab, ob die Maßnahmen bei Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls als schlüssiges Anerkenntnis der Mängelbeseitigungspflicht anzusehen sind. Das ist nach gefestigter Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn der Verkäufer aus der Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung des Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Mängelbehebung verpflichtet zu sein. Maßgebend sind dabei vor allem der Umfang, die Dauer und die Kosten der durchgeführten Maßnahmen (BGH, Urt. v. 05.10.2005 – VIII ZR 16/05, BGHZ 164, 196 = BauR 2006, 158 Rn. 16 m. w. Nachw.). Hierzu fehlt bereits jeglicher Sachvortag der Klägerseite, auf dem das Landgericht hätte aufbauen können.
c) Soweit sich der Kläger schließlich auf den Hemmungstatbestand des § 203 BGB beruft, ist es mit pauschalen Darlegungen wie in der Berufungserwiderung nicht getan. So hätte der Gesichtspunkt des § 203 BGB einen auf jeden der in Rede stehenden Mängel zugeschnittenen, präzisen Vortrag erfordert, zu welchem Zeitpunkt jeweils in Verhandlungen über den betreffenden Fehler eingetreten wurde. Denn Eintritt und Beendigung der Hemmung sind für jeden einzelnen Mängelkomplex gesondert festzustellen. Demzufolge ist auch hier eine Schlüssigkeitslücke im klägerischen Vorbringen gegeben, sodass es auf den Verspätungsgesichtspunkt des § 531 II 1 Nr. 3 ZPO gar nicht mehr anzukommen hat. …