Hat bei ei­nem ver­bun­de­nen Ge­schäft (§ 358 III BGB) der Ver­brau­cher den fi­nan­zier­ten Ver­trag we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung an­ge­foch­ten, führt die Rück­wir­kung der An­fech­tung (§ 142 I BGB) da­zu, dass dem An­spruch des Dar­le­hens­ge­bers aus dem Fi­nan­zie­rungs­dar­le­hen von An­fang an aus § 359 I 1 BGB ei­ne dau­ern­de Ein­re­de i. S. von § 813 I 1 BGB ent­ge­gen­stand und der Ver­brau­cher auch die vor der An­fech­tungs­er­klä­rung auf das Dar­le­hen ge­leis­te­ten Zah­lun­gen ge­mäß § 813 I 1 BGB i. V. mit § 812 I 1 Fall 1 BGB vom Dar­le­hens­ge­ber zu­rück­ver­lan­gen kann (Fort­füh­rung von Se­nat, Urt. v. 04.12.2007 – XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334).

BGH, Ur­teil vom 15.06.2021 – XI ZR 568/19
(vor­an­ge­hend: OLG Dres­den, Ur­teil vom 18.10.2019 – 9 U 841/19)

Sach­ver­halt: Der Be­klag­te er­warb von der Streit­hel­fe­rin der Klä­ge­rin, ei­ner VW-Ver­trags­händ­le­rin, auf­grund ei­ner „ver­bind­li­chen Be­stel­lung“ vom 22.08.2013 ei­nen VW Golf. Die­ser Pkw war der Streit­hel­fe­rin der Klä­ge­rin nach ih­rem Vor­trag am 31.03.2013 von der Volks­wa­gen AG ge­lie­fert wor­den.

Auf den Kauf­preis leis­te­te der Be­klag­te ei­ne An­zah­lung. Zur Fi­nan­zie­rung des rest­li­chen Kauf­prei­ses schloss er mit der Klä­ge­rin am 03.09.2013 ei­nen Dar­le­hens­ver­trag über ei­nen Net­to­dar­le­hens­be­trag von 28.140,14 €. Die Rück­zah­lung des Dar­le­hens nebst Zin­sen soll­te in 48 Mo­nats­ra­ten zu je­weils 411,43 € und ei­ner Ab­schluss­ra­te von 12.432,41 € er­fol­gen. Die Dar­le­hens­va­lu­ta wur­de di­rekt an die Streit­hel­fe­rin der Klä­ge­rin aus­ge­zahlt; das Fahr­zeug wur­de der Klä­ge­rin si­che­rungs­über­eig­net.

Nach­dem der Be­klag­te im Jahr 2015 sei­nen Zah­lungs­pflich­ten teil­wei­se nicht nach­ge­kom­men und auch ei­ne Nach­frist­set­zung er­folg­los ge­blie­ben war, er­klär­te die Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 27.08.2015 die Kün­di­gung des Dar­le­hens. Das fi­nan­zier­te Fahr­zeug wur­de in der Fol­ge­zeit ver­äu­ßert und der Er­lös von 12.410 € wur­de im Ok­to­ber 2015 dem Dar­le­hens­kon­to gut­ge­bracht. In der Fol­ge be­zif­fer­te die Klä­ge­rin ih­re noch of­fe­ne Haupt­for­de­rung auf 11.624,22 €.

Mit Schrei­ben sei­nes da­ma­li­gen Rechts­an­walts vom 24.09.2015 er­klär­te der Be­klag­te ge­gen­über der Streit­hel­fe­rin der Klä­ge­rin die An­fech­tung des Kauf­ver­trags mit der Be­grün­dung, er sei von ihr über das Bau­jahr des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, das be­reits am 24.08.2011 pro­du­ziert wor­den sei, arg­lis­tig ge­täuscht wor­den.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin die Zah­lung von 11.624,22 € nebst Zin­sen ver­langt. Der Be­klag­te hat wi­der­kla­gend die Rück­zah­lung der ge­leis­te­ten Dar­le­hens­ra­ten in Hö­he von 6.171,45 € so­wie die Er­stat­tung des Er­lö­ses aus der Ver­wer­tung des Fahr­zeugs nebst Rechts­hän­gig­keits­zin­sen, Zug um Zug ge­gen Ab­tre­tung sei­ner – nä­her be­zeich­ne­ten – Kon­dik­ti­ons­an­sprü­che ge­gen die Streit­hel­fe­rin der Klä­ge­rin, be­gehrt. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und der Wi­der­kla­ge hin­sicht­lich der Dar­le­hens­ra­ten statt­ge­ge­ben. Die (nur) von der Streit­hel­fe­rin der Klä­ge­rin ein­ge­leg­te Be­ru­fung hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ge­wie­sen. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen und von der Streit­hel­fe­rin ge­führ­ten Re­vi­si­on hat die­se den Zah­lungs­an­trag und den An­trag auf voll­stän­di­ge Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge wei­ter­ver­folgt. Das Rechts­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [7]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung (OLG Dres­den, Urt. v. 18.10.2019 – 9 U 841/19, ju­ris) im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[8]    Der Be­klag­te ha­be den mit der Streit­hel­fe­rin ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag mit Schrei­ben sei­nes Rechts­an­walts vom 24.09.2015 wirk­sam an­ge­foch­ten. Das Fahr­zeug sei im Au­gust 2011 pro­du­ziert wor­den. Da­von sei aus­zu­ge­hen, weil das Be­strei­ten der Streit­hel­fe­rin mit Nicht­wis­sen un­zu­läs­sig sei. Als Ver­trags­händ­le­rin des Her­stel­lers sei es ihr oh­ne Wei­te­res mög­lich, das Pro­duk­ti­ons­da­tum des Fahr­zeugs an­hand der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer her­aus­zu­fin­den. Die Streit­hel­fe­rin ha­be den Be­klag­ten bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags dar­über ge­täuscht, dass das Fahr­zeug län­ger als 12 Mo­na­te, näm­lich 24 Mo­na­te, vor dem Ver­kauf pro­du­ziert wor­den sei. Die Par­tei­en hät­ten sich über den Ver­kauf ei­nes Neu­fahr­zeugs, das le­dig­lich vor Über­ga­be an den Be­klag­ten noch ei­ne Ta­ges­zu­las­sung er­hal­ten sol­le und von der Streit­hel­fe­rin noch ei­nen Mo­nat und ei­nen Tag ge­nutzt wer­den dür­fe, ge­ei­nigt, und da­mit ha­be die Streit­hel­fe­rin bei Ver­trags­schluss kon­klu­dent er­klärt, das Fahr­zeug sei höchs­tens 12 Mo­na­te zu­vor her­ge­stellt wor­den. Die Täu­schung sei arg­lis­tig er­folgt, weil die­se Er­klä­rung je­den­falls ins Blaue hin­ein ab­ge­ge­ben wor­den sei, wenn die Streit­hel­fe­rin das Her­stel­lungs­da­tum nicht ge­kannt ha­ben soll­te. Denn sie dür­fe sich nicht dar­auf ver­las­sen, dass der Her­stel­ler das Fahr­zeug un­mit­tel­bar nach der Pro­duk­ti­on an­lie­fe­re. Die Täu­schung sei kau­sal für den Ver­trags­schluss ge­we­sen und die An­fech­tungs­frist von ei­nem Jahr ab Kennt­nis der Täu­schung sei ein­ge­hal­ten. Die Klä­ge­rin, die die Be­weis­last für das Ver­säu­men der An­fech­tungs­frist aus § 124 BGB tra­ge, ha­be nicht wi­der­legt, dass der Be­klag­te erst im Jahr 2015, als er er­wo­gen ha­be, das Fahr­zeug zu ver­kau­fen, und des­halb ei­ne Wert­schät­zung ein­ge­holt ha­be, er­fah­ren ha­be, dass das Fahr­zeug be­reits im Au­gust 2011 pro­du­ziert wor­den sei.

[9]    In­fol­ge der An­fech­tung sei der Kauf­ver­trag als von An­fang an nich­tig an­zu­se­hen (§ 142 I BGB) und der Be­klag­te sei ge­mäß § 359 I 1 BGB be­rech­tigt, wei­te­re Zah­lun­gen auf das Dar­le­hen zu ver­wei­gern. Denn der Be­klag­te ha­be den Kauf­ver­trag als Ver­brau­cher ge­schlos­sen und Kauf- und Dar­le­hens­ver­trag sei­en ge­mäß § 358 III BGB ver­bun­de­ne Ver­trä­ge, weil sich die Klä­ge­rin bei Ab­schluss des Dar­le­hens­ver­trags der Mit­wir­kung der Streit­hel­fe­rin be­dient ha­be.

[10]     Au­ßer­dem ha­be der Be­klag­te ge­gen die Klä­ge­rin ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung der be­reits ge­zahl­ten Dar­le­hens­ra­ten. Ste­he dem Käu­fer we­gen der an­fäng­li­chen Nich­tig­keit des Kauf­ver­trags das Recht zu, die Kauf­preis­zah­lung auf Dau­er zu ver­wei­gern, kön­ne er dies nach § 359 BGB dem An­spruch des Kre­dit­ge­bers ent­ge­gen­hal­ten. Er ha­be dann auch ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung der be­reits ge­leis­te­ten Dar­le­hens­ra­ten aus § 813 I 1, § 812 I 1 Fall 1 BGB. Dies gel­te auch im Fall der An­fech­tung des fi­nan­zier­ten Kauf­ver­trags, da die Ein­re­de i. S. des § 813 I BGB mit dem Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht des § 359 BGB we­gen der nach § 142 I BGB ex tunc ein­ge­tre­te­nen Wir­kung der An­fech­tung schon von An­fang an vor­ge­le­gen ha­be. Es be­ste­he kein Grund, die Nich­tig­keit des fi­nan­zier­ten Ge­schäfts im Fall der An­fech­tung an­ders zu be­han­deln als die Nich­tig­keit man­gels Ei­ni­gung oder we­gen Sit­ten­wid­rig­keit.

[11]   Im Ge­gen­zug kön­ne die Klä­ge­rin die Ab­tre­tung der Kon­dik­ti­ons­an­sprü­che des Be­klag­ten ge­gen die Streit­hel­fe­rin ver­lan­gen. Dies ha­be der Be­klag­te bei sei­nem Wi­der­kla­ge­an­trag be­reits be­rück­sich­tigt und we­der Klä­ge­rin noch Streit­hel­fe­rin mach­ten gel­tend, dass ein hö­he­rer An­spruch ab­zu­tre­ten sei, so­dass hier­über nicht zu be­fin­den sei.

[12]   Die Re­vi­si­on sei zu­zu­las­sen, weil die Rechts­sa­che grund­sätz­li­che Be­deu­tung ha­be. Die Fra­ge, ob der Käu­fer nach An­fech­tung des fi­nan­zier­ten Kauf­ver­trags die auf den ver­bun­de­nen Dar­le­hens­ver­trag ge­zahl­ten Ra­ten zu­rück­ver­lan­gen kön­ne, sei höchst­rich­ter­lich nicht ge­klärt und wer­de von ge­wich­ti­gen Stim­men in der Li­te­ra­tur un­ter­schied­lich be­ant­wor­tet.

[13]   II. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Re­vi­si­on ist auf­grund der Zu­las­sung durch das Be­ru­fungs­ge­richt un­ein­ge­schränkt statt­haft (§ 543 I Nr. 1 ZPO).

[14]    Zwar kann sich nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH die Be­schrän­kung der Re­vi­si­ons­zu­las­sung auch aus den Ent­schei­dungs­grün­den des Be­ru­fungs­ur­teils er­ge­ben. Hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Re­vi­si­on we­gen ei­ner Rechts­fra­ge zu­ge­las­sen, die nur für ei­nen ein­deu­tig ab­grenz­ba­ren Teil des Streitstoffs von Be­deu­tung ist, kann die ge­bo­te­ne Aus­le­gung der Ent­schei­dungs­grün­de er­ge­ben, dass die Zu­las­sung der Re­vi­si­on auf die­sen Teil des Streitstoffs be­schränkt ist (vgl. nur Se­nat, Urt. v. 27.09.2011 – XI ZR 182/10, WM 2011, 2268 Rn. 8, in­so­weit in BGHZ 191, 119 nicht ab­ge­druckt; Urt. v. 04.03.2014 – XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 18; Urt. v. 11.09.2018 – XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 10 m. w. Nachw.).

[15]   Al­ler­dings kann die Zu­las­sung der Re­vi­si­on nicht auf ein­zel­ne Rechts­fra­gen oder An­spruchs­ele­men­te be­schränkt wer­den, son­dern nur auf ei­nen tat­säch­lich und recht­lich selbst­stän­di­gen und ab­trenn­ba­ren Teil des Ge­samt­streitstoffs, auf den auch die Par­tei selbst die Re­vi­si­on be­schrän­ken könn­te (Se­nat, Urt. v. 04.03.2014 – XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 21 f.; Urt. v. 26.04.2016 – XI ZR 114/15, BKR 2016, 341 Rn. 10; Urt. v. 11.09.2018 – XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 10; je­weils m. w. Nachw.). Hier­bei muss es sich zwar we­der um ei­nen ei­ge­nen Streit­ge­gen­stand han­deln, noch muss der be­trof­fe­ne Teil des Streitstoffs auf der Ebe­ne der Be­ru­fungs­in­stanz teil­ur­teils­fä­hig sein (Se­nat, Urt. v. 04.03.2014 – XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 21; Urt. v. 26.04.2016 – XI ZR 114/15, BKR 2016, 341 Rn. 11; Urt. v. 11.09.2018 – XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 10). Es ist aber ei­ne Selbst­stän­dig­keit des von der Zu­las­sungs­be­schrän­kung er­fass­ten Teils des Streitstoffs in dem Sin­ne er­for­der­lich, dass die­ser in tat­säch­li­cher und recht­li­cher Hin­sicht un­ab­hän­gig von dem üb­ri­gen Pro­zess­stoff be­ur­teilt wer­den und auch im Fal­le ei­ner Zu­rück­ver­wei­sung kein Wi­der­spruch zum nicht an­fecht­ba­ren Teil des Streitstoffs auf­tre­ten kann (Se­nat, Urt. v. 04.03.2014 – XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 21; Urt. v. 26.04.2016 – XI ZR 114/15, BKR 2016, 341 Rn. 11; Urt. v. 11.09.2018 – XI ZR 125/17, WM 2018, 2128 Rn. 10).

[16]   Nach die­sen Maß­ga­ben ist die Re­vi­si­on hier für die Klä­ger­sei­te in vol­lem Um­fang zu­ge­las­sen.

[17]   Aus der Be­grün­dung für die Zu­las­sung in den Ent­schei­dungs­grün­den des Be­ru­fungs­ur­teils er­gibt sich kei­ne wirk­sa­me Be­schrän­kung der im Te­nor nicht ein­ge­schränk­ten Re­vi­si­ons­zu­las­sung. Denn die Fra­ge, ob die Klä­ge­rin im Fall ei­ner wirk­sa­men An­fech­tung des Kauf­ver­trags we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung zur Rück­zah­lung der ge­leis­te­ten Zins- und Til­gungs­ra­ten an den Be­klag­ten ver­pflich­tet ist, ist le­dig­lich ei­ne ein­zel­ne Rechts­fra­ge, aber kein selbst­stän­di­ger Teil des Streitstoffs, des­sen Prü­fung im Rechts­mit­tel­ver­fah­ren von der Prü­fung der Wirk­sam­keit der An­fech­tung ge­trennt wer­den könn­te. Die­se Fra­ge ist wie­der­um nicht nur für die Statt­ga­be der Wi­der­kla­ge, son­dern auch für die Ab­wei­sung der Kla­ge tra­gend, da Letz­te­re von den Vor­in­stan­zen eben­falls mit der wirk­sa­men An­fech­tung des Kauf­ver­trags be­grün­det wor­den ist.

[18]   III. Die Re­vi­si­on der Streit­hel­fe­rin ist un­be­grün­det.

[19]   1. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat rechts­feh­ler­frei an­ge­nom­men, dass der Be­klag­te der (Sal­do-)For­de­rung der Klä­ge­rin nach Kün­di­gung des Dar­le­hens­ver­trags ge­mäß § 359 Satz 1 BGB in der vom 01.01.2002 bis zum 12.06.2014 gel­ten­den Fas­sung (künf­tig: a.F.) ent­ge­gen­hal­ten kann, dass er den mit der Streit­hel­fe­rin ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag wirk­sam an­ge­foch­ten hat.

[20]   a) Re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den ist die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Streit­hel­fe­rin ha­be mit ih­rer auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung kon­klu­dent er­klärt, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug sei höchs­tens 12 Mo­na­te vor Kauf­ver­trags­schluss her­ge­stellt wor­den.

[21]   Die Aus­le­gung des In­halts der Wil­lens­er­klä­rung der Streit­hel­fe­rin ob­liegt als In­di­vi­dua­l­er­klä­rung dem Tatrich­ter. Sie kann vom Re­vi­si­ons­ge­richt nur dar­auf­hin über­prüft wer­den, ob ge­setz­li­che oder all­ge­mein an­er­kann­te Aus­le­gungs­re­geln, Denk­ge­set­ze oder Er­fah­rungs­sät­ze ver­letzt sind oder we­sent­li­cher Aus­le­gungs­stoff au­ßer Acht ge­las­sen wur­de (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 07.02.2002 – I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37; Se­nat, Urt. v. 12.04.2016 – XI ZR 305/14, BGHZ 210, 30 Rn. 49 m. w. Nachw.; Urt. v. 09.01.2018 – XI ZR 17/15, BGHZ 217, 178 Rn. 36). Das ist hier nicht der Fall.

[22]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat auf­grund ei­ner Wür­di­gung der Um­stän­de des Ver­trags­schlus­ses an­ge­nom­men, die Streit­hel­fe­rin und der Be­klag­te hät­ten ver­ein­bart, dass Ge­gen­stand des Kauf­ver­trags ein Neu­wa­gen sei, der le­dig­lich noch ei­ne Ta­ges­zu­las­sung er­hal­ten sol­le und von der Streit­hel­fe­rin noch ei­nen Mo­nat und ei­nen Tag ge­nutzt wer­den dür­fe. Die­se Wür­di­gung weist kei­nen Rechts­feh­ler auf und wird von der Re­vi­si­on auch nicht an­ge­grif­fen.

[23]   Die Fol­ge­rung des Be­ru­fungs­ge­richts, un­ter die­sen Um­stän­den ha­be die Streit­hel­fe­rin kon­klu­dent er­klärt, das ver­kauf­te Fahr­zeug sei fa­brik­neu und da­mit nicht mehr als 12 Mo­na­te vor dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags her­ge­stellt wor­den, ent­spricht der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH. Denn nach die­ser liegt im Ver­kauf ei­nes Neu­wa­gens durch ei­nen Kraft­fahr­zeug­händ­ler grund­sätz­lich die kon­klu­dent ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug die Ei­gen­schaft hat, „fa­brik­neu“ zu sein, was bei ei­nem un­be­nutz­ten Kraft­fahr­zeug re­gel­mä­ßig nur dann der Fall ist, wenn und so­lan­ge das Mo­dell die­ses Fahr­zeugs un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wird, wenn es kei­ne durch län­ge­re Stand­zeit be­ding­te Män­gel auf­weist und wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als 12 Mo­na­te lie­gen (BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, WM 2004, 1182, 1183; Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, WM 2005, 1383, 1384; Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 180/05, WM 2006, 2008 Rn. 10, Urt. v. 15.09.2010 – VI­II ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 14, 20; Urt. v. 06.10.2015 – KZR 87/13, WRP 2016, 229 Rn. 27; Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, WM 2017, 243 Rn. 44; Urt. v. 17.10.2018 – VI­II ZR 212/17, BGHZ 220, 77 Rn. 12 f.). Dies gilt auch, wenn ein un­be­nutz­tes Fahr­zeug ver­kauft und ei­ne Ta­ges- oder Kurz­zu­las­sung auf den Au­to­händ­ler ver­ein­bart wird (BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, WM 2005, 1383, 1384). Wird ein Ge­braucht­fahr­zeug als „Jah­res­wa­gen“ ver­kauft, wird da­mit re­gel­mä­ßig ver­ein­bart, dass zwi­schen Her­stel­lung und Erst­zu­las­sung des Fahr­zeugs nicht mehr als 12 Mo­na­te lie­gen (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 180/05, WM 2006, 2008 Rn. 10 f.; Urt. v. 10.03.2009 – VI­II ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 10; Urt. v. 15.09.2010 – VI­II ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 20; Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, WM 2017, 243 Rn. 45 f.).

[24]   b) Re­vi­si­ons­recht­lich eben­falls nicht zu be­an­stan­den ist die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die kon­klu­den­te Er­klä­rung der Streit­hel­fe­rin zum Zeit­raum zwi­schen Her­stel­lung des ver­kauf­ten Fahr­zeugs und Ver­trags­schluss sei un­rich­tig ge­we­sen, weil nach dem Vor­trag der Par­tei­en und der Streit­hel­fe­rin da­von aus­zu­ge­hen sei, dass das Fahr­zeug im Au­gust 2011 pro­du­ziert wor­den sei.

[25]   Die Klä­ge­rin selbst hat den vom Be­klag­ten be­haup­te­ten Pro­duk­ti­ons­zeit­punkt nicht be­strit­ten, und das Be­strei­ten die­ses Zeit­punkts durch die Streit­hel­fe­rin mit Nicht­wis­sen ist – wie das Be­ru­fungs­ge­richt rechts­feh­ler­frei an­ge­nom­men hat – un­be­acht­lich.

[26]   Nach § 138 IV ZPO ist ei­ne Er­klä­rung mit Nicht­wis­sen nur über Tat­sa­chen zu­läs­sig, die we­der ei­ge­ne Hand­lun­gen der Par­tei noch Ge­gen­stand ih­rer ei­ge­nen Wahr­neh­mung ge­we­sen sind. Ob die­se Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, ist zwar grund­sätz­lich aus der Sicht der un­ter­stütz­ten Haupt­par­tei zu be­ur­tei­len, so­dass die Er­klä­rung ih­res Streit­hel­fers mit Nicht­wis­sen un­zu­läs­sig ist, wenn sie ei­ne Tat­sa­che be­trifft, die (ih­re Wahr­heit un­ter­stellt) ei­ne ei­ge­ne Hand­lung der Haupt­par­tei oder Ge­gen­stand von de­ren Wahr­neh­mung ge­we­sen ist (BGH, Urt. v. 29.10.2020 – IX ZR 10/20, ZIP 2021, 251 Rn. 24 f.). Dar­über hin­aus ist ein Be­strei­ten mit Nicht­wis­sen durch ei­nen Streit­hel­fer aber auch dann un­zu­äs­sig, wenn ei­ne Tat­sa­che in Re­de steht, die nicht ei­ne ei­ge­ne Hand­lung der Haupt­par­tei oder Ge­gen­stand von de­ren Wahr­neh­mung, wohl aber ei­ne ei­ge­ne Hand­lung oder Ge­gen­stand der Wahr­neh­mung des Streit­hel­fers ge­we­sen ist.

[27]   Den ei­ge­nen Hand­lun­gen oder Wahr­neh­mun­gen sind Vor­gän­ge im ei­ge­nen Ge­schäfts- und Ver­ant­wor­tungs­be­reich gleich­ge­stellt, hin­sicht­lich de­ren sich die Par­tei bzw. der Streit­hel­fer in zu­mut­ba­rer Wei­se die not­wen­di­gen In­for­ma­tio­nen ver­schaf­fen kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1989 – VI­II ZR 46/89, BGHZ 109, 205, 209 f., Urt. v. 02.07.2009 – III ZR 333/08, NJW-RR 2009, 1666 Rn. 16; Urt. v. 17.09.2009 – Xa ZR 2/08, BGHZ 182, 245 Rn. 20, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, GRUR 2010, 1107 Rn. 14 f.; Urt v. 22.04.2016 – V ZR 256/14, WM 2016, 1384 Rn. 20 ff.; Urt. v. 09.12.2016 – V ZR 124/16, NJW-RR 2017, 527 Rn. 32; Urt. v. 23.07.2019 – VI ZR 337/18, NJW 2019, 3788 Rn. 10 f.; je­weils m. w. Nachw.). Ei­ne sol­che Er­kun­di­gungs­pflicht be­steht ins­be­son­de­re dann, wenn die maß­ge­ben­den Tat­sa­chen Per­so­nen be­kannt sind, die un­ter An­lei­tung, Auf­sicht oder Ver­ant­wor­tung der Par­tei bzw. des Streit­hel­fers tä­tig ge­wor­den sind, kann aber auch in wei­te­ren Fäl­len in Be­tracht kom­men (vgl. BGH, Urt. v. 17.09.2009 – Xa ZR 2/08, BGHZ 182, 245 Rn. 20; Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, GRUR 2010, 1107 Rn. 14 f.; Urt. v. 23.07.2019 – VI ZR 337/18, NJW 2019, 3788 Rn. 10 m. w. Nachw.).

[28]   Nach die­sen Grund­sät­zen durf­te die Streit­hel­fe­rin als VW-Ver­trags­händ­le­rin den vom Be­klag­ten be­haup­te­ten Zeit­punkt der Her­stel­lung des ver­kauf­ten VW Golf nicht mit Nicht­wis­sen be­strei­ten. Denn bei dem Um­stand, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug im Au­gust 2011 oder je­den­falls mehr als 12 Mo­na­te vor dem Ver­trags­schluss im Au­gust 2013 her­ge­stellt wor­den war, han­delt es sich um ei­nen Vor­gang im Ge­schäfts- und Ver­ant­wor­tungs­be­reich der Streit­hel­fe­rin, hin­sicht­lich des­sen die­se sich in zu­mut­ba­rer Wei­se die not­wen­di­gen In­for­ma­tio­nen ver­schaf­fen kann. Ein ge­wis­ser An­halts­punkt für den Her­stel­lungs­zeit­punkt er­gibt sich be­reits aus dem in der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer mit ei­ner Zif­fer oder ei­nem Buch­sta­ben ge­kenn­zeich­ne­ten Mo­dell­jahr, und die­se An­ga­be ist für ei­nen Ver­trags­händ­ler je­den­falls in Be­zug auf Fahr­zeu­ge der von ihm ver­trie­be­nen Mar­ke oh­ne be­son­de­re Schwie­rig­kei­ten zu ent­schlüs­seln, wie auch die In­for­ma­tio­nen auf der vom Be­ru­fungs­ge­richt in Be­zug ge­nom­me­nen In­ter­net­sei­te (https://​www.​adac.​de/​rund-ums-fahrzeug/​auto-kaufen-verkaufen/​gebrauchtwagenkauf/​auto-alter/​) zei­gen. Hin­zu kommt die – vor­ste­hend un­ter III 1 a nä­her be­grün­de­te – be­son­de­re Be­deu­tung des Her­stel­lungs­zeit­punkts, wenn ein Fahr­zeug von ei­nem Ver­trags­händ­ler ei­nem Kun­den als Neu­wa­gen an­ge­bo­ten wird. So­fern es dies­be­züg­lich über das Mo­dell­jahr hin­aus auf das ex­ak­te Her­stel­lungs­da­tum an­kom­men soll­te, kann dies von dem Ver­trags­händ­ler auf­grund sei­ner ver­trag­li­chen Ver­bin­dung zu dem Her­stel­ler mit zu­mut­ba­ren Mit­teln in Er­fah­rung ge­bracht wer­den.

[29]   c) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat fer­ner rechts­feh­ler­frei an­ge­nom­men, die Streit­hel­fe­rin ha­be arg­lis­tig ge­han­delt.

[30]   Für Arg­list ist kei­ne Ab­sicht er­for­der­lich, son­dern es ge­nügt be­ding­ter Vor­satz (BGH, Urt. v. 08.05.1980 – IVa ZR 1/80, WM 1980, 983, 985; Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 13; Urt. v. 13.06.2007 – VI­II ZR 236/06, WM 2007, 2258 Rn. 29). Zwar setzt auch der be­ding­te Vor­satz vor­aus, dass der Er­klä­ren­de die Un­rich­tig­keit der Tat­sa­chen­be­haup­tung kennt oder zu­min­dest für mög­lich hält (BGH, Urt. v. 11.05.2001 – V ZR 14/00, WM 2001, 1420; Urt. v. 13.06.2007 – VI­II ZR 236/06, WM 2007, 2258 Rn. 29), so­dass grund­sätz­lich nicht arg­lis­tig han­delt, wer gut­gläu­big un­rich­ti­ge An­ga­ben macht, mag auch der gu­te Glau­be auf Fahr­läs­sig­keit oder selbst auf Leicht­fer­tig­keit be­ru­hen (BGH, Urt. v. 08.05.1980 – IVa ZR 1/80, WM 1980, 983, 985). Al­ler­dings liegt dann ein arg­lis­ti­ges Han­deln vor, wenn An­ga­ben ins Blaue hin­ein ge­macht wer­den, ob­wohl ei­ne hin­rei­chen­de tat­säch­li­che Er­kennt­nis­grund­la­ge für die An­ga­ben fehlt und die­ser Um­stand ver­schwie­gen wird (BGH, Urt. v. 21.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 388, Urt. v. 08.05.1980 – IVa ZR 1/80, WM 1980, 983, 985; BGH, Urt. v. 11.05.2001 – V ZR 14/00, WM 2001, 1420, 1421; Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 13).

[31]   So war es hier nach den rechts­feh­ler­frei­en Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts. Die Streit­hel­fe­rin hat kon­klu­dent die Er­klä­rung ab­ge­ge­ben, das Fahr­zeug sei nicht mehr als 12 Mo­na­te vor Ver­trags­schluss her­ge­stellt wor­den, ob­wohl sie nach ih­rem Vor­brin­gen selbst kei­ne Kennt­nis von dem Bau­jahr ge­habt und sich in­so­weit al­lein auf die et­wa fünf Mo­na­te zu­vor er­folg­te Lie­fe­rung des Fahr­zeugs vom Her­stel­ler ver­las­sen ha­be, oh­ne zu­min­dest an­hand der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer das Mo­dell­jahr zu er­mit­teln. Die von der Re­vi­si­on in die­sem Zu­sam­men­hang gel­tend ge­mach­te Ver­fah­rens­rüge hat der Se­nat ge­prüft und nicht für durch­grei­fend er­ach­tet (§ 564 Satz 1 ZPO).

[32]   d) So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt die Kau­sa­li­tät der Täu­schung für den Ver­trags­schluss und die Ein­hal­tung der An­fech­tungs­frist aus § 124 BGB be­jaht hat, sind Rechts­feh­ler nicht er­sicht­lich und wer­den von der Re­vi­si­on auch nicht gel­tend ge­macht.

[33]   e) Das Be­ru­fungs­ge­richt ist fer­ner rechts­feh­ler­frei und von der Re­vi­si­on un­be­an­stan­det da­von aus­ge­gan­gen, dass der von dem Be­klag­ten mit der Streit­hel­fe­rin ge­schlos­se­ne Kauf­ver­trag und der mit der Klä­ge­rin ge­schlos­se­ne Dar­le­hens­ver­trag ver­bun­de­ne Ver­trä­ge i. S. von § 358 III BGB in der hier maß­geb­li­chen, vom 04.08.2011 bis zum 12.06.2014 gel­ten­den Fas­sung, die in­halt­lich der ak­tu­el­len Fas­sung ent­spricht, sind.

[34]   Da­her kann wie das Be­ru­fungs­ge­richt eben­falls zu­tref­fend an­ge­nom­men hat der Be­klag­te in­fol­ge der nach § 142 I BGB rück­wir­kend ein­ge­tre­te­nen Nich­tig­keit des Kauf­ver­trags ge­mäß § 359 Satz 1 BGB a.F. wei­te­re Zah­lun­gen auf das Dar­le­hen ver­wei­gern, was die Re­vi­si­on gleich­falls nicht in­fra­ge stellt.

[35]   2. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat schließ­lich zu Recht ent­schie­den, dass dem Be­klag­ten ein An­spruch ge­gen die Klä­ge­rin auf Rück­zah­lung der vor der An­fech­tungs­er­klä­rung an die­se ge­leis­te­ten Ra­ten aus § 813 I 1 BGB i. V. mit § 812 I 1 Fall 1 BGB zu­steht.

[36]   a) In Be­zug auf ei­nen Ver­trag, der i. S. von § 9 I Ver­brKrG bzw. § 358 III BGB mit ei­nem Dar­le­hens­ver­trag ver­bun­den, aber we­gen nicht wirk­sa­mer Ver­tre­tung des Ver­brau­chers bei Ver­trags­schluss von An­fang an nich­tig ist, hat der Se­nat be­reits ent­schie­den, dass der Ver­brau­cher die auf das Dar­le­hen ge­leis­te­ten Zah­lun­gen von dem Dar­le­hens­ge­ber nach § 813 I 1 BGB zu­rück­ver­lan­gen kann. Denn auf­grund der nach § 9 III 1 Ver­brKrG, der im We­sent­li­chen § 359 Satz 1 BGB a.F. (jetzt § 359 Abs. 1 Satz 1 BGB) ent­spricht, er­öff­ne­ten Mög­lich­keit, ge­gen­über dem Dar­le­hens­ge­ber die rechts­hin­dern­de Ein­wen­dung aus dem Ver­hält­nis zum Ver­käu­fer gel­tend zu ma­chen, be­steht auch im Ver­hält­nis des Ver­brau­chers zum Kre­dit­ge­ber ei­ne dau­ern­de Ein­re­de i. S. von § 813 I 1 BGB (Se­nat, Urt. v. 04.12.2007 – XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 30 f.; Urt. v. 10.11.2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 49; Urt. v. 07.12.2010 – XI ZR 53/08, WM 2011, 261 Rn. 20).

[37]   b) Bis­her nicht ent­schie­den und in der Li­te­ra­tur um­strit­ten ist die Fra­ge, ob und ge­ge­be­nen­falls auf wel­cher Rechts­grund­la­ge im Fall der An­fech­tung des fi­nan­zier­ten Ver­trags we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung ein Rück­zah­lungs­an­spruch des Ver­brau­chers ge­gen den Dar­le­hens­ge­ber be­steht.

[38]   aa) Im Hin­blick auf die Rück­wir­kung der An­fech­tung nach § 142 I BGB wird ver­tre­ten, dass in die­sem Fall eben­falls ein An­spruch aus § 813 I 1 BGB be­ste­he (Pa­landt/​Grü­ne­berg, BGB, 80. Aufl., § 359 Rn. 7; BeckOGK/​Ro­sen­kranz, Stand: 01.04.2021, § 359 BGB Rn. 48 ff., 49.1; Be­ckOK-BGB/​Mül­ler-Christ­mann, Stand: 01.05.2021, § 359 Rn. 42; NK-BGB/​Eg­gert, 4. Aufl., An­hang IV zu §§ 433–480 Rn. 65; NK-BGB/​Ring, 4. Aufl., § 359 Rn. 16 Fn. 28; Nobbe/​Mai­hold, Kom­men­tar zum Kre­dit­recht, 3. Aufl., § 359 BGB Rn. 43; Nobbe/​El­len­ber­ger, Kom­men­tar zum Kre­dit­recht, 3. Aufl., vor § 488 BGB Rn. 124; Wo­jt­ko­wi­ak, Der Rück­for­de­rungs­durch­griff beim ver­bun­de­nen Ge­schäft nach dem mo­der­ni­sier­ten Schuld­recht, 2011, S. 130, 239; Bü­low, in: Bü­low/​Artz, Ver­brau­cher­kre­dit­recht, 10. Aufl., § 495 Rn. 417, 456, 460; Feld­hu­sen, in: Reif­ner/​Feld­hu­sen, Hand­buch Kre­dit­recht, 2. Aufl., § 43 Rn. 59).

[39]   bb) Nach an­de­rer Auf­fas­sung soll sich ein Rück­zah­lungs­an­spruch auf­grund ei­ner er­wei­ter­ten bzw. ana­lo­gen An­wen­dung von § 358 IV 5 BGB bzw. § 358 IV 3 BGB in der vom 01.01.2002 bis zum 12.06.2014 gel­ten­den Fas­sung (künf­tig: a.F.) er­ge­ben (Bälz, in: FS Schapp, 2010, S. 25, 44 f., 50; wohl eben­so Be­ckOK-BGB/​Wen­de­horst, Stand: 01.05.2021, § 812 Rn. 224 f.), wäh­rend Koch (in: Er­man, BGB, 16. Aufl., § 359 Rn. 6) zwar zu­nächst ei­ne Rück­ab­wick­lung ana­log § 358 IV 5 BGB in Be­tracht zieht, so­dann aber, ge­stützt auf den Schutz­zweck der §§ 358, 359 BGB, ei­nen be­rei­che­rungs­recht­li­chen Rück­for­de­rungs­an­spruch da­mit be­grün­det, dass der Dar­le­hens­ver­trag nach § 139 BGB nich­tig sei, da die Par­tei­en die­sen bei Kennt­nis der rück­wir­ken­den Nich­tig­keit des fi­nan­zier­ten Ge­schäfts nicht ab­ge­schlos­sen hät­ten.

[40]   cc) Da­ge­gen be­steht nach ei­ner drit­ten Auf­fas­sung im Fall der An­fech­tung des fi­nan­zier­ten Kauf- bzw. Leis­tungs­ver­trags kein An­spruch des Ver­brau­chers ge­gen den Dar­le­hens­ge­ber auf Rück­ge­währ der vor Er­klä­rung der An­fech­tung ge­leis­te­ten Ra­ten, da die An­fecht­bar­keit des Dar­le­hens­ver­trags kein Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Ver­brau­chers be­grün­de und so­mit die For­de­rung des Dar­le­hens­ge­bers im Zeit­punkt der Leis­tung nicht ein­re­de­be­haf­tet ge­we­sen sei (MünchKomm-BGB/​Ha­ber­sack, 8. Aufl., § 359 Rn. 34 f., 56, 68) bzw. § 359 I 1 BGB nach sei­nem Norm­zweck aus­schließ­lich ex nunc wir­ken sol­le (Stau­din­ger/​Her­res­thal, BGB, Neu­be­arb. 2016, § 359 Rn. 83). Ein Rück­zah­lungs­an­spruch ge­gen den Dar­le­hens­ge­ber soll nach die­ser Auf­fas­sung nur dann in Be­tracht kom­men, wenn ent­we­der auch der Dar­le­hens­ver­trag an­ge­foch­ten wird, was im Fall ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung des Käu­fers durch den Ver­käu­fer bei Ab­schluss des fi­nan­zier­ten Ver­trags re­gel­mä­ßig mög­lich sei (Stau­din­ger/​Her­res­thal, a. a. O., § 359 Rn. 55, 61, 84; MünchKomm-BGB/​Ha­ber­sack, a. a. O., § 359 Rn. 33 f., 59), oder wenn der Ver­brau­cher das Dar­le­hen we­gen der Un­wirk­sam­keit des fi­nan­zier­ten Ver­trags ge­mäß § 313 I, III BGB kün­digt, wo­bei in die­sem Fall nur die nach die­ser – ex nunc wir­ken­den – Kün­di­gung ge­zahl­ten Ra­ten rechts­grund­los i. S. von § 812 I 1 Fall 1 BGB ge­leis­tet wor­den sei­en (Stau­din­ger/​Her­res­thal, a. a. O., § 359 Rn. 82 f.).

[41]   c) Zu­tref­fend ist die erst­ge­nann­te An­sicht.

[42]   aa) Ein Rück­for­de­rungs­durch­griff ana­log § 358 IV 5 BGB bzw. § 358 IV 3 BGB a.F. kommt nicht in Be­tracht.

[43]   Der Se­nat hat für den Fall der an­fäng­li­chen Nich­tig­keit des fi­nan­zier­ten Ge­schäfts ei­nen Rück­for­de­rungs­durch­griff in ana­lo­ger An­wen­dung von § 9 II 4 Ver­brKrG, der in­halt­lich – so­weit hier von Be­lang – § 358 IV 3 BGB a.F. so­wie § 358 IV 5 BGB ent­spricht, ab­ge­lehnt, weil es für ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung an dem Vor­lie­gen ei­ner plan­wid­ri­gen Re­ge­lungs­lü­cke so­wie an ei­ner ver­gleich­ba­ren In­ter­es­sen­la­ge fehlt (Se­nat, Urt. v. 04.12.2007 – XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 30; Urt. v. 01.07.2008 – XI ZR 411/06, WM 2008, 1596 Rn. 16; Urt. v. 10.11.2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 50 ff.; Urt. v. 07.12.2010 – XI ZR 53/08, WM 2011, 261 Rn. 25). Der II. Zi­vil­se­nat hat an sei­ner frü­he­ren ab­wei­chen­den Auf­fas­sung (vgl. BGH, Urt. v. 21.07.2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 54 ff.; Urt. v. 21.03.2005 – II ZR 411/02, WM 2005, 843, 845 m. w. Nachw.) nicht fest­ge­hal­ten (vgl. Se­nat, Urt. v. 10.11.2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 58).

[44]   Fer­ner hat der BGH zu § 358 IV 3 BGB a.F. ent­schie­den, dass für ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung die­ser Vor­schrift auf das Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis nach ei­nem wirk­sam er­klär­ten Rück­tritt vom fi­nan­zier­ten Kauf­ver­trag we­gen ei­nes Sach­man­gels eben­falls kein Raum sei, weil es an ei­ner plan­wid­ri­gen Re­ge­lungs­lü­cke fehlt (BGH, Urt. v. 01.07.2015 – VI­II ZR 226/14, WM 2015, 1591 Rn. 17 ff.).

[45]   Der Ge­setz­ge­ber hat in Kennt­nis die­ser Recht­spre­chung mit den Ge­set­zen vom 20.09.2013 (BGBl. 2013 I S. 3642) und vom 11.03.2016 (BGBl. 2016 I S. 396) nur un­we­sent­li­che Än­de­run­gen der §§ 358, 359 BGB vor­ge­nom­men, oh­ne die nur für den Wi­der­ruf des fi­nan­zier­ten Ver­trags gel­ten­de Re­ge­lung des § 358 IV 3 BGB a.F. bzw. des § 358 IV 5 BGB auf an­de­re Sach­ver­hal­te zu er­stre­cken.

[46]   bb) Dem­ge­gen­über kann der Ver­brau­cher nach An­fech­tung des fi­nan­zier­ten Ver­trags die zu­vor auf das Dar­le­hen er­brach­ten Leis­tun­gen nach § 813 I 1 BGB i. V. mit § 812 I 1 Fall 1 BGB von dem Dar­le­hens­ge­ber zu­rück­ver­lan­gen.

[47]   Zwar be­grün­det § 813 I 1 BGB nach sei­nem Wort­laut nur dann ei­nen Rück­for­de­rungs­an­spruch, wenn der Leis­ten­de be­reits zum Zeit­punkt der Leis­tung dau­er­haft be­rech­tigt war, die­se end­gül­tig zu ver­wei­gern (Se­nat, Urt. v. 10.11.2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 Rn. 49 m. w. Nachw.; Urt. v. 07.12.2010 – XI ZR 53/08, WM 2011, 261 Rn. 20; Bü­low, in: Bü­low/​Artz, a. a. O., § 495 BGB Rn. 457; Nobbe/​Mai­hold, a. a. O., § 359 BGB Rn. 43). Dies ist aber nicht nur bei an­fäng­li­cher Nich­tig­keit des fi­nan­zier­ten Ver­trags der Fall, wenn der Ver­brau­cher die rechts­hin­dern­de Ein­wen­dung aus dem Ver­trags­ver­hält­nis mit dem Ver­käu­fer nach § 359 Satz 1 BGB a.F. bzw. § 359 I 1 BGB dem Dar­le­hens­ge­ber ent­ge­gen­hal­ten und des­halb die Rück­zah­lung des Dar­le­hens ver­wei­gern kann (Se­nat, Urt. v. 04.12.2007 – XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 31), son­dern auch dann, wenn der fi­nan­zier­te Ver­trag von dem Ver­brau­cher ge­mäß § 123 I BGB an­ge­foch­ten wor­den ist.

[48]   Im Fall von ver­bun­de­nen Ver­trä­gen ist die rück­wir­ken­de Ver­nich­tung des fi­nan­zier­ten Ver­trags auf­grund sei­ner An­fech­tung durch den Ver­brau­cher auch im Ver­hält­nis zwi­schen Ver­brau­cher und Dar­le­hens­ge­ber zu be­rück­sich­ti­gen. Denn die An­fech­tung hat ge­mäß § 142 I BGB zur Fol­ge, dass der Ver­trag als von An­fang an nich­tig an­zu­se­hen ist, und die­se rück­wir­ken­de Ver­nich­tung des an­ge­foch­te­nen Rechts­ge­schäfts wirkt ab­so­lut, al­so nicht nur im Ver­hält­nis zwi­schen An­fech­ten­dem und An­fech­tungs­geg­ner (BGH, Urt. v. 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86, ZIP 1987, 1256, 1257 f.; MünchKomm-BGB/​Bu­sche, 8. Aufl., § 142 Rn. 14; Pa­landt/​El­len­ber­ger, BGB, 80. Aufl., § 142 Rn. 2; BeckOGK/​Be­urs­kens, Stand: 01.10.2020, § 142 BGB Rn. 25 f.; Er­man/​Ar­nold, BGB, 16. Aufl., § 142 Rn. 3; NK-BGB/​Feu­er­born, 4. Aufl., § 142 Rn. 11). Dies hat zur Fol­ge, dass nach Er­klä­rung der An­fech­tung durch den Käu­fer und Dar­le­hens­neh­mer in sei­nem Ver­hält­nis zum Dar­le­hens­ge­ber da­von aus­zu­ge­hen ist, dass der Ver­brau­cher be­reits bei zu­vor er­brach­ten Leis­tun­gen be­rech­tigt war, we­gen der Nich­tig­keit des fi­nan­zier­ten Ver­trags ge­mäß § 359 Satz 1 BGB a.F. bzw. § 359 I 1 BGB ge­gen­über dem Dar­le­hens­ge­ber die Rück­zah­lung des Dar­le­hens zu ver­wei­gern.

[29]   IV. Die Kos­ten der Re­vi­si­on sind ge­mäß § 97 IO ZPO der Streit­hel­fe­rin auf­zu­er­le­gen, da die Klä­ge­rin als un­ter­stütz­te Haupt­par­tei im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­tä­tig ge­blie­ben ist (BGH, Urt. v. 05.05.1956 – IV ZR 18/56, LM § 582 ZPO Nr. 1; Urt. v. 14.01.1960 – III ZR 7/59, VersR 60, 277, 278; Urt. v. 14.12.1967 – II ZR 30/67, BGHZ 49, 183, 195 ff.; Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, ju­ris Rn. 20).

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