Eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier: eines Gebrauchtwagenkaufvertrags), nach der die Haftung des Klauselverwenders auch für Körper- und Gesundheitsschäden sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden ausgeschlossen ist, hält einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB nicht stand (im Anschluss an Senat, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67; Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1).

BGH, Urteil vom 04.02.2015 – VIII ZR 26/14

Sachverhalt: Mit Kaufvertrag vom 04.10.2007 erwarb der Kläger von dem Beklagten einen gebrauchten Mercedes-Benz ML 55 AMG zum Preis von 33.000 €. Der Verkauf erfolgte über den Streithelfer, einen Gebrauchtwagenhändler, der das Fahrzeug im Auftrag des Beklagten veräußerte. Der Kaufvertrag enthält einen formularmäßigen Gewährleistungsausschluss, wonach das Fahrzeug

„… gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung im Hinblick auf sichtbare und unsichtbare Mängel, insbesondere bezüglich des Kilometerstandes, früherer Unfälle und etwa auftretender Schäden infolge früherer Unfälle …“

veräußert wird. Auf der Rückseite des Kaufvertragsformulars ist unter der Überschrift „Gewährleistung“ zusätzlich bestimmt:

„Das Fahrzeug ist verkauft unter Ausschluss jeder Gewährleistung. Ansprüche auf Wandlung, Minderung oder Schadensersatz sind, soweit das gesetzlich zulässig ist, ausgeschlossen, und zwar sowohl wegen erkennbarer als auch wegen verborgener Mängel …“

Das Fahrzeug, welches einen Kilometerstand von 59.000 aufwies, wurde dem Kläger am 12.10.2007 übergeben. Am 13.10.2007 bemerkte er ein „Klackern“ des Motors.

Mit der Behauptung, das Fahrzeug habe bei Übergabe an ihn einen Motorschaden aufgewiesen, verlangt der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das Landgericht hat die auf Rückzahlung des Kaufpreises und Ersatz von Aufwendungen nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, gerichtete Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Der Gewährleistungsausschluss sei wirksam, weil der Kläger nicht bewiesen habe, dass der Streithelfer den Sachmangel arglistig verschwiegen habe. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverwiesen.

Aus den Gründen: [7]    I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:

[8]    Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz vergeblicher Aufwendungen zu. Der Beklagte habe die Gewährleistung im Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen. § 444 BGB stehe dem nicht entgegen, denn der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Streithelfer, dessen Wissen der Beklagte sich gemäß § 166 BGB zurechnen lassen müsse, den Sachmangel arglistig verschwiegen habe.

[9]    Zwar habe der Kläger den Sachmangel bewiesen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen weise das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 59.000 einen schwerwiegenden Mangel auf, der nur durch Einbau eines Austauschmotors behoben werden könne. Der Motor habe keine ausreichende Kompression mehr. Das „Klappern“ komme von nicht mehr festsitzenden Kolben. Ein Totalausfall des Motors sei nur eine Frage der Zeit.

[10]   Der Senat entnehme jedoch der Aussage des Zeugen B, den der Streithelfer vor dem Verkauf an den Kläger wegen eines „Klackerns“ des Motors gebeten habe, das Fahrzeug zu untersuchen, dass dem Streithelfer kein konkreter Befund mitgeteilt worden sei, der ihn dazu hätte veranlassen müssen, weitere Untersuchungen in Auftrag zu geben. Den Aussagen der übrigen Zeugen lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Umstand, dass der Streithelfer das Fahrzeug in eine Werkstatt gebracht habe, begründe noch keine Bösgläubigkeit, weil die Werkstatt ihn nicht ausreichend über einen Verdacht auf einen Motorschaden in Kenntnis gesetzt habe.

[11]   Da der Kläger eine Arglist des Streithelfers nicht bewiesen habe, könne dahinstehen, ob er das Vorliegen eines Mangels bei Übergabe bewiesen habe.

[12]   II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.

[13]   Die im Revisionsverfahren nur noch geltend gemachten Ansprüche des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 346 I BGB i. V. mit §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I BGB sowie Ersatz vergeblicher Aufwendungen gemäß §§ 437 Nr. 3 Fall 2, 284 BGB scheitern nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, an dem im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger zwar nicht bewiesen, dass der Streithelfer des Beklagten den Sachmangel des Fahrzeugs arglistig verschwiegen hat (§ 444 Fall 1 BGB). Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass der formularmäßige Ausschluss der Sachmängelhaftung der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen am Maßstab des § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB nicht standhält und deshalb unwirksam ist.

[14]   1. Bei dem in den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsurteils in Bezug genommenen Ausschluss der Sachmängelhaftung handelt es sich, was die Revisionserwiderung nicht in Zweifel zieht, sowohl nach der Erscheinungsform des Textes als auch nach dessen Inhalt um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 I BGB). Diese sind vom Beklagten verwendet worden. Zwar stammt das Vertragsformular nicht von diesem, sondern von dem in seinem Auftrag tätig gewordenen Streithelfer. Die vorformulierten Vertragsbedingungen sind jedoch gleichwohl vom Beklagten „gestellt“ (§ 305 I 1 BGB), weil der Streithelfer kein Dritter, sondern Abschlussgehilfe des Beklagten war (§ 278 BGB; vgl. Senat, Urt. v. 14.12.2010 – VIII ZR 143/10, WuM 2011, 96 Rn. 7).

[15]   a) Die vom Beklagten gestellten Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert (§ 305 I 1 BGB). Dies gilt selbst dann, wenn er den Streithelfer nur für ein einzelnes Geschäft eingeschaltet haben sollte. Denn Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen auch dann vor, wenn sie – wie hier – für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, selbst wenn die Vertragspartei, die die Klauseln stellt, sie nur in einem einzigen Vertrag verwenden will (Senat, Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 10 m. w. Nachw.).

[16]   b) Wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat, ist eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der die Haftung des Klauselverwenders – wie im vorliegenden Gebrauchtwagenkaufvertrag – auch für Körper- und Gesundheitsschäden (§ 309 Nr. 7 lit. a BGB) sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7 lit. b BGB) ausgeschlossen ist, wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders unwirksam (Senat, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 10; Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06; siehe auch Senat, Urt. v. 29.05.2013 – VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 15; Urt. v. 19.06.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 30; jeweils m. w. Nachw.). Dies gilt gemäß § 307 I, II Nr. 2 BGB selbst dann, wenn der Kläger das Fahrzeug nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer erworben haben sollte (vgl. Senat, Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rn. 10 ff.).

[17]   c) Der Zusatz „soweit das gesetzlich zulässig ist“ beseitigt die Unwirksamkeitsfolge der gegen die gesetzlichen Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen verstoßenden Klauseln nicht (vgl. Senat, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29 [48]; Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 231/90, NJW 1991, 2630 [unter II 5]; jeweils m. w. Nachw.). Derartige salvatorische Klauseln sind ihrerseits unwirksam, weil sie gegen das Verständlichkeitsgebot verstoßen (vgl. Senat, Beschl. v. 20.11.2012 – VIII ZR 137/12, juris Rn. 3 [Hinweisbeschluss]; Beschl. v. 05.03.2013 – VIII ZR 137/12, NJW 2013, 1668 Rn. 3 [Zurückweisungsbeschluss]).

[18]   2. Das Berufungsurteil stellt sich auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, dass es an einem gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 I BGB erforderlichen Nacherfüllungsverlangen des Klägers fehle und der Beklagte die Nacherfüllung auch nicht ernsthaft und endgültig verweigert habe (§§ 437 Nr. 2, 323 II Nr. 1 BGB), hat das Berufungsgericht – vor dem Hintergrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.

[19]   III. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 I ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 I 1 ZPO).

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