Die Wei­ge­rung des Ver­käu­fers, nach dem Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag die vom Käu­fer zum Zwe­cke der Rück­ge­währ in Na­tur ge­mäß § 346 I BGB an­ge­bo­te­ne man­gel­haf­te Kauf­sa­che zu­rück­zu­neh­men, kann je­den­falls un­ter den be­son­de­ren Um­stän­den des Ein­zel­falls (hier: Ar­se­n­be­las­tung gro­ßer Men­gen vom Ver­käu­fer ge­lie­fer­ten Re­cy­cling-Schot­ters) als Ver­let­zung von Rück­sicht­nah­me­pflich­ten (§ 241 II BGB) im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis an­zu­se­hen sein, die zu ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch des Käu­fers ge­gen den Ver­käu­fer ge­mäß § 280 I BGB füh­ren kann.

BGH, Ur­teil vom 29.11.2023 – VI­II ZR 164/21
(vor­an­ge­hend: OLG Zwei­brü­cken, Ur­teil vom 27.05.2021 – 4 U 96/20)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin be­treibt ein Bau­un­ter­neh­men. Sie wur­de von der L-Im­mo­bi­li­en GmbH & Co. KG (nach­fol­gend: Bau­her­rin) be­auf­tragt, auf dem von die­ser an­ge­mie­te­ten Grund­stück der B (nach­fol­gend: Grund­stücks­ei­gen­tü­me­rin) in F. ei­nen Park- und Con­tai­ner­ver­la­de­platz zu er­rich­ten. Hier­für be­stell­te die Klä­ge­rin im März 2012 bei der Be­klag­ten, ei­ner Bau­stoff­händ­le­rin, 22.488,84 t Re­cy­cling-Schot­ter zur Ver­wen­dung als Un­ter­bau zu ei­nem Kauf­preis von 156.283,29 €. Die Be­klag­te be­zog die­ses Ma­te­ri­al von der Streit­hel­fe­rin, ei­ner Bau­stoff­ver­triebs­ge­sell­schaft, wel­che es ih­rer­seits bei der Her­stel­le­rin be­stell­te.

Die Her­stel­le­rin lie­fer­te den Re­cy­cling-Schot­ter im Ju­ni 2012 auf Ver­an­las­sung der Streit­hel­fe­rin und im Auf­trag der Be­klag­ten un­mit­tel­bar an die Bau­stel­le der Klä­ge­rin, wo er von die­ser ein­ge­baut wur­de. Die Klä­ge­rin zahl­te den ver­ein­bar­ten Kauf­preis an die Be­klag­te.

Im Jahr 2016 soll­te auf dem Grund­stück ei­ne Hal­le er­rich­tet wer­den. Hier­für wur­de ein Teil des von der Klä­ge­rin im Jahr 2012 ein­ge­brach­ten Re­cy­cling-Schot­ters im Um­fang von rund 8.000 t aus­ge­baut und auf dem Grund­stück zu­sam­men­ge­scho­ben. Nach ei­ner Be­pro­bung des Ma­te­ri­als be­an­stan­de­te die Bau­her­rin ge­gen­über der Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 26.09.2016 ei­nen über dem to­le­rier­ba­ren Wert lie­gen­den und nicht der Zu­ord­nung Z 1.1 des „LA­GA1„LA­GA“ steht für „Bund/Län­der-Ar­beits­ge­mein­schaft Ab­fall“.-Merk­blatts“ ent­spre­chen­den Ar­sen­ge­halt des ge­lie­fer­ten Re­cy­cling-Schot­ters. Die Klä­ge­rin zeig­te mit Schrei­ben vom 30.09.2016 bei der Be­klag­ten den mit den bis­he­ri­gen Ana­ly­se­er­geb­nis­sen be­grün­de­ten An­fangs­ver­dacht ei­ner Über­schrei­tung der zu­läs­si­gen Wer­te an und wies auf die Er­for­der­lich­keit wei­te­rer Be­pro­bun­gen hin.

In der Fol­ge­zeit ver­lang­ten die Grund­stücks­ei­gen­tü­me­rin und die Bau­her­rin von der Klä­ge­rin den voll­stän­di­gen Aus­bau des im Jahr 2012 ein­ge­brach­ten Re­cy­cling-Schot­ters. Die Klä­ge­rin ver­pflich­te­te sich im Rah­men ei­nes von der Bau­her­rin seit Ju­li 2017 ge­gen sie ge­führ­ten Rechts­streits durch Pro­zess­ver­gleich zur Ent­fer­nung und Ent­sor­gung des Re­cy­cling-Schot­ters so­wie zur fach­ge­rech­ten Ein­brin­gung neu­en Schot­ters und Er­stel­lung ei­nes neu­en Pflas­ters für den ge­sam­ten Be­reich.

Die Klä­ge­rin nahm ih­rer­seits die Be­klag­te ge­richt­lich in An­spruch. Mit rechts­kräf­ti­gem Ur­teil vom 13.11.2018 wur­de die Be­klag­te – ge­stützt auf die An­nah­me ei­nes wirk­sa­men Rück­tritts der Klä­ge­rin vom Kauf­ver­trag – zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ver­ur­teilt. Zu­dem wur­de ih­re Ver­pflich­tung fest­ge­stellt, der Klä­ge­rin die Mehr­kos­ten für die er­satz­wei­se Be­schaf­fung von Re­cy­cling-Schot­ter zu er­set­zen.

Mit Schrei­ben vom 27.02.2019 for­der­te die Klä­ge­rin die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung zur Ab­ho­lung des von ihr be­reits teil­wei­se aus­ge­bau­ten und auf dem Ge­län­de zu­sam­men­ge­scho­be­nen Re­cy­cling-Schot­ters von der frü­he­ren Bau­stel­le auf. Fer­ner kün­dig­te sie für den Fall ei­ner aus­blei­ben­den Re­ak­ti­on ei­ne Kla­ge an, die auch auf die Fest­stel­lung ei­ner Ver­pflich­tung der Be­klag­ten ge­rich­tet sein wer­de, das noch aus­zu­bau­en­de wei­te­re Schot­ter­ma­te­ri­al nach dem Aus­bau ab­zu­ho­len. Die Be­klag­te kam der Auf­for­de­rung nicht nach.

Im vor­lie­gen­den Rechts­streit hat die Klä­ge­rin erst­in­stanz­lich (zu­letzt) die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung von 446.896 € – ent­spre­chend 80 % der vor­aus­sicht­li­chen Kos­ten für die im Mai 2019 von ihr be­gon­ne­ne Ent­sor­gung der Teil­men­ge von 8.000 t – so­wie die Fest­stel­lung ei­ner Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zur Er­stat­tung der dar­über hin­aus ent­ste­hen­den Kos­ten für die Ent­sor­gung des ge­lie­fer­ten Re­cy­cling-Schot­ters be­gehrt. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Mit ih­rer Be­ru­fung hat die Klä­ge­rin ihr Kla­ge­be­geh­ren wei­ter­ver­folgt, je­doch den Zah­lungs­an­trag – im Hin­blick auf die bis zum 31.12.2019 für Aus­bau, Ab­trans­port und Ent­sor­gung des man­gel­haf­ten und den Ein­bau des neu­en Re­cy­cling-Schot­ters nach ih­rer Be­haup­tung be­reits an­ge­fal­le­nen Kos­ten – auf ei­nen Be­trag von 1.333.072,52 € er­höht. Ih­ren Fest­stel­lungs­an­trag hat sie nun­mehr auf die Fest­stel­lung ei­ner Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zur Er­stat­tung der Kos­ten für die Wie­der­her­stel­lung des neu­en Pflas­ters er­wei­tert. Das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­ru­fung zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on hat es „be­schränkt auf die Fra­ge“ zu­ge­las­sen, ob nach Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ei­ne ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Rechts­pflicht des Rück­tritts­geg­ners zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che be­ste­he.

Die Klä­ge­rin ver­folgt mit ih­rer un­be­schränkt ein­ge­leg­ten Re­vi­si­on ihr Kla­ge­be­geh­ren in vol­lem Um­fang wei­ter. Sie meint, die vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­wähl­te For­mu­lie­rung ent­hal­te kei­ne wirk­sa­me Be­schrän­kung der Re­vi­si­ons­zu­las­sung. Für den Fall, dass der Se­nat die Be­schrän­kung für zu­läs­sig er­ach­tet, hat sie vor­sorg­lich be­zo­gen auf die nach dem Bun­des­bo­den­schutz­ge­setz (BBo­dSchG) gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ein­ge­legt.

Mit Be­schluss vom 27.09.2023 hat der Se­nat die Re­vi­si­on der Be­klag­ten, so­weit sie sich ge­gen die Ver­nei­nung ei­nes Aus­gleichs­an­spruchs der Klä­ge­rin ge­gen die Be­klag­te ge­mäß den Vor­schrif­ten der §§ 4, 24 II BBo­dSchG rich­tet, als un­zu­läs­sig ver­wor­fen. Die in­so­weit vor­sorg­lich ein­ge­leg­te Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de hat der Se­nat zu­rück­ge­wie­sen.

So­weit die Re­vi­si­on nicht als un­zu­läs­sig ver­wor­fen wur­de, hat­te sie Er­folg.

Aus den Grün­den: [12]   I. Das Be­ru­fungs­ge­richt (OLG Zwei­brü­cken, Urt. v. 27.05.2021 – 4 U 96/20, ZfBR 2021, 755) hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung – so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se – im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[13]   Der Klä­ge­rin ste­he ein An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Er­satz der Kos­ten für den Aus­bau des Re­cy­cling-Schot­ters und für den Ein­bau von Er­satz­ma­te­ri­al nach § 437 Nr. 3, §§ 280 I, 281 BGB i. V. mit § 433 I 2 BGB, § 434 BGB a.F. nicht zu. Hier­bei kön­ne da­hin­ste­hen, ob der ver­kauf­te Re­cy­cling-Schot­ter bei Ge­fahr­über­gang we­gen ei­ner Ar­se­n­be­las­tung man­gel­haft ge­we­sen sei. Ei­ne dies­be­züg­li­che Pflicht­ver­let­zung ha­be die Be­klag­te je­den­falls nicht zu ver­tre­ten. Zwar lie­ge die Dar­le­gungs- und Be­weis­last zur Ver­schul­dens­fra­ge bei ihr. Da aber ein Ne­ga­ti­vum – die nicht vor­werf­ba­re Un­kennt­nis von Um­stän­den, wel­che die Be­klag­te hin­sicht­lich des Vor­lie­gens ei­nes Sach­man­gels hät­ten arg­wöh­nisch ma­chen müs­sen – im Streit ste­he, tref­fe die Klä­ge­rin ei­ne se­kun­dä­re Be­haup­tungs­last hin­sicht­lich des Vor­han­den­seins von Ver­dachts­mo­men­ten bei Ge­fahr­über­gang. Ihr Vor­trag er­schöp­fe sich je­doch in Mut­ma­ßun­gen und zei­ge kon­kre­te Ver­dachts­mo­men­te nicht auf. Auf­grund ei­ner Ge­samt­schau des Pro­zess­stoffs sei der Se­nat da­von über­zeugt (§ 286 I ZPO), dass die Be­klag­te an der Lie­fe­rung ver­un­rei­nig­ten Ma­te­ri­als kein ei­ge­nes Ver­schul­den tref­fe. Dem au­ßer­ge­richt­li­chen Schrei­ben der Klä­ge­rin vom 30.09.2016 sei zu ent­neh­men, dass für das ge­lie­fer­te Ma­te­ri­al Prüf­zeug­nis­se und Lie­fer­schei­ne vor­ge­legt wor­den sei­en, wel­che die Ka­te­go­rie LA­GA Z 1.1 be­schei­nig­ten. Die Be­klag­te ha­be als Letzt­ver­käu­fe­rin in ei­nem Stre­cken­ge­schäft grund­sätz­lich dar­auf ver­trau­en dür­fen, dass sich die in die Lie­fer­ket­te ein­ge­schal­te­ten Fach­händ­ler für Bau­be­darf red­lich ver­hiel­ten und die über das Ma­te­ri­al er­stell­ten und auf die Her­stel­le­rin aus­ge­stell­ten Prüf­zeug­nis­se zu­trä­fen. Ein et­wai­ges Fremd­ver­schul­den in­ner­halb der Lie­fer­ket­te müs­se sie sich nicht nach § 278 BGB zu­rech­nen las­sen.

[14]   Die Klä­ge­rin kön­ne ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 280 I BGB auch nicht dar­auf stüt­zen, dass die Be­klag­te ei­ne Pflicht zur Rück­nah­me des Re­cy­cling-Schot­ters im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis nach §§ 346 ff. BGB schuld­haft ver­letzt ha­be. Die Vor­schrift des § 346 I BGB ver­pflich­te den Ver­käu­fer nicht zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che, son­dern ge­be ihm al­lein ei­nen An­spruch auf Rück­ge­währ. Der frü­he­ren Recht­spre­chung, die ei­ne Ver­pflich­tung des Ver­käu­fers zur Rück­nah­me ei­ner man­gel­haf­ten Kauf­sa­che an­ge­nom­men ha­be (ins­be­son­de­re im sog. Dach­zie­gel­fall des BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104), sei durch den Weg­fall der kauf­recht­li­chen Wan­de­lung im re­for­mier­ten Schuld­recht die Grund­la­ge ent­zo­gen. In der Fol­ge­zeit ha­be bis zum In­kraft­tre­ten des Bau­ver­trags­rechts­re­form­ge­set­zes (BauVtrR­RefG)2Ge­setz zur Re­form des Bau­ver­trags­rechts, zur Än­de­rung der kauf­recht­li­chen Män­gel­haf­tung, zur Stär­kung des zi­vil­pro­zes­sua­len Rechts­schut­zes und zum ma­schi­nel­len Sie­gel im Grund­buch- und Schiffs­re­gis­ter­ver­fah­ren, BGBl. 2017 I 969. zum 01.01.2018 nach der Recht­spre­chung des BGH bei Kauf­ver­trä­gen zwi­schen Un­ter­neh­mern – wie hier – ein An­spruch auf Er­satz von Ein­bau-, Aus­bau- und Trans­port­kos­ten für ei­ne man­gel­haf­te Sa­che nur be­stan­den, wenn der Ver­käu­fer die Ver­let­zung der Pflicht zur Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che – an­ders als die Be­klag­te hier – zu ver­tre­ten ha­be. Die­se Kon­zep­ti­on des für den vor­lie­gen­den Ver­trag maß­geb­li­chen Ge­währ­leis­tungs­sys­tems dür­fe nicht durch ei­ne in § 346 I BGB hin­ein­ge­le­se­ne Rechts­pflicht des Ver­käu­fers zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che aus­ge­he­belt wer­den. Ei­ne ent­spre­chen­de Pflicht las­se sich auch nicht für Aus­nah­me­fäl­le aus ei­ner ana­lo­gen be­zie­hungs­wei­se „spie­gel­bild­li­chen“ An­wen­dung von § 433 II BGB oder aus Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) her­lei­ten.

[15]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung, so­weit die­se auf­grund des be­schränk­ten Um­fangs der Re­vi­si­ons­zu­las­sung er­öff­net ist, nicht stand. Auf der Grund­la­ge der bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kann nicht an­ge­nom­men wer­den, dass die Be­klag­te die Lie­fe­rung man­gel­haf­ten Re­cy­cling-Schot­ters ge­mäß § 437 Nr. 3 BGB, § 434 BGB a.F., §§ 280 I, III, 281 BGB nicht zu ver­tre­ten ha­be. Zu­dem hat das Be­ru­fungs­ge­richt rechts­feh­ler­haft au­ßer Be­tracht ge­las­sen, dass ein Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin ge­gen die Be­klag­te auch aus ei­ner schuld­haf­ten Ver­let­zung ei­ner Rück­sicht­nah­me­pflicht im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis ge­mäß §§ 346 ff. BGB i. V. mit §§ 241 II, 280 I BGB fol­gen kann.

[16]   1. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Un­recht ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin ge­gen die Be­klag­te ge­mäß § 437 Nr. 3 BGB, § 434 BGB a.F., §§ 280 I, III, 281 BGB mit der Be­grün­dung ver­neint, die Be­klag­te ha­be sich hin­sicht­lich der in der be­haup­te­ten Man­gel­haf­tig­keit des ge­lie­fer­ten Re­cy­cling-Schot­ters lie­gen­den Pflicht­ver­let­zung ge­mäß § 280 I 2 BGB ent­las­tet. Die bis­lang in­so­weit vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen bie­ten kei­ne trag­fä­hi­ge Grund­la­ge für ei­ne da­hin ge­hen­de Wür­di­gung.

[17]   a) Das Be­ru­fungs­ge­richt ist al­ler­dings zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass im Streit­fall we­gen des Ver­trags­schlus­ses im Jahr 2012 die Vor­schrif­ten der §§ 433 ff. BGB in der bis zum 31.12.2017 gel­ten­den Fas­sung An­wen­dung fin­den (Art. 229 § 39 EGBGB). Eben­so hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht an­ge­nom­men, dass nach der hier­zu er­gan­ge­nen Se­nats­recht­spre­chung im ge­schäft­li­chen Ver­kehr zwi­schen Un­ter­neh­men – wie hier – ein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Käu­fers auf Er­stat­tung der vor­lie­gend gel­tend ge­mach­ten Kos­ten für den Aus­bau der Kauf­sa­che und den Ein­bau ei­ner Er­satz­sa­che nur in Be­tracht kommt, wenn der Ver­käu­fer sei­ne Ver­trags­pflicht zur Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che ver­letzt und dies auch zu ver­tre­ten hat (vgl. nur Se­nat, Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 11; Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 29). Hin­ge­gen schei­det vor­lie­gend ein dies­be­züg­li­cher Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen Pflicht­ver­let­zung im Rah­men der Nach­er­fül­lung (§ 439 I BGB) aus, weil der Ver­käu­fer bei sol­chen Ver­trä­gen im Rah­men der Nach­er­fül­lung durch Er­satz­lie­fe­rung we­der den Aus­bau der man­gel­haf­ten Sa­che noch den Ein­bau der neu­en man­gel­frei­en Sa­che schul­det (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 14; Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 27).

[18]   Man­gels ab­wei­chen­der Fest­stel­lun­gen ist für die re­vi­si­ons­recht­li­che Über­prü­fung die im Be­ru­fungs­ur­teil wie­der­ge­ge­be­ne Be­haup­tung der Klä­ge­rin als zu­tref­fend zu un­ter­stel­len, dass der von der Be­klag­ten an sie (wei­ter-)ver­kauf­te Re­cy­cling-Schot­ter auf­grund ei­ner un­zu­läs­sig ho­hen Ar­se­n­be­las­tung im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs nicht ver­trags­ge­mäß war und die Be­klag­te so­mit ih­re Ver­trags­pflicht ge­gen­über der Klä­ge­rin zur Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che ver­letzt hat (§ 434 I 1 oder I 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB a.F.).

[19]   b) Rechts­feh­ler­haft hat das Be­ru­fungs­ge­richt je­doch an­ge­nom­men, die Be­klag­te ha­be die Ver­let­zung ih­rer Ver­trags­pflicht zur Lie­fe­rung man­gel­frei­en Re­cy­cling-Ma­te­ri­als nicht zu ver­tre­ten (§ 280 I, § 276 BGB). Zwar muss sich die Be­klag­te, wie das Be­ru­fungs­ge­richt rich­tig ge­se­hen hat und was auch die Re­vi­si­on nicht in­fra­ge stellt, ein et­wai­ges Ver­schul­den der Her­stel­le­rin so­wie der Streit­hel­fe­rin als Vor­lie­fe­ran­tin nicht ge­mäß § 278 BGB zu­rech­nen las­sen, weil die­se nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fen der Be­klag­ten sind (vgl. hier­zu nur Se­nat, Urt. v. 18.10.2017 – VI­II ZR 86/16, BGHZ 216, 193 Rn. 24; Beschl. v. 09.06.2020 – VI­II ZR 315/19, NJW 2020, 3312 Rn. 18; je­weils m. w. Nachw.). Da­ge­gen hat es – wie die Re­vi­si­on mit Recht rügt – auf der Grund­la­ge un­zu­rei­chen­der tat­säch­li­cher Fest­stel­lun­gen und da­mit rechts­feh­ler­haft an­ge­nom­men, dass die Be­klag­te auch kein ei­ge­nes Ver­schul­den an der Pflicht­ver­let­zung tref­fe.

[20]   aa) Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last hin­sicht­lich der sie ent­las­ten­den Um­stän­de ob­liegt der Be­klag­ten. Ge­mäß § 280 I 2 BGB muss der Schuld­ner dar­le­gen und ge­ge­be­nen­falls be­wei­sen, dass er ei­ne Pflicht­ver­let­zung nicht zu ver­tre­ten hat (vgl. hier­zu BT-Drs. 14/6040, S. 226). Hier­von ist grund­sätz­lich auch das Be­ru­fungs­ge­richt aus­ge­gan­gen.

[21]   So­weit es in die­sem Zu­sam­men­hang ge­meint hat, die Klä­ge­rin tref­fe ei­ne „se­kun­dä­re Be­haup­tungs­last (Sub­stan­zi­ie­rungs­last)“ da­hin ge­hend, dass es für die Be­klag­te als Ver­käu­fe­rin bei Ge­fahr­über­gang be­stimm­te Ver­dachts­mo­men­te für die Man­gel­haf­tig­keit des Schot­ters ge­ge­ben ha­be (so auch OLG Ko­blenz, Beschl. v. 05.06.2014 – 5 U 408/14, ju­ris Rn. 11), be­geg­net dies zwar – wie die Re­vi­si­on mit Recht rügt – recht­li­chen Be­den­ken. Denn im Rah­men des Ent­las­tungs­be­wei­ses gibt es – auch bei auf Vor­satz be­schränk­ter Haf­tung des Schuld­ners – kei­nen sach­li­chen Grund, dem Gläu­bi­ger des An­spruchs ge­mäß § 280 I 1 BGB aus­nahms­wei­se ei­ne Dar­le­gungs­last auf­zu­bür­den (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2009 – XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298 Rn. 17).

[22]   Hier­auf be­ruht die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Be­klag­te tref­fe kein ei­ge­nes Ver­schul­den, je­doch nicht. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt hat sich in tatrich­ter­li­cher Wür­di­gung auf der Grund­la­ge der von ihm her­an­ge­zo­ge­nen Um­stän­de die Über­zeu­gung ge­bil­det (§ 286 ZPO), dass es aus Sicht der Be­klag­ten kei­ne An­halts­punk­te für das Vor­han­den­sein ei­ner Ar­se­n­be­las­tung bei dem ge­lie­fer­ten Re­cy­cling-Schot­ter ge­ge­ben ha­be.

[23]   bb) Mit Recht be­an­stan­det die Re­vi­si­on je­doch die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Be­klag­te ha­be den ihr ob­lie­gen­den Ent­las­tungs­be­weis hin­sicht­lich ei­nes ei­ge­nen Ver­schul­dens ge­mäß § 280 I 2 BGB (er­folg­reich) ge­führt, als rechts­feh­ler­haft. Die bis­lang vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen tra­gen ei­ne da­hin ge­hen­de Wür­di­gung nicht.

[24]   (1) Da die Klä­ge­rin die Be­klag­te we­gen fahr­läs­si­ger Un­kennt­nis von der Ar­se­n­be­las­tung des ge­lie­fer­ten Re­cy­cling-Schot­ters in An­spruch nimmt, kommt es – wo­von das Be­ru­fungs­ge­richt noch zu­tref­fend aus­ge­gan­gen ist – für den Ent­las­tungs­be­weis dar­auf an, ob die Be­klag­te die­se Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che im Zeit­punkt der An­lie­fe­rung auf der Bau­stel­le der Klä­ge­rin bei An­wen­dung der ver­kehrs­üb­li­chen Sorg­falt (§ 276 II BGB) hät­te er­ken­nen kön­nen.

[25]   Zur Füh­rung des Ent­las­tungs­be­wei­ses nach § 280 I 2 BGB ge­nügt es in­so­weit grund­sätz­lich, wenn der Schuld­ner dar­legt und nach­weist, dass nach dem vor­ge­tra­ge­nen Sach­ver­halt ernst­lich in Be­tracht kom­men­de – ein­schließ­lich der von dem Gläu­bi­ger gel­tend ge­mach­ten – Mög­lich­kei­ten ei­nes ei­ge­nen Ver­schul­dens nicht be­ste­hen, weil er in­so­weit al­le ihm ob­lie­gen­de Sorg­falt be­ach­tet hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 67/52, NJW 1953, 59 un­ter 1; Urt. v. 14.11.1989 – X ZR 116/88, NJW-RR 1990, 446 un­ter I 2 c; Beschl. v. 20.07.2016 – VI­II ZR 238/15, WuM 2016, 682 Rn. 16 m. w. Nachw. [zur Ent­las­tung des Mie­ters bei auf­ge­lau­fe­nen Miet­rück­stän­den]; Stau­din­ger/​Schwar­ze, BGB, Neu­be­arb. 2019 [Stand: 03.03.2023], § 280 Rn. F 22, je­weils zu § 282 BGB a.F. bzw. zu § 280 BGB all­ge­mein]).

[26]   Von dem Ver­käu­fer ver­langt die im Ver­kehr er­for­der­li­che Sorg­falt zwar re­gel­mä­ßig kei­ne Un­ter­su­chung der Kauf­sa­che (vgl. nur BGH, Urt. v. 25.09.1968 – VI­II ZR 108/66, NJW 1968, 2238 un­ter II 1 b; Urt. v. 10.11.1976 – VI­II ZR 112/75, WM 1977, 220 un­ter II 1 b aa; je­weils für Zwi­schen­händ­ler – Ver­brau­cher; Urt. v. 19.06.2009 – V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 Rn. 19). Hö­he­re An­for­de­run­gen er­ge­ben sich al­ler­dings dann, wenn der Ver­käu­fer ei­ne Ga­ran­tie über­nom­men hat (§ 276 I 1 BGB), wenn er An­halts­punk­te für die Man­gel­haf­tig­keit der Sa­che hat oder wenn sonst be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die ei­ne hö­he­re Sorg­falt ge­bie­ten (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.06.2009 – V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 Rn. 19 [für den Ver­käu­fer ei­nes Grund­stücks]; Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24; Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 14 [je­weils für den Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs]). Letz­te­res kann bei be­son­ders hoch­wer­ti­gen oder feh­ler­an­fäl­li­gen Pro­duk­ten oder dann der Fall sein, wenn der Ver­käu­fer ei­ne be­son­de­re Sach­kun­de be­sitzt (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 210) oder auf­grund kon­kre­ter An­halts­punk­te Ver­an­las­sung hat, die Ver­trags­ge­mäß­heit der Lie­fe­rung an­zu­zwei­feln (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.09.1968 – VI­II ZR 108/66, NJW 1968, 2238 un­ter II 1 b; Urt. v. 10.11.1976 – VI­II ZR 112/75, WM 1977, 220 un­ter II 1 b aa und bb).

[27]   (2) Der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung lässt sich nicht (aus­drück­lich) ent­neh­men, wel­che Sorg­falts­an­for­de­run­gen das Be­ru­fungs­ge­richt im Streit­fall auf­grund der kon­kre­ten Ein­zel­fal­l­um­stän­de als sei­tens der Be­klag­ten ge­schul­det an­ge­se­hen hat. Der von ihm zur Wi­der­le­gung der ge­gen die Be­klag­te spre­chen­den Ver­schul­dens­ver­mu­tung (§ 280 I 2 BGB) für maß­geb­lich ge­hal­te­ne Um­stand, dass in dem Schrei­ben der Klä­ge­rin vom 30.09.2016 ei­ne „sei­ner­zeit“ er­folg­te Vor­la­ge von Prüf­zeug­nis­sen und Lie­fer­schei­nen – oh­ne An­ga­be nä­he­rer Ein­zel­hei­ten – er­wähnt wird, bie­tet für sich ge­nom­men je­den­falls oh­ne wei­te­re kon­kre­te Fest­stel­lun­gen kei­ne trag­fä­hi­ge Grund­la­ge für die Wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts, die Be­klag­te ha­be ih­rer­seits die man­gel­haf­te Lie­fe­rung nicht zu ver­tre­ten, son­dern auf die Rich­tig­keit der Prüf­zeug­nis­se eben­so ver­trau­en dür­fen wie auf ein red­li­ches Ver­hal­ten der in die Lie­fer­ket­te ein­ge­schal­te­ten Fach­händ­ler für Bau­be­darf.

[28]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat kei­ne (hin­rei­chen­den) Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen, wel­chen kon­kre­ten In­halt die in dem Schrei­ben ge­nann­ten Prüf­zeug­nis­se hat­ten, ins­be­son­de­re ob sie der Be­klag­ten ei­ne Über­prü­fung des tat­säch­lich für die Lie­fe­rung an die Klä­ge­rin vor­ge­se­he­nen Ma­te­ri­als auf die Ein­hal­tung der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit er­mög­lich­ten, so­wie in wel­chem Zu­sam­men­hang und zu wel­chem Zeit­punkt die Be­klag­te sie er­hal­ten und ge­ge­be­nen­falls ge­prüft hat. Es bleibt zu­dem of­fen, für wel­chen Zeit­punkt die Prüf­zeug­nis­se ei­ne Ein­hal­tung der ver­ein­bar­ten Gü­te des Re­cy­cling-Schot­ters be­schei­nig­ten. Aus der im Schrei­ben vom 30.09.2016 ent­hal­te­nen Bit­te der Klä­ge­rin um „Über­sen­dung der Prüf­zeug­nis­se für den Zeit­raum der Schot­ter­lie­fe­run­gen“ er­gibt sich, dass die „sei­ner­zeit“ vor­ge­leg­ten Prüf­zeug­nis­se je­den­falls nicht ei­ne Prü­fung im un­mit­tel­ba­ren zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit der kon­kre­ten An­lie­fe­rung des Ma­te­ri­als auf der Bau­stel­le der Klä­ge­rin be­tra­fen. Die Re­vi­si­on rügt in­so­weit mit Recht, hier­aus kön­ne nicht ent­nom­men wer­den, dass und wie die Be­klag­te die Gü­te des an­ge­lie­fer­ten Ma­te­ri­als ih­rer­seits ge­prüft ha­be.

[29]   2. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung kann zu­dem ein Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin ge­gen die Be­klag­te we­gen schuld­haf­ter Ver­let­zung von Pflich­ten im Rah­men des Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis­ses ge­mäß § 280 I BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB nicht ver­neint wer­den. Ist die Klä­ge­rin – wie re­vi­si­ons­recht­lich zu un­ter­stel­len ist – we­gen der Ver­trags­wid­rig­keit des ge­lie­fer­ten Re­cy­cling-Schot­ters wirk­sam von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten, kann sich – was das Be­ru­fungs­ge­richt nicht in den Blick ge­nom­men hat – die Wei­ge­rung der Be­klag­ten, den von der Klä­ge­rin aus­ge­bau­ten und auf der frü­he­ren Bau­stel­le zum Zwe­cke der Rück­ge­währ nach § 346 I BGB be­reit­ge­stell­ten Schot­ter – wie von der Klä­ge­rin aus­drück­lich ver­langt – zu­rück­zu­neh­men, je­den­falls un­ter den im Streit­fall ge­ge­be­nen be­son­de­ren Um­stän­den als Ver­let­zung ei­ner (auch) im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis be­ste­hen­den Rück­sicht­nah­me­pflicht ge­mäß § 241 II BGB dar­stel­len.

[30]   a) Nach der Vor­schrift des § 346 I BGB sind im Fal­le des Rück­tritts die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben. Ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen im Fal­le des Rück­tritts des Käu­fers vom Kauf­ver­trag ei­ne Pflicht des Ver­käu­fers zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che be­steht, ist um­strit­ten.

[31]   Nach ei­ner An­sicht soll der Ver­käu­fer auf­grund ei­ner – ge­wis­ser­ma­ßen spie­gel­bild­li­chen – An­wen­dung der Vor­schrift des § 433 II BGB stets zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che ver­pflich­tet sein (vgl. ju­risPK-BGB/​Faust, Stand: 01.02.2023, § 346 Rn. 38; BeckOGK/​Höpf­ner, Stand: 01.10.2023, § 439 BGB Rn. 120.2; ähn­lich Er­man/​Metz­ger, BGB, 17. Aufl., § 346 Rn. 4 [„An­leh­nung“]; OLG Nürn­berg, Urt. v. 25.06.1974 – 7 U 57/74, NJW 1974, 2237, 2238).

[32]   Die Ge­gen­an­sicht be­jaht ei­ne Rück­nah­me­pflicht des Ver­käu­fers nur aus­nahms­wei­se (vgl. et­wa MünchKomm-BGB/​Gai­er, 9. Aufl., § 346 Rn. 66 [als Ne­ben­pflicht im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis bei be­son­de­rem In­ter­es­se des Käu­fers]; Stau­din­ger/​Kai­ser/​Sitt­mann-Hau­ry, BGB, Neu­be­arb. 2022, § 346 Rn. 94 f. [auf­grund ver­trag­li­cher Stö­rungs­be­sei­ti­gungs­pflicht bei über­mä­ßi­ger Be­las­tung des Käu­fers]; BeckOGK-BGB/​Schall, Stand: 01.10.2023, § 346 Rn. 377 [aus § 242 BGB bei be­son­de­rer La­ge der Din­ge]; So­er­gel/​Lo­bin­ger, BGB, 13. Aufl., § 346 Rn. 21, 23 [aus § 1004 I 1 BGB ana­log bei feh­len­der Mit­wir­kung an der Er­fül­lung des Rück­ge­währan­spruchs]; s. zu § 439 BGB Lo­renz, NJW 2009, 1633, 1634 f. [Rück­nah­me­pflicht aus Sinn und Zweck der Nach­er­fül­lung durch Neu­lie­fe­rung]).

[33]   b) Der Se­nat hat zur Rechts­la­ge vor der Neu­fas­sung des Kauf­rechts auf­grund des Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts vom 26.11.2001 (BGBl. 2001 I 3138; nach­fol­gend: Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung) in dem vom Be­ru­fungs­ge­richt er­wähn­ten so­ge­nann­ten Dach­zie­gel­fall (Se­nat, Urt. v. 09.03.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104) dem Käu­fer man­gel­haf­ter Dach­zie­gel nach Wan­de­lung des Kauf­ver­trags (§ 462 BGB a.F.) ei­nen Ver­zugs­scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen den Ver­käu­fer ge­mäß §§ 284 I, 286 I BGB a.F. (jetzt §§ 280 I, II, 286 I BGB) auf Er­satz der Kos­ten für die ver­säum­te Ver­pflich­tung, die nur pro­vi­so­risch auf dem Dach ver­leg­ten Dach­zie­gel wie­der ab­zu­de­cken, zu­er­kannt. Er hat da­bei aus­drück­lich of­fen­ge­las­sen, ob der Ver­käu­fer im Rah­men des Wan­de­lungs­voll­zugs stets oder nur bei ei­nem be­son­de­ren In­ter­es­se des Käu­fers zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che ver­pflich­tet sei, weil er im da­ma­li­gen Fall ei­nen aus ei­nem be­son­de­ren In­ter­es­se ab­ge­lei­te­ten – mit dem Rück­ga­be­an­spruch des Ver­käu­fers nach §§ 467, 346 BGB a.F. kor­re­spon­die­ren­den – Rück­nah­me­an­spruch des Käu­fers be­jaht hat (vgl. Se­nat, Urt. v. 09.03.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109; s. hier­zu auch Se­nat, Beschl. v. 14.01.2009 – VI­II ZR 70/08, NJW 2009, 1660 Rn. 21 [Vor­la­ge an EuGH]).

[34]   Nach dem In­kraft­tre­ten der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung hat sich der Se­nat in meh­re­ren Ent­schei­dun­gen mit In­halt und Um­fang der Pflich­ten des Ver­käu­fers im Rah­men der Nach­er­fül­lung durch Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2, II BGB) be­fasst. Er hat die vor­be­zeich­ne­te Be­stim­mung – im An­schluss an die Recht­spre­chung des EuGH zu Art. 3 der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie (vgl. EuGH, Urt. v. 16.06.2011 – C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 – Gebr. We­ber und Putz) – für die Fäl­le des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs richt­li­ni­en­kon­form da­hin aus­ge­legt, dass die Ver­pflich­tung des Ver­käu­fers zur „Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che“ auch den Aus­bau und den Ab­trans­port der man­gel­haf­ten Kauf­sa­che um­fasst (vgl. Se­nat, Urt. v. 21.12.2011 – VI­II ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 25 f. [Bo­den­flie­sen]; Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 16 [Gra­nu­lat; dort auch zum Ein­bau der als Er­satz ge­lie­fer­ten Kauf­sa­che]; s. auch Se­nat, Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 27 [Alu­mi­ni­um-Pro­fil­leis­ten]). Um die im Fal­le ei­nes Rück­tritts des Käu­fers vom Kauf­ver­trag be­ste­hen­den Pflich­ten des Ver­käu­fers im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis nach den Vor­schrif­ten der §§ 346 ff. BGB ging es hier­bei nicht.

[35]   c) In den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en fin­den sich le­dig­lich ver­ein­zel­te Äu­ße­run­gen des Ge­setz­ge­bers zur Fra­ge ei­ner Rück­nah­me­pflicht des Ver­käu­fers.

[36]   Im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zur Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung wur­de die Fra­ge ei­ner Ver­pflich­tung des Ver­käu­fers zum Aus­bau der be­stim­mungs­ge­mäß ein­ge­bau­ten Kauf­sa­che be­zie­hungs­wei­se zum Er­satz von Auf­wen­dun­gen der Rück­ab­wick­lung im Ver­gleich der be­ab­sich­tig­ten Re­ge­lun­gen zur Nach­er­fül­lung ei­ner­seits (§ 439 BGB-E) und zum Rück­tritt an­de­rer­seits (§§ 346 ff. BGB-E) un­ter Be­zug­nah­me auf den Dach­zie­gel­fall des Se­nats zwar er­ör­tert. In­des­sen ist der Re­gie­rungs­ent­wurf trotz der vom Bun­des­rat ge­äu­ßer­ten Be­den­ken hin­sicht­lich mög­li­cher Wer­tungs­wi­der­sprü­che (vgl. BT-Drs. 14/6857, S. 25) in­so­weit un­ver­än­dert ge­blie­ben. Nach An­sicht der Bun­des­re­gie­rung führ­te die Neu­re­ge­lung nicht zu ei­ner Än­de­rung der Rechts­la­ge. Der Käu­fer ha­be künf­tig wie bis­her auch nach Ver­zugs­grund­sät­zen (§ 286 I BGB a.F., § 280 I BGB-E) ei­nen An­spruch auf Er­satz der Kos­ten der Rück­ab­wick­lung, wenn der Ver­käu­fer die Nicht-Rück­nah­me der Sa­che zu ver­tre­ten ha­be. In dem Dach­zie­gel­fall ha­be der BGH als Er­fül­lungs­ort für die Rück­ge­währ­pflich­ten den Ort an­ge­nom­men, an dem sich die Sa­che zur­zeit ver­trags­ge­mäß be­fin­de, und des­halb den Ver­käu­fer ver­pflich­tet, die Sa­che bei dem Käu­fer ab­zu­ho­len (vgl. BT-Drs. 14/6857, S. 59).

[37]   In der Be­grün­dung des Re­gie­rungs­ent­wurfs zum Ge­setz zur Re­ge­lung des Ver­kaufs von Sa­chen mit di­gi­ta­len Ele­men­ten und an­de­rer As­pek­te des Kauf­ver­trags vom 25.06.2021 (BGBl. 2021 I 2133), mit dem der Ge­setz­ge­ber an­läss­lich der Um­set­zung der Wa­renkauf­richt­li­nie un­ter an­de­rem ei­ne aus­drück­li­che Ver­pflich­tung des Ver­käu­fers zur Rück­nah­me der im Rah­men der Nach­er­fül­lung durch Er­satz­lie­fe­rung er­setz­ten Sa­che auf sei­ne Kos­ten an­ge­ord­net hat (vgl. § 439 VI 2 BGB n.F.), heißt es zwar, dass ei­ne sol­che Pflicht nicht gänz­lich neu sei, „da sie sich schon nach gel­ten­dem Recht in vie­len Fäl­len et­wa aus § 242 BGB er­ge­ben ha­ben dürf­te“ (vgl. BT-Drs. 19/27424, S. 27). Ei­ne aus­drück­li­che ge­setz­li­che Re­ge­lung zur Rück­nah­me­pflicht des Ver­käu­fers trifft in­des­sen al­lein die Be­stim­mung zur kauf­recht­li­chen Nach­er­fül­lung (§ 439 BGB).

[38]   d) Ob der Ver­käu­fer vor die­sem Hin­ter­grund im Fal­le des Rück­tritts des Käu­fers vom Kauf­ver­trag im Rah­men des Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis­ses nach den Vor­schrif­ten der §§ 346 ff. BGB zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che ver­pflich­tet ist und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ge­ge­be­nen­falls ei­ne sol­che Rück­nah­me­pflicht be­steht, be­darf im Streit­fall kei­ner ab­schlie­ßen­den Ent­schei­dung. Die Klä­ge­rin be­gehrt ei­ne da­hin ge­hen­de Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten nicht. Der von ihr (al­lein) gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch kann sich un­ter den hier ge­ge­be­nen be­son­de­ren Um­stän­den – ei­nen wirk­sa­men Rück­tritt der Klä­ge­rin vom Kauf­ver­trag un­ter­stellt – oh­ne Wei­te­res be­reits auf­grund ei­ner von der Be­klag­ten zu ver­tre­ten­den Ver­let­zung von Rück­sicht­nah­me­pflich­ten im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis (§§ 280 I, 241 II BGB) er­ge­ben.

[39]   aa) Die Wei­ge­rung des Ver­käu­fers, nach dem Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag die vom Käu­fer zum Zwe­cke der Rück­ge­währ in Na­tur ge­mäß § 346 I BGB an­ge­bo­te­ne man­gel­haf­te Kauf­sa­che zu­rück­zu­neh­men, kann je­den­falls un­ter den be­son­de­ren Um­stän­den des Ein­zel­falls als Ver­let­zung von Rück­sicht­nah­me­pflich­ten (§ 241 II BGB) im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis an­zu­se­hen sein, die zu ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch des Käu­fers ge­gen den Ver­käu­fer nach § 280 I BGB füh­ren kann.

[40]   (1) Ge­mäß § 241 II BGB kann ein Schuld­ver­hält­nis nach sei­nem In­halt je­den Teil zur Rück­sicht auf die Rech­te, Rechts­gü­ter und In­ter­es­sen des an­de­ren Teils ver­pflich­ten.

[41]   Der In­halt der Schutz- und Rück­sicht­nah­me­pflich­ten ist – bei Feh­len ent­spre­chen­der Ab­spra­chen – je­weils nach der kon­kre­ten Si­tua­ti­on un­ter Be­wer­tung und Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen zu be­stim­men (vgl. Se­nat, Urt. v. 30.09.2009 – VI­II ZR 238/08, NZM 2009, 853 Rn. 15; BT-Drs. 14/6040, S. 126). Schutz­pflich­ten sol­len die ge­gen­wär­ti­ge Gü­ter­la­ge je­des an dem Schuld­ver­hält­nis Be­tei­lig­ten vor Be­ein­träch­ti­gun­gen be­wah­ren (vgl. Se­nat, Urt. v. 28.02.2018 – VI­II ZR 157/17, BGHZ 218, 22 Rn. 20; BT-Drs. 14/6040, S. 125). Ins­be­son­de­re hat sich je­de Ver­trags­par­tei bei der Ab­wick­lung des Schuld­ver­hält­nis­ses so zu ver­hal­ten, dass Per­son, Ei­gen­tum und sons­ti­ge Rechts­gü­ter – ein­schließ­lich blo­ßer Ver­mö­gens­in­ter­es­sen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 125 f.) – des an­de­ren Teils nicht ver­letzt wer­den (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.1983 – III ZR 169/81, NJW 1983, 2813 un­ter I 2 a; Urt. v. 24.01.2006 – XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 38 m. w. Nachw.; Grü­ne­berg/​Grü­ne­berg, BGB, 82. Aufl., § 242 Rn. 35; s. auch BT-Drs. 14/6040, S. 136).

[42]   Der von der Rück­sicht­nah­me­pflicht be­zweck­te Schutz die­ses so­ge­nann­ten Er­hal­tungs- oder In­te­gri­täts­in­ter­es­ses be­ruht auf den mit dem Schuld­ver­hält­nis ver­bun­de­nen be­son­de­ren Ein­wir­kungs­mög­lich­kei­ten der ei­nen Par­tei auf die In­ter­es­sensphä­re der an­de­ren (vgl. et­wa Stau­din­ger/​Schwar­ze, BGB, Neu­be­arb. 2014, § 280 Rn. C 38, 43; MünchKomm-BGB/​Bach­mann, 9. Aufl., § 241 Rn. 67; Be­ckOK-BGB/​Sut­schet, Stand: 01.08.2023, § 241 Rn. 90).

[43]   (2) Der­ar­ti­ge Schutz- und Rück­sicht­nah­me­pflich­ten be­ste­hen auch im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis nach den §§ 346 ff. BGB.

[44]   (a) Der Rück­tritt wan­delt den Ver­trag in ein Ab­wick­lungs­ver­hält­nis mit ver­trag­li­cher Grund­la­ge um (vgl. nur BT-Drs. 14/6040, S. 191; Se­nat, Urt. v. 09.05.2018 – VI­II ZR 26/17, BGHZ 218, 320 Rn. 49). Er ist auf ei­ne Rück­ab­wick­lung des Leis­tungs­aus­tauschs ge­rich­tet (vgl. Se­nat, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 23). Die vor dem Ver­trags­schluss be­ste­hen­de Rechts­la­ge soll wie­der­her­ge­stellt wer­den (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 189 f.). Zu die­sem Zweck sind bei­de Ver­trags­tei­le ge­mäß § 346 I Fall 1 BGB in ers­ter Li­nie zur Rück­ge­währ der emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen in Na­tur ver­pflich­tet (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 189; BGH, Urt. v. 10.10.2008 – V ZR 131/07, BGHZ 178, 182 Rn. 20).

[45]   Auch im Rah­men des Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis­ses be­steht ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se je­der Par­tei dar­an, dass sich ih­re ge­gen­wär­ti­ge Gü­ter­la­ge – mit Aus­nah­me der je­weils zu­rück­zu­ge­wäh­ren­den Leis­tung – durch den Voll­zug der Rück­ab­wick­lung nicht ver­schlech­tert. Denn auch bei der Rück­ab­wick­lung er­ge­ben sich als Fol­ge der von den Par­tei­en zu­vor mit dem Ver­trag ein­ge­gan­ge­nen schuld­recht­li­chen Son­der­ver­bin­dung und des da­mit ver­bun­de­nen Leis­tungs­aus­tauschs er­höh­te Ein­wir­kungs­mög­lich­kei­ten auf die Rechts­gü­ter und In­ter­es­sen des je­weils an­de­ren.

[46]   (b) Ins­be­son­de­re kann im Ein­zel­fall (schon) der wei­te­re Ver­bleib der – nach § 346 I BGB in Na­tur zu­rück­zu­ge­wäh­ren­den – Kauf­sa­che beim Käu­fer bis zu ih­rer Rück­nah­me durch den Ver­käu­fer im Hin­blick auf die an die tat­säch­li­che Ver­fü­gungs­ge­walt und das zu­nächst noch fort­be­ste­hen­de Ei­gen­tum an­knüp­fen­de Ver­ant­wort­lich­keit für de­ren Zu­stand, Auf­be­wah­rung und Be­hand­lung (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 194 f.; BT-Drs. 14/7052, S. 194; s. auch BGH, Urt. v. 20.01.1989 – V ZR 137/87, NJW-RR 1989, 650 un­ter II 2 a) mit er­heb­li­chen (auch fi­nan­zi­el­len) Be­las­tun­gen für den Käu­fer ver­bun­den sein. Erst recht gilt dies für ei­ne ge­ge­be­nen­falls ge­bo­te­ne Ent­sor­gung der man­gel­haf­ten Kauf­sa­che.

[47]   Er­wei­sen sich in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de des je­wei­li­gen Ein­zel­falls die vom Ge­setz­ge­ber all­ge­mein zur Wah­rung der In­ter­es­sen des (Rück­ge­währ-)Schuld­ners ei­ner Leis­tung vor­ge­se­he­nen Mög­lich­kei­ten – vor al­lem die Re­ge­lun­gen zum Ver­wen­dungs- und Auf­wen­dungs­er­satz (§ 347 II BGB), zu den Fol­gen ei­nes An­nah­me­ver­zugs des Gläu­bi­gers (§§ 293 ff. BGB) mit den Er­leich­te­run­gen beim Ver­schul­dens­maß (§ 300 I BGB) und hin­sicht­lich des Um­fangs der ge­schul­de­ten Nut­zungs­her­aus­ga­be (§ 302 BGB), dem Recht zur Be­sitz­auf­ga­be (§ 303 BGB) so­wie dem An­spruch auf Er­satz von Mehr­auf­wen­dun­gen für die Auf­be­wah­rung und Er­hal­tung der Sa­che (§ 304 BGB, § 354 HGB), fer­ner die Re­ge­lun­gen zur Hin­ter­le­gung und Ver­stei­ge­rung be­weg­li­cher Sa­chen (§§ 372 ff., 383 ff. BGB) – für den Käu­fer als un­zu­rei­chen­der Schutz, wird es re­gel­mä­ßig als Ver­stoß ge­gen die Rück­sicht­nah­me­pflicht des Ver­käu­fers an­zu­se­hen sein, wenn die­ser die vom Käu­fer zum Zwe­cke der Rück­ge­währ ge­mäß § 346 I BGB an­ge­bo­te­ne Kauf­sa­che nicht zu­rück­nimmt, ob­wohl ihm die be­son­de­re Be­las­tung des Käu­fers und die dar­aus fol­gen­de er­heb­li­che Ge­fähr­dung sei­ner Rech­te, Rechts­gü­ter und In­ter­es­sen er­kenn­bar ge­wor­den ist. In ei­nem sol­chen Fall wird mit der an die Ver­let­zung der Rück­sicht­nah­me­pflicht an­knüp­fen­den Scha­dens­er­satz­haf­tung der Zu­stand her­ge­stellt, der bei ei­nem voll­stän­di­gen Voll­zug der Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags im Sin­ne des § 346 I BGB be­stün­de.

[48]   Die An­nah­me der von dem Käu­fer im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis ge­schul­de­ten Leis­tung – die Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung der Kauf­sa­che in Na­tur – ist dem Ver­käu­fer auch in ei­ner sol­chen Fall­kon­stel­la­ti­on zu­mut­bar. Zwar ver­lan­gen Rück­sicht­nah­me- und Schutz­pflich­ten grund­sätz­lich nicht, dass die ver­pflich­te­te Par­tei ih­re ei­ge­nen In­ter­es­sen un­be­ach­tet lässt oder die In­ter­es­sen der an­de­ren Par­tei über ih­re ei­ge­nen stellt (vgl. Se­nat, Urt. v. 14.03.2012 – VI­II ZR 220/11, NJW 2012, 2184 Rn. 23; s. auch Blank, WuM 2004, 243, 244). In dem hier in Re­de ste­hen­den Fall, in dem nur die Rück­ge­währ der Kauf­sa­che im Sin­ne des § 346 I BGB ei­ne Ver­let­zung des In­te­gri­täts­in­ter­es­ses auf­sei­ten des Käu­fers ab­wen­den kann, hat je­doch das In­ter­es­se des Ver­käu­fers, gleich­falls von der mit dem Be­sitz oder dem Ei­gen­tum an der nun­mehr läs­tig ge­wor­de­nen Kauf­sa­che ein­her­ge­hen­den be­son­de­ren Be­las­tung ver­schont zu blei­ben, nach Treu und Glau­ben mit Rück­sicht auf den Zweck des Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis­ses (§ 242 BGB) zu­rück­zu­ste­hen. Denn nach der den Vor­schrif­ten der § 437 Nr. 2, §§ 440, 323, 326 V BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB zu­grun­de lie­gen­den ge­setz­ge­be­ri­schen Be­wer­tung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen, die auch im Rah­men der Be­stim­mung des­sen zu be­rück­sich­ti­gen ist, was ei­ner Par­tei bil­li­ger­wei­se an Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen der an­de­ren Par­tei zu­ge­mu­tet wer­den kann (vgl. Stau­din­ger/​Ol­zen, BGB, Neu­be­arb. 2019, § 241 Rn. 491), ist die Kauf­sa­che ein­schließ­lich der mit ihr ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Be­las­tun­gen im Ver­hält­nis der Kauf­ver­trags­par­tei­en zu­ein­an­der mit der Um­ge­stal­tung des Kauf­ver­trags in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis wert- und wer­tungs­mä­ßig end­gül­tig wie­der dem Ver­käu­fer zu­ge­wie­sen.

[49]   bb) Hier­von aus­ge­hend kommt es – was das Be­ru­fungs­ge­richt von sei­nem rechts­feh­ler­haft ein­ge­nom­me­nen Rechts­stand­punkt aus nicht in den Blick ge­nom­men hat und wo­zu den Par­tei­en noch Ge­le­gen­heit zur Äu­ße­rung zu ge­ben ist – in Be­tracht, dass die Be­klag­te mit ih­rer Wei­ge­rung, den von der Klä­ge­rin suk­zes­siv aus­ge­bau­ten und auf der frü­he­ren Bau­stel­le zum Zwe­cke der Rück­ge­währ ge­mäß § 346 I BGB be­reit­ge­stell­ten Re­cy­cling-Schot­ter – wie von der Klä­ge­rin aus­drück­lich ver­langt – ab­zu­ho­len, ih­re Rück­sicht­nah­me­pflicht ge­mäß § 241 II BGB ver­letzt hat.

[50]   Bei den ver­kauf­ten ins­ge­samt rund 22.000 t han­del­te es sich um ei­ne gro­ße Men­ge Re­cy­cling-Schot­ters, de­ren An­lie­fe­rung nach dem von der Re­vi­si­on in Be­zug ge­nom­me­nen vor­in­stanz­li­chen Vor­trag der Klä­ge­rin mehr als 800 Lkw-Fuh­ren er­for­dert hat­te. Auch war der Be­klag­ten nach den bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts be­kannt, dass der we­gen ei­ner – im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu­guns­ten der Klä­ge­rin zu un­ter­stel­len­den – un­zu­läs­sig ho­hen Ar­se­n­be­las­tung als man­gel­haft be­an­stan­de­te Re­cy­cling-Schot­ter nicht auf der frü­he­ren Bau­stel­le wür­de ver­blei­ben kön­nen, weil die Grund­stücks­ei­gen­tü­me­rin und die frü­he­re Bau­her­rin als Kun­din der Klä­ge­rin des­sen voll­stän­di­ge Ent­fer­nung ver­langt hat­ten. Hin­zu kommt, dass die oben er­wähn­ten ge­setz­li­chen Mög­lich­kei­ten ei­nes Schuld­ners (vgl. Rn. 47) der Klä­ge­rin an­ge­sichts der Ar­se­n­be­las­tung des Re­cy­cling-Schot­ters nur ei­nen un­zu­rei­chen­den Schutz hin­sicht­lich ih­res In­te­gri­täts­in­ter­es­ses bie­ten dürf­ten.

[51]   Auf der Grund­la­ge der bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kann auch nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass sich die Be­klag­te hin­sicht­lich ei­ner Ver­let­zung der Rück­sicht­nah­me­pflicht von der Ver­schul­dens­ver­mu­tung ge­mäß § 280 I 2 BGB ent­las­tet hat, zu­mal sie im Zeit­punkt der Auf­for­de­rung zur Ab­ho­lung be­reits in ei­nem Vor­pro­zess rechts­kräf­tig zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ver­ur­teilt war. Des­halb muss­te sie da­von aus­ge­hen, dass die Klä­ge­rin wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten und so­mit der er­folg­te Leis­tungs­aus­tausch auch im Üb­ri­gen – wie von der Klä­ge­rin aus­drück­lich ver­langt – rück­ab­zu­wi­ckeln war. In­so­weit hat­te das Ge­richt des Vor­pro­zes­ses – wor­auf die Klä­ge­rin in dem an die Be­klag­te ge­rich­te­ten Schrei­ben vom 27.02.2019 aus­drück­lich hin­ge­wie­sen hat – ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht der Be­klag­ten am Kauf­preis mit der Be­grün­dung ver­neint, dass die Klä­ge­rin mit dem Aus­bau und dem An­ge­bot ei­ner Ab­ho­lung des Re­cy­cling-Schot­ters durch die Be­klag­te ih­rer­seits al­les zur Rück­ge­währ Er­for­der­li­che ge­tan ha­be.

[52]   III. Nach al­le­dem kann das an­ge­foch­te­ne Ur­teil in dem aus dem Te­nor er­sicht­li­chen Um­fang kei­nen Be­stand ha­ben. Es ist in­so­weit auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Die nicht zur End­ent­schei­dung rei­fe Sa­che ist im Um­fang der Auf­he­bung an das Be­ru­fungs­ge­richt zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung, auch über die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens, zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO).

[53]   Für das wei­te­re Ver­fah­ren weist der Se­nat vor­sorg­lich auf fol­gen­den Ge­sichts­punkt hin: Ent­ge­gen der von der Re­vi­si­on auch in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat ver­tre­te­nen Rechts­auf­fas­sung ent­fal­tet das im Vor­pro­zess über die Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses so­wie zur Er­stat­tung der Mehr­kos­ten für die Be­schaf­fung von Aus­tauschma­te­ri­al er­gan­ge­ne rechts­kräf­ti­ge Ur­teil vom 13.11.2018 (1 HK O 9/17) kei­ne Bin­dungs­wir­kung für den hie­si­gen Rechts­streit. Ins­be­son­de­re liegt kein Fall der so­ge­nann­ten Prä­ju­di­zia­li­tät vor, weil die im Vor­pro­zess rechts­kräf­tig ent­schie­de­ne Rechts­fol­ge in dem vor­lie­gen­den Rechts­streit kei­ne Vor­fra­ge ist (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 21.10.2020 – VI­II ZR 261/18, BGHZ 227, 198 Rn. 32 ff.; Urt. v. 17.02.2023 – V ZR 212/21, NJW 2023, 2281 Rn. 11 ff.).

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