Je­den­falls au­ßer­halb ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs (§ 474 I BGB) be­steht kei­ne ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Pflicht des Ver­käu­fers, die Kauf­sa­che nach ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag zu­rück­zu­neh­men. § 346 I BGB gibt dem Ver­käu­fer zwar ei­nen An­spruch auf Rück­ge­währ der Kauf­sa­che; die Vor­schrift ver­pflich­tet den Ver­käu­fer aber nicht (ver­schul­dens­un­ab­hän­gig) zu de­ren Rück­nah­me. Ver­zich­tet der Ver­käu­fer – aus wel­chem Grund auch im­mer – auf den Rück­erhalt der Kauf­sa­che, macht er sich da­her ge­gen­über dem Käu­fer nicht we­gen Ver­let­zung ei­ner Pflicht aus dem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis scha­dens­er­satz­pflich­tig.

OLG Zwei­brü­cken, Ur­teil vom 27.05.2021 – 4 U 96/20
(nach­fol­gend: BGH, Ur­teil vom 29.11.2023 – VI­II ZR 164/21)

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en sind Kauf­leu­te. Die Klä­ge­rin be­treibt als Han­dels­ge­sell­schaft ein Bau­un­ter­neh­men; die Be­klag­te, ei­ne Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung (GmbH), be­treibt ei­nen Bau­stoff­han­del.

Die Klä­ge­rin kauf­te von der Be­klag­ten ge­mäß de­ren An­ge­bot vom 26.03.2012 ins­ge­samt 22.488,84 t Re­cy­cling-Schot­ter als Un­ter­bau für ei­nen auf ei­nem im Ei­gen­tum der E ste­hen­den Grund­stück in F. zu er­rich­ten­den Park- und Con­tai­ner­ver­la­de­platz der B-GmbH (Bau­her­rin). Die Be­klag­te be­zog den an die Klä­ge­rin zu lie­fern­den Schot­ter von ih­rer Streit­hel­fe­rin, wel­che es ih­rer­seits bei der Her­stel­le­rin, der H-GmbH (seit 2015 in Li­qui­da­ti­on) be­stell­te. Die H-GmbH lie­fer­te den Schot­ter im Ju­ni 2012 un­mit­tel­bar an die Bau­stel­le der Klä­ge­rin, wo die­se ihn ver­bau­te.

Im Jahr 2016 soll­te auf dem Grund­stück in F. ei­ne Hal­le er­rich­tet wer­den. Da­für wur­de ein Teil des von der Klä­ge­rin im Jahr 2012 ein­ge­brach­ten Schot­ters aus­ge­baut und auf ei­ner De­po­nie der E ge­la­gert. Auf­grund ei­ner von dort aus ver­an­lass­ten Be­pro­bung be­an­stan­de­te die B-GmbH als Be­stel­le­rin der Werkleis­tung der Klä­ge­rin die­ser ge­gen­über mit Schrei­ben vom 29.09.2016 den Ar­sen­ge­halt des ge­lie­fer­ten Schot­ters (Ar­sen­wer­te von 501 mg/kg und 514 mg/kg). To­le­ra­bel sei­en höchs­tens 70 mg/kg; das Ma­te­ri­al ent­spre­che da­her nicht der Zu­ord­nung Z 1.1 des gül­ti­gen LA­GA1„LA­GA“ steht für „Bund/Län­der-Ar­beits­ge­mein­schaft Ab­fall“.-Merk­blatts. Dar­auf­hin zeig­te die Klä­ge­rin der Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 30.09.2016 ei­nen An­fangs­ver­dacht an, den sie mit den Ana­ly­se­er­geb­nis­sen der E be­grün­de­te und der wei­te­re Be­pro­bun­gen am 28.09.2016 er­for­der­lich ge­macht ha­be. Zu­gleich wies die Klä­ge­rin dar­auf hin, dass sie die Be­klag­te für den ent­stan­de­nen Scha­den haft­bar ma­chen wer­de, falls sich der An­fangs­ver­dacht be­stä­ti­ge.

In der Fol­ge­zeit ver­lang­ten die B-GmbH als Bau­her­rin und die E als Grund­stücks­ei­gen­tü­me­rin von der Klä­ge­rin we­gen der Ar­se­n­be­las­tung den kom­plet­ten Aus­bau des in das Grund­stück ein­ge­brach­ten Schot­ters.

Ein so­dann von der B-GmbH ge­gen die hie­si­ge Klä­ge­rin und de­ren Kom­ple­men­tä­rin vor dem LG Os­na­brück ge­führ­ter Rechts­streit en­de­te mit ei­nem Pro­zess­ver­gleich, in dem sich die dor­ti­gen Be­klag­ten un­ter an­de­rem da­zu ver­pflich­te­ten, den Schot­ters auf ih­re Kos­ten aus­zu­bau­en und zu ent­sor­gen.

In ei­nem zwi­schen den Par­tei­en ge­führ­ten Rechts­streit glei­chen Ru­brums vor dem LG Fran­ken­thal (Pfalz) wur­de die Be­klag­te durch – in­zwi­schen rechts­kräf­ti­ges – Ur­teil vom 13.11.2018 ge­stützt auf ei­nen wirk­sa­men Rück­tritt der Klä­ge­rin vom Kauf­ver­trag ver­ur­teilt, den Kauf­preis für den Schot­ter (156.283,29 €) zu­rück­zu­zah­len. Dar­über hin­aus wur­de fest­ge­stellt, dass die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, der Klä­ge­rin Mehr­kos­ten für die Er­satz­be­schaf­fung von Aus­tauschma­te­ri­al zu er­set­zen. Im An­schluss dar­an for­der­te die Klä­ge­rin die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 27.02.2019 – er­folg­los – auf, den von der Klä­ge­rin be­reits aus­ge­bau­ten Schot­ters von der Bau­stel­le ab­zu­ho­len.

Die Klä­ge­rin hat die Be­klag­te zu­letzt auf Zah­lung von 446.896 € nebst Rechts­hän­gig­keits­zin­sen in An­spruch ge­nom­men. Au­ßer­dem hat sie die Fest­stel­lung be­gehrt, dass ihr die Be­klag­te auch die wei­te­ren Kos­ten er­set­zen müs­se, die ihr, der Klä­ge­rin, für die Ent­sor­gung des ge­lie­fer­ten kon­ta­mi­nier­ten Schot­ters künf­tig ent­ste­hen wer­den.

Zur Be­grün­dung hat die Klä­ge­rin gel­tend ge­macht, dass der von ihr bei der Be­klag­ten ge­kauf­te Schot­ter we­gen ei­ner un­zu­läs­si­gen Ar­se­n­be­las­tung man­gel­haft sei. Sie, die Klä­ge­rin, sei des­halb – wie das LG Fran­ken­thal (Pfalz) mit Rechts­kraft­wir­kung ent­schie­den ha­be – wirk­sam von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten. Als Ver­käu­fe­rin des man­gel­haf­ten Schot­ters müs­se ihr die Be­klag­te auch die Kos­ten für des­sen Aus­bau und Ent­sor­gung er­set­zen. Zwar be­grün­de § 346 I BGB grund­sätz­lich kei­ne Pflicht des Ver­käu­fers zur Rück­nah­me der man­gel­haf­ten Kauf­sa­che. We­gen ih­rer be­son­de­ren In­ter­es­sen­la­ge sei dies hier aber an­ders zu be­ur­tei­len. Denn die Kos­ten für ei­ne De­po­nie­rung des mit Ar­sen kon­ta­mi­nier­ten Schot­ters über­stie­gen den Kauf­preis um ein Viel­fa­ches. Sie, die Klä­ge­rin, ha­be des­halb aus­nahms­wei­se ei­nen An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Rück­nah­me des Schot­ters. Für die­sen von ihr ein­ge­nom­me­nen Rechts­stand­punkt hat sich die Klä­ge­rin auf den „Dach­zie­gel­fall“ (BGH, Urt. v. 09.09.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104) be­ru­fen.

Für die Ent­sor­gung des Schot­ters – so hat die Klä­ge­rin be­haup­tet – sei­en ihr be­reits Kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 644.906,12 € net­to ent­stan­den. Sie be­las­se es aber hin­sicht­lich ih­res Leis­tungs­an­trags bei dem gel­tend ge­mach­ten Be­trag von 446.896 € (Vor­schuss von 80 % auf die vor­aus­sicht­li­chen Kos­ten für die Ent­sor­gung von 8.000 t Schot­ter in Hö­he von 558.620 €). Für den kom­plet­ten Aus­bau und die Ent­sor­gung des Schot­ters so­wie die Neu­her­stel­lung der Flä­che sei­en Kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 2.125.776,50 € zu ver­an­schla­gen.

Die Be­klag­te hat ein­ge­wandt, dass die Klä­ge­rin nach ih­ren – der Be­klag­ten – in den in den Kauf­ver­trag ein­be­zo­ge­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ver­pflich­tet ge­we­sen sei zu prü­fen, ob sich der ge­kauf­te Schot­ter für das kon­kre­te Bau­vor­ha­ben eig­ne. Sie, die Be­klag­te, tref­fe hin­sicht­lich der Man­gel­haf­tig­keit des Schot­ters kein Ver­schul­den, da sie das Ma­te­ri­al selbst ge­kauft ha­be und es von der Her­stel­le­rin, die dar­über auch Prüf­zeug­nis­se aus­ge­stellt ha­be, di­rekt an die Bau­stel­le der Klä­ge­rin ge­lie­fert wor­den sei.

Wei­ter­ge­hen­de An­sprü­che der Klä­ge­rin im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb des Schot­ters sei­en in An­be­tracht der seit Ge­fahr­über­gang (Ju­ni 2012) ver­stri­che­nen Zeit ver­jährt.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des LG Fran­ken­thal (Pfalz) sei die Klä­ge­rin nicht wirk­sam von dem hier in­ter­es­sie­ren­den Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten. Selbst wenn dies an­ders zu be­ur­tei­len sein soll­te, be­deu­te dies nicht, dass sie, die Be­klag­te, von Rechts we­gen zur Rück­nah­me des Schot­ters ver­pflich­tet sei.

Die Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten hat er­gän­zend vor­ge­bracht, dass al­lein die Her­stel­le­rin des Schot­ters des­sen Man­gel­haf­tig­keit zu ver­tre­ten ha­be. Für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin feh­le es da­her an ei­nem Ver­schul­den der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin. Die­se ha­be die Man­gel­haf­tig­keit des Ma­te­ri­als nicht er­ken­nen kön­nen, und die Lie­fe­ran­ten der Be­klag­ten sei­en auch nicht de­ren Er­fül­lungs­ge­hil­fen. Ab­ge­se­hen da­von ha­be die Klä­ge­rin ge­gen ih­re Un­ter­su­chungs­ob­lie­gen­heit (§ 377 I HGB) ver­sto­ßen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Klä­ge­rin ha­be selbst dann, wenn sie wirk­sam von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten sei, kei­nen An­spruch dar­auf, dass die Be­klag­te den ge­lie­fer­ten Schot­ter zu­rück­neh­me. Die Be­klag­te ha­be mit­hin kei­ne sie tref­fen­de Pflicht zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che ver­letzt. So­weit die Kla­ge dar­auf ge­stützt wer­de, dass die Be­klag­te man­gel­haf­ten Schot­ter ge­lie­fert ha­be, feh­le es an dem für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch er­for­der­li­chen Ver­schul­den der Be­klag­ten.

Mit ih­rer da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat die Klä­ge­rin ihr Zah­lungs­be­geh­ren auf ins­ge­samt 1.333.072,52 € er­höht und ihr Fest­stel­lungs­be­geh­ren wei­ter­ver­folgt. Sie hat (wei­ter­hin) gel­tend ge­macht, dass die Be­klag­te in­fol­ge des wirk­sa­men Rück­tritts vom Kauf­ver­trag zur Rück­nah­me des man­gel­haf­ten Schot­ters ver­pflich­tet sei. Die­se Pflicht ha­be die Be­klag­te schuld­haft nicht er­füllt. Im Üb­ri­gen tra­ge die Be­klag­te die Be­weis­last da­für, dass sie als Ver­käu­fe­rin kein Ver­schul­den an der Lie­fe­rung der man­gel­haf­ten Kauf­sa­che tref­fe.

Die Kla­ge wer­de zu­sätz­lich auf ei­nen Aus­gleichs­an­spruch ge­mäß § 24 II BBo­dSchG i. V. mit § 4 III BBo­dSchG ge­stützt, weil die Be­klag­te als Mit­ver­ur­sa­che­rin der schäd­li­chen Bo­den­ver­än­de­rung an­zu­se­hen sei.

Für die ord­nungs­ge­mä­ße Ent­sor­gung des Schot­ters sei­en ihr, der Klä­ge­rin, bis zum 31.12.2019 – nä­her auf­ge­schlüs­sel­te – Kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 1.333.072,52 € net­to ent­stan­den.

Die Be­klag­te und ih­re Streit­hel­fe­rin ha­ben die Ent­schei­dung des Land­ge­richts ver­tei­digt. Die Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten hat er­gän­zend gel­tend ge­macht, dass die Kla­ge­er­wei­te­rung un­zu­läs­sig sei. Au­ßer­dem um­fas­se die von der Klä­ge­rin be­haup­te­te Pflicht der Be­klag­ten, den ver­kauf­ten Schot­ter zu­rück­zu­neh­men, kei­nes­falls auch die Pflicht, die Kos­ten für den Aus­bau des Schot­ters und die Kos­ten für den Ein­bau von neu­em Schot­ter zu tra­gen. Die Be­klag­te sei auch nicht Ver­ur­sa­che­rin ei­ner Bo­den­kon­ta­mi­na­ti­on i. S. von § 4 BBo­dSchG.

Die Be­ru­fung hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. 1 Das Rechts­mit­tel ist ver­fah­rens­recht­lich be­den­ken­frei und so­mit zu­läs­sig. Das gilt auch für die Er­hö­hung des Zah­lungs­an­trags im zwei­ten Rechts­zug. So­fern dar­in ei­ne Kla­ge­än­de­rung i. S. von § 263 ZPO liegt, ist die­se je­den­falls sach­dien­lich, weil der Rechts­streit auf der Grund­la­ge der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen aus der ers­ten In­stanz ent­schei­dungs­reif bleibt (§ 533 ZPO). Auch ge­nügt die Leis­tungs­kla­ge nach der An­trags­er­wei­te­rung, wor­in erst­mals kon­kret auf­ge­schlüs­selt wird, aus wel­chen Ein­zel­po­si­tio­nen sich die nun­mehr ver­lang­te Kla­ge­sum­me er­rech­net, jetzt dem Be­stimmt­heits­ge­bot des § 253 II Nr. 2 ZPO.

2 In der Sa­che hat die Be­ru­fung kei­nen Er­folg. Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz we­der aus kauf­recht­li­cher Män­gel­ge­währ­leis­tung noch we­gen Ver­let­zung ei­ner Rechts­pflicht zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis nach Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­an­spru­chen. Sie hat ge­gen die Be­klag­te auch kei­nen Aus­gleichs­an­spruch nach dem Bun­des-Bo­den­schutz­ge­setz (BBo­dSchG).

Im Ein­zel­nen gilt da­zu Fol­gen­des:

Auf den zwi­schen den Par­tei­en als Un­ter­neh­mer im Jahr 2012 ge­schlos­se­nen (Han­dels-)Kauf­ver­trag fin­den ge­mäß Art. 229 § 39 EGBGB die Vor­schrif­ten des Bür­ger­li­ches Ge­setz­buchs (BGB) zur kauf­recht­li­chen Män­gel­haf­tung in der bis zum 01.01.2018 gel­ten­den Fas­sung An­wen­dung.

Im Wei­te­ren kann da­hin­ste­hen, ob der ver­kauf­te Schot­ter we­gen Ar­se­n­be­las­tung bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft war und – be­ja­hen­den­falls – ob die Klä­ge­rin kauf­recht­li­cher Ge­währ­leis­tungs­rech­te (auch zum Rück­tritt vom Ver­trag) nach § 377 II HGB ver­lus­tig ge­gan­gen ist, weil sie ei­ne Un­ter­su­chung der Kauf­sa­che bei der An­lie­fe­rung des Schot­ters an die Bau­stel­le un­ter­las­sen hat (vgl. Hin­weis­ver­fü­gung vom 25.02.2021 un­ter 3 m. w. Nachw.).

2.1 Der Klä­ge­rin steht ge­gen die Be­klag­te kein Scha­dens­er­satz­an­spruch auf Er­satz der Kos­ten für den Aus­bau des man­gel­haf­ten Schot­ters und den Wie­der­ein­bau von Er­satz­ma­te­ri­al ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB i. V. mit § 433 I 2, § 434 I BGB zu, da die Be­klag­te als Letzt­ver­käu­fe­rin in dem Stre­cken­ge­schäft die sich aus der Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che er­ge­ben­de Pflicht­ver­let­zung nicht zu ver­tre­ten hat (§ 280 I 2 BGB).56

Zwar weist die Klä­ge­rin zu­tref­fend dar­auf hin, dass die Dar­le­gungs- und Be­weis­last zu der Ver­schul­dens­fra­ge bei der Be­klag­ten liegt. Da hier­bei aber ein Ne­ga­ti­vum im Streit steht, näm­lich die nicht vor­werf­ba­re Un­kennt­nis der Be­klag­ten von Um­stän­den, die sie hin­sicht­lich des Vor­lie­gens ei­nes Sach­man­gels arg­wöh­nisch hät­ten ma­chen müs­sen, trifft die Klä­ge­rin ei­ne se­kun­dä­re Be­haup­tungs­last (Sub­stan­zi­ie­rungs­last) da­hin, dass es für die Be­klag­te als Ver­käu­fe­rin bei Ge­fahr­über­gang be­stimm­te Ver­dachts­mo­men­te für die Man­gel­haf­tig­keit des Schot­ters gab (vgl. OLG Ko­blenz, Beschl. v. 05.06.2014 – 5 U 408/14, ju­ris Rn. 11).

Hier­auf und auf das Feh­len von kon­kre­tem Vor­brin­gen da­zu ist die Klä­ge­rin durch Ver­fü­gung vom 25.02.2021 hin­ge­wie­sen wor­den. Ih­re Stel­lung­nah­me da­zu vom 23.032021 er­schöpft sich in Mut­ma­ßun­gen und zeigt wei­ter­hin kei­ne kon­kre­ten Ver­dachts­mo­men­te auf, wel­che der Be­klag­ten An­lass zum Arg­wohn hin­sicht­lich et­wai­ger Sach­män­gel hät­ten ge­ben müs­sen.

Auf­grund ei­ner Ge­samt­schau des Pro­zess­stof­fes ist der Se­nat – wie schon das Erst­ge­richt – viel­mehr da­von über­zeugt (§ 286 I ZPO), dass die Be­klag­te an der Lie­fe­rung von mit Ar­sen kon­ta­mi­nier­tem Schot­ter kein Ver­schul­den trifft. Dies gilt um so mehr, als an den Ent­las­tungs­nach­weis kei­ne zu ho­hen An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den dür­fen (Pa­landt/​Grü­ne­berg, BGB, 80. Aufl., § 280 Rn. 40 m. w. Nachw.).

So ist dem au­ßer­ge­richt­li­chen Schrei­ben der Klä­ge­rin an die Be­klag­te vom 30.09.2016 zu ent­neh­men, dass für das ge­lie­fer­te Ma­te­ri­al Prüf­zeug­nis­se und Lie­fer­schei­ne vor­ge­legt wur­den, wel­che die für den Schot­ter ge­for­der­te Ka­te­go­rie LA­GA Z 1.1 be­schei­nig­ten. Die Prüf­zeug­nis­se sei­en auf die H-GmbH aus­ge­stellt ge­we­sen. Die­se Um­stän­de wi­der­le­gen zum ei­nen, dass die Be­klag­te bei ih­rer Streit­hel­fe­rin Ma­te­ri­al von an­de­rer Qua­li­tät als von der Klä­ge­rin ge­or­dert be­stellt hat­te, und zum an­de­ren, dass die Be­klag­te als Letzt­ver­käu­fe­rin die man­gel­haf­te Lie­fe­rung zu ver­tre­ten hat. Die Be­klag­te durf­te viel­mehr grund­sätz­lich dar­auf ver­trau­en, dass sich die in die Lie­fer­ket­te ein­ge­schal­te­ten Fach­händ­ler für Bau­be­darf red­lich ver­hal­ten und dass über die Kauf­sa­che er­stell­te Prüf­zeug­nis­se der Wahr­heit ent­spre­chen.

Die Be­klag­te muss sich auch nicht ein et­wai­ges Fremd­ver­schul­den in­ner­halb der Lie­fer­ket­te (Vor­lie­fe­ran­ten bzw. Her­stel­ler) nach § 278 BGB zu­rech­nen las­sen. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH ist der Vor­lie­fe­rant des Ver­käu­fers nicht des­sen Ge­hil­fe bei der Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten ge­gen­über dem Käu­fer; eben­so ist auch der Her­stel­ler der Kauf­sa­che nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Händ­lers, der die Sa­che an sei­ne Kun­den ver­kauft (BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337 = ju­ris Rn. 31 m. w. Nachw.).

Trifft die Be­klag­te so­nach kein Ver­schul­dens­vor­wurf, muss nicht ent­schie­den wer­den, ob die Ver­jäh­rung von An­sprü­chen auf Scha­dens­er­satz we­gen Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che durch die Kla­ge auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (LG Fran­ken­thal [Pfalz] – 1 HK O 9/17) ge­mäß § 213 BGB ge­hemmt wur­de.

Ei­nen ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen An­spruch auf Er­satz von Kos­ten für den Aus­bau des man­gel­haf­ten Schot­ters und die Re­mon­ta­ge des an des­sen Stel­le in das Grund­stück ein­zu­brin­gen­den Er­satz­ma­te­ri­als ge­währt das Rück­tritts­recht im Üb­ri­gen nicht (BeckOGK/​Schall, Stand: 01.05.2021, § 346 BGB Rn. 374).

2.2 Die Klä­ge­rin kann ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch aus § 280 I BGB auch nicht dar­auf stüt­zen, dass die Be­klag­te ei­ne be­haup­te­te Pflicht zur Rück­nah­me des Schot­ters im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis nach §§ 346 ff BGB schuld­haft ver­letzt und des­we­gen die Kos­ten für den Aus­bau, den Ab­trans­port und die Ent­sor­gung der ar­se­n­be­las­te­ten Kauf­sa­che zu tra­gen ha­be.

Denn ei­ne sol­che Rechts­pflicht des Rück­tritts­geg­ners zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che be­steht un­ter der Gel­tung des mit Wir­kung ab dem 01.01.2002 re­for­mier­ten Schuld­rechts – im Ge­gen­satz zur Rechts­la­ge bei der kauf­recht­li­chen Wan­de­lung vor der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung (vgl. BGH, Urt. v. 09.09.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109 ff. – „Dach­zie­gel­fall“) – je­den­falls dann nicht, wenn – wie im Streit­fall – kein Ver­brauchs­gü­ter­kauf, son­dern ein Kauf­ver­trag zwi­schen Un­ter­neh­men in Re­de steht. In die­ser Be­wer­tung stimmt der Se­nat mit der recht­li­chen Be­ur­tei­lung durch das Erst­ge­richt über­ein:

§ 346 I BGB gibt dem Ver­käu­fer al­lein den An­spruch auf Rück­ge­währ der Kauf­sa­che, ver­pflich­tet ihn aber nach von dem Se­nat für zu­tref­fend ge­hal­te­ner Auf­fas­sung nicht zur Rück­nah­me, al­so zur Ab­nah­me der vom Käu­fer zu­rück­zu­ge­ben­den Sa­che. Ver­zich­tet der Ver­käu­fer – aus wel­chen Grün­den auch im­mer – auf den Rück­erhalt der Kauf­sa­che, macht er sich des­we­gen nicht ge­gen­über dem vom Ver­trag zu­rück­ge­tre­te­nen Käu­fer scha­dens­er­satz­pflich­tig.

Der Weg­fall der kauf­recht­li­chen Wan­de­lung im re­for­mier­ten Schuld­recht ab dem 01.01.2002 hat der zur frü­he­ren Rechts­la­ge er­gan­ge­nen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung be­tref­fend den Er­satz von Ein­bau- und Aus­bau­kos­ten so­wie die Pflicht zur Rück­nah­me ei­ner man­gel­haf­ten Kauf­sa­che die Grund­la­ge ent­zo­gen. In der Fol­ge­zeit galt bis zum In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zur Re­form des Bau­ver­trags­rechts2Ge­setz zur Re­form des Bau­ver­trags­rechts, zur Än­de­rung der kauf­recht­li­chen Män­gel­haf­tung, zur Stär­kung des zi­vil­pro­zes­sua­len Rechts­schut­zes und zum ma­schi­nel­len Sie­gel im Grund­buch- und Schiffs­re­gis­ter­ver­fah­ren, BGBl. 2017 I, 969. ab dem 01.01.2018 in der Recht­spre­chung des BGH der Grund­satz, dass sich bei Kauf­ver­trä­gen zwi­schen Un­ter­neh­mern aus § 439 BGB (in der da­mals gül­ti­gen Fas­sung) kein (ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ger) An­spruch auf Er­satz von Ein-, Aus­bau- und Trans­port­kos­ten für ei­ne man­gel­haf­te Sa­che her­lei­ten lässt (BGH, Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 17–22). Ein An­spruch auf Er­satz sol­cher Kos­ten be­stand im ge­schäft­li­chen Ver­kehr zwi­schen Un­ter­neh­men nur dann, wenn – an­ders als im vor­lie­gen­den Fall – der Ver­käu­fer sei­ne Ver­trags­pflich­ten zur Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che ver­letzt und dies zu ver­tre­ten hat­te (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135; Urt. v. 16.04.2013 – VI­II ZR 67/12, ju­ris; Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, BGHZ 200, 337).

Die­se Kon­zep­ti­on des für den vor­lie­gen­den Ver­trag aus dem Jahr 2012 maß­geb­li­chen Ge­währ­leis­tungs­sys­tems darf nach der Rechts­über­zeu­gung des Se­nats nicht da­durch aus­ge­he­belt wer­den, dass man in § 346 I BGB ei­ne Rechts­pflicht des Ver­käu­fers zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che hin­ein­liest. Ei­ne sol­che Pflicht lässt sich – ent­ge­gen Stim­men in der Li­te­ra­tur (u. a. Mu­scheler, AcP 187 [1987] 343, 386 f.) – auch nicht für Aus­nah­me­fäl­le aus ei­ner ana­lo­gen bzw. „spie­gel­bild­li­chen“ An­wen­dung von § 433 II BGB oder aus dem Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) her­lei­ten.

2.3 Die Klä­ge­rin kann ihr Er­satz­be­geh­ren auch nicht mit Er­folg auf §§ 24, 4 BBo­dSchG stüt­zen.

Ein Aus­gleichs­an­spruch nach den ge­nann­ten Vor­schrif­ten be­steht un­ab­hän­gig da­von, ob die Ver­wal­tungs­be­hör­de ei­nen Stö­rer in An­spruch ge­nom­men hat. Er wä­re auch nicht ver­jährt, da er erst mit En­de der Sa­nie­rung des Bo­dens fäl­lig wird.

Die Be­klag­te ist aber nicht Ver­ur­sa­cher ei­ner Bo­den­kon­ta­mi­na­ti­on i. S. von § 4 BBo­dSchG. Ver­ur­sa­cher ist nur der­je­ni­ge, des­sen Hand­lung die un­mit­tel­ba­re Bo­den­ver­än­de­rung vor­ge­nom­men hat (vgl. Be­ckOK-Um­welt­recht/​Gies­bert/​Hilf, Stand: 01.04.2021, § 4 BB­SchG Rn. 22). Un­mit­tel­ba­rer Ver­ur­sa­cher ist die Klä­ge­rin als bau­aus­füh­ren­des Un­ter­neh­men und Zu­stands­stö­rer die Ei­gen­tü­me­rin bzw. Päch­te­rin des Grund­stücks.

III. Die Ne­ben­ent­schei­dun­gen be­ru­hen auf den §§ 97 I, 101 I 1, § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, 2 ZPO.

IV. Der Se­nat lässt in dem aus der Ur­teils­for­mel er­sicht­li­chen Um­fang3Die Re­vi­si­on wur­de „be­schränkt auf die Fra­ge“ zu­ge­las­sen, „ob nach Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ei­ne ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Rechts­pflicht des Rück­tritts­geg­ners zur Rück­nah­me der Kauf­sa­che be­steht“. ge­mäß § 543 II 1 Nr. 1 ZPO die Re­vi­si­on zu. Die Rechts­fra­ge, ob und ge­ge­be­nen­falls un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen und auf wel­cher dog­ma­ti­schen Grund­la­ge im Rah­men des § 346 I BGB mit der Rück­ge­währ­pflicht spie­gel­bild­lich ei­ne Rück­nah­me­pflicht kor­re­spon­diert, ist im Schrift­tum im Ein­zel­nen um­strit­ten (zum Mei­nungs­stand vgl. BeckOGK/Schall, a. a. O., § 346 BGB Rn. 366 ff; Stau­din­ger/​Kai­ser, Eck­pfei­ler des Zi­vil­rechts, Neu­be­arb. 2020, Rn. H 109 ff.; Be­ckOK-BGB/​H. Schmidt, Stand: 01.02.2021, § 346 Rn. 43; je­weils m. w. Nachw.). Ei­ne höchst­ge­richt­li­che Ent­schei­dung zu die­ser klä­rungs­be­dürf­ti­gen Rechts­fra­ge, die sich auch künf­tig in ei­ner un­be­stimm­ten Viel­zahl von Rechts­strei­tig­kei­ten stel­len kann, ist – so­weit er­sicht­lich – noch nicht er­gan­gen.

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