1. Den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler trifft kei­ne ge­ne­rel­le, an­las­s­un­ab­hän­gi­ge Ob­lie­gen­heit, das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen. Viel­mehr kann er zu ei­ner Über­prü­fung des Fahr­zeugs nur auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de, die für ihn ei­nen kon­kre­ten Ver­dacht auf Män­gel be­grün­den, ge­hal­ten sein. Ab­ge­se­hen von die­sen Fäl­len ist der Händ­ler grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) ver­pflich­tet (Be­stä­ti­gung und Fort­füh­rung von Se­nat, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24; Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; Urt. v. 03.11.1982 – VI­II ZR 282/81, NJW 1983, 217 [un­ter II 2 b]; Urt. v. 21.01.1981 – VI­II ZR 10/80, WM 1981, 323 [un­ter II 3 b aa]; Urt. v. 11.06.1979 – VI­II ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; Urt. v. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, NJW 1977, 1055 [un­ter III 1 a]; Urt. v. 21.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; st. Rspr.).
  2. Die im Kauf­ver­trag ent­hal­te­ne Ein­tra­gung „HU neu“ be­inhal­tet bei in­ter­es­sen­ge­rech­ter Aus­le­gung die still­schwei­gen­de Ver­ein­ba­rung, dass sich das ver­kauf­te Fahr­zeug im Zeit­punkt der Über­ga­be in ei­nem für die Haupt­un­ter­su­chung nach § 29 StV­ZO ge­eig­ne­ten ver­kehrs­si­che­ren Zu­stand be­fin­de und die Haupt­un­ter­su­chung durch­ge­führt sei (Be­stä­ti­gung und Fort­füh­rung von Se­nat, Urt. v. 24.02.1988 – VI­II ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280 ff. – „TÜV neu“).
  3. Für die Be­ur­tei­lung, ob die Nach­er­fül­lung für den Käu­fer ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar ist, sind al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­rück­sich­ti­gen, ins­be­son­de­re die Zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers, die­sem vor­zu­wer­fen­de Ne­ben­pflicht­ver­let­zun­gen oder der Um­stand, dass der Ver­käu­fer be­reits bei dem ers­ten Er­fül­lungs­ver­such, al­so bei Über­ga­be, ei­nen er­heb­li­chen Man­gel an fach­li­cher Kom­pe­tenz hat er­ken­nen las­sen und das Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen den Par­tei­en nach­hal­tig ge­stört ist.

BGH, Ur­teil vom 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14
(vor­her­ge­hend: OLG Ol­den­burg, Ur­teil vom 28.02.2014 – 11 U 86/13)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von dem Be­klag­ten, ei­nem ge­werb­li­chen Au­to­händ­ler, die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen so­wie die Zah­lung von Scha­dens­er­satz.

Mit Ver­trag vom 03.08.2012 kauf­te die Klä­ge­rin von dem Be­klag­ten ei­nen erst­ma­lig am 30.08.1999 zu­ge­las­se­nen Opel Za­fi­ra mit ei­ner Lauf­leis­tung von 144.000 km zum Preis von 5.000 €. Der Kauf­ver­trag ent­hält un­ter der Ru­brik „Zu­be­hör/Son­der­aus­stat­tung“ den Ein­trag „HU neu“. Am Tag des Fahr­zeug­kaufs hat­te der Tech­ni­sche Über­wa­chungs­ver­ein (TÜV) die Haupt­un­ter­su­chung durch­ge­führt und das Fahr­zeug be­an­stan­dungs­frei mit ei­ner TÜV-Pla­ket­te ver­se­hen.

Am nächs­ten Tag fuhr die Klä­ge­rin zu ih­rem rund 900 km ent­fern­ten Wohn­ort. Auf der Fahrt dort­hin ver­sag­te der Mo­tor auf­grund ei­nes de­fek­ten Kraft­stoff­re­lais mehr­fach und ent­stan­den der Klä­ge­rin Kos­ten für Pan­nen­hil­fe und Re­pa­ra­tur in Hö­he von 315,99 €. Bei den an­schlie­ßen­den, von der Klä­ge­rin ver­an­lass­ten Un­ter­su­chun­gen des Fahr­zeugs wur­de un­ter an­de­rem ei­ne star­ke Kor­ro­si­on an den Brems­lei­tun­gen, den Längs­trä­gern, den Quer­len­kern, den Achs­trä­gern und dem Un­ter­bo­den so­wie an sämt­li­chen Zu­lei­tun­gen zum Mo­tor fest­ge­stellt. Die Klä­ge­rin er­klär­te dar­auf­hin mit Schrei­ben vom 30.08.2012 die An­fech­tung des Kauf­ver­trags we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung, hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, und be­grün­de­te dies mit den bei der Un­ter­su­chung fest­ge­stell­ten, die Ver­kehrs­si­cher­heit des Fahr­zeugs be­ein­träch­ti­gen­den Män­geln. Der Be­klag­te be­haup­tet, er ha­be das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf durch­ge­se­hen und nur vor­der­grün­di­gen Rost fest­ge­stellt; im Üb­ri­gen ha­be er sich auf die Un­ter­su­chung des TÜV ver­las­sen.

Die Klä­ge­rin be­gehrt die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Kraft­fahr­zeugs, so­wie den Er­satz der Kos­ten der Pan­nen­hil­fe und Re­pa­ra­tur, je­weils zu­züg­lich Zin­sen. Das Land­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben, das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­ru­fung des Be­klag­ten zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on des Be­klag­ten hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [6]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[7]    Das Land­ge­richt ha­be den Be­klag­ten zu Recht zur Rück­zah­lung des ge­leis­te­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 5.000 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des ge­kauf­ten Fahr­zeugs, ver­ur­teilt. Denn die Klä­ge­rin ha­be den Kauf­ver­trag we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung wirk­sam an­ge­foch­ten, so­dass die­ser rück­ab­zu­wi­ckeln sei. Dar­über hin­aus ha­be das Land­ge­richt der Klä­ge­rin zu­tref­fend den gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dungs­er­satz in Hö­he von 315,99 € zu­er­kannt.

[8]    Auf­grund des vom Land­ge­richt ein­ge­hol­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens ste­he fest, dass das ver­äu­ßer­te Fahr­zeug ei­ne fort­ge­schrit­te­ne, of­fen­sicht­li­che Kor­ro­si­on im Be­reich der Längs­trä­ger, der Fahr­werks­tei­le und sämt­li­cher Zu­lei­tun­gen zum Mo­tor so­wie ei­ne über­durch­schnitt­li­che Kor­ro­si­on an den vor­de­ren Brems­lei­tun­gen auf­ge­wie­sen ha­be. Ins­be­son­de­re die Kor­ro­si­on an den vor­de­ren Brems­lei­tun­gen hät­te bei der am Ver­kaufs­tag durch­ge­führ­ten Haupt­un­ter­su­chung be­an­stan­det wer­den müs­sen. Die­ser er­heb­li­che, die Ver­kehrs­si­cher­heit be­ein­träch­ti­gen­de Man­gel ha­be be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an die Klä­ge­rin vor­ge­le­gen.

[9]    Die­sen Man­gel ha­be der Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags arg­lis­tig ver­schwie­gen. Zwar ha­be die Klä­ge­rin nicht be­wei­sen kön­nen, dass der Be­klag­te po­si­ti­ve Kennt­nis von den Kor­ro­si­ons­schä­den ge­habt ha­be. Der Be­klag­te ha­be aber be­wusst ge­gen die ihm als Ge­braucht­wa­gen­händ­ler beim Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens ob­lie­gen­de Un­ter­su­chungs­pflicht ver­sto­ßen und die Klä­ge­rin nicht dar­über auf­ge­klärt, dass er das ver­kauf­te Fahr­zeug al­len­falls ei­ner ganz ober­fläch­li­chen Sicht­prü­fung un­ter­zo­gen und sich al­lein auf den TÜV ver­las­sen ha­be. Dies sei ei­nem arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gen ei­nes Man­gels gleich­zu­set­zen.

[10]   In Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur sei un­strei­tig, dass den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler beim Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens Un­ter­su­chungs­pflich­ten trä­fen, wo­bei zwi­schen ei­ner ech­ten und ei­ner ge­ne­rel­len Un­ter­su­chungs­pflicht zu un­ter­schei­den sei. Ei­ne ech­te Un­ter­su­chungs­pflicht tref­fe den Au­to­händ­ler nur dann, wenn er ei­nen kon­kre­ten Ver­dacht auf Fahr­zeug­män­gel ha­be, was hier aber nicht der Fall ge­we­sen sei. Ne­ben der ech­ten Un­ter­su­chungs­pflicht be­ste­he je­doch ei­ne ge­ne­rel­le Un­ter­su­chungs­pflicht, die dar­auf be­ru­he, dass ein durch­schnitt­li­cher ge­brauch­ter Per­so­nen­kraft­wa­gen tech­nisch feh­ler­haft oder zu­min­dest feh­ler­an­fäl­lig sei. Ge­braucht­wa­gen­händ­ler er­ziel­ten für den Han­del mit ei­nem Ge­braucht­fahr­zeug in der Re­gel beim Ver­kauf ei­nen hö­he­ren Preis als sie ihn beim Ein­kauf ge­zahlt hät­ten. We­sent­li­che Vor­aus­set­zung ih­rer Kal­ku­la­ti­on sei ei­ne sorg­fäl­ti­ge Un­ter­su­chung des zu ver­kau­fen­den Fahr­zeugs. Dies recht­fer­ti­ge auch die Pflicht zur ge­ne­rel­len Un­ter­su­chung. Un­ter­las­se der Au­to­händ­ler die Un­ter­su­chung oder füh­re er die­se so ober­fläch­lich durch, dass er schuld­haft Män­gel über­se­he, sei die­ses Ver­hal­ten als vor­sätz­li­che Pflicht­ver­let­zung zu wer­ten, wenn der Au­to­ver­käu­fer über die nur ober­fläch­li­che Über­prü­fung nicht auf­klä­re. Die­ses be­wuss­te Fehl­ver­hal­ten recht­fer­ti­ge den Arg­lis­tein­wand.

[11]   Der Be­klag­te ha­be ge­gen die ihm ob­lie­gen­de ge­ne­rel­le Un­ter­su­chungs­pflicht ver­sto­ßen, in­dem er das ver­kauf­te Fahr­zeug kei­ner sorg­fäl­ti­gen Sicht­prü­fung un­ter­zo­gen und die Klä­ge­rin nicht auf die mas­siv fort­ge­schrit­te­ne Durch­ros­tung der Lei­tun­gen und des Un­ter­bo­dens hin­ge­wie­sen ha­be. Die Durch­ros­tun­gen wä­ren be­reits bei ei­ner ein­fa­chen Sicht­prü­fung des Un­ter­bo­dens auf­ge­fal­len. Der Be­klag­te kön­ne sich auch nicht da­mit ent­las­ten, dass er das Fahr­zeug noch am Tag des Ver­kaufs dem TÜV vor­ge­führt und die­ser das Fahr­zeug nicht be­an­stan­det ha­be. Be­die­ne sich ein Ver­käu­fer zur Er­fül­lung sei­ner Un­ter­su­chungs­pflicht ei­nes Drit­ten zur Be­gut­ach­tung des zu ver­kau­fen­den Fahr­zeugs, so han­de­le das be­auf­trag­te Un­ter­neh­men als Er­fül­lungs­ge­hil­fe (§ 278 Satz 1 BGB) und ein Prüf­ver­schul­den sei dem Ver­käu­fer zu­zu­rech­nen. Da­bei kön­ne es kei­nen Un­ter­schied ma­chen, ob der Ver­käu­fer ei­nen pri­va­ten Gut­ach­ter be­auf­tra­ge oder den mit ho­heit­li­chen Auf­ga­ben auf dem Ge­biet der Kraft­fahr­zeug­über­wa­chung be­trau­ten TÜV.

[12]   Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung im Er­geb­nis stand; die Re­vi­si­on ist da­her zu­rück­zu­wei­sen.

[13]   1. Die Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts, der Klä­ge­rin ste­he auf­grund er­folg­rei­cher Arg­listan­fech­tung ein An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses aus § 812 I 1 Fall 1 BGB zu, ist al­ler­dings von Rechts­feh­lern be­ein­flusst. Die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, der Be­klag­te ha­be den Kauf­ver­trag arg­lis­tig her­bei­ge­führt, weil er die Klä­ge­rin nicht über die un­ter­blie­be­ne Fahr­zeug­un­ter­su­chung auf­ge­klärt ha­be, ist be­reits im An­satz ver­fehlt, weil ei­ne all­ge­mei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht des Ge­braucht­wa­gen­händ­lers – ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts – nicht be­steht.

[14]   a) Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Se­nats trifft den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler kei­ne ge­ne­rel­le, an­las­s­un­ab­hän­gi­ge Ob­lie­gen­heit, das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen (Se­nat, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24; Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; Urt. v. 03.11.1982 – VI­II ZR 282/81, NJW 1983, 217 [un­ter II 2 b]; Urt. v. 21.01.1981 – VI­II ZR 10/80, WM 1981, 323 [un­ter II 3 b aa]; Urt. v. 11.06.1979 – VI­II ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; Urt. v. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, NJW 1977, 1055 [un­ter III 1 a] m. w. Nachw.). Viel­mehr kann er zu ei­ner Über­prü­fung des Fahr­zeugs nur auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de, die für ihn ei­nen kon­kre­ten Ver­dacht auf Män­gel be­grün­den, ge­hal­ten sein (Se­nat, Urt. v. 21.01.1981 – VI­II ZR 10/80, WM 1981, 323 [un­ter II 3 b aa]; Urt. v. 03.11.1982 – VI­II ZR 282/81, NJW 1983, 217; Urt. v. 21.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; Urt. v. 11.06.1979 – VI­II ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.), et­wa dann, wenn er die Vor­schä­di­gung ei­nes zu ver­äu­ßern­den Fahr­zeugs kennt (Se­nat, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 29 m. w. Nachw.). Ab­ge­se­hen von die­sen Fäl­len ist der Händ­ler grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) ver­pflich­tet (Se­nat, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24 m. w. Nachw.).

[15]   b) Zu­dem hat das Be­ru­fungs­ge­richt ver­säumt, Fest­stel­lun­gen zu dem er­for­der­li­chen Ur­sa­chen­zu­sam­men­hang zwi­schen der ver­meint­li­chen arg­lis­ti­gen Täu­schung und dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags zu tref­fen. Denn an­ge­sichts der am Tag des Kauf­ver­trags durch­ge­führ­ten, er­folg­rei­chen Vor­füh­rung des Fahr­zeugs zur Haupt­un­ter­su­chung ver­steht es sich nicht von selbst, dass der vom Be­ru­fungs­ge­richt für er­for­der­lich ge­hal­te­ne Hin­weis des Be­klag­ten, das Fahr­zeug nicht selbst un­ter­sucht zu ha­ben, am Kauf­ent­schluss der Klä­ge­rin et­was ge­än­dert hät­te.

[16]   2. So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt – oh­ne nä­he­re Be­grün­dung – da­ge­gen an­ge­nom­men hat, ei­ne Kennt­nis des Be­klag­ten von den mas­si­ven Durch­ros­tun­gen und so­mit ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung durch Ver­schwei­gen die­ses Man­gels sei nicht er­wie­sen, hat es den Sach­ver­halt un­ter Ver­stoß ge­gen § 286 ZPO nicht aus­ge­schöpft. Denn sei­ne wei­te­re Fest­stel­lung, wo­nach die vom Sach­ver­stän­di­gen be­schrie­be­nen Durch­ros­tun­gen schon bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags vor­han­den und der­art gra­vie­rend ge­we­sen sei­en, dass sie bei ei­ner ein­fa­chen Sicht­prü­fung auf­ge­fal­len wä­ren, legt den Schluss na­he, dass der Be­klag­te, der ei­ne sol­che Sicht­prü­fung nach ei­ge­nem Vor­brin­gen durch­ge­führt hat, die­se Män­gel ent­we­der po­si­tiv ge­kannt oder zu­min­dest für mög­lich ge­hal­ten hat. Mit die­ser sich auf­drän­gen­den Über­le­gung hät­te sich das Be­ru­fungs­ge­richt aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Denn ein Ver­käu­fer ver­schweigt ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gel be­reits dann arg­lis­tig, wenn er ihn min­des­tens für mög­lich hält und gleich­zei­tig da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Ver­trags­part­ner den Feh­ler nicht kennt und bei Kennt­nis den Kauf­ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (BGH, Urt. v. 11.02.2004 – VI­II ZR 386/02, NJW 2004, 1032 [un­ter II 1]; Urt. v. 30.04.2003 – V ZR 100/02, NJW 2003, 2380 [un­ter II 2 b] m. w. Nachw.; st. Rspr.).

[17]   3. Die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richt stellt sich je­doch aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 561 ZPO). Denn falls die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Arg­listan­fech­tung nicht er­füllt wä­ren, er­gibt sich der An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags je­den­falls aus §§ 346 I, 437 Nr. 2 Fall 1, § 440 Satz 1, §§ 323 I, 348 BGB.

[18]   a) Das ge­kauf­te Fahr­zeug war bei Ge­fahr­über­gang (§ 446 BGB) man­gel­haft, weil es sich ent­ge­gen der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit nicht in ei­nem Zu­stand be­fand, der die Er­tei­lung ei­ner TÜV-Pla­ket­te am Tag des Kauf­ver­trags recht­fer­tig­te.

[19]   aa) Die im Kauf­ver­trag ent­hal­te­ne Ein­tra­gung „HU neu“ be­inhal­tet bei in­ter­es­sen­ge­rech­ter Aus­le­gung – die der Se­nat, da kei­ne wei­te­ren Fest­stel­lun­gen zu er­war­ten sind, selbst vor­neh­men kann – die still­schwei­gen­de Ver­ein­ba­rung, dass sich das ver­kauf­te Fahr­zeug im Zeit­punkt der Über­ga­be in ei­nem für die Haupt­un­ter­su­chung nach § 29 StV­ZO ge­eig­ne­ten ver­kehrs­si­che­ren Zu­stand be­fin­de und die Haupt­un­ter­su­chung durch­ge­führt sei (§ 434 I 1 BGB). In­so­weit gilt nichts an­de­res als für ei­nen in ei­nem Kauf­ver­trag ent­hal­te­nen Zu­satz „TÜV neu“ (Se­nat, Urt. v. 24.02.1988 – VI­II ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280 ff. m. w. Nachw. [zu § 459 II BGB a.F.]; vgl. fer­ner Se­nat, Urt. v. 13.03.2013 – VI­II ZR 172/12, NJW 2013, 2749 Rn. 14, 17 [Un­ter­su­chung nach § 21c StV­ZO a.F. – Old­ti­mer]).

[20]   bb) Nach den in­so­weit rechts­feh­ler­frei ge­trof­fe­nen und von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts ge­nüg­te das Fahr­zeug die­ser Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nicht, son­dern war auf­grund der fort­ge­schrit­te­nen Kor­ro­si­on ins­be­son­de­re an den vor­de­ren Brems­lei­tun­gen un­ge­ach­tet der den­noch er­teil­ten TÜV-Pla­ket­te nicht ver­kehrs­si­cher und auf­grund sei­nes schlech­ten Ge­samt­zu­stan­des bei Über­ga­be nicht so be­schaf­fen, dass ein Be­trieb des Fahr­zeugs und des­sen ge­fahr­lo­se Nut­zung im Stra­ßen­ver­kehr mög­lich ge­we­sen wä­ren.

[21]   b) Die Klä­ge­rin war ge­mäß § 440 Satz 1 BGB auch oh­ne vor­he­ri­ge Frist­set­zung zum Rück­tritt be­rech­tigt, weil ei­ne Nach­er­fül­lung für sie nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar war.

[22]   aa) Für die Be­ur­tei­lung, ob die Nach­er­fül­lung für den Käu­fer un­zu­mut­bar ist, sind al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­rück­sich­ti­gen, ins­be­son­de­re die Zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers (vgl. BT-Drs. 14/6040, 233 f.), die­sem vor­zu­wer­fen­de Ne­ben­pflicht­ver­let­zun­gen (BT-Drs. 14/6040, 223) oder der Um­stand, dass der Ver­käu­fer be­reits bei dem ers­ten Er­fül­lungs­ver­such, al­so bei Über­ga­be, ei­nen er­heb­li­chen Man­gel an fach­li­cher Kom­pe­tenz hat er­ken­nen las­sen (Er­man/Gru­ne­wald, BGB, 14. Aufl., § 440 Rn. 3; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 74. Aufl., § 440 Rn. 8; Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.08.2014, § 440 Rn. 37) und das Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen den Par­tei­en nach­hal­tig ge­stört ist (Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2014, § 440 Rn. 25).

[23]   bb) Hier­von ist vor­lie­gend aus­zu­ge­hen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat – aus sei­ner Sicht fol­ge­rich­tig – zwar nicht ge­prüft, ob die Nach­er­fül­lung für die Klä­ge­rin hier­nach un­zu­mut­bar war. Es be­darf hier­zu je­doch kei­ner wei­te­ren tatrich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen, weil der Se­nat die Wür­di­gung auf der Grund­la­ge des fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts selbst tref­fen kann (vgl. BGH, Urt. v. 14.05.2014 – VI­II ZR 266/13, BGHZ 201, 252 Rn. 25 m. w. Nachw.). Hier­nach steht fest, dass das als ver­kehrs­si­cher ver­kauf­te Fahr­zeug mas­si­ve Män­gel in Form fort­ge­schrit­te­ner Kor­ro­si­on an si­cher­heits­re­le­van­ten Bau­tei­len auf­wies, die be­reits bei ei­ner ord­nungs­ge­mäß durch­ge­führ­ten ein­fa­chen Sicht­prü­fung oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar ge­we­sen wä­ren. Der Be­klag­te hat das Aus­maß des von ihm – nach sei­nem ei­ge­nen Vor­brin­gen – be­merk­ten „vor­der­grün­di­gen Rosts“ zu­min­dest fahr­läs­sig ver­kannt (vgl. Se­nat, Urt. v. 11.02.2004 – VI­II ZR 386/02, NJW 2004, 1032 [un­ter III 1, 2] m. w. Nachw.]). An­ge­sichts die­ser Um­stän­de hat die Klä­ge­rin nach­voll­zieh­bar je­des Ver­trau­en in die Zu­ver­läs­sig­keit und Fach­kom­pe­tenz des Be­klag­ten ver­lo­ren. Der Um­stand, dass der TÜV das Fahr­zeug nicht be­an­stan­det hat, recht­fer­tigt mit Blick auf die Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung kei­ne an­de­re Be­trach­tung. Dar­auf, ob der TÜV als Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Be­klag­ten an­zu­se­hen war oder die­sem et­wai­ge Ver­säum­nis­se des TÜV bei der Haupt­un­ter­su­chung mit Rück­sicht auf den ho­heit­li­chen Cha­rak­ter der dem TÜV über­tra­ge­nen Fahr­zeug­über­wa­chung nicht zu­ge­rech­net wer­den kön­nen, kommt es in­so­weit nicht an.

[24]   4. Auch im Hin­blick auf die Ver­ur­tei­lung zur Zah­lung von 315,99 € we­gen der für den Aus­tausch des Kraft­stoff­re­lais und der Pan­nen­hil­fe ent­stan­de­nen Kos­ten bleibt die Re­vi­si­on oh­ne Er­folg. Der An­spruch er­gibt sich aus § 437 Nr. 3, § 284 BGB. Die­ser An­spruch kann ge­mäß § 325 BGB ne­ben dem Rück­tritt gel­tend ge­macht wer­den; er um­fasst Auf­wen­dun­gen des Käu­fers auf ei­ne Sa­che, die sich – wie vor­lie­gend – spä­ter als man­gel­haft her­aus­stellt, wenn der Käu­fer die Kauf­sa­che we­gen ih­rer Man­gel­haf­tig­keit zu­rück­gibt (Se­nat, Urt. v. 20.07.2005 – VI­II ZR 275/04, BGHZ 163, 381, 385 ff.). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on stün­de der Klä­ge­rin ein An­spruch auf Er­satz die­ser Auf­wen­dun­gen auch dann zu, wenn be­reits die Arg­listan­fech­tung be­grün­det wä­re. Wie das Be­ru­fungs­ge­richt in­so­weit zu­tref­fend an­ge­nom­men hat, er­gä­be sich der An­spruch der Klä­ge­rin in die­sem Fall aus §§ 311 II Nr. 1, 280 I BGB, näm­lich ei­ner dann in der Täu­schung lie­gen­den Ver­let­zung ei­ner vor­ver­trag­li­chen Ne­ben­pflicht.

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