1. Ein Kfz-Händler ohne eigene Werkstatt, der die Durchführung einer Hauptuntersuchung zusagt, muss – anders als ein Händler mit eigener Werkstatt – nicht das Risiko tragen, dass die TÜV-Plakette zu Unrecht erteilt wird.
  2. Es versteht sich von selbst, dass bei einem über zehn Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von ca. 126.000 Kilometern mit einem erheblichen alters- und verschleißbedingten Zustand zu rechnen ist. Die demgemäß typischen Erscheinungen (z. B. poröse Gummilager) stellen keine Mängel dar.

OLG Brandenburg, Urteil vom 02.10.2007 – 11 U 177/06

Sachverhalt: Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Rückzahlung des – um eine Nutzungsentschädigung verminderten – Kaufpreises verurteilt und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw in Verzug befinde. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Pkw im Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin mangelhaft gewesen sei. Dies ergebe sich – unter Berücksichtigung der kurzen Besitzzeit der Klägerin – aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen S. Dieser habe folgende Mängel festgestellt:

  • Gummilager am Trag- und Führungslenker vorn rechts porös bzw. rissig
  • Batterie nicht ordnungsgemäß zu befestigen
  • Bremsscheiben hinten ungleichmäßig abgefahren
  • Bremssattel hinten rechts undicht

Im Hinblick auf die Ungewissheit, wann diese Mängel eingetreten seien, treffe die Beklagte nach § 476 BGB die Beweislast.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II. …Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Rückabwicklung des Kfz aufgrund der geltend gemachten Mängel verlangen.

Zutreffend hat das Landgericht zwar festgestellt, dass die formellen Voraussetzungen des Rücktritts gegeben sind, nachdem die Beklagte die Beseitigung der Mängel verweigert hat. Das Kfz war indes zum maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe am 25.04.2005 in einem vertragsgemäßen Zustand.

Dass bei einem über zehn Jahre alten Kfz mit einer Laufleistung von bereits ca. 126.000 Kilometern mit einem erheblichen alters- und verschleißbedingten Zustand zu rechnen ist, versteht sich schon von selbst. Die demgemäß typischen Erscheinungen (poröse Gummilager pp.) stellen schon deshalb keinen Mangel dar.

Auch die Tatsache, dass das Fahrzeug zwischen dem Kauf und der Übergabe vertragsgemäß einer Hauptuntersuchung … zugeführt werden sollte, beinhaltet im Streitfall keine Eigenschaftszusicherung dergestalt, dass das Fahrzeug tatsächlich in vollem Umfang verkehrssicher sein musste. Ein Händler, der nicht über eine eigene Werkstatt verfügt, und der die Durchführung einer Hauptuntersuchung zusagt, muss – anders als ein Händler mit eigener Werkstatt – das Risiko, dass die Plakette zu Unrecht erteilt wird, nicht tragen (vgl. BGHZ 103, 275).

Ein erheblicher, den Rücktritt rechtfertigender Mangel läge allerdings dann vor, wenn der – wie vom Gerichtssachverständigen festgestellte – erhebliche Mangel der Bremse hinten rechts bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden gewesen wäre. Insoweit gilt, wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat, die Vermutungsregel des § 476 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 259/06, juris). Doch hat die Beklagte den Beweis geführt, dass dieser Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe noch nicht vorlag …

Der dann allein verbleibende Mangel, dass die Batterie sich nicht hinreichend befestigen lässt, rechtfertigt das Rücktrittsbegehren der Klägerin nicht. Die Forderung der Klägerin, die Mängel zu beseitigen, geht so weit über die Beseitigung dieses Mangels hinaus, dass die Beklagte sich nicht hierauf einlassen musste; denn es war für die Beklagte ersichtlich, dass ein Austausch der Batterie die Klägerin in keinem Fall zufriedenstellen würde …

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