Tag: Beschaffenheitsgarantie
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens übernimmt durch die bloße Erklärung in einem Internetinserat, das Fahrzeug sei unfallfrei, keine entsprechende Beschaffenheitsgarantie. Das gilt insbesondere dann, wenn der Verkäufer kein gewerblicher Kfz-Händler, sondern eine Privatperson ist. Denn die nicht weiter präzisierte Beschreibung „unfallfrei“ sagt nichts darüber aus, ob der Verkäufer damit lediglich zum Ausdruck bringen will, dass es während seiner Besitzzeit zu keinem Unfall gekommen sei, oder ob er tatsächlich garantieren will, dass auch vor seiner Besitzzeit – über die er gerade als Privatperson unter Umständen gar keine Kenntnisse hat – kein Unfall passiert sei.
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Ob der Verkäufer eines Gebrauchtwagens eine Beschaffenheitsgarantie dafür übernehmen will, dass das Fahrzeug unfallfrei ist, ist anhand eines Katalogs von Auslegungskriterien und Anhaltspunkten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (im Anschluss an OLG Rostock, Urt. v. 17.12.2003 – 6 U 227/02, juris Rn. 52 ff.). Dabei kann etwa von Bedeutung sein, ob der Käufer – zum Beispiel durch wiederholtes Nachfragen im Verkaufsgespräch – erkennbar Wert darauf gelegt hat, ein unfallfreies Fahrzeug zu erwerben, und ob der Verkäufer beim Käufer den Eindruck einer besonderen Sachkompetenz erweckt hat.
OLG Dresden, Beschluss vom 24.06.2019 – 4 U 928/19
(vorangehend: LG Dresden, Urteil vom 29.03.2019 – 11 O 262/18)
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Erklärt der Verkäufer eines Gebrauchtwagens im Vorfeld des Vertragsschlusses (z. B in einem Internetinserat), das Fahrzeug sei unfallfrei, dann widerruft er diese Erklärung (noch) rechtzeitig, wenn er im Kaufvertrag deutlich darauf hinweist, dass er das Fahrzeug nicht auf Unfallspuren untersucht habe und deshalb frühere Unfälle auch nicht ausschließen könne.
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Der pauschalen und anpreisenden Erklärung des Verkäufers eines Gebrauchtwagens im Vorfeld des Vertragsschlusses, mit dem Fahrzeug sei „alles in bester Ordnung“, kann schon nicht entnommen werden, dass das Fahrzeug unfallfrei ist. Erst recht scheidet deshalb die Annahme aus, der Verkäufer habe durch diese Erklärung eine Beschaffenheitsgarantie für die Unfallfreiheit des Fahrzeugs übernommen.
LG Dresden, Urteil vom 29.03.2019 – 11 O 262/18
(nachfolgend: OLG Dresden, Beschluss vom 24.06.2019 – 4 U 928/19)
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Wird ein gebrauchtes Fahrzeug (hier: ein Luftfahrzeug) im Kaufvertrag als „unfallfrei“ bezeichnet, liegt mindestens eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts vor, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Ob der Verkäufer sogar eine Garantie (§ 443 I, § 444 Fall 2 BGB) dafür übernommen hat, dass das Fahrzeug unfallfrei ist, kann dahinstehen. Denn ein vereinbarter Gewährleistungsausschluss gilt schon nicht für einen Mangel, der darin besteht, dass die Kaufsache nicht die i. S. von § 434 I 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12 Rn. 15 m. w. Nachw.).
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Beansprucht der Verkäufer eines Fahrzeugs nach einem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag eine Nutzungsentschädigung (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), so hat er als Anspruchsteller nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Den Käufer trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch genügt, dass er zum Umfang der Nutzung des Fahrzeugs vorträgt.
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Mangels einer automatischen Saldierung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis (vgl. § 348 Satz 1 BGB) muss der auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch genommene Verkäufer mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung ausdrücklich oder konkludent gegen die Rückgewähransprüche des Käufers aufrechnen, damit es zu einer Saldierung kommt.
OLG München, Urteil vom 14.02.2019 – 8 U 130/18
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Antwortet der private Verkäufer eines Gebrauchtwagens auf die – möglicherweise eher beiläufige – Frage des Käufers nach dem Ölverbrauch des Fahrzeugs, dass jedes Fahrzeug Öl verbrauche und der Ölverbrauch „vollkommen normal“ und „unauffällig“ sei, liegt bezüglich des Ölverbrauchs keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) vor. Erst recht hat der Verkäufer dem Käufer nicht i. S. von § 444 Fall 2 BGB garantiert, dass der Ölverbrauch des Fahrzeugs „vollkommen normal“ und „unauffällig“ sei.
LG Bonn, Urteil vom 23.11.2018 – 1 O 340/17
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Die Erklärung des privaten Verkäufers eines Gebrauchtwagens, das Fahrzeug weise keinen Rost auf, kann als Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie i. S. von § 444 Fall 2 zu werten sein. Dem steht nicht entgegen, dass die Erklärung nicht im schriftlichen Kaufvertrag festgehalten wurde. Denn dann, wenn der Kaufvertrag – wie ein Kfz-Kaufvertrag – keiner bestimmten Form bedarf, genügt für die Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie eine mündliche Erklärung des Verkäufers.
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens, der erklärt, das Fahrzeug weise keinen Rost auf, handelt arglistig, wenn er das Fahrzeug vor Abgabe dieser Erklärung nicht auch von unten auf Rostschäden untersucht hat, obwohl ihm (und auch in Fachkreisen allgemein) bekannt ist, dass Fahrzeuge wie das zum Verkauf stehende große Probleme mit Rost haben.
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Für eine vereinfachte Zwangsvollstreckung genügt mit Blick auf § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO die Feststellung, dass sich der Gläubiger in Annahmeverzug befindet. Wann Annahmeverzug eingetreten ist, interessiert insoweit nicht. Deshalb muss derjenige, der den Annahmeverzug für einen Zeitpunkt vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung festgestellt haben will, sein rechtliches Interesse (§ 256 I ZPO) an dieser Feststellung dartun.
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 18.05.2018 – 8 U 198/17
(vorangehend: LG Limburg, Urteil vom 15.09.2017 – 2 O 407/15)
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Die Frage, ob die Angabe der Laufleistung eines Gebrauchtwagens als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Fall 2 BGB) oder lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 I 1 BGB) zu werten ist, ist unter Berücksichtigung der beim Abschluss eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug typischerweise gegebenen Interessenlage zu beantworten. Dabei ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob der Verkäufer ein Gebrauchtwagenhändler oder eine Privatperson ist (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 22).
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Beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs ist die Angabe der Laufleistung in der Regel lediglich als Beschaffenheitsangabe und nicht als Beschaffenheitsgarantie zu verstehen. Will der Käufer beim privaten Gebrauchtwagenkauf eine Garantie für die Laufleistung des Fahrzeugs haben, muss er sich diese regelmäßig ausdrücklich vom Verkäufer geben lassen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 26).
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Die Erklärung in einem formularmäßigen Gebrauchtwagenkaufvertrag
Der Verkäufer sichert Folgendes zu (nicht Zutreffendes bitte streichen)
☐ Das Fahrzeug weist folgende Gesamtfahrleistung auf: 160.000 km.“
unter der Überschrift „Zusicherungen des Verkäufers“ ist schon mit Blick darauf als Beschaffenheitsgarantie (§ 444 Fall 2 BGB) zu werten, dass eine Laufleistung angegeben wurde. Will der Verkäufer keine Garantie für die Laufleistung geben, darf er an der entsprechenden Stelle im Vertragsformular nichts eintragen oder muss er den in Rede stehenden Passus – wie ausdrücklich vorgesehen – streichen.
OLG Oldenburg, Urteil vom 18.05.2017 – 1 U 65/16
(vorangehend: LG Oldenburg, Urteil vom 19.10.2016 – 9 O 3005/15)
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Die Übernahme einer Garantie – hier: für die Laufleistung eines Gebrauchtwagens – setzt voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen. Das Wort „Garantie“ muss dabei nicht verwendet werden; gleichbedeutend mit „garantieren“ ist insbesondere „zusichern“.
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Heißt es in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, der Verkäufer sichere zu, dass das Fahrzeug eine Gesamtfahrleistung von 160.000 km aufweise, so übernimmt der Verkäufer für die angegebene Laufleistung eine Garantie i. S. des § 444 Fall 2 BGB.
LG Oldenburg, Urteil vom 19.10.2016 – 9 O 3005/15
(nachfolgend: OLG Oldenburg, Urteil vom 18.05.2017 – 1 U 65/16)
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Enthält ein Kaufvertrag über einen – hier für den Linksverkehr ausgelegten – Gebrauchtwagen zugleich eine – hier die Scheinwerfer betreffende – Beschaffenheitsvereinbarung und einen pauschalen Gewährleistungsausschluss, so kann dies nur so verstanden werden, dass der Gewährleistungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB), sondern nur für Mängel i. S. von § 434 I 2 BGB gelten soll (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31).
LG München II, Urteil vom 18.03.2016 – 8 S 5531/15
(vorangehend: AG Starnberg, Urteil vom 18.11.2015 – 2 C 1339/15)
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Eine Vereinbarung, durch die die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, ist nicht schon dann unwirksam, wenn die Parteien eine mit dieser Vereinbarung unvereinbare Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben. Erforderlich ist vielmehr, dass der Verkäufer eine mit dem Gewährleistungsausschluss unvereinbare Beschaffenheitsgarantie i. S. von § 444 Fall 2 BGB übernommen hat. Eine solche – über eine Beschaffenheitsvereinbarung hinausgehende – Beschaffenheitsgarantie liegt nur vor, wenn der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen.
AG Starnberg, Urteil vom 18.11.2015 – 2 C 1339/15
(nachfolgend: LG München II, Urteil vom 18.03.2016 – 8 S 5531/15)
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Heißt es in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, das Fahrzeug habe – soweit dem Verkäufer bekannt – in der seiner Besitzzeit vorgelagerten Zeit keinen Unfallschaden erlitten, liegt keine positive Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts vor, dass das Fahrzeug unfallfrei ist. Eine negative Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass das verkaufte Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, liegt ebenfalls nicht vor. Vielmehr haben die Parteien schlicht offengelassen, ob das Fahrzeug vor der Besitzzeit des Verkäufers einen Unfallschaden erlitten hat.
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Ein Gebrauchtwagenkäufer handelt nicht deshalb grob fahrlässig i. S. des § 442 I 2 BGB, weil er das Fahrzeug vor Abschluss des Kaufvertrags nicht begutachten lässt, obwohl er weiß, dass es einen Unfall erlitten hat, dessen Schwere ihm unbekannt ist (im Anschluss an OLG Koblenz, Beschl. v. 27.02.2015 – 3 U 993/14, MDR 2015, 886).
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Der für eine arglistige Täuschung (mindestens) erforderliche Eventualvorsatz ist nicht schon dann gegeben, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen, die einen Mangel der Kaufsache begründen, hätte aufdrängen müssen. Denn ließe man das ausreichen, würde die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt. Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt indes nicht, um das Tatbestandsmerkmal der Arglist zu erfüllen.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.10.2015 – 2 U 63/14
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