1. Auch bei einem verschleißbedingten Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang muss der Verkäufer eines gebrauchten Kfz die gesetzliche Vermutung (§ 476 BGB) widerlegen, dass das Fahrzeug bereits ursprünglich fehlerhaft war.
  2. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens gehört es auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zur vertraglich vorausgesetzten Beschaffenheit, dass bei den vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen Inspektionen sämtliche erforderlichen Arbeiten durchgeführt wurden.

OLG Koblenz, Urteil vom 19.04.2007 – 5 U 768/06

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von den Beklagten einen gebrauchten Pkw, der ihm am 11.08.2004 mit einem abgelesenen Kilometerstand von 133.000 übergeben wurde. Am 10.02.2005 trat bei einem Kilometerstand von 153.516 bedingt durch den Ausfall des verschlissenen Riemenspanndämpferelements ein Motorschaden auf.

Der Kläger sieht die Beklagten in der Gewährleistung. Seine Klage auf Ersatz von Nutzungsausfall, Reparatur- und Anwaltskosten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Es hat unter Auswertung eines im selbstständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens angenommen, dass der Verschleiß, der beim Betrieb des Fahrzeugs eingetreten sei, nicht den Rückschluss darauf zulasse, dass der Schaden am Riemenspanndämpferelement bereits bei Übergabe vorgelegen habe.

Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat zwar die Beweislast verkannt, aber nach dem Ergebnis der vom Senat ergänzend durchgeführten Beweiserhebung die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Unstreitig ist der Motorschaden durch den Verschleiß des Riemenspanndämpferelements innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs eingetreten. Gemäß § 476 BGB wird deshalb vermutet, dass der Mangel schon bei Gefahrübergang vorhanden war, es sei denn, eine solche Vermutung wäre mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar … Tritt bei normaler Nutzung innerhalb der Sechs-Monats-Frist ein vollständiger Verschleiß auf, so ist es nach Auffassung des Senats Sache des Verkäufers die Vermutung zu widerlegen, dieser Verschleiß habe schon bei Übergabe vorgelegen. Diese Widerlegung ist den Beklagten jedoch durch die ergänzende Beweisaufnahme gelungen.

Im Auftrag der Voreigentümerin R hat der Zeuge T in seiner Werkstatt eine große Inspektion bei knapp 120.000 km durchgeführt und den Zahnriemen wechseln lassen. Dabei hat er persönlich auch das Spanndämpferelement geprüft und keinerlei Verschleiß und kein Spiel festgestellt. Das steht zur Überzeugung des Senats fest und wird durch die Angaben der Zeugen B und P bestätigt. So hat der Zeuge B, ebenfalls Kfz-Meister, das Fahrzeug etwa 2.000 km nach der Übergabe gefahren und verdächtige Geräusche nicht gehört. Dem Zeugen P … ist anlässlich des von ihm später vorgenommenen Ölwechsels und der nachfolgenden Probefahrt auch kein verdächtiges Geräusch aufgefallen.

Der Senat ist daher in Würdigung des Sachverständigengutachtens und der Zeugenaussagen überzeugt, dass bei Gefahrübergang beim Kilometerstand 133.000 ein Verschleiß des Riemenspanndämpferelements, der als Mangel anzusehen wäre, noch nicht vorgelegen hat.

2. Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist eine Sache auch dann mangelhaft, wenn sie eine Beschaffenheit nicht aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Anders als das Landgericht angenommen hat, läge daher ein Mangel vor, wenn das Riemenspanndämpferelement anlässlich der großen Inspektion bei Kilometerstand 120.000 zwingend hätte ausgewechselt werden müssen, weil dann in der Nichtauswechslung eine vertragswidrige Beschaffenheit des Fahrzeugs bei Gefahrübergang zu sehen wäre (BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434).

Die dazu vom Senat ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme (Begutachtung, Anhörung des Sachverständigen H, Vernehmung der Zeugen) hat jedoch das Vorbringen der Beklagten bestätigt. Der Zeuge T hat für den Senat einleuchtend und in jeder Hinsicht glaubhaft den Gang der großen Inspektion geschildert. Daran hatte er insbesondere deshalb eine konkrete Erinnerung, weil er die Voreigentümerin gut kannte, deren Vater im gleichen Ort zuvor eine Kfz-Werkstatt betrieben hatte. Die Voreigentümerin, die das Fahrzeug regelmäßig bei ihm habe warten lassen, habe immer genau wissen wollen, „was am Fahrzeug gemacht“ worden sei. Er habe nicht nur den Zahnriemen gewechselt, sondern das Spanndämpferelement geprüft und keinerlei Verschleiß und kein Spiel festgestellt. Da das Fahrzeug regelmäßig gewartet worden sei, habe er der Voreigentümerin zu einem Wechsel des Riemenspanndämpferelementes sicherlich nicht geraten.

Der Sachverständige H hat in seinem Gutachten dargelegt, dass die Arbeitsgrundlage des Herstellers für die Durchführung der 120.000-Kilometer-Wartung unter Verwendung des Reparatursatzes beim turnusmäßigen Zahnriemenwechsel nicht ganz eindeutig sei. Im Ersatzteilkatalog werde dazu ausgeführt, dass Austausch und Einbau des Riemenspanndämpferelements als Option (bei Bedarf) vorzunehmen sei. Unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen T erachte er dessen Reparatur grundsätzlich als sachgerecht. Seine Empfehlung sei allerdings, in einem derartigen Fall beim Kunden nachzufragen, ob auch das Riemenspanndämpferelement zusätzlich ersetzt werden solle, weil das im Regelfall einen ähnlichen Verschleißgrad aufweise wie der Zahnriemen.

Die Ausführungen des Sachverständigen lassen den Senat in Verbindung mit den glaubhaften Angaben des Zeugen T von einer ordnungsgemäßen Wartung bei 120.000 km ausgehen. Wenn der Zeuge T das Riemenspanndämpferelement geprüft und keinerlei Verschleiß festgestellt hat, war es möglicherweise ratsam, aber nicht erforderlich, auch dieses auszutauschen. Das auch deshalb, weil die Voreigentümerin damals noch nicht vorhatte, das Fahrzeug zu verkaufen und es bis dahin regelmäßig hatte warten lassen. Der Zeuge T durfte daher darauf vertrauen, einen eventuell später notwendig werdenden Austausch bei einer nachfolgenden Wartung zu erkennen. Bestand aber keine Notwendigkeit, das Dämpferelement auszutauschen, so war das Fahrzeug nicht mangelhaft …

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