1. Auch bei einem Verbrauchsgüterkauf trägt der Käufer die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen. Denn § 476 BGB betrifft nicht die Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt. Die Vorschrift enthält nur eine in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrenübergang zeigt schon bei Gefahrübergang vorlag.
  2. Eine Verschleißerscheinung, die nicht über das hinausgeht, was bei einem Gebrauchtwagen mit einem bestimmten Alter und einer bestimmten Laufleistung üblich ist, ist kein Mangel im Rechtssinne. Das gilt auch, wenn innerhalb der Sechs-Monats-Frist, die bei einem Verbrauchsgüterkauf für die Beweislastumkehr gilt, ein technischer Defekt auftritt. Auch in diesem Fall bedarf es der Feststellung, dass es sich bei dem Defekt nicht um eine verschleißbedingte und damit zu erwartende Erscheinung handelt.
  3. Die Vermutung des § 476 BGB dafür, dass ein Mangel, der innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrenübergang auftritt, bereits bei Gefahrübergang vorlag, ist mit der Art des Mangels unvereinbar und gilt daher nicht, wenn eine der möglichen Mangelursachen typischerweise jederzeit und plötzlich auftreten kann und die der Vorschrift zugrunde liegende Vermutung, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang angelegt war, erschüttert ist.

OLG Stuttgart, Urteil vom 31.01.2005 – 5 U 153/04
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 23.11.2005 – VIII ZR 43/05)

Sachverhalt: Der Kläger verlangt von der beklagten Gebrauchtwagenhändlerin, ihm die Kosten für die Reparatur eines Turboladers in Höhe von 1.303,38 € zu erstatten. Der Turbolader befindet sich in einem Pkw (Baujahr 1994),  den der Kläger von der Beklagten mit Vertrag vom 21.01.2003 gebraucht mit einer Laufleistung von 191.347 km gekauft hat.

Nachdem nach Klageerhebung an diesem Pkw außerdem ein Motorschaden aufgetreten war, hat der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Er hat seine Klage um einen Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung in Höhe von 4.500 € abzüglich gezogener Nutzungen (382,50 €) und zuzüglich vergeblicher Aufwendungen in Höhe von 551,50 € für eine Anhängerkupplung erweitert. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihm eine Garantie gegeben, von der die Reparatur jeden Defekts am Fahrzeug binnen eines Jahres erfasst sei. Sowohl der Turboladerdefekt als auch der Motorschaden hätten bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs im Januar 2003 vorgelegen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte – was aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme feststehe – weder eine selbstständige Garantieerklärung abgegeben noch aufgrund der gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen für die beiden Mängel einzustehen habe. Der Kläger habe hinsichtlich des Turboladerdefekts nicht nachgewiesen, dass dieser kausal auf einen Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe zurückgehe. Hinsichtlich des Motorschadens stehe aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass dieser auf einem Bedienfehler beruhe.

Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten für den Turbolader in Höhe von 1.303,38 € (B.) noch ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises – Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs unter Anrechnung von Nutzungen – zu (D.). Derartige Ansprüche folgen weder aus den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften noch aus einem selbstständigen Garantievertrag (C.) …

B. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch aus § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit §§ 440, 281 I 1, 280 I, III BGB auf Zahlung der Reparaturkosten für den Turbolader in Höhe von 1.303,38 € zu.

Der Kläger ist für seine Behauptung, bei dem Turboladerdefekt handele es sich um einen Sachmangel, der bei Gefahrübergang bereits vorgelegen habe, beweisfällig geblieben. Der Senat schließt sich insoweit den Feststellungen des Landgerichts an, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit zu zweifeln für den Senat keine konkreten Anhaltspunkte bestehen, weshalb sie auch vom Senat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen sind (§ 529 I Nr. 1 ZPO).

I. Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel i. S. des § 434 I BGB begründenden Tatsachen. Dies gilt auch bei einem Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I 1 BGB, um den es sich hier handelt. Der Kläger hat als Verbraucher (s. Legaldefinition § 13 BGB) den Pkw von der Beklagten, die Unternehmerin i. S. des § 14 I BGB ist, gekauft. § 476 BGB setzt einen binnen sechs Monaten vom Gefahrübergang an aufgetretenen Sachmangel voraus. Bei § 476 BGB handelt es sich um eine Rückwirkungsvermutung, die als solche den vom Käufer zu führenden Nachweis voraussetzt, dass ein Sachmangel vorliegt, der sich innerhalb der Frist von sechs Monaten gezeigt hat. § 476 BGB enthält nur eine in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. § 476 BGB betrifft nicht die Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt (BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299). Dies ist im Grundsatz unstreitig (vgl. auch Reinking, DAR 2001, 8 [14]).

II. Die Anwendung der Vermutung des § 476 BGB ist hier wegen der Art des Mangels ausgeschlossen, weil – wie beide Sachverständige auf der Grundlage der eigenen Angaben des Klägers für den Senat nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt haben – nicht nur die Mangelerscheinung, sondern auch eine der möglichen Mängelursachen – Kaputtgehen des Dichtungsrings – jedenfalls plötzlich nach Gefahrübergang aufgetreten ist. Damit hat die Beklagte die Vermutung des § 476 BGB, die auf dem Gedanken beruht, dass eine Mangelerscheinung, die innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang auftritt, bereits bei Gefahrübergang angelegt sein muss, erschüttert.

1. Der Turboladerdefekt ist am 19.07.03 innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe (§ 476 BGB) aufgetreten. Insoweit schließt sich der Senat den Feststellungen des Landgerichts an (§ 529 I Nr. 1 ZPO). Dieses Datum steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme aufgrund der Aussage des Zeugen M fest … Nachdem der Kaufvertrag vom 21.01.2003 datiert, ist der Turboladerdefekt noch innerhalb der Sechs-Monats-Frist aufgetreten.

2. Dahingestellt bleiben kann, ob der jedenfalls nach Gefahrübergang aufgetretene Turboladerdefekt als solcher überhaupt einen Sachmangel darstellt. Das vom Beklagten gekaufte Fahrzeug wurde am 08.04.1994 erstmalig zugelassen und wies zum Zeitpunkt des Verkaufs einen Kilometerstand von 191.347 km auf. Bis zum Turboladerdefekt ist der Beklagte weitere 5.876 km gefahren.

Der Turboladerdefekt ist nur dann überhaupt ein Sachmangel, wenn es sich um keine bei Fahrzeugen dieses Typs und dieses Alters mit entsprechender Laufleistung übliche Verschleißerscheinung handelt – eine solche stellt keinen Mangel im Rechtssinne dar –, sondern wenn eine außergewöhnliche Abnutzungs- und Verschleißerscheinung vorliegt, die über das dem Gebrauch und dem Alterungsprozess entsprechende, normalerweise bei einem Fahrzeug des betreffenden Alters und seiner Laufleistung zu beobachtende Bild hinausgeht. Auch wenn der technische Defekt innerhalb der beim Verbrauchsgüterkauf für die Beweislastumkehr geltenden Sechs-Monats-Frist auftritt, gilt nichts anderes. Die Feststellung, dass es sich hierbei nicht um eine verschleißbedingte und damit zu erwartende Erscheinung handelt, gehört zum Sachmangelbegriff. Dies wird auch vom BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299, stillschweigend vorausgesetzt (ebenso Reinking, DAR 2002, 15 [18]; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl. [2003], Rn. 1355; vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1988, 1138).

3. Nachdem der Turboladerdefekt erst nach Gefahrübergang aufgetreten ist, haftet die Beklagte auch bei grundsätzlicher Bejahung eines Sachmangels hierfür nur, wenn der Turboladerdefekt auf eine bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhandene, in der Beschaffenheit des Fahrzeugs begründete Ursache, die ihrerseits wiederum einen Mangel darstellt und keine bloße Verschleißerscheinung ist, zurückzuführen ist.

a) Der Verkäufer kann grundsätzlich nur für solche Mängel haftbar gemacht werden, die bei Übergang der Gefahr auf den Käufer bereits vorhanden waren. Den ihm obliegenden Nachweis in der Zeitpunktfrage hat der Käufer aber auch dann erbracht, wenn sicher festgestellt werden kann, dass der Mangel im Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe schon „im Keim“ vorhanden war. Es handelt sich hierbei um einen sog. „angelegten Mangel“ (siehe Reinking/Egert, a. a. O., Rn. 1335; MünchKomm-BGB/Lorenz, 4. Aufl. [2004], § 476 Rn. 3; BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299).

b) Die Mängelursache blieb nach den überzeugenden Ausführungen beider Sachverständigen letztlich offen, da ihnen der Turbolader, der zwischenzeitlich ausgetauscht wurde, für eine Begutachtung nicht mehr zur Verfügung stand. Der Senat ist insoweit an die Feststellungen des Landgerichts gebunden (§ 529 I Nr. 1 ZPO).

Für die nach Gefahrübergang aufgetretene Mangelerscheinung „Turboladerschaden“ kommen hier nach den in sich schlüssigen, für den Senat nachvollziehbaren Darlegungen der Sachverständigen … als Mangelursachen einerseits das (schlagartige) Defektgehen einer Dichtung innerhalb des Turboladers in Betracht, ebenso wie die Möglichkeit, dass sich Teile der unfachmännisch eingebauten Papierdichtung am Ansaugkrümmer gelöst haben und über den Ölkreislauf in den Turbolader gelangt sein könnten, wobei der Sachverständige R dies zwar für möglich hält, die Wahrscheinlichkeit im Ergebnis aber als gering erachtet, dass solche losgelösten Papierteilchen den Turboladerdefekt verursacht haben.

c) Dahingestellt bleiben kann, ob § 476 BGB auch dann Anwendung findet, wenn offen ist, ob ein nachweislich erst nach Gefahrübergang aufgetretener Sachmangel (hier der Turboladerschaden) Folge eines bereits bei Gefahrübergang bestehenden „Grundmangels“ war. In Fällen wir hier, in denen die eigentliche Mangelursache für eine unstreitig nach Gefahrübergang aufgetretene Mangelerscheinung unsicher ist, wird insbesondere von Lorenz (im Anschluss an Reinking, DAR 2001, 8 [14]) in NJW 2004, 3020 und MünchKomm-BGB, a. a. O., § 476 Rn. 4 … die Auffassung vertreten, dass über § 476 BGB nicht nur vermutet werde, dass ein vom Käufer nachgewiesener „Grundmangel“, auf den der „Hauptmangel“ zurückzuführen sei, „bei Gefahrübergang“ vorhanden war, dass vielmehr auch das Vorhandensein des „Grundmangels“ selbst vermutet werde. Reinking, a. a. O., spricht von einem „Hineinprojizieren“ der Rückwirkungsvermutung in den Mangelbegriff, da sonst die Rückwirkungsvermutung leerliefe. Mit § 476 BGB solle dem Käufer auch die Beweisführung dafür abgenommen werden, dass der Mangel im Keime zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden war. Folgte man dieser Auffassung, so bedeutete dies hier, dass vermutet würde, dass entweder die Papierdichtung oder aber ein übermäßiger Verschleiß des Dichtungsrings – und dies darüber hinaus zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs – Ursache des Turboladerdefekts war. Wenn der „Grundmangel“ vermutet wird, müsste konsequenterweise auch vermutet werden, dass beide in Betracht kommenden Mangelursachen einen „übermäßigen Verschleiß“ darstellen. Da dies sehr weitgehend wäre, spricht sich Matusche-Beckmann (in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2004, § 476 Rn. 32) gegen ein solches „Hineinprojizieren“ der Rückwirkungsvermutung in den Mangelbegriff aus: Dem Gesetz lasse sich eine so weitgehende Vermutung zugunsten des Käufers nicht entnehmen. Da nicht jede verschleißbedingte Abnutzung einen Sachmangel darstelle, gehe es zu weit, bei jedem Defekt dem Verkäufer den Nachweis dafür aufzuerlegen, dass er auf normalem Verschleiß beruht.

Der Senat neigt dazu, letzterer Auffassung zu folgen. Denn sonst würde der Käufer über die Vermutung des Vorliegens eines „Grundmangels“ gerade bei sog. Verschleißfolgeschäden, die nach Gefahrübergang eingetreten sind, unangemessen begünstigt. Denn während der Käufer im Grundfall des § 476 BGB zunächst auch nach Lorenz den Mangel nachweisen muss, wird in Fällen wie hier, in denen überprüft wird, ob die Mangelerscheinung im Keime bereits bei Gefahrübergang angelegt war, ohne Weiteres nicht nur der Zeitpunkt des Eintritts des „Grundmangels“, sondern sogar der „Grundmangel“ selbst vermutet, obgleich die Mangelerscheinung nach Gefahrübergang eingetreten ist. Beim „Normalfall“ ist hingegen lediglich unsicher, ob der Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs aufgetreten ist; die Vermutung des § 476 BGB greift nur hinsichtlich dieses Zeitpunkts. Es liegen keine zwei Mängel vor, die kausal miteinander verknüpft sind, sondern das eine ist die Mangelerscheinung, das andere die Mangelursache. Zur Darlegung eines Sachmangels durch den Käufer gehört auch der Nachweis, dass die Mangelursache entweder per se ein Mangel ist, oder aber der Mangelerscheinung ein außergewöhnlicher Verschleiß eines funktionell abgrenzbaren Teils, z. B. eines Zahnriemens, zugrunde liegt. Im letzteren Fall stünde dann zugleich fest, dass auch die Mangelerscheinung einen übermäßigen Verschleiß und damit einen Mangel darstellt. Umgekehrt wäre dann, wenn hier der Turboladerdefekt das Endstadium eines normalen Verschleißes wäre, auch der „Letztschaden“ normaler Verschleiß und kein Mangel. Dies zeigt, dass Mangelerscheinung und Mangelursachen Kehrseiten derselben Medaille sind, weshalb es nicht angeht, isoliert für das Vorhandensein des „Grundmangels“ die Vermutung des § 476 BGB eingreifen zu lassen.

4. Eine endgültige Auseinandersetzung mit dieser Frage kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn eine Anwendung des § 476 BGB scheitert hier daran, dass die Vermutung mit der Art des Mangels unvereinbar ist.

§ 476 BGB kommt wegen der Art des Mangels nicht zur Anwendung, wenn eine der möglichen offenen Schadensursachen zur Überzeugung des Senats nach Gefahrübergang eingetreten ist. Dann ist es dem Verkäufer gelungen, die Vermutung des § 476 BGB zu erschüttern.

Der Senat ist überzeugt davon, dass der Defekt am Dichtungsring am 19.07.2003 plötzlich und damit nach Gefahrübergang eingetreten ist, sodass sich ein etwaiger übermäßiger Verschleiß der Dichtung im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht bereits eingeschlichen haben kann.

a) § 476 BGB findet auch bei gebrauchten Sachen Anwendung. Dies wird in BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299, als selbstverständlich vorausgesetzt. Denn auch bei gebrauchten Sachen liegt dann ein Sachmangel vor, wenn dieser über den normalerweise zu erwartenden Verschleiß hinausgeht. Dann ist es auch konsequent, einen solchen Mangel der Vermutungswirkung des § 476 BGB zu unterwerfen (so wohl auch Westermann, NJW 2002, 244). Die Einschränkung „es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Mangels unvereinbar“ soll bei gebrauchten Sachen lediglich dazu führen, dass die von vornherein anzunehmende unterschiedliche Art der Abnutzung zu beachten ist (vgl. auch Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtlandt, Das neue Schuldrecht, 2002, Rn. 438).

b) Nach § 476 BGB ist die Vermutung tatbestandlich ausgeschlossen, wenn sie „mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar“ ist.

aa) Die Vermutung ist wegen der Art des Mangels ausgeschlossen, wenn es sich um einen Mangel (hier: „Grundmangel“) handelt, der typischerweise jederzeit eintreten kann und aus diesem Grund keinen hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf sein Vorliegen bzw. auf das Vorliegen eines „Grundmangels“ bereits zur Zeit des Gefahrübergangs zulässt. Gemeint sind damit Fälle, in welchen das Auftreten eines Sachmangels innerhalb der ersten sechs Monate nach Gefahrübergang keinen hinreichend wahrscheinlichen Rückschluss auf das Vorliegen dieses Mangels oder des ihn verursachenden „Grundmangels“ zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs erlaubt (vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 476 Rn. 33–35 m. Bsp.), und dies unabhängig von der Frage der Erkennbarkeit (anders siehe die Nachweise in Fn. 23 bei MünchKomm-BGB/Lorenz, a. a. O. § 476 Rn. 15; ders., NJW 2004, 3020 [3021]). Das gilt z. B. bei äußeren Beschädigungen der Kaufsache, wie etwa Blechschäden eines Kfz, da diese typischerweise jederzeit entstehen können (Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a.O., § 476 Rn. 9; MünchKomm-BGB/Lorenz, a. a. O. § 476 Rn. 15, 17).

bb) Nach dem Wortlaut der Ausnahmetatbestände („es sei denn“) hat hierbei der Verkäufer diejenigen Tatsachen, die nach der Art der Sache oder der Art des Mangels einen Unvereinbarkeitsfall begründen können, vorzutragen und zu beweisen. Hierbei muss der Verkäufer die „Art des Mangels“ als Ausnahme nicht voll beweisen, er hat nicht den Beweis des Gegenteils zu führen. Da hier die Ursache für den Turboladerdefekt offen ist, könnte die Beklagte diesen Beweis des Gegenteils auch nicht führen. Vielmehr ist ausreichend, wenn der Unternehmer die Tatsachen (voll) beweist, die ernstliche Zweifel daran begründen, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war. Bei der Unvereinbarkeit der Vermutung des § 476 BGB mit der Art der Sache oder des Mangels handelt es sich um eine Rechtsfrage, bzgl. derer keine objektive Beweislast besteht (vgl. Lorenz, NJW 2004, 3020 [3022]). Reinking (Der Autokauf, a. a. O., Rn. 1348 ff.; vgl. Wietoska, ZGS 2004, 8 [10]) spricht ausdrücklich von einer Analogie zu den Anscheinsbeweisregeln: Es reicht aus, wenn die Rückwirkungsvermutung vom Unternehmer „erschüttert“ wird, was der Fall sein soll, wenn die ernsthafte Möglichkeit einer Mangelentstehung nach Auslieferung des Fahrzeugs bewiesen ist. Die Tatsachen allerdings, aus denen der Verkäufer eine solche Möglichkeit ableitet, sind von ihm zur Überzeugung des Gerichts voll zu beweisen (§ 286 ZPO). Lorenz (NJW 2004, 3020 [3022]) verwendet eine andere Terminologie, meint aber wohl dasselbe: Es sei nicht erforderlich, dass eine „außerordentlich hohe Wahrscheinlichkeit“ bestehe, dass der Mangel erst nach Gefahrübergang eingetreten sei. Vielmehr sei zu prüfen, ob der nach Gefahrübergang eingetretene Schaden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen eines Sachmangels bereits bei Gefahrübergang schließen lasse.

c) Der nach Gefahrübergang eingetretene Turboladerdefekt lässt nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen eines Sachmangels bereits bei Gefahrübergang schließen.

Denn der Sachverständige W hat den konkreten Mangel, den Turboladerdefekt, ursächlich möglicherweise auch auf ein plötzliches Kaputtgehen eines Dichtungsrings zurückgeführt, ohne dass im Zeitpunkt des Gefahrübergangs demnach ein „Grundmangel“ vorgelegen hätte. Angesichts der Schilderung des Klägers hält der Sachverständige W ein solches schlagartiges Kaputtgehen einer Dichtung für naheliegender als einen „Grundmangel“ im Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Dem schließt sich der Senat an.

Der Kläger selbst hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht … von einem plötzlichen und keinem schleichenden Ereignis gesprochen. Ob der Pkw zu irgendeinem früheren Zeitpunkt einen erhöhten Ölverbrauch wegen Ölverlustes hatte, ist daher unerheblich, da der Kläger selbst einen solchen (im Zusammenhang mit einer Rauchentwicklung) gerade nicht geschildert hat. Der Zeuge Y musste daher nicht gehört werden. Der Sachverständige W hat ausdrücklich auf die Darstellung des Klägers Bezug genommen, wonach es kurz vor Eintritt des Defekts einen kurzen Ruck gegeben habe und das Fahrzeug wenige Zeit danach gequalmt habe. Andere Anzeichen hätten sich nicht gezeigt. Hierzu hat der Sachverständige W ausgeführt, dass diese Darstellung stark darauf hindeute, dass eine Dichtung innerhalb des Turboladers schlagartig (Hervorhebung durch den Senat) defekt gegangen sei. Wenn es sich um einen schleichenden Verschleiß gehandelt hätte, der letztlich zum Defekt geführt hätte, hätte man dies am steigenden Ölverbrauch und Rauch im Abgasbereich auch im warmen Zustand bemerkt. Entsprechend hat der Sachverständige R in der Sitzung vom 26.07.2004 ausgeführt, dass dann, wenn der Defekt am Dichtungsring bereits bei Kaufvertragsschluss (er meint: Übergabe) vorgelegen hätte, der Kläger dann einen erhöhten Ölverbrauch bemerken hätte müssen, auch hätte eine Rauchentwicklung bemerkt werden müssen. Solches hat der Kläger jedoch gerade nicht geschildert. Diesen überzeugenden und in sich schlüssigen Feststellungen der Sachverständigen, wonach die in Betracht kommende Mangelursache „defekter Dichtungsring“ nach Gefahrübergang eingetreten ist, schließt sich der Senat an.

5. Damit trägt der Kläger für den Mangel, der dem Turboladerdefekt zugrunde lag, die volle Beweislast.

a) Der Kläger hat nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass der Turboladerdefekt ursächlich auf eine nicht fachgerecht eingebaute Papierdichtung am Ansaugkrümmer zurückzuführen ist.

Der Sachverständige R hat in seinem Gutachten vom 14.06.2004 ausgeführt, dass am Ansaugkrümmer Teile der Papierdichtung erkennbar seien, die nicht fachgerecht verbaut worden seien. Hier stünden Teile aus der eigentlichen Dichtfläche hervor. In der Ölwanne habe er nach deren Abbau Reste einer Papierdichtung vorgefunden, die durchaus der Dichtung am Ansaugkrümmer zuordenbar seien. Sollten diese Teile über den Ölkreislauf in die Ölleitung des Turboladers gelangt sein, sei dies als Grund für den Ausfall des Turboladers nicht auszuschließen, was letztlich dann zum Austausch des Turboladers im Juli 2003 geführt haben könne. In der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens in der Sitzung vom 26.07.2004 hat der Sachverständige R zwar den Einwand der Beklagten, erst beim Wechseln des Turboladers durch den Zeugen M seien die Papierdichtungen nicht fachgerecht verbaut worden, widerlegt. Die unsachgemäß eingebaute Papierdichtung stehe im Zusammenhang mit Arbeiten am Zylinderkopf, habe aber nichts mit der Auswechslung des Turboladers durch den Zeugen M zu tun. Letztlich, so der Sachverständige überzeugend weiter, könne er jetzt aber nicht mehr feststellen, ob die (durch wen auch immer und zu welchem Zeitpunkt) unsachgemäß eingebaute Papierdichtung zu dem Turboladerdefekt geführt habe. Dies könne er nur feststellen, wenn er den früheren, mittlerweile durch den Zeugen M ausgewechselten und entsorgten Turbolader zu einer Begutachtung noch zur Verfügung hätte. Gleichzeitig hielt es auch der Sachverständige R nicht für ausgeschlossen, dass Ursache für den Turboladerdefekt auch ein verschlissener Dichtungsring gewesen sein könnte. Klarstellend und ergänzend zu seinem schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige R dann mündlich ausgeführt, dass es zwar technisch nicht auszuschließen sei, dass entsprechend seinen schriftlichen Darlegungen bei Benutzung des Fahrzeugs sich Teilchen von der Papierdichtung lösen und über den Ölkreislauf in den Turbolader gelangen. Dies sei zwar möglich, die Wahrscheinlichkeit sei aber im Ergebnis sehr gering, dass solche losgelösten Papierteilchen den Turboladerdefekt verursacht haben könnten. Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen schließt sich der Senat an.

b) Zu der in der Berufung vom Kläger neu aufgestellten Behauptung, „im Zusammenwirken“ hätten die reparierte Ölwanne mit groben Verklebungen und die nicht fachgerecht verbaute Papierdichtung zu dem Turboladerschaden geführt, braucht ein Sachverständiger nicht gehört zu werden. Hierbei handelt es sich um ein neues Angriffsmittel, das gem. § 529 I Nr. 1 ZPO i. V. mit § 531 II 1 Nr. 3 ZPO vom Senat nicht berücksichtigt werden darf. Eine neue Behauptung liegt auch dann vor, wenn sie im ersten Rechtszug nur angedeutet wurde, im Berufungsrechtszug jedoch substanziiert wurde. Diesen Zusammenhang zwischen reparierter Ölwanne mit groben Verklebungen und nicht fachgerecht verbauter Papierdichtung hätte der Kläger bereits in der ersten Instanz herstellen können, nachdem die diesbezüglichen Anknüpfungstatsachen auf dem Gutachten des Sachverständigen R beruhen. Nachdem dieser Vortrag in erster Instanz so jedoch nicht gehalten wurde, der Kläger auch nicht vorgebracht hat, warum er diesen Zusammenhang nicht bereits in erster Instanz hergestellt hat, beruht dies auf Nachlässigkeit (§ 531 II 1 Nr. 3 ZPO).

Unabhängig davon hat der Kläger den Zusammenhang zwischen der Ölwannenreparatur und dem Turboladerschaden auch in technischer Hinsicht nicht substanziiert und nachvollziehbar dargetan.

C. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten von 1.303,38 € auch nicht wegen Nichterfüllung eines Garantievertrags (§ 281 I BGB i. V. mit §§ 443 I Fall 2, 477 BGB) zu.

Die Beklagte hat mit dem Kläger keinen (unselbstständigen) Garantievertrag dahin abgeschlossen, dass sie unabhängig von der Ursache und insbesondere dem Zeitpunkt des Auftretens eines Defekts die Haltbarkeit des Pkw über einen gewissen Zeitraum garantiere (sog. Haltbarkeitsgarantie i. S. des § 443 I Fall 2 BGB) und insoweit eine kostenlose Reparatur durchführe. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass die Feststellungen des Landgerichts hierzu unzutreffend seien, weshalb der Senat an die Feststellungen des Landgerichts gebunden ist (§ 529 I Nr. 1 ZPO).

I. Ein selbstständiger Garantievertrag kommt hier von vorneherein nicht in Betracht. Ob dieser auch von § 443 BGB erfasst wird oder insoweit nach wie vor als Vertrag sui generis unter die allgemeine Regelung des § 311 BGB fällt, ist theoretisch umstritten, aber ohne praktische Auswirkung. Der Kläger behauptet hier nicht, dass die Beklagte einen weitergehenden, über die Mängelfreiheit hinausgehenden Erfolg versprochen und für diesen garantiert habe (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl. [2004], Vorb. § 765 Rn. 16).

II. Aus dem schriftlichen Kaufvertrag folgt ein solcher Anspruch des Klägers nicht.

1. Aus dem Wortlaut des Kaufvertrags, wo unter Sondervereinbarungen vermerkt ist „Gewährleistung ist gegeben“, kann keine Garantie des Inhalts entnommen werden, dass die Beklagte während eines bestimmten Zeitraums – der hier völlig offen ist – für jegliches Kaputtgehen des Autos in dem Sinne einstehen werde, dass das Auto kostenlos repariert werde.

Die Klägerseite argumentiert hier dahin, dass nach dem neuen Verbrauchsgüterrecht ein Gewährleistungsausschluss kraft Gesetzes unzulässig sei, weshalb diese Klausel, wolle sie sich nicht in einem überflüssigen bloßen Verweis auf die gesetzliche Rechtslage beschränken, lediglich so verstanden werden könne, dass zusätzlich eine bestimmte Garantie abgegeben werde. Dieses Argument ist bereits deshalb nicht stichhaltig, weil in Ziffer VI Nr. 4 Satz 2 der beigefügten „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Fahrzeuge“ der Beklagten der Pkw gerade unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft wurde, da der Pkw „8 Jahre alt“ war und eine „Gesamtleistung von 160.000 km“ aufwies. Der Pkw wurde 1994 erstmals zugelassen, im Zeitpunkt des Kaufs des Klägers im Januar 2003 hatte er einen Kilometerstand von 191.347 km. Daher hat die Beklagte nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst die Gewährleistung ausgeschlossen. Dieser Gewährleistungsausschluss ist hinfällig geworden durch die individuelle Vereinbarung, wonach „Gewährleistung gegeben ist“. Es kann daher dahingestellt werden, ob nach dem neuen Kaufrecht ein solcher „Gewährleistungsausschluss“ überhaupt wirksam wäre, oder ob hierin letztlich eine sog. Beschaffenheitsvereinbarung liegt (zu Letzterem vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 03.07.2003 – 9 W 30/03, ZGS 2004, 75; Stölting, ZGS 2004, 96; Schinkels, ZGS 2004, 226).

2. Aus Ziffer VI Nr. 5 der AGB der Beklagten ergibt sich kein Garantieanspruch des Klägers. Diese Vorschrift setzt vielmehr eine Garantieerklärung voraus. Im Übrigen spricht diese Vorschrift gerade gegen das Vorliegen der vom Kläger behaupteten „Garantie“. Denn die Garantie, wie er sie sich vorstellt, kommt nach dieser Vorschrift erst dann zustande, wenn dem Käufer ein Garantiepass ausgehändigt wird. Diese Klausel ist gerade ein Indiz dafür, dass eine umfassende Garantie von der Beklagten nicht abgegeben wurde.

3. Auch aus mündlichen Nebenabreden zum schriftlichen Kaufvertrag folgt kein entsprechendes Garantieversprechen der Beklagten.

Der Kläger behauptet sinngemäß, ihm sei die Mangelfreiheit des Fahrzeugs zugesagt worden und darüber hinaus erklärt worden, dass Defekte innerhalb der gesetzlichen Frist kostenfrei behoben werden. Damit behauptet der Kläger zumindest im Ansatz eine umfassende Haltbarkeitsgarantie im Sinne einer sog. individuellen Händlergarantie der Beklagten für die Dauer der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von hier einem Jahr.

a) Eine solche individuelle Händlergarantie folgt nicht bereits aus der Aussage der Zeugin J und den Angaben des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn S.

Die Zeugin J hat mitgeteilt, der Geschäftsführer S der Beklagten habe „hinsichtlich der Gewährleistung“ gesagt, „dass das Fahrzeug so, wie es rausgegeben wird, in Ordnung“ sei. „Wenn dann doch in nächster Zeit etwas kaputtgehe, würde dies auf Kulanzbasis gemacht werden“, wobei die Zeugin dazu, ob ein konkreter Zeitraum genannt worden sei, nichts sagen konnte. Auch der Mitgeschäftsführer S … hat erklärt: „Wenn ich gesagt habe, dass eine Reparatur ohne Kosten übernommen wird, wenn etwa in nächster Zeit kaputtgeht, dann deshalb, weil davon auszugehen ist, dass der Schaden wohl schon bei Übergabe vorgelegen hat. Damit waren aber nicht Fälle wie hier gemeint, wo der Schaden erst ca. sechs Monate später eingetreten ist“. Letztlich bedeutet diese Einschränkung des Geschäftsführers der Beklagten einen bloßen Verweis auf die gesetzliche Regelung. Die Beklagte wollte ihre Erklärung offensichtlich nur als bloßen Verweis auf die gesetzliche Gewährleistung verstanden wissen. Anders ist auch die Aussage der Zeugin J nicht zu verstehen. Die Zeugin differenziert ausdrücklich zwischen einer Garantie, die nach Kilometern abgerechnet wird und für die der Kunde offensichtlich ein extra Entgelt zu entrichten hat, und der „Gewährleistung“.

Der Kläger selbst konnte diese Erklärung des Mitgeschäftsführers der Beklagten nach seinem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht als Garantieversprechen auffassen.

Zwar hat die Zeugin J ausdrücklich den Begriff „Kulanzbasis“ erwähnt. Dieser Begriff kann durchaus so verstanden werden, dass die Beklagte hier eine Leistung verspricht, zu der sie aufgrund der gesetzlichen Gewährleistung gerade nicht verpflichtet ist. Dennoch ergibt sich hieraus kein Garantieanspruch des Klägers. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass sich der Kläger, auch in der Berufung, diese Aussagen der Zeugin J und die Äußerung des Mitgeschäftsführers S nicht zu eigen gemacht hat, sondern bis zuletzt, auch noch in der Berufungsbegründung und in der Sitzung vor dem Senat darauf bestanden hat, die Gespräche nicht mit Herrn S, der diese Äußerung gemacht hat, sondern mit Herrn X …, geführt zu haben. Auch noch in der Berufung lässt der Kläger vortragen, dass „über eine kulanzweise Regelung von Mängeln zu keinem Zeitpunkt gesprochen worden sei“. Weiter konnte der Kläger vom objektiven Empfängerhorizont aus diese Erklärung der Beklagten nicht dahin verstehen, dass Defekte innerhalb der gesetzlichen Frist kostenfrei behoben werden. Allein aufgrund dieser Erklärung konnte der Kläger nicht davon ausgehen, die Beklagte biete ihm (ohne zusätzliches Entgelt) eine umfassende Haltbarkeitsgarantie für die Dauer der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von hier einem Jahr. Bei einem Fahrzeug dieses Alters und dieser Fahrleistung konnte er bei einem angemessenen Kaufpreis nicht davon ausgehen, dass die Beklagte umfassend die Haltbarkeit während eines Jahres garantiert. Dies wäre aus der für den Kläger erkennbaren Sicht der Beklagten wirtschaftlich völlig unvertretbar.

b) Weiter ist der Vortrag des Klägers streng genommen bereits unschlüssig, da aus seinem Vortrag nicht klar wird, welchen Inhalt die Garantieerklärung, auf die er sich beruft, haben soll. Weder über die Angaben des Klägers selbst noch die Bekundungen des Zeugen V dazu, aus welchen Tatsachen beide „eine individuelle Händlergarantie“ in dem genannten Sinne herleiten wollen, kann Klarheit in der Terminologie geschaffen werden. Die Erklärungen des Klägers als auch die Bekundungen des Zeugen V bleiben missverständlich. Der Kläger unterliegt offensichtlich ebenso wie der Zeuge V einem Rechtsirrtum, indem er „Garantie“ und Gewährleistung miteinander verwechselt. Aus den Erklärungen des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der Sitzung vom 16.02.2004 als auch bei seiner Anhörung vor dem Senat ist nicht klar geworden, was er sich überhaupt unter einer „Garantie“, die weiter reichen soll als die gesetzliche Gewährleistung, vorstellt. Der Kläger erklärte, „er habe extra nachgefragt wegen der Gewährleistung“. Der Verkäufer (er meint S) habe ihm gesagt, „dass die Gewährleistung eine Händlergarantie sei“. Nur Blechschäden, abgefahrene Reifen und andere Verschleißteile würden nicht darunter fallen. Er sei extra zu einem Händler gegangen, weil es da ja eine „gesetzliche Garantie gebe“. Hierzu hat dann der Geschäftsführer S erklärt, dass der Kläger tatsächlich nach der Garantie des Fahrzeugs gefragt habe. Er habe ihm jedoch daraufhin erklärt, dass es für das Fahrzeug zwar Gewährleistung nach dem Gesetz gebe, aber keine Garantie. Der Zeuge V, Vater des Klägers, hat erklärt, der Zeuge S habe von einer „Händlergewährleistung“ gesprochen. Der Verkäufer habe sinngemäß gemeint, „dass es gedeckt sei, wenn an dem Fahrzeug etwas kaputt sei, außer dem Blechschaden oder abgefahrene Reifen“. Dies ist jedoch auch dann der Fall, wenn lediglich die gesetzliche Gewährleistung greift, allerdings nur bezogen auf Mängel, die bei Gefahrübergang bereits vorliegen. Auch dem Zeugen V war der Unterschied zwischen einer Garantie und gesetzlicher Gewährleistung nicht klar, weshalb dem Kläger letztlich der Nachweis, die Beklagte habe ihm über die Gesetzeslage hinaus eine individuelle Händlergarantie welchen Inhalts auch immer gegeben, nicht gelungen ist.

Auch insoweit schließt sich der Senat den Feststellungen des Landgerichts an (§ 529 I Nr. 1 ZPO)

D. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises (Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs unter Anrechnung von Nutzungen) aus § 437 Nr. 2 BGB i. V. mit §§ 440, 323 I, 326 IV BGB i. V. mit § 346 I BGB zu.

I. Bei dem am 18.12.2003 nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist, innerhalb der die Vermutung des § 476 BGB greift, eingetretenen Motorschaden handelt es sich um keinen Sachmangel. Auch insoweit ist der Senat an die Feststellungen des Landgerichts gebunden (§ 529 I Nr. 1 ZPO).

Zum Motorschaden hat der Sachverständige R ausdrücklich ausgeführt, dass dieser durch ausgehängte und verbogene Stößelstangen verursacht worden sei. Das Aushängen der Stößelstangen sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf ein Überdrehen des Motors zurückzuführen. Dies könne sowohl durch einen Bedienfehler wie Verschalten oder aber auch durch ein übermäßiges Hochdrehen des Motors entstanden sein.

Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung vorgebracht hat, dass das Fahrzeug mit einem Automatikgetriebe und einem Drehzahlbegrenzer ausgestattet sei, hat er diese Erklärung in der Sitzung vor dem Senat zurückgenommen und unstreitig gestellt, dass das Fahrzeug mit einem 5-Gang-Getriebe und nicht mit einem Automatikgetriebe ausgestattet sei.

II. Der Kläger kann seinen Rücktritt auch nicht auf eine „unsachgemäße Reparatur der Ölwanne des Fahrzeugs mit grober Verklebung, wobei Teile der eigentlichen Dichtungsfläche hervorstehen“, stützen.

Auf diesen Mangel hat der Kläger seinen Rücktritt erstmals mit nicht nachgelassenem, nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eingegangen Schriftsatz vom 04.08.2004 gestützt. Im Hinblick auf diesen Vortrag war das Landgericht nicht gehalten, die Sitzung wieder zu eröffnen. Dieser Vortrag ist auch rechtlich unerheblich. Denn insoweit hat der Kläger mit diesem Schriftsatz sofort den Rücktritt erklärt, ohne der Beklagten durch Nachfristsetzung Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben zu haben.

Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war hier nicht gem. §§ 440 Satz 1, 281 II BGB und § 323 II BGB entbehrlich. Nachdem der Kläger die Beklagte insoweit bislang zu einer Reparatur der Ölwanne nicht aufgefordert hat, kann sie eine solche auch nicht abgelehnt haben. Insoweit fehlt es an einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung durch die Beklagte. Auch liegen keine besonderen Umstände vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Rücktritts rechtfertigen.

Nachdem es an einer Nachfristsetzung hinsichtlich des behaupteten Mangels „unsachgemäße Reparatur an der Ölwanne“ fehlt, braucht aus Rechtsgründen der Vorbesitzer des Fahrzeugs, Herr R, dazu, er (der Zeuge selbst) habe eine solche Reparatur nicht vorgenommen, nicht als Zeuge gehört zu werden.

III. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung erstmals seinen Rücktritt auch auf den behaupteten Mangel stützt, im Zusammenwirken hätten die reparierte Ölwanne mit groben Verklebungen und die nicht fachgerecht verbaute Papierdichtung zu dem Motorschaden geführt, ist der Kläger mit diesem Vortrag gem. §§ 529 I Nr. 2 ZPO i. V. mit § 531 II 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Auf die Ausführungen unter B II 5b wird verwiesen. Auch insoweit hat der Kläger im Übrigen einen Zusammenhang zwischen der Ölwannenreparatur und dem Motorschaden in technischer Hinsicht nicht substanziiert dargetan. Für einen solchen Zusammenhang sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

III. Daher war die Berufung … zurückzuweisen …

IV. Die Revision ist zuzulassen. Die Frage, welches Beweismaß für den Ausschluss der Vermutungswirkung des § 476 BGB wegen der „Art des Mangels“ gilt, ist bisher vom BGH nicht entschieden. Ebenfalls noch nicht entschieden ist die Frage, ob die Anwendung der Vermutung des § 476 BGB nach der Art des Mangels ausgeschlossen ist, wenn die Mängelursache offen ist, es aber zur Überzeugung des entscheidenden Gerichts feststeht, dass eine der in Betracht kommenden Ursachen für eine nach Gefahrübergang eingetretene Mangelerscheinung spontan nach Gefahrübergang eingetreten ist, oder ob der Verkäufer den Beweis des Gegenteils (Mangelursache ist nach Gefahrübergang aufgetreten) führen muss. Beide Fragen haben grundsätzliche Bedeutung (§ 543 II 1 Nr. 1 ZPO).

Hinweis: Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg. Der BGH hat sie mit Urteil vom 23.11.2005 – VIII ZR 43/05 – zurückgewiesen.

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