Kategorie: Allgemeines
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Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens kann nicht wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten. Zwar ist ein Fahrzeug, in dem – wie in vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen – eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt, mangelhaft. Einem Rücktritt des Käufers steht jedoch § 323 V 2 BGB entgegen, weil sich der Mangel durch die Installation eines Softwareupdates beseitigen lässt und der Kosten- und Zeitaufwand dafür gering ist.
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Eine Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs zumutbar, nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt das Update freigegeben und bestätigt hat, dass nach der Installation keine unzulässigen Abschalteinrichtungen mehr vorhanden sind und sich das Update nicht nachteilig auf den Kraftstoffverbrauch, die CO2-Emissionen, die Motorleistung oder die Geräuschemissionen des Fahrzeugs auswirkt.
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Dass die – am Kaufvertrag nicht beteiligte – Volkswagen AG den Käufer möglicherweise arglistig getäuscht oder betrogen hat, berechtigt den Käufer nicht dazu, „sofort“ vom Kaufvertrag zurückzutreten, ohne dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Denn der Verkäufer muss sich ein arglistiges oder betrügerisches Verhalten der Volkswagen AG nicht zurechnen lassen, zumal zu den gesicherten Erkenntnissen des Kaufrechts gehört, dass der Hersteller einer Kaufsache nicht Gehilfe (§ 278 BGB) des Verkäufers bei der Erfüllung von Verkäuferpflichten ist.
LG Dortmund, Urteil vom 11.10.2017 – 3 O 101/17
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Der Antragsteller eines selbstständigen Beweisverfahrens kann die ihm hieraus entstandenen Kosten jedenfalls solange im Wege der Leistungsklage und gestützt auf seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend machen, wie ein Hauptsacheverfahren i. S. des § 494a ZPO – und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage – nicht geführt wurde oder geführt wird und auch ein Antrag nach § 494a I ZPO nicht gestellt ist.
BGH, Urteil vom 10.10.2017 – VI ZR 520/16
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Ob sich der Käufer eines Neuwagens i. S. des § 242 BGB treuwidrig verhält, wenn er wegen eines Mangels wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist und an diesem Rücktritt festhält, obwohl er den Mangel nachträglich beseitigt hat, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung der Interessen beider Kaufvertragsparteien zu beurteilen. Dabei spielen insbesondere der Grund für die Mangelbeseitigung und deren Zeitpunkt eine Rolle.
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Ist der Käufer eines Neuwagens wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, weil es dem Verkäufer trotz mehrerer Nachbesserungsversuche nicht gelungen ist, das Eindringen von Wasser in den Fahrzeuginnenraum zu verhindern, so ist ein Festhalten des Käufers an dem Rücktritt nicht treuwidrig, wenn der Mangel nachträglich unbeabsichtigt dadurch beseitigt wird, dass wegen eines Steinschlags die Frontscheibe ausgetauscht wird.
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Die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr greift zugunsten des Käufers schon dann, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang eine Mangelerscheinung gezeigt hat, die – unterstellt, sie hätte ihre Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache die Mangelerscheinung zurückzuführen ist, noch dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15). Darüber hinaus kommt die in § 476 BGB geregelte Vermutung dem Käufer auch dahin zugute, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zutage getretene Mangel zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15).
OLG Schleswig, Urteil vom 05.10.2017 – 7 U 88/16
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Dem Tatrichter ist es nach § 286 ZPO grundsätzlich erlaubt, allein aufgrund des Vortrags der Parteien und ohne Beweiserhebung festzustellen, was für wahr und was für nicht wahr zu erachten ist (im Anschluss an BGH, Urt. v. 06.10.1981 – X ZR 57/80, BGHZ 82, 13 = NJW 1982, 940; Beschl. v. 29.10.1987 – III ZR 54/87, BGHR ZPO § 141 Würdigung 1).
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Der Tatrichter kann im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben (vgl. § 141 ZPO) einer Partei unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht – auch nicht mittels Parteivernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt – beweisen kann (im Anschluss an BGH, Urt. v. 07.02.2006 – VI ZR 20/05, NJW-RR 2006, 672; Urt. v. 25.03.1992 – IV ZR 54/91, NJW-RR 1992, 920; Urt. v. 24.04.1991 – IV ZR 172/90, NJW-RR 1991, 983).
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Hat die erste Instanz ihre freie Überzeugung nach § 286 ZPO auf eine Parteianhörung gestützt, muss das Berufungsgericht sich im Rahmen seiner Überzeugungsbildung mit dem Ergebnis dieser Parteianhörung auseinandersetzen und die informatorische Anhörung nach § 141 ZPO gegebenenfalls selbst durchführen.
BGH, Beschluss vom 27.09.2017 – XII ZR 48/17
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Zwei Ansprüche beruhen auf „demselben Grund“ i. S. von § 213 BGB, wenn sie aus demselben, durch das Anspruchsziel geprägten Lebenssachverhalt abgeleitet sind, der die Grundlage für das Entstehen der beiden Ansprüche darstellt; der Anspruchsgrund muss „im Kern“ identisch sein. Hieran fehlt es im Verhältnis zwischen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen einerseits und Ansprüchen aus einer daneben abgeschlossenen (Haltbarkeits-)Garantie andererseits (Fortführung von Senat, Urt. v. 29.04.2015 – VIII ZR 180/14, BGHZ 205, 151).
BGH, Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 99/16
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Ein Nachbesserungsverlangen eines Kfz-Käufers darf sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung beschränken. Es muss vielmehr auch die Bereitschaft des Käufers erkennen lassen, dem Verkäufer das Fahrzeug am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, damit der Verkäufer es untersuchen und beurteilen kann, ob er überhaupt zur Nachbesserung verpflichtet ist. Daran fehlt es, wenn der Käufer den Verkäufer lediglich darauf hinweist, dass er – der Verkäufer – die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen „wie Transport-, Arbeits- und Materialkosten“ zu tragen habe.
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Für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung gilt mangels einer eigenständigen kaufrechtlichen Regelung die allgemeine Vorschrift des § 269 I, II BGB. Danach ist der Erfüllungsort der Nacherfüllung dort anzusiedeln, wo der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages seinen Wohn- oder Geschäftssitz hatte, falls sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien oder aus der Natur des Schuldverhältnisses nichts anderes ergibt.
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Indem ein Kfz-Verkäufer auf ein Nachbesserungsverlangen, das nicht die Bereitschaft des Käufers erkennen lässt, dem Verkäufer das Fahrzeug am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, nicht reagiert, verweigert er eine Nacherfüllung nicht i. S. von § 281 II 1 Fall 1 BGB oder § 323 II Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig. Denn der Verkäufer muss sich auf ein Nachbesserungsverlangen des Käufers nicht einlassen, bevor dieser ihm nicht Gelegenheit zu einer Untersuchung des Fahrzeugs gegeben hat.
AG Minden, Urteil vom 27.09.2017 – 20 C 234/16
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Der Verkäufer kann im Hinblick auf die in § 434 I 3 BGB getroffene gesetzgeberische Wertung grundsätzlich seine Haftung nicht nur für das Fehlen einer üblichen und vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), sondern auch für das Fehlen von Eigenschaften ausschließen, deren Vorhandensein der Käufer nach den vom Verkäufer abgegebenen öffentlichen Äußerungen berechtigterweise erwarten kann (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.04.2016 – V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 14).
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Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 24.02.2005 – III ZB 36/04, BGHZ 162, 253 [256 f.]; Urt. v. 15.11.2007 – III ZR 295/06, NJW 2008, 435 Rn. 6 f.; EuGH, Urt. v. 09.11.2016 – C-149/15, NJW 2017, 874 Rn. 32; Urt. v. 03.09.2015 – C-110/14, ZIP 2015, 1882 Rn. 16 ff., insb. Rn. 21). Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss, an. In bestimmten Fällen kann es allerdings auch ausreichen, dass dem Käufer vor oder bei Vertragsschluss der Eindruck vermittelt wird, er erwerbe die Kaufsache von einem Unternehmer (im Anschluss an EuGH, Urt. v. 09.11.2016 – C-149/15, NJW 2017, 874 Rn. 34–45).
BGH, Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 271/16
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Ein (vermeintlicher) Kaufinteressent, der mit einem zum Verkauf stehenden Fahrzeug eine Probefahrt unternimmt, ist in der Regel auch dann lediglich Besitzdiener (§ 855 BGB) des Verkäufers, wenn dieser – wie üblich – an der Probefahrt nicht teilnimmt. Deshalb kommt das Fahrzeug dem Verkäufer i. S. von § 935 I 1 BGB abhanden, wenn der Kaufinteressent es ohne den Willen des Verkäufers einem Dritten überlässt, sodass ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums an dem Fahrzeug durch den Dritten ausgeschlossen ist.
LG Berlin, Urteil vom 26.09.2017 – 36 O 273/16
(nachfolgend: KG, Beschluss vom 04.10.2018 – 26 U 159/17)
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Eine beabsichtigte Klage, mit der der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs (z. B. gestützt auf § 826 BGB i. V. mit § 31 BGB) erreichen will, dass ihm die – am Kaufvertrag nicht beteiligte – Volkswagen AG Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises leisten muss, bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. des § 114 I 1 ZPO.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.09.2017 – I-4 U 87/17
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Wer – wie hier die AutoScout24 GmbH – im Internet eine Verkaufsplattform für Kraftfahrzeuge betreibt, verletzt nicht die ihn möglicherweise treffende Nebenpflicht, Nutzer vor betrügerisch handelnden Anbietern zu warnen, wenn er online einen „Ratgeber“ zur Verfügung stellt, in dem deutlich auf bestehende Betrugsrisiken und Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung (keine Zahlung ohne vorherige Besichtigung des Fahrzeugs, grundsätzlich nur Barzahlung, besondere Vorsicht bei Abwicklung von Geschäften über eine Spedition oder Reederei) hingewiesen wird.
AG München, Urteil vom 15.09.2017 – 132 C 5588/17
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