1. Die in § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) vorgesehene Beweislastumkehr greift zugunsten des Käufers schon dann, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – eine Sachmängelhaftung des Verkäufers begründen würde. Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache der mangelhafte Zustand zurückzuführen ist, noch muss er darlegen und nachweisen, dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36).
  2. Die in § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) vorgesehene Beweislastumkehr kommt dem Käufer auch dahin zugute, dass zu seinen Gunsten vermutet wird, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zutage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz, das heißt in einem früheren Entwicklungsstadium, schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 49 ff.).
  3. Um die Vermutung des § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) zu widerlegen, muss der Verkäufer den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) dahin erbringen, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretene mangelhafte Zustand auf eine nach Gefahrübergang eingetretene, ihm nicht zuzurechnende Ursache – sei es auf ein Verhalten des Käufers oder eines Dritten, sei es auf sonstige Umstände, etwa eine übliche Abnutzungserscheinung nach Gefahrübergang – zurückzuführen ist. Es ist also die volle richterliche Überzeugung nach § 286 I ZPO gefordert, wobei es eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit bedarf, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 59 f.).

LG Berlin, Urteil vom 23.01.2018 – 36 O 124/16
(nachfolgend: KG, Beschluss vom 01.06.2018 – 7 U 17/18)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten einen elf Jahre alten Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 109.500 km. Mit dem Fahrzeug hatte der Kläger zuvor eine Probefahrt unternommen und es in einer Werkstatt untersuchen lassen. Im schriftlichen Kaufvertrag ist vermerkt, dass der Pkw diverse Beschädigungen aufweise. Den Kaufpreis in Höhe von 990 € zahlte der Kläger am 29.10.2015 in bar an den Beklagten; am selben Tag übergab der Beklagte dem Kläger das Fahrzeug.

In der Folgezeit kontaktierten der Kläger und seine Ehefrau den Beklagten telefonisch wegen eines vom Kläger behaupteten Defekts der Zylinderkopfdichtung. Mit Schreiben vom 13.01.2016 forderte der Kläger den Beklagten insoweit zur Nachbesserung auf.

Mit Schreiben vom 23.01.2016 forderten die späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beklagten auf, den gerügten Mangel bis zum 05.02.2016 fachgerecht und endgültig zu beseitigen oder beseitigen zu lassen. Dabei wiesen sie darauf hin, dass dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens zustehe und er sich die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche vorbehalte. Der Beklagte teilte daraufhin auf telefonische Nachfrage der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14.03.2016 mit, dass er eine gerichtliche Klärung der Angelegenheit wünsche.

Am 17.05.2016 erhielt der Kläger einen Kostenvoranschlag über 2.039,22 €. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte er – vertreten durch seine späteren Prozessbevollmächtigten – den Beklagten zur Zahlung dieses Betrags auf. Auf dieses Schreiben reagierte der Beklagte nicht.

Für die Erstellung eines DEKRA-Gutachtens vom 02.06.2016 wurde dem Kläger am 08.06.2016 ein Betrag von 792,71 € in Rechnung gestellt.

Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt – jeweils nebst Zinsen – die Zahlung von 9.783,22 € sowie den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 € verlangt. Der hauptsächlich verlangte Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Reparaturkosten 2.063,32 €
Standgebühren (161 Tage) 2.873,85 €
Nutzungsausfall (161 Tage à 27 €) 4.347 €
Parkplatzkosten 119,84 €
Versicherungsbeiträge 331,96 €
Kraftfahrzeugsteuer 47,25 €

Der Kläger behauptet, der streitgegenständliche Pkw sei schon bei der Übergabe am 29.10.2015 mangelhaft gewesen. Bereits am 01.12.2015 habe er, der Kläger, eine Werkstatt aufsuchen müssen, weil das Kühlwasser ständig aufgebraucht gewesen sei. Bei einem erneuten Werkstattbesuch am 22.12.2015 seien dann erhebliche Mängel festgestellt worden, die eine weitere Nutzung des Fahrzeugs im Straßenverkehr nicht zugelassen hätten. Insbesondere seien ein Defekt der Zylinderkopfdichtung und daraus resultierende Schäden am Zylinderkopf, an der Wasserpumpe und am Zahnriemen festgestellt worden. Bei der Besichtigung des Fahrzeugs durch einen DEKRA-Sachverständigen am 23.05. und am 31.05.2016 habe dieser eine Beschädigung der Zylinderkopfdichtung bestätigt.

Der Beklagte hat geltend gemacht, das streitgegenständliche Fahrzeug sei bei der Übergabe an den Kläger mangelfrei gewesen. Wäre zu diesem Zeitpunkt die Zylinderkopfdichtung bereits beschädigt gewesen, wären die Anzeichen dafür – durch Kühlwasser hellbraun verfärbtes Motoröl am Ölmessstab, ölfeuchte Bereiche am Zylinderblock – bei der vor der Übergabe erfolgten Untersuchung des Fahrzeugs in einer Kfz-Werkstatt sofort aufgefallen. Dass nichts dergleichen festgestellt worden sei, zeige, dass die Zylinderkopfdichtung bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger in Ordnung gewesen sei.

Sollte die – beschädigte – Zylinderkopfdichtung, die der gerichtlich bestellte Sachverständige begutachtet habe, aus dem streitgegenständlichen Fahrzeug stammen, dann habe der Kläger die Beschädigung verursacht, indem er ständig mit zu wenig Kühlwasser gefahren sei. Es spreche indes nichts dafür, dass die begutachtete Zylinderkopfdichtung aus dem streitgegenständlichen Fahrzeug stamme.

Der Kläger ist dem entgegengetreten: Es könne ausgeschlossen werden, dass er den streitgegenständlichen Pkw mit seinem Fahrstil an seine thermischen Grenzen geführt habe. Das Fahrzeug verfüge über eine Anzeige, die den Fahrer warne, wenn die Temperatur des Fahrzeugs, insbesondere des Kühlwassers, höher als üblich sei. Er, der Kläger, und seine Ehefrau hätten ab Dezember 2016 wiederholt feststellen müssen, dass die Anzeige eine zu hohe Temperatur angezeigt habe. In einer Kfz-Werkstatt sei dann festgestellt worden, dass das Kühlwasser aufgebraucht gewesen sei. Das grundlegende Problem sei mithin die defekte Zylinderkopfdichtung und nicht – wie der Beklagte geltend mache – ein Fahren ohne Kühlwasser. Vielmehr hätten er, der Kläger, und seine Ehefrau unverzüglich Kühlwasser nachgefüllt oder eine Werkstatt aufgesucht, sobald die Temperaturanzeige eine zu hohe Temperatur angezeigt habe.

Bereits bei der Probefahrt – so hat der Kläger weiter vorgetragen – sei festgestellt worden, dass das Kühlwasser nahezu aufgebraucht gewesen sei. Daraufhin sei in einer Werkstatt Kühlwasser nachgefüllt worden.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Der Anspruch ergibt sich nicht aus § 437 Nr. 3, §§ 439, 440, 280 I, III, 281 BGB. Es lag nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein Mangel bei Gefahrübergang vor.

1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war die Zylinderkopfdichtung bei Gefahrübergang nicht mangelhaft.

a) Auch unter Berücksichtigung des Urteils des BGH vom 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 – ist nicht zugunsten des Klägers anzunehmen, dass die im Dezember 2015 festgestellte defekte Zylinderkopfdichtung einen Mangel darstellt, der bereits bei Übergabe des Fahrzeugs am 29.10.2015 vorhanden war, selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass am 22.12.2015 eine defekte Zylinderkopfdichtung am streitgegenständlichen Fahrzeug vorhanden war.

Nach der vorstehenden Entscheidung des BGH ist § 476 BGB a.F. richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Käufers schon dann greift, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Danach muss der Käufer weder darlegen noch beweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch, dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Nach dieser Entscheidung des BGH ist § 476 BGB a.F. weiter richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Käufer die dort geregelte Vermutungswirkung auch dahin zugutekommt, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zutage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat.

Danach wird bei Auftreten eines akuten mangelhaften Zustands vermutet, dieser habe in einem früheren Entwicklungsstadium schon bei Gefahrübergang vorgelegen (BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 49). Hiernach hat der Verkäufer, vorliegend der Beklagte, den Beweis zu erbringen, dass die aufgrund eines binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang eingetretenen mangelhaften Zustands eingreifende gesetzliche Vermutung, bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs habe – zumindest ein in der Entstehung begriffener – Sachmangel vorgelegen, nicht zutrifft. Er hat also darzulegen und zu beweisen, dass ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war, weil er seinen Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach diesem Zeitpunkt hat und dem Verkäufer damit nicht zuzurechnen ist. Zur Widerlegung der Vermutung des § 476 BGB a.F. hat der Verkäufer den Beweis des Gegenteils dahin zu erbringen, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretene mangelhafte Zustand auf eine nach Gefahrübergang eingetretene, ihm nicht zuzurechnende Ursache – sei es auf ein Verhalten des Käufers oder eines Dritten, sei es auf sonstige Umstände, etwa eine übliche Abnutzungserscheinung nach Gefahrübergang – zurückzuführen ist (BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 59). Es ist damit die volle richterliche Überzeugung nach § 286 I ZPO gefordert, wobei es eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit bedarf, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 60).

b) Diesen Beweis hat der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts erbracht. Es wird hierbei zugunsten des Klägers unterstellt, dass kein Verschleiß vorliegt, da der Sachverständige ausgeführt hat, dass eine Zylinderkopfdichtung grundsätzlich nahezu ein Autoleben lang halten muss. Der Beklagte hat vorliegend jedoch zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass der Mangel der defekten Zylinderkopfdichtung bei Gefahrübergang noch nicht vorhanden war und dass dieser Mangel auf ein Handeln oder Unterlassen nach Gefahrübergang zurückzuführen ist.

aa) Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass eine starke Qualmbildung vorhanden gewesen wäre, wenn der Mangel schon bei Übergabe vorhanden gewesen wäre. Bei Störung des Wasserkreislaufs wäre eine weiße Qualmbildung vorhanden gewesen. Dass eine Qualmbildung im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden gewesen ist, hat der Beklagte verneint, und der Kläger hat lediglich erklärt, dass weder er noch seine Ehefrau diese bemerkt hätten, dies jedoch nicht bedeuten würde, dass keine vorhanden gewesen sei.

Selbst wenn im Hinblick auf die Aussage des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, er könne nicht sagen, ob man von einem Fahrer erwarten könne, dass er diese Qualmbildung bemerke, nicht auf das Bemerken des Fahrers abgestellt wird, ergibt sich vorliegend jedoch die Besonderheit, dass der Kläger eine Probefahrt unternommen und das Fahrzeug einer Werkstatt vorgeführt hat. Bei dieser Sachlage ist nicht verständlich, wenn eine tatsächlich vorhandene Qualmbildung weder vom Kläger bei der Probefahrt, die gerade dazu dienen soll, dass vorhandene Mängel festgestellt werden, sodass ein potenzieller Käufer besonders aufmerksam ist, noch von der Werkstatt, der das Fahrzeug zur Begutachtung beim Ankauf vorgeführt wird, festgestellt wird. Dies gilt vorliegend insbesondere deshalb, weil der Kläger nach der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich vorgetragen hat, dass die Werkstatt bei der Begutachtung das Kühlwasser aufgefüllt hat. Dann wäre es aber unverständlich, dass die Werkstatt dann nicht einen weißen Qualm bei der Fahrt oder aber durch Kühlwasser hellbraun verfärbtes Motoröl am Ölmessstab bzw. mit Öl versetztes Kühlwasser im Kühlwasservorratsbehälter feststellt. Auf die beiden letzten Aspekte hat der Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 01.03.2017 hingewiesen. Der Kläger ist im Rahmen seiner insoweit bestehenden sekundären Darlegungslast dem nicht entgegengetreten durch die Behauptung, dass anlässlich der Besichtigung durch die Werkstatt die vorbezeichneten Dinge bemerkt worden wären. Hiernach steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass weder weißer Qualm noch durch Kühlwasser hellbraun verfärbtes Motoröl am Ölmessstab bzw. mit Öl versetztes Kühlwasser im Kühlwasservorratsbehälter bei Gefahrübergang vorhanden waren. Dies bedeutet, dass mangels Qualm die Zylinderkopfdichtung bei Gefahrübergang nicht defekt gewesen ist.

bb) Selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden würde, dass grundsätzlich ein zumindest in der Entstehung begriffener Sachmangel vorgelegen haben könnte, steht vorliegend zur Überzeugung des Gerichts fest, dass hier ein anderer Grund für den nach Gefahrübergang eingetretenen Mangel gegeben ist.

Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass bei dem Typ des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Laufe des Produktionsprozesses die Zylinderkopfdichtung vom Hersteller geändert worden ist und aus seiner Sicht der Schaden an der ihm übergebenen Zylinderkopfdichtung exakt mit dem übereinstimmt, was aufgrund seiner Internetrecherche konstruktionsbedingt zu erwarten gewesen wäre.

Danach liegt grundsätzlich ein in der Entstehung begriffener Mangel nahe, sodass zunächst die Beweiserleichterung des § 476 BGB a.F. zugunsten des Klägers greift, sofern zu seinen Gunsten unterstellt wird, dass die vom Sachverständigen untersuchte Zylinderkopfdichtung vom streitgegenständlichen Fahrzeug stammt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht jedoch zur Überzeugung des Gerichts mit der nach § 286 I ZPO erforderlichen Gewissheit fest, dass sich hier ein anderer Mangel manifestiert hat. Der Kläger hat in dem nachgelassenen Schriftsatz angegeben, dass bereits bei der Begutachtung des Fahrzeugs anlässlich des Kaufs, mithin vor Gefahrübergang, das Kühlwasser nachgefüllt werden musste. Ferner hat der Kläger vorgetragen, dass er oder die Werkstatt permanent hat Kühlwasser nachfüllen müssen, wobei die Anzeige teilweise bereits im roten Bereich gewesen sei. Hiernach steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Kühlwasserproblem vor dem Defekt der Zylinderkopfdichtung vorhanden war, denn bei Übergabe des Fahrzeugs gab es keine Qualmbildung, während das Kühlwasser ständig nachzufüllen war. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass ein zu hoher Wasserverbrauch mehrere Ursachen haben kann und nicht nur auf eine defekte Zylinderkopfdichtung zurückzuführen ist. Zudem hat der Sachverständige anschließend erklärt, dass das Fahren mit zu wenig Kühlwasser zu einer undichten Zylinderkopfdichtung führen kann. Daraus ergibt sich für das Gericht im konkreten Fall aufgrund des Vortrags des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz, dass zu wenig Kühlwasser zu der defekten Zylinderkopfdichtung geführt hat.

Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung schon erklärt, dass ihm nicht klar sei, wie man bei einer Fahrleistung von 600 km regelmäßig Kühlwasser aufgefüllt habe, da es sich bei dieser Fahrleistung wohl um eine Fahrleistung handele, die man in der Regel mit einer Tankfüllung ableisten könne. Dass bereits vor Übergabe des Fahrzeugs Kühlwasser bei der Begutachtung hat nachgefüllt werden müssen, konnte der Sachverständige bei seiner Anhörung nicht berücksichtigen, da der Kläger dies erst nach der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat. Hiernach kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf die Aussage des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung stützen, dass der Verdacht naheliege, dass der im Dezember festgestellte Kühlwasserverbrauch auf eine undichte Zylinderkopfdichtung im Oktober zurückzuführen sei. Insoweit war auch die mündliche Verhandlung nicht wiederzueröffnen und der Sachverständige erneut zu befragen, weil der Vortrag des Klägers als verspätet zurückzuweisen wäre, da die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und Fortführung der Beweisaufnahme den Rechtsstreit verzögern würde. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb es dem Kläger nicht bereits zuvor möglich gewesen wäre, dies vorzutragen, nachdem der Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 01.03.2017 auf die (fehlenden) Feststellungen in der Werkstatt hingewiesen hat.

cc) Aus dem DEKRA-Gutachten des L ergibt sich ein Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergang entgegen der Ansicht des Klägers nicht. Die Schlussfolgerung im Gutachten des L, dass eindeutig sei, dass der Defekt der Zylinderkopfdichtung bereits bei Verkauf und davor vorgelegen haben müsse, wurde nach den Ausführungen des L aus der Angabe gezogen, dass der Defekt bereits unmittelbar im Rahmen der Abholung des Fahrzeugs nach Kauf angezeigt worden sei. Dies ist aber selbst nach den Angaben des Klägers im Prozess nicht der Fall gewesen, denn danach wurde zwar das Kühlwasser permanent nachgefüllt, die Zylinderkopfdichtung aber erst am 22.12.2015 als defekt festgestellt. Hiernach kann eine defekte Zylinderkopfdichtung nicht unmittelbar im Rahmen der Abholung angezeigt worden sein, sodass der Privatgutachter seine Schlussfolgerung aufgrund unzutreffenden Sachverhalts getätigt hat und diese damit nicht zugrunde gelegt werden kann.

2. Dass das Kühlwasser aufgebraucht war, wusste der Kläger bei Gefahrübergang. Hierauf kann er einen Schadensersatzanspruch nicht stützen (vgl. § 442 I BGB). …

Hinweis: Mit Beschluss vom 01.06.2018 – 7 U 17/18 – hat der 7. Zivilsenat des Kammergerichts darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung des Klägers durch Beschluss gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg biete. In dem Hinweisbeschluss heißt es:

„Aus der vorliegenden Berufungsbegründung ergibt sich weder, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht, noch, dass nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Nur darauf kann aber gemäß § 513 I ZPO die Berufung gestützt werden.

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3, §§ 440, 280 I, III, 281 BGB in Höhe von 9.783,32 € nebst Zinsen und Nebenkosten hat, weil aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Zylinderkopfdichtung des streitgegenständlichen Fahrzeugs bei Gefahrübergang mangelhaft war.

Der Kläger räumt in der Berufungsbegründung ein, dass das Landgericht die in dem Urteil des BGH vom 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 – dargelegten Grundsätze zur richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB a.F. zutreffend ausgeführt hat. Entgegen der Ansicht des Klägers hat es das geltende Recht auch zutreffend angewandt. Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme und die darauf beruhende Beweiswürdigung sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden.

Der Kläger beanstandet zu Unrecht, dass nach dem Beweisbeschluss Beweis nur über die klägerische Behauptung erhoben werden sollte, dass die Zylinderkopfdichtung des streitgegenständlichen Pkw in einer Art und Weise beschädigt sei, die über normalen Verschleiß hinausgehe, der vom Kläger zu erbringende Beweis erbracht worden sei und über die Behauptung des Beklagten, der Mangel sei bei Gefahrübergang nicht vorhanden oewesen, kein Beweis erhoben worden sei.

Diese Behauptung ergibt sich aus den Ergänzungsfragen des Beklagten in dem Schriftsatz vom 01.03.2017, über die das Landgericht ein Ergänzungsgutachten hat einholen lassen, und insbesondere den ergänzenden Fragen in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 und den dazu von dem Sachverständigen gegebenen Antworten. Es trifft auch nicht zu, dass der Beweisbeschluss des Landgerichts der einzige war, denn das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 29. 11.2017 beschlossen, dass der Sachverständige Dipl.-Ing. W ergänzend zu seinem Gutachten gehört werden soll. Die Anordnung der Beweisaufnahme kann in der mündlichen Verhandlung auch formlos getroffen werden; ein förmlicher Beweisbeschluss ist nur nach § 358 f. ZPO erforderlich (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. [2018], vor § 284 Rn. 8a).

Die Beweiswürdigung aufgrund der Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 29.11.2017 kann nicht beanstandet werden. Die in eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mündenden Schlussfolgerungen, die das LG Berlin aufgrund einer Würdigung des erhobenen Sachverständigenbeweises gezogen hat, bieten keinen Anlass für eine Urteilskorrektur. Eine solche Korrektur wäre nur dann vorzunehmen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und eine erneute Feststellung gebieten würden. Nach § 529 I Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.2005 – VIII ZR 266/03 Rn. 5). Anderenfalls sind die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO jedoch der Verhandlung und Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen.

Danach ist aber in Übereinstimmung mit den Feststellungen der Vorinstanz aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme erwiesen, dass der festgestellte Mangel bei Gefahrübergang noch nicht vorhanden war. Der Sachverständige hat festgestellt, dass es dann, wenn der Mangel schon bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorhanden gewesen wäre, zu einer starken Qualmbildung gekommen wäre, dass erheblicher Oualm erkennbar gewesen wäre. Wenn das Landgericht im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung hieraus folgert, dass diese Qualmbildung wenn nicht vom Kläger, dann jedenfalls von der Werkstatt, in welcher der Kläger das Fahrzeug vorgestellt hat, bemerkt worden wäre, sodass der Mangel bei Übergabe offensichtlich nicht vorgelegen haben kann, so hat es entgegen der Ansicht des Klägers dies nicht ‚zu einem Umstand erhoben‘, den der Beklagte bewiesen hätte, sondern ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit einer nach § 286 I ZPO ausreichenden Gewissheit davon auszugehen ist, dass der Mangel bei Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorlag. Dass ein derartiger Mangel bei einem zwölf Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von deutlich über 100.000 km etwa aufgrund eines zu niedrigen Klihlwasserstands auftreten kann, entspricht zudem der Lebenserfahrung. Wenn das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme also davon ausgegangen ist, dass dem Beklagten der Nachweis gelungen ist, dass der Mangel an der Zylinderkopfdichtung nicht bei Gefahrübergang vorhanden war, so ist das Berufungsgericht gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO an diese vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden (vgl. BGH, Beschl. v. 28.05.2003 – XII ZB 165/02, MDR 2003, 1192).

Im Übrigen folgt der Senat den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. …“

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