Zur Frage der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung vor der Erklärung des Rücktritts von einem Kaufvertrag bezüglich eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs (im Anschluss an Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 21 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 33; Beschl. v. 14.12.2021 – VIII ZR 386/20 Rn. 32, zur Veröffentlichung bestimmt).

BGH, Urteil vom 26.01.2022 – VIII ZR 140/20

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten zu 1 mit Kaufvertrag vom 04.10.2014 einen gebrauchten Audi A4 Avant 2.0 TDI zum Preis von 21.975 €.

Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten zu 2 hergestellten Dieselmotor des Typs EA189 (Euro 5) ausgestattet. Dieser Motor wies eine besondere Vorrichtung zur Steuerung der Abgasrückführung auf, die erkannte, ob die Schadstoffemissionen des Pkw auf einem Rollenprüfstand ermittelt wurden. In diesem Fall aktivierte das System einen „Modus 1“, in dem die Abgasrückführungsrate und – damit verbunden – der Stickoxid(NOX)-Ausstoß geringer war als in dem Modus, in dem das Fahrzeug im normalen Straßenverkehr betrieben wurde („Modus 0“).

Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt die Motorsteuerungssoftware als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandet hatte, entwickelte die Beklagte zu 2 für den Motor ein Softwareupdate, das hinsichtlich der NOX-Emissioen einen vorschriftsgemäßen Zustand herstellen sollte. Dieses Softwareupdate ließ der Kläger nicht installieren.

Mit Anwaltsschreiben vom 08.09.2016 focht er den Kaufvertrag gegenüber der Beklagten zu 1 wegen arglistiger Täuschung an und erklärte hilfsweise den Rücktritt von diesem Vertrag, wobei er der Beklagten zu 1 eine Frist für die Rückabwicklung des Vertrags setzte. Die Beklagte zu 1 verweigerte die Rücknahme des Fahrzeugs und verwies den Kläger auf das zur Verfügung stehende Softwareupdate. Sie erklärte zudem einen Verjährungsverzicht bis zum 31.12.2017.

Mit der im Juni 2017 erhobenen Klage hat der Kläger bezüglich der Beklagten zu 1 die Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs sowie gegen Zahlung einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung, verlangt. Außerdem hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 1 sowie die Freistellung von vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten begehrt. Damit hat der Kläger vor dem Landgericht überwiegend Erfolg gehabt: Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 zur Rückzahlung des Kaufpreises (21.975 €) nebst Zinsen, abzüglich gezogener Gebrauchsvorteile in Höhe von 6.773,40 €, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw, verurteilt und den Annahmeverzug der Beklagten zu 1 festgestellt. Ferner hat es die Beklagte zu 1 verurteilt, den Kläger – in etwas geringerem Umfang als beantragt – von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten freizustellen. Die gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Klage, mit der der Kläger über die Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten hinaus die Feststellung erreichen wollte, dass ihm die Beklagte zu 2 Schäden, die aus der Manipulation des erworbenen Fahrzeugs resultierten, ersetzen müsse, hat das Landgericht abgewiesen.

Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte zu 2 – abgesehen von einem Teil der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten – antragsgemäß verurteilt. Hingegen hat die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Berufung, mit der der Kläger den Abzug einer geringeren Nutzungsentschädigung sowie die Freistellung von den Rechtsanwaltskosten in voller Höhe erreichen wollte, keinen Erfolg gehabt. Vielmehr hat das Oberlandesgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten zu 1 unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in vollem Umfang abgewiesen.

Mit seiner Revision hat der Kläger sein Klagebegehren gegen die Beklagte zu 1 – überwiegend erfolgreich – weiterverfolgt. Die gegen die Beklagte zu 2 eingelegte Revision hat er zurückgenommen.

Aus den Gründen: [10]   I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

[11]   Dem Kläger stehe gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs aus § 437 Nr. 2, §§ 434, 440, 323, 346 I, 348 BGB nicht zu. Denn er habe der Beklagten zu 1 keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Eine solche sei auch nicht nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB entbehrlich gewesen.

[12]   Eine Nachbesserung sei für den Kläger nicht bereits deswegen unzumutbar i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB, weil er die Befürchtung gehegt habe, das Softwareupdate sei entweder nicht zur Mangelbeseitigung geeignet oder führe zu Folgemängeln. Denn auch hierfür trage der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Anhaltspunkte für eine „konkrete und plausible Befürchtung“, das Update führe zu Schäden am Motor beziehungsweise am Fahrzeug, bestünden unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags nicht. Die Begründung des Landgerichts, wonach Fachleute von der Verursachung anderweitiger Mängel durch das Softwareupdate ausgingen, sei ohne nähere tatsächliche Feststellungen für die Begründung eines Mangelverdachts nicht ausreichend. Insoweit sei auch zu beachten, dass dem Kläger bei Verursachung anderer Mängel durch das Softwareupdate weitere Gewährleistungsrechte zustünden und er daher nicht rechtlos gestellt werde.

[13]   Eine Nachfristsetzung sei dem Kläger auch nicht aufgrund einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zu der Beklagten zu 1 unzumutbar gewesen. Zwar sei es für einen Käufer in der Regel unzumutbar, dem arglistig täuschenden Verkäufer eine Nachbesserungsmöglichkeit einzuräumen. Jedoch fehle es vorliegend an Anhaltspunkten dafür, dass der Beklagten zu 1 als Verkäuferin zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bekannt gewesen sei, dass die Herstellerin ein mangelhaftes Produkt in den Verkehr gebracht hatte. Ein arglistiges Handeln der Herstellerin müsse sich der Verkäufer nicht zurechnen lassen. Auch die Gesamtumstände seien nicht geeignet, das Vertrauen in die Fähigkeit der Nacherfüllung durch die Beklagte zu 1 deswegen zu erschüttern, weil sich diese zur Behebung des Mangels eines von der Beklagten zu 2 entwickelten Softwareupdates bedienen müsse. Denn dessen Freigabe sei durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgt, sodass für den Kläger kein Anlass für ein generelles Misstrauen gegenüber dem Softwareupdate bestehe.

[14]   Da somit ein Anspruch bereits dem Grunde nach nicht bestehe, könne der Kläger von der Beklagten zu 1 auch nicht die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen.

[15]   II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung überwiegend nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs und Zahlung einer Nutzungsentschädigung, aus § 434 I BGB in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 58 EGBGB; im Folgenden: a.F.), § 437 Nr. 2, §§ 323 I, 346 I, 348 BGB sowie auf Feststellung des Annahmeverzugs (§ 293 BGB) nicht verneint werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann nach den bisher getroffenen Feststellungen eine Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB (Unzumutbarkeit der Nachbesserung) nicht verneint werden.

[16]   Demgegenüber hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO) einen Anspruch des Klägers auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§ 257 BGB) verneint; ein solcher steht dem Kläger unter keinem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt (§§ 280 I, II, 286, 288 IV BGB; § 280 I BGB; § 439 II BGB) zu, sodass seine Revision insoweit zurückzuweisen ist.

[17]   1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass das vom Kläger erworbene Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. 2007 L 171, 1) aufwies, die noch nicht behoben ist, und ihm damit wegen der latenten Gefahr einer Betriebsuntersagung (§ 5 I FZV) ein Sachmangel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. anhaftete (vgl. Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 23 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 6 ff.), der zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (vgl. zur Maßgeblichkeit auch dieses Zeitpunkts: Senat, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 315/18, BGHZ 226, 1 Rn. 43 m. w. Nachw.) noch nicht beseitigt war.

[18]   2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch die Voraussetzungen der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB verneint.

[19]   a) Ein Rücktritt nach § 437 Nr. 2, §§ 323, 346, 349 BGB setzt neben dem Vorliegen eines Sachmangels i. S. des § 434 I BGB a.F. zu seiner Wirksamkeit grundsätzlich weiter voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (vgl. hierzu grundlegend Senat, Urt. v. 26.08.2020 – VIII ZR 351/19, BGHZ 227, 15 Rn. 41–47). Ausgehend von den im Revisionsverfahren nicht angegriffenen, verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist eine solche Fristsetzung nicht erfolgt.

[20]   b) Das Berufungsgericht hat im Ansatz noch zutreffend erkannt, dass eine Fristsetzung namentlich dann entbehrlich ist, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung diesem unzumutbar ist (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB). Mit der von ihm gegebenen Begründung kann eine solche Unzumutbarkeit vorliegend jedoch nicht verneint werden.

[21]   aa) Im Rahmen des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB kommt es auf die „dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung“ an. Dies ist hier eine Nachbesserung durch das Aufspielen eines Softwareupdates. Denn dem Käufer steht die Art der Nacherfüllung, die er gewählt hat (§ 439 I BGB) und die der Verkäufer nicht zu Recht verweigert hat (§ 275 II, III BGB, § 439 III BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 26.11.2001; vgl. Art. 229 § 39 EGBGB) zu (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 233; Senat, Urt. v. 15.11.2006 – VIII ZR 166/06, NJW 2007, 504 Rn. 14; Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 40, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Der Kläger hat – was vorliegend ausreicht – im Rücktrittsschreiben sein Wahlrecht im Sinne einer Nachbesserung ausgeübt.

[22]   bb) Für die Beurteilung, ob die Nachbesserung für den Käufer unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dazu zählen neben Art und Ausmaß einer Beeinträchtigung der Interessen des Käufers etwa auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers und diesem vorzuwerfende Nebenpflichtverletzungen sowie ein dadurch möglicherweise gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien (vgl. Senat, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 22; Urt. v. 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 38; Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 23; Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 90, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[23]   Die dem Tatrichter hiernach obliegende Beurteilung, ob die Nachbesserung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls für den Käufer unzumutbar ist, ist das Ergebnis einer wertenden Betrachtung und kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter die maßgeblichen Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt und ob er die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senat, Urt. v. 23.01.2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 24; Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[24]   cc) Hiernach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine Fristsetzung zur Nachbesserung nicht deshalb als entbehrlich angesehen, weil der Kläger infolge des sittenwidrigen Handelns der Beklagten zu 2 das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Nachbesserung durch die Beklagte zu 1 verloren habe. Entgegen der Ansicht der Revision kann sich der Kläger insoweit nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte zu 2 als Herstellerin sei von Anfang an nicht in der Lage gewesen, die Grenzwerte auf legalem Weg einzuhalten, und habe deshalb die Motorsteuerungssoftware eingesetzt, was einen fortwährenden Vertrauensverlust des Klägers auch im Verhältnis zur Beklagten zu 1 als Verkäuferin begründe, die für die von ihr geschuldete Nacherfüllung allein das von der Herstellerin entwickelte Softwareupdate heranziehen wolle.

[25]   (1) Das Berufungsgericht hat – von der Revision unangegriffen – ein eigenes arglistiges Verhalten der Beklagten zu 1 nicht festgestellt. Vielmehr trifft (nur) die Beklagte zu 2 der Vorwurf sittenwidrigen, einer „arglistigen Täuschung der Käufer gleichstehenden“ Verhaltens (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 23 ff.). Zwar kann die Vertrauensgrundlage zwischen einem Käufer und einem Verkäufer unter Umständen auch dann gestört sein, wenn der Verkäufer sich bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß verhalten hat, jedoch der Hersteller des Fahrzeugs dieses mit einer ihm bekannten und verschwiegenen unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht hat und der Verkäufer nun allein eine Nachbesserung in Form eines von diesem Hersteller entwickelten Softwareupdates anbietet. Dabei kommt es darauf an, ob spätestens bei Erklärung des Rücktritts (zum Zeitpunkt des Vorliegens der Umstände, die eine Fristsetzung entbehrlich machen, vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S. 186) die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so gestört war, dass eine Nacherfüllung (vgl. § 323 I BGB) – vorliegend wie ausgeführt in Form der Nachbesserung – für den Käufer unter Einbeziehung des Herstellers nicht zumutbar war (Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 27, 40, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[26]   (2) Eine derartige Störung der Vertrauensgrundlage hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Es hat insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass sich die Beklagte zu 1 ein arglistiges Verhalten der Beklagten zu 2 nicht nach § 278 BGB, § 166 BGB analog zurechnen lassen muss (vgl. Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 29, 37 m. w. Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Zudem hat es unter Heranziehung der Gesamtumstände, insbesondere der Prüfung und Freigabe des entwickelten Softwareupdates durch eine unabhängige Behörde, der Sache nach keine Anhaltspunkte für ein erneutes arglistiges Verhalten der Beklagten zu 2 und damit weiterer Täuschungshandlungen gesehen, sodass es im Ergebnis zutreffend eine allein auf das frühere arglistige Verhalten der Beklagten zu 2 gestützte Unzumutbarkeit der Nachbesserung verneint hat (vgl. hierzu ausführlich Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 30, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; vgl. auch Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 89 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Insoweit übergangenen Sachvortrag, der Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geben könnte, zeigt die Revision nicht auf.

[27]   dd) Einer revisionsrechtlichen Nachprüfung anhand des oben genannten Maßstabs hält jedoch die Würdigung des Berufungsgerichts, dem Kläger sei das Aufspielen des Softwareupdates trotz der von ihm behaupteten Ungeeignetheit zur Mängelbeseitigung zumutbar, nicht stand. Für das Eingreifen des Ausnahmetatbestands des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB und damit für das Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen ist der Kläger als Käufer, der sekundäre Gewährleistungsrechte geltend macht, nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Senat, Urt. v. 11.02.2009 – VIII ZR 274/07, NJW 2009, 1341 Rn. 15 m. w. Nachw.; Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 23, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Anders als das Berufungsgericht meint, ist der Kläger dieser Darlegungslast nachgekommen. Bei seiner gegenteiligen Würdigung, wonach es ausgehend vom Vorbringen des Klägers an Anhaltspunkten „für eine konkrete und plausible Befürchtung“ fehle, dass das Softwareupdate zur Mangelbeseitigung ungeeignet sei beziehungswiese zu Folgeschäden führe, hat das Berufungsgericht wesentlichen Sachvortrag unberücksichtigt gelassen sowie zu hohe Substanziierungsanforderungen gestellt und ist daher im Ergebnis zu Unrecht davon ausgegangen, das Setzen einer Frist sei nicht entbehrlich, weil dem Kläger eine Nachbesserung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB zumutbar sei.

[28]   Der Kläger hat substanziiert vorgetragen, dass mit dem Softwareupdate aufgrund des hierin enthaltenen Thermofensters – dessen Existenz auch die Beklagte zu 1 nicht in Abrede stellt – aus seiner Sicht erneut eine unzulässige Abschalteinrichtung in das Fahrzeug implementiert werde. Weiter hat er substanziiert zu Folgeschäden für das Fahrzeug infolge des Aufspielens eines Softwareupdates sowie zu einem unabhängig davon nach seiner Auffassung vorhandenen und durch das Update nicht zu beseitigenden merkantilen Minderwert des von ihm erworbenen Fahrzeugs vorgetragen. Dieses Vorbringen hat das Berufungsgericht nicht hinreichend gewürdigt.

[29]   Sollte das – nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts – allein als Nachbesserungsmaßnahme im Raum stehende Softwareupdate zwar die vorhandene unzulässige Abschalteinrichtung beseitigen, jedoch selbst wiederum aufgrund des sogenannten Thermofensters eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen oder zu anderen Mängeln (höherer Kraftstoffverbrauch, Motorschäden, erhöhter Verschleiß, verminderte Leistung, schlechtere Emissionswerte) führen beziehungsweise dem Fahrzeug ein auch durch das Softwareupdate nicht zu behebender erheblicher merkantiler Minderwert anhaften, wäre es dem Kläger unzumutbar, der Beklagten zu 1 zu dieser Form der Nachbesserung eine Frist (§ 323 I BGB) zu setzen.

[30]   Denn eine Nachbesserung i. S. von § 439 I Fall 1 BGB setzt voraus, dass der vorhandene Mangel hierdurch vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt wird. Das betrifft nicht nur den ursprünglichen Mangel, der bereits bei Übergabe der Sache vorhanden war. Eine ordnungsgemäße Nachbesserung liegt vielmehr nur dann vor, wenn hierdurch auch (nicht zu vernachlässigende) Folgemängel nicht hervorgerufen werden (vgl. Senat, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 76; Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 47, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Urt. v. 08.12.2021 – VIII ZR 190/19 Rn. 59, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 33; Beschl. v. 14.12.2021 – VIII ZR 386/20 Rn. 33 f., zur Veröffentlichung bestimmt).

[31]   (1) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger sei gehalten gewesen, eine Frist zur Nachbesserung zu setzen, ist bereits deshalb unzutreffend, weil es dessen Vorbringen zu einem in dem Softwareupdate enthaltenen Thermofenster bei der Prüfung der Unzumutbarkeit (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB) nicht beachtet hat.

[32]   (a) Der Kläger hat – worauf die Revision zutreffend verweist – vorgetragen, in dem Softwareupdate sei wiederum eine Abschaltvorrichtung in Form eines sogenannten Thermofensters vorhanden. Die Abgasreinigung setze nur bei Außentemperaturen zwischen 10 und 32 °C ein. Der Kläger hat seine Ansicht, wonach ein solches Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung i. S. des Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 darstelle – weswegen das Softwareupdate nicht als taugliche Nachbesserungsmaßnahme anzusehen sei – umfassend dargelegt und zur Funktionsweise des Updates die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

[33]   (b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann das Softwareupdate nicht deshalb als taugliche Nachbesserungsmaßnahme angesehen werden,weil dem Kraftfahrt-Bundesamt die Applikationsrandbedingungen der Thermofenster bei der Antragstellung auf Freigabe des Updates mitgeteilt worden seien, das Kraftfahrt-Bundesamt diese in seinem Freigabebescheid als zulässig angesehen und daher die Gefahr, dass der Betrieb des Fahrzeugs deshalb untersagt würde, nicht bestehe, sodass die Eignung des Softwareupdates zur Mangelbeseitigung „jederzeit gegeben“ gewesen sei.

[34]   Ungeachtet dessen, dass ein Thermofenster in dem Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes nicht einmal erwähnt ist, sondern nur pauschal darauf verwiesen wird, dass Abschalteinrichtungen – soweit vorhanden – als zulässig einzustufen seien, vermag der Bescheid nicht die rechtliche Beurteilung, ob eine Abschalteinrichtung nach dem Maßstab des Art. 5 II 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zulässig und das Fahrzeug im Ergebnis frei von Sachmängeln ist, einer eigenständigen zivilgerichtlichen Prüfung zu entziehen.

[35]   Insoweit hat die Revisionserwiderung allerdings zu Recht nicht auf die Tatbestandswirkung eines Verwaltungsakts abgestellt. Maßgeblicher Regelungsgegenstand des Bescheids vom 05.09.2016 ist ausschließlich die Freigabe des Updates. Bei den weiteren Ausführungen des Kraftfahrt-Bundesamtes, wonach vorhandene Abschalteinrichtungen zulässig seien, handelt es sich um Begründungselemente, die von dem Regelungsinhalt und damit der Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts selbst nicht erfasst werden (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urt. v. 08.12.2021 – VIII ZR 190/19 Rn. 80 ff. m. w. Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[36]   Die zivilrechtliche Beurteilung, ob aufgrund der Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung – jedenfalls latent – die Gefahr einer Betriebsuntersagung des Fahrzeugs droht, sodass ihm die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 I 2 Nr. 2 BGB fehlt, ist demgemäß unabhängig von dem vorgenannten Freigabebescheid vorzunehmen. Die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde ist zudem an der objektiven Rechtslage zu messen. Sie hängt nicht davon ab, ob die im jeweiligen Einzelfall zuständige Zulassungsbehörde eine entsprechende Betriebsuntersagung nach § 5 I FZV ausgesprochen hat oder eine solche – wie hier – (zunächst) unterblieben ist (vgl. Senat, Urt. v. 08.12.2021 – VIII ZR 190/19 Rn. 82, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Sollte das Softwareupdate – dessen genaue Funktionsweise gegebenenfalls durch Sachverständigengutachten zu klären ist – (wiederum) eine Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 darstellen, die nach Maßgabe der Bestimmung des Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässig ist, wäre die von der Beklagten angebotene Nachbesserung bereits aus diesem Grund unzureichend (vgl. Senat, Urt. v. 08.12.2021 – VIII ZR 190/19 Rn. 70 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) und eine Fristsetzung daher entbehrlich (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).

[37]   (c) Auf das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen zu einem unzulässigen Eingriff in das On-Board-Diagnosesystem (OBD) kommt es in diesem Zusammenhang mangels Entscheidungserheblichkeit nicht an (vgl. hierzu ausführlich Senat, Urt. v. 08.12.2021 – VIII ZR 190/19 Rn. 88 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[38]   (2) Ebenfalls rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers zu durch das Softwareupdate hervorgerufenen Folgeschäden sowie zu einem (fortbestehenden) merkantilen Minderwert des Fahrzeugs als unsubstanziiert angesehen, sodass seiner Beurteilung, eine Unzumutbarkeit i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB sei zu verneinen, auch aus diesem Grund eine tragfähige Grundlage fehlt.

[39]   (a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Urt. v. 29.01.2020 – VIII ZR 80/18, BGHZ 224, 302 Rn. 55; Urt. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 20; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7; Beschl. v. 22.06.2021 – VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 33). Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (BGH, Beschl. v. 12.09.2012 – IV ZR 52/14, NJW-RR 2017, 22 Rn. 27; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Urt. v. 29.01.2020 – VIII ZR 80/18, BGHZ 224, 302 Rn. 55; Urt. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 20; Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 15).

[40]   Dabei ist es einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält (vgl. Senat, Urt. v. 29.01.2020 – VIII ZR 385/18, NJW-RR 2020, 615 Rn. 83; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7; jeweils m. w. Nachw.). Sie darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen insbesondere dann als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von entscheidungserheblichen Einzeltatsachen hat (BGH, Urt. v. 18.05.2021 – VI ZR 401/19, NJW-RR 2021, 886 Rn. 19 m. w. Nachw.). Eine Behauptung ist erst dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 26.04.2018 – VII ZR 139/17, NJW 2019, 76 Rn. 34; Urt. v. 07.02.2019 – III ZR 498/16, NJW 2019, 1137 Rn. 37; Urt. v. 29.01.2020 – VIII ZR 385/18, NJW-RR 2020, 615 Rn. 83; Urt. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 22; jeweils m. w. Nachw.). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gerechtfertigt sein können (BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 unter II 1; Beschl. v. 16.04.2015 – IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 13; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7; Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 16).

[41]   (b) Gemessen hieran hat der Kläger ausreichend substanziiert dargelegt, dass nach seiner Auffassung durch das von ihm gewählte und beklagtenseits zur Beseitigung des Sachmangels der unzulässigen Abschalteinrichtung angebotene Softwareupdate Folgeschäden am Fahrzeug entstünden und zudem auch unabhängig von der Durchführung des Updates ein merkantiler Minderwert des Fahrzeugs verbleibe, weswegen die für einen Rücktritt nach § 323 I BGB grundsätzlich erforderliche vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung vorliegend entbehrlich gewesen sei (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).

[42]   (aa) Der Kläger hat wiederholt geltend gemacht – und dies durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt –, infolge des Softwareupdates steige der Kraftstoffverbrauch, komme es zu einem erhöhten Rußpartikelausstoß mit der Folge eines vorzeitigen Verschleißes des Dieselpartikelfilters und träten Motorschäden auf. Das AGR-Ventil werde während der Fahrt häufiger aktiviert mit der Folge, dass der durch die Verrußung eintretende Verschleiß an den Ventilen erheblich erhöht werde. Zudem müsse bei zahlreichen Modellen der Schwingungsdämpfer für die Einspritzanlage nachgerüstet werden, da sich die Frequenz der Einspritzanlage verändert habe. Auch sei eine verminderte Motorleistung zu verzeichnen.

[43]   Damit hat der Kläger ausreichend eine von ihm für möglich erachtete, nicht ordnungsgemäße Nachbesserung durch das Softwareupdate dargetan, aufgrund derer eine vorherige Fristsetzung (§ 323 I BGB) entbehrlich wäre.

[44]   Auf ein von der Revisionserwiderung dargestelltes fehlendes „Wissensgefälle“ im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1, welche ebenso wenig wie der Kläger die Funktionsweise des Softwareupdates kenne, kommt es nicht an. Entscheidend ist, was dem Kläger an Vortrag zumutbar war. Dieser durfte sich als Laie auf nur vermutete Tatsachen stützen, denn er kann mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in die Funktionsweise des Softwareupdates keine genaue Kenntnis von dessen konkreten (Aus-)Wirkungen haben, weswegen er betreffend die von ihm befürchteten Folgeschäden letztlich auf Vermutungen angewiesen ist und diese naturgemäß nur auf entsprechende Anhaltspunkte stützen kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 85 f., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11 ff.; Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7 ff.; Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 20). Ob Vergleichbares auch für die Beklagte zu 1 gilt, ist für die Darlegungsanforderungen des Klägers unerheblich. Weitere Einzelheiten, etwa zum Umfang einer Verringerung der Fahrzeugleistung, zu einer Erhöhung des Abgasausstoßes oder selbst zu einem Anstieg des Kraftstoffverbrauchs, sind von ihm nicht zu fordern. Diese sind vielmehr im Rahmen der Beweisaufnahme – also im Wege der Einholung des vom Kläger angebotenen Sachverständigengutachtens – zu klären.

[45]   (bb) Schließlich führt auch der von der Beklagtenseite wiederholt hervorgehobene Umstand, dass in der von ihr vorgelegten Bescheinigung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 05.09.2016 unter anderem ausgeführt wird, „die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und CO2-Emissionen wurden in Prüfungen durch einen Technischen Dienst bestätigt“ und „die bisherige Motorleistung und das maximale Drehmoment blieben unverändert“, nicht zu erhöhten Substanziierungsanforderungen beim Kläger als Laien, zumal das Kraftfahrt-Bundesamt nicht offengelegt hat, auf welche Weise diese Erkenntnisse konkret gewonnen wurden. Allenfalls führt der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes dazu, dass die Beklagte zu 1 das Vorbringen des Klägers unter Berufung auf diese Freigabebestätigung substanziiert bestreiten kann (vgl. Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 87, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 22).

[46]   (c) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht im Rahmen der Prüfung der Unzumutbarkeit einer Nachbesserung nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB das Vorbringen des Klägers, wonach das Softwareupdate wegen des hiervon unberührt bleibenden merkantilen Minderwerts zu keiner vollständigen Mängelbeseitigung führen könne, nicht berücksichtigt. Der Kläger hat vorgetragen – und dies ebenfalls unter Sachverständigenbeweis gestellt –, das Fahrzeug werde stets mit einem Makel behaftet sein, da es aufgrund seiner Betroffenheit vom sogenannten Abgasskandal einen erheblichen Wertverlust – bei derartigen Fahrzeugen durchschnittlich 26 % – aufweise.

[47]   (aa) Ob die Eigenschaft eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs – insbesondere wenn es über einen Dieselmotor des Typs EA189 verfügt – in vergleichbarer Weise wie bei Unfallfahrzeugen, für welche anerkannt ist, dass selbst nach vollständiger und fachgerechter Beseitigung des Unfallschadens noch ein Mangel verbleiben kann (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 17; Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20; Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 18, 21; Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 Rn. 16), einen (unbehebbaren) Sachmangel darstellt, weil sie ebenfalls einen merkantilen Minderwert zur Folge hat, lässt sich bislang – anders als für die Eigenschaft als Unfallfahrzeug – nicht allgemeingültig und abschließend beantworten (nach einem Sachverständigengutachten in einem konkreten Fall verneinend zuletzt etwa OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.03.2021 – 17 U 102/18, NJW-RR 2021, 852 Rn. 37 ff. [zu § 441 BGB]). Denn bislang ist weder geklärt, wie sich die bei den betroffenen Fahrzeugen verbauten Abschalteinrichtungen beziehungsweise die zu ihrer Entfernung vorgenommenen Softwareupdates auf das Fahrzeug im Übrigen auswirken, noch – was insoweit entscheidend ist – ob beziehungsweise inwieweit aufgrund dessen bei weiten Teilen des Publikums wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden oder des Risikos höherer Schadensanfälligkeit eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derart beschädigten Kraftfahrzeugs besteht, der sich in einer entsprechenden Herabsetzung des Verkehrswerts niederschlägt (Senat, Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 25; Beschl. v. 09.11.2021 – VIII ZR 184/20, juris Rn. 21; Beschl. v. 08.12.2021 – VIII ZR 280/20, juris Rn. 25).

[48]   (bb) Vor diesem Hintergrund ist es (jedenfalls derzeit) für einen substanziierten Sachvortrag ausreichend, dass der Kläger behauptet hat, die ungewissen Auswirkungen des Softwareupdates sowie das infolge des Abgasskandals allgemein gesunkene Vertrauen in von der Beklagten zu 2 produzierte Dieselfahrzeuge führe dazu, dass allein aufgrund des Makels „vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug“ ein Kraftfahrzeug auf dem freien Markt einen Wertverlust erleide.

[49]   3. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§ 257 BGB) verneint. Zwar kann zur Begründung hierfür nicht darauf abgestellt werden, es bestehe „bereits dem Grunde nach“ kein Hauptanspruch, da nach Vorstehendem ein Rückabwicklungsanspruch des Klägers aus § 346 BGB nicht ausgeschlossen werden kann. Die Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO), weil eine solche Forderung unter keinem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt.

[50]   a) Die Beklagte zu 1 befand sich bei Abfassung des Rücktrittsschreibens durch den späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht in Verzug mit der Nacherfüllung, sodass ein Anspruch aus §§ 280 I, II, 286, 288 IV BGB nicht besteht.

[51]   b) Auch auf § 280 I BGB kann der Kläger einen Anspruch auf Freistellung von den angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht stützen. Denn es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Beklagte zu 1 die Verletzung ihrer nach § 433 I 2 BGB bestehenden Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache zu vertreten hatte (§ 280 I 2 BGB). Ein etwaiges Verschulden des Herstellers ist ihr nicht nach § 278 BGB zuzurechnen (vgl. Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 75 m. w. Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[52]   c) Schließlich kommt ein Freistellungsanspruch, gestützt auf die Verpflichtung des Verkäufers, im Rahmen einer Nacherfüllung die in § 439 II BGB aufgeführten Kosten zu tragen, nicht in Betracht. Zwar können auch die im Zuge der Durchsetzung eines Nacherfüllungsanspruchs entstandenen Rechtsanwaltskosten unter diese Vorschrift fallen. Jedoch sind die vorliegend für die Abfassung des Rücktrittschreibens vom 08.09.2016 angefallenen Anwaltskosten nicht – wie von der genannten Vorschrift vorausgesetzt – „zum Zwecke der Nacherfüllung“ aufgewandt worden. Denn der Kläger hat die Beklagte zu 1 hiermit gerade nicht zur Durchführung der Nacherfüllung aufgefordert, sondern unmittelbar die Anfechtung des Kaufvertrags und (hilfsweise) den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Die Zielrichtung der anwaltlichen Tätigkeit, für deren Kosten der Kläger Freistellung begehrt, bestand damit nicht – wie von § 439 II BGB vorausgesetzt – darin, dem Kläger die Durchsetzung seines Nacherfüllungsanspruchs zu ermöglichen (vgl. Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 76 ff. m. w. Nachw., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

[53]   III. Nach alledem kann das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 I ZPO). Die nicht zur Endentscheidung reife Sache ist – im Umfang der Aufhebung – zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 I 1 ZPO), damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.

[54]   Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass der Rücktritt auf Grundlage der derzeitigen Feststellungen auch nicht nach § 323 V 2 BGB wegen einer Unerheblichkeit des Mangels ausgeschlossen ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Ansicht des Landgerichts zutrifft, wonach der in der unzulässigen Abschalteinrichtung liegende (Ursprungs-)Mangel – ungeachtet der zu seiner Beseitigung aufzuwendenden Kosten – schon deshalb nicht unerheblich sei, weil im Falle seiner Nichtbeseitigung – durch Aufspielen des Softwareupdates – die Stilllegung des Fahrzeugs drohe (vgl. Senat, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 52 [zum Erlöschen der Betriebserlaubnis infolge des Ursprungsmangels]). Jedenfalls steht – wie ausgeführt – derzeit nicht fest, dass sich die unzulässige Abschalteinrichtung durch das Softwareupdate (mit geringem Kostenaufwand) folgenlos beseitigen ließe, sodass der Rücktritt des Klägers nicht wegen einer – von der Beklagten zu 1 darzulegenden und nachzuweisenden – Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ausgeschlossen ist (vgl. Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 47, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

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