1. Ein Neu­wa­gen, der beim Brem­sen Quietsch­ge­räu­sche macht, ist man­gel­haft (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), weil er nicht die Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei ei­nem un­be­nutz­ten Fahr­zeug glei­cher Art und Gü­te üb­lich ist und von ei­nem Käu­fer er­war­tet wer­den kann.
  2. Die von ei­nem vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­te­nen Kfz-Käu­fer ge­schul­de­te Nut­zungs­ent­schä­di­gung darf im Kla­ge­an­trag bzw. im Ur­teils­te­nor nicht nach der „Karls­ru­her For­mel“ und da­mit nicht in der Wei­se be­rück­sich­tigt wer­den, dass le­dig­lich ih­re Be­rech­nung vor­ge­ge­ben wird (hier: „0,095 € × Ki­lo­me­ter ge­mäß Ta­chostand … im Zeit­punkt der Rück­ga­be“).
  3. Ob ei­ne Sa­che ge­braucht ist, ist nach ei­nem ob­jek­ti­ven Maß­stab zu be­stim­men und – je­den­falls bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf – ei­ner Par­tei­ver­ein­ba­rung ent­zo­gen. Ein Kraft­fahr­zeug ist des­halb nur dann ei­ne ge­brauch­te Sa­che, wenn es be­reits zum Zweck der Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr in Ge­brauch ge­nom­men wor­den ist. Es ist re­gel­mä­ßig aber nicht schon des­halb ge­braucht, weil es nicht mehr als „fa­brik­neu“ ver­kauft wer­den kann.

KG, Ur­teil vom 03.06.2013 – 25 U 49/12

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten über die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags.

Der Klä­ger ist an­ge­stell­ter Rechts­an­walt. Der Be­klag­te war Kom­ple­men­tär der K-KG, die ei­nen ge­werb­li­chen Au­to­han­del be­trieb. Am 25.06.2008 (Tag der Ein­tra­gung im Han­dels­re­gis­ter) schied die ein­zi­ge Kom­man­di­tis­tin Frau X aus der K-KG aus. Der Be­klag­te führ­te das Un­ter­neh­men als Ein­zel­un­ter­neh­mer un­ter der Fir­ma B e. K. fort. Am 28.08.2008 wur­de das Be­triebs­ver­mö­gen durch Aus­glie­de­rungs- und Über­nah­me­ver­trag auf die G-GmbH über­tra­gen, die ih­rer­seits am 26.03.2009, ein­ge­tra­gen in das Han­dels­re­gis­ter am 08.06.2009, in die W-GmbH & Co. KG um­ge­wan­delt wur­de. Letz­te­re be­schloss am 03.01.2012 ih­re Li­qui­da­ti­on.

Der Klä­ger kauf­te mit Kauf­ver­trag vom 05.01.2008 von der K-KG ei­nen Al­fa Ro­meo 159 zum Preis von 23.750 €.

In ei­nem mit Kla­ge­schrift vom 24.02.2010 ein­ge­lei­te­ten Rechts­streit nahm er die K-KG auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges in An­spruch und ob­sieg­te wei­test­ge­hend. Das Be­ru­fungs­ge­richt wies un­ter dem 12.07.2012 dar­auf hin, dass die Kla­ge un­zu­läs­sig sei, weil ei­ne bei Kla­ge­ein­rei­chung nicht mehr exis­tie­ren­de Par­tei ver­klagt wor­den sei. Der Klä­ger nahm die Kla­ge an­schlie­ßend zu­rück.

Nun­mehr nimmt der Klä­ger den Be­klag­ten als Kom­ple­men­tär der K-KG in An­spruch. Das Land­ge­richt (LG Ber­lin, Urt. v. 01.11.2012 – 27 O 115/12) hat die Kla­ge mit der Be­grün­dung ab­ge­wie­sen, dass die vom Be­klag­ten er­ho­be­ne Ver­jäh­rungs­ein­re­de durch­grei­fe. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger kann von dem Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges ver­lan­gen. So­weit der Klä­ger die Fest­stel­lung be­gehrt, der Be­klag­te sei ver­pflich­tet, auch wei­te­re ma­te­ri­el­le Schä­den zu er­set­zen, ist die Kla­ge un­be­grün­det, da et­wai­ge Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers ver­jährt sind.

1. Die Kla­ge ist auch in der Form der zu­letzt ge­stell­ten An­trä­ge ge­mäß § 533 ZPO … zu­läs­sig. Die Um­for­mu­lie­rung der An­trä­ge im Be­ru­fungs­ter­min auf Hin­weis des Se­nats er­folg­te, weil ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Vor­in­stanz ein An­trag auf Ba­sis der so­ge­nann­ten Karls­ru­her For­mel nicht zu­läs­sig ist (vgl. KG, Urt. v. 18.12.2006 – 2 U 13/06, ju­ris) und das Fahr­zeug bei Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges an den Be­klag­ten als Rechts­nach­fol­ger der Ver­käu­fe­rin … her­aus­zu­ge­ben ist. Ei­ne in­halt­li­che Än­de­rung des Be­geh­rens des Klä­gers ist mit der Um­for­mu­lie­rung der An­trä­ge nicht ver­bun­den.

2. Der Klä­ger hat ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I und II BGB An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­tra­ges.

a) Der Be­klag­te ist für die An­sprü­che aus dem zwi­schen dem Klä­ger und der K-KG ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag pas­siv­le­gi­ti­miert. Im Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­tra­ges am 05.01.2008 war der Be­klag­te Kom­ple­men­tär der K-KG. Durch das an­schlie­ßen­de Aus­schei­den der ein­zi­gen Mit­ge­sell­schaf­te­rin und Kom­man­di­tis­tin aus der Ge­sell­schaft ist der Be­klag­te Rechts­nach­fol­ger der Ge­sell­schaft und als sol­cher Ver­trags­part­ner des Klä­gers ge­wor­den (vgl. Hopt, in: Baum­bach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 131 Rn. 35; Ul­mer/Schä­fer, in: MünchKomm-BGB, 5. Aufl., § 718 Rn. 13). Durch die spä­te­re Über­nah­me des ur­sprüng­li­chen Ver­mö­gens der K-KG durch die G-GmbH so­wie de­ren an­schlie­ßen­de Um­wand­lung in die W-GmbH & Co. KG wur­de der Be­klag­te nicht aus sei­ner Haf­tung we­gen An­sprü­chen aus dem Kauf­ver­trag be­freit (§ 156 Um­wG).

b) Das Fahr­zeug war im Zeit­punkt der Über­ga­be man­gel­haft.

aa) Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug hat ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, da es auf­grund der Quietsch­ge­räu­sche beim Brem­sen nicht die Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei ei­nem un­be­nutz­ten Fahr­zeug glei­cher Art und Gü­te üb­lich ist und von ei­nem Käu­fer er­war­tet wer­den kann (vgl. zu Neu­wa­gen LG Köln, Urt. v. 24.06.2009 – 28 U 11/07, ju­ris; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl., Rn. 1059).

bb) Ge­mäß § 476 BGB ist zu ver­mu­ten, dass die­ser Man­gel be­reits im Zeit­punkt der Über­ga­be vor­han­den war.

(1) Ge­mäß § 476 BGB wird bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf dann, wenn sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang ein Sach­man­gel zeigt, ver­mu­tet, dass die Sa­che be­reits bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft war, es sei denn, die­se Ver­mu­tung ist mit der Art der Sa­che oder des Man­gels un­ver­ein­bar. Die Be­stim­mung setzt ei­nen bin­nen sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang auf­ge­tre­te­nen Sach­man­gel vor­aus und be­grün­det ei­ne le­dig­lich in zeit­li­cher Hin­sicht wir­ken­de Ver­mu­tung, dass die­ser Man­gel be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­lag (BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VI­II ZR 259/06, ju­ris Rn. 15 m. w. Nachw.). Da­nach sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­mu­tung ge­mäß § 476 BGB vor­lie­gend er­füllt. Bei dem Ver­kauf des Fahr­zeugs han­delt es sich um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. des § 474 I 1 BGB, da der Klä­ger als an­ge­stell­ter Rechts­an­walt kein Un­ter­neh­mer ist. An­ders als noch in der ers­ten In­stanz des Ver­fah­rens … (nach­fol­gend: Vor­pro­zess) ist im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren un­strei­tig, dass sich das im Zeit­punkt der Über­ga­be noch nicht auf­ge­tre­te­ne Quiet­schen der Brem­sen erst­mals rund zwei Mo­na­te nach Über­ga­be des Fahr­zeugs ge­zeigt hat.

(2) Die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 476 BGB ist vor­lie­gend nicht aus­ge­schlos­sen, weil der Zu­stand „quiet­schen­de Brem­sen“ im Zeit­punkt der Über­ga­be noch nicht vor­ge­le­gen hat.

Nach der Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, ju­ris Rn. 12 ff.; Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, ju­ris Rn. 16) kann für die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 476 BGB nicht auf ei­nen Fol­ge­man­gel ab­ge­stellt wer­den, der im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs noch nicht vor­han­den war, son­dern sich erst durch ei­ne oder meh­re­re an­de­re Ur­sa­chen ent­wi­ckelt hat. In die­ser Kon­stel­la­ti­on ist An­knüp­fungs­punkt für die Ge­währ­leis­tungs­haf­tung des Ver­käu­fers nicht der erst nach Über­ga­be ent­stan­de­ne Fol­ge­man­gel, son­dern die zu­grun­de lie­gen­de Ur­sa­che. Ob ei­ne sich nicht bin­nen sechs Mo­na­ten zei­gen­de Ur­sa­che als Man­gel be­reits im Zeit­punkt der Über­ga­be in der Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs an­ge­legt war, wird nicht auf­grund des sich bin­nen sechs Mo­na­ten zei­gen­den Fol­ge­man­gels ge­mäß § 476 BGB ver­mu­tet (vgl. BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, ju­ris Rn. 12 ff.; Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, ju­ris Rn. 16).

So liegt der vor­lie­gen­de Fall in­des­sen nicht. An­knüp­fungs­punkt für die Haf­tung des Be­klag­ten ist nicht ein Fol­ge­man­gel, son­dern nach den Fest­stel­lun­gen des … ge­mäß § 411a ZPO im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ver­wer­te­ten Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S vom 04.09.2011 das un­er­wünsch­te Schwin­gungs­ver­hal­ten der Brems­kom­po­nen­ten selbst, das – wie sich aus dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S vom 04.11.2011 er­gibt – kei­ne Fol­ge­schä­den ver­ur­sacht. Die­ses Schwin­gungs­ver­hal­ten bzw. Quiet­schen hat sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten ge­zeigt, so­dass die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 476 BGB in­so­weit greift.

Da­mit ist der vor­lie­gen­de Fall nicht mit den vom BGH ent­schie­de­nen Fäl­len ver­gleich­bar, in de­nen die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 476 BGB für die Ur­sa­che ei­nes Fol­ge­man­gels ver­neint wur­de. In dem Zahn­rie­men­fall (BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, ju­ris) konn­te nicht ge­klärt wer­den, ob die durch die Be­weis­auf­nah­me er­mit­tel­te Scha­den­sur­sa­che (Lo­cke­rung des Zahn­rie­mens) für den Fol­ge­scha­den (Mo­tor­scha­den) auf ei­nem wei­te­ren, von dem Ver­käu­fer zu ver­tre­te­nen Man­gel oder ei­nem Be­die­nungs­feh­ler des Käu­fers be­ruh­te. Der für die Ge­währ­leis­tungs­haf­tung maß­ge­ben­de Man­gel, die Lo­cke­rung des Zahn­rie­mens, hat sich dem­nach an­ders als der Man­gel im vor­lie­gen­den Fall nicht in­ner­halb der sechs Mo­na­te, son­dern erst im Rah­men der spä­te­ren Be­weis­auf­nah­me ge­zeigt. Eben­falls nicht ver­gleich­bar ist der vor­lie­gen­de Fall mit dem vom BGH ent­schie­de­nen Tur­bo­la­der­fall (BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, ju­ris). Bei die­sem hat­te sich die Ur­sa­che für den spä­te­ren De­fekt eben­falls zu­nächst nicht ge­zeigt, und auf­grund der spä­te­ren Be­weis­auf­nah­me im Pro­zess konn­te ein kei­nen Man­gel dar­stel­len­der Ver­schleiß als Ur­sa­che für den spä­te­ren De­fekt nicht aus­ge­schlos­sen wer­den (BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, ju­ris Rn. 19).

(3) Ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten ist die Ver­mu­tung des § 476 BGB nicht mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, weil die Brem­sen bei Über­ga­be noch nicht ge­quietscht ha­ben. Die Er­kenn­bar­keit des Man­gels ist nicht Vor­aus­set­zung für die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 476 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 11.07.2007 – VI­II ZR 110/06 Rn. 11). Viel­mehr soll die Ver­mu­tung des § 476 BGB ge­ra­de Ver­brau­chern bei ver­steck­ten Män­geln zu­gu­te­kom­men (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3341).

(4) Der Be­klag­te hat die Ver­mu­tung des § 476 BGB nicht wi­der­legt.

Die ge­setz­li­che Ver­mu­tung des § 476 BGB kann nur durch Be­weis des Ge­gen­teils wi­der­legt wer­den, ei­ne blo­ße Er­schüt­te­rung reicht nicht aus (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3345). Die blo­ße von dem Be­klag­ten be­haup­te­te Mög­lich­keit, das Quiet­schen der Brem­sen kön­ne nach Über­ga­be des Fahr­zeugs durch ei­ne Fehl­be­die­nung der Brem­sen ver­ur­sacht wor­den sein, ist da­her nicht ge­nü­gend. Auch nach den Fest­stel­lun­gen in dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S vom 04.09.2011 gibt es kei­ne An­halts­punk­te für ei­ne Ver­ur­sa­chung des Man­gels durch ei­ne Fehl­be­die­nung.

bb) Der Rück­tritt des Klä­gers ist nicht ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen, weil die dem Man­gel zu­grun­de lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist.

Nach der neue­ren Recht­spre­chung des BGH (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VI­II ZR 202/10, NJW 2011, 2872; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1031) ist für die Un­er­heb­lich­keit in ers­ter Li­nie auf das Ver­hält­nis der Kos­ten für die Be­sei­ti­gung des Man­gels zum Kauf­preis ab­zu­stel­len. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die Un­er­heb­lich­keit trägt der Ver­käu­fer (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1064). An­ders als noch im Vor­pro­zess be­haup­tet der Be­klag­te im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren je­doch nicht, dass der Man­gel un­er­heb­lich und für die Re­pa­ra­tur der Brem­sen le­dig­lich ein be­stimm­ter Be­trag auf­zu­wen­den sei.

c) Der Klä­ger hat durch sei­ne mit E-Mails vom 16.12. und 22.12.2012 ge­gen­über der K-KG ab­ge­ge­be­nen Er­klä­run­gen wirk­sam ei­ne Frist zur Be­sei­ti­gung des Man­gels ge­setzt und … den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt (§§ 437 Nr. 2, 323 I BGB). Die Er­klä­run­gen sind ge­gen­über dem Be­klag­ten wirk­sam. Sie sind da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass sich an den Ver­trags­part­ner des Klä­gers rich­ten …

d) Die An­sprü­che des Klä­gers aus dem Rück­tritt sind nicht ver­jährt.

aa) Ge­mäß § 218 I BGB ist ein Rück­tritt un­wirk­sam, wenn er nach Ein­tritt der Ver­jäh­rung er­klärt wird. Dies ist vor­lie­gend nicht der Fall. Der Klä­ger hat den Rück­tritt per E-Mail vom 22.12.2009 und da­mit in­ner­halb der zwei­jäh­ri­gen Ge­währ­leis­tungs­frist ge­mäß § 438 I Nr. 3 BGB er­klärt.

bb) Die Ver­jäh­rungs­frist wur­de durch Nr. 6.9 der dem Kauf­ver­trag zu­grun­de lie­gen­den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen nicht wirk­sam auf ein Jahr ver­kürzt. Der Ab­kür­zung der ge­setz­li­chen Ver­jäh­rungs­frist für An­sprü­che des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels (§ 438 BGB) auf zwölf Mo­na­te steht die Be­stim­mung des § 475 II BGB ent­ge­gen, der zu­fol­ge bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf die Ver­jäh­rung der in § 437 BGB be­zeich­ne­ten An­sprü­che des Käu­fers im Fal­le des Ver­kaufs neu­er Sa­chen nicht auf we­ni­ger als zwei Jah­re ab­ge­kürzt wer­den kann.

Das Fahr­zeug war im Zeit­punkt der Ver­äu­ße­rung kei­ne ge­brauch­te Sa­che. Ob ei­ne Sa­che ge­braucht ist, ist nach ei­nem ob­jek­ti­ven Maß­stab zu be­stim­men und – je­den­falls bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf – ei­ner Par­tei­ver­ein­ba­rung ent­zo­gen (BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 3/06, ju­ris Rn. 33). Aus­ge­hend vom Wort­sinn ist ei­ne Sa­che ge­braucht, wenn sie be­reits be­stim­mungs­ge­mäß be­nutzt wor­den ist (BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 3/06, ju­ris Rn. 27; MünchKomm-BGB/Lo­renz, 6. Aufl., § 474 Rn. 14). Bei ei­nem Kraft­fahr­zeug ist ent­schei­dend, ob es be­reits zum Zweck der Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr in Ge­brauch ge­nom­men wur­de (Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.03.2011, § 474 Rn. 18). Das ist hier nicht der Fall. Das Fahr­zeug hat­te im Zeit­punkt der Über­ga­be ei­nen Ta­chostand von le­dig­lich 10 km und war vor Über­ga­be nicht in ei­nem re­le­van­ten Um­fang im Stra­ßen­ver­kehr be­nutzt wor­den.

Das Fahr­zeug ist auch nicht als ge­braucht an­zu­se­hen, weil es vor Über­ga­be an den Klä­ger be­reits rund ein hal­bes Jahr zu­ge­las­sen war. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten sind die Kri­te­ri­en der „Fa­brik­neu­heit“ i. S. von § 434 BGB nicht oh­ne Wei­te­res auf den Be­griff der „ge­brauch­ten Sa­che“ i. S. von §§ 474, 475 BGB zu über­tra­gen (MünchKomm-BGB/Lo­renz, a. a. O., § 474 Rn. 16; Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 474 Rn. 18). Ein Fahr­zeug ist da­her nicht be­reits des­halb ge­braucht i. S. von §§ 474, 475 BGB, weil es nicht mehr als „fa­brik­neu­es“ Fahr­zeug ver­kauft wer­den kann. Et­was an­de­res könn­te bei ei­nem un­be­nutz­ten Fahr­zeug dann gel­ten, wenn es ei­nem er­höh­ten Sach­män­gel­ri­si­ko aus­ge­setzt ist, weil es stand­zeit­be­ding­te Män­gel auf­weist oder äl­ter als zwölf Mo­na­te ist und da­mit ei­nem wert­min­dern­den Al­te­rungs­pro­zess un­ter­lag (vgl. MünchKomm-BGB/Lo­renz, a. a. O., § 474 Rn. 16). Dies ist vor­lie­gend nicht der Fall. Der Be­klag­te be­haup­tet we­der, das Fahr­zeug sei im Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags äl­ter als zwölf Mo­na­te ge­we­sen, noch be­nennt er kon­kre­te stand­zeit­be­ding­te Män­gel. Die durch den frü­he­ren Zeit­punkt der Zu­las­sung ver­kürz­te Her­stel­ler­ga­ran­tie ist hin­ge­gen für die Fra­ge, ob das Fahr­zeug be­nutzt war, un­er­heb­lich. Denn die ver­kürz­te Ga­ran­tie war für den Klä­ger le­dig­lich recht­lich nach­tei­lig, setz­te das Fahr­zeug aber in tat­säch­li­cher Hin­sicht nicht ei­nem er­höh­ten Sach­män­gel­ri­si­ko aus.

cc) Auch die nach dem wirk­sa­men Rück­tritt des Klä­gers ent­stan­de­ne An­sprü­che aus dem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis ge­mäß §§ 346 ff. BGB sind nicht ver­jährt. Die An­sprü­che aus dem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis wer­den ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts nicht von § 348 BGB bzw. § 348 BGB ana­log er­fasst, son­dern un­ter­lie­gen der ge­setz­li­chen Re­gel­ver­jäh­rung nach §§ 195, 199 BGB (BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 3/06, ju­ris Rn. 37). Die Frist be­ginnt erst mit der Er­klä­rung des Rück­tritts zu lau­fen (Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 72. Aufl., § 218 Rn. 7). Vor­lie­gend be­gann die Frist so­mit erst En­de 2009 zu lau­fen, so­dass die An­sprü­che des Klä­gers aus dem Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis im Zeit­punkt der Zu­stel­lung der vor­lie­gen­den Kla­ge am 02.03.2012 noch nicht ver­jährt wa­ren.

e) Als Rechts­fol­ge des wirk­sa­men Rück­tritts hat der Klä­ger ge­mäß §§ 346 ff. BGB An­spruch auf Rück­zah­lung des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses von 23.750 € zu­züg­lich Wert­er­satz für not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen und ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 11.448,46 €, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs.

aa) Die Hö­he der Nut­zungs­ent­schä­di­gung ist aus­ge­hend von der un­strei­ti­gen Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs im Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung am 13.05.2013 von 120.509 km so­wie ei­ner auf 250.000 km an­zu­set­zen­den Ge­samt­lauf­leis­tung zu be­rech­nen. Ge­gen die von dem Klä­ger bei der Be­rech­nung sei­nes zu­letzt ge­stell­ten Zah­lungs­an­trags zu­grun­de ge­leg­ten Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km wen­det der Be­klag­te nichts ein. Ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km ent­spricht im Üb­ri­gen dem, was nach der Recht­spre­chung in der Re­gel für ver­gleich­ba­re Fahr­zeu­ge die­ser Art ana­log § 287 ZPO ge­schätzt wird (vgl. Recht­spre­chungs­über­sicht bei Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3574).

bb) Ge­mäß § 347 II BGB hat der Klä­ger An­spruch auf Wert­er­satz in Hö­he von 412,46 € für not­wen­di­ge Auf­wen­dun­gen auf das Fahr­zeug. Der von dem Be­klag­ten nicht be­strit­te­ne Be­trag setzt sich zu­sam­men aus 79,64 € für die Ein­la­ge­rung von Som­mer­rei­fen, 139,90 € für ei­nen Öl­wech­sel so­wie 192,92 € für ei­nen Bat­te­rie­tausch (zur Er­satz­fä­hig­keit die­ser Ein­zel­po­si­tio­nen vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1140 ff. …).

cc) Ins­ge­samt er­gibt sich für die ge­gen­sei­ti­gen ge­mäß §§ 346 ff. BGB be­ste­hen­den Zah­lungs­an­sprü­che fol­gen­de Rech­nung:

Kauf­preis 23.750,00 €
Ver­wen­dungs­er­satz + 412,46 €
./. Nut­zungs­ent­schä­di­gung ([23.750 € × 120.509 km] : 250.000 km) 11.448,35 €
  12.714,11 €

g) Auf­grund der Ver­wei­ge­rung der von dem Klä­ger an­ge­bo­te­nen Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges und Rück­nah­me des Fahr­zeugs ist fest­zu­stel­len, dass sich der Be­klag­te in Ver­zug mit der An­nah­me des Fahr­zeugs be­fin­det.

2. So­weit der Klä­ger im Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung auf­grund der zu die­sem Zeit­punkt ge­rin­ge­ren Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs zu­nächst ei­nen hö­he­ren Be­trag be­gehrt hat, ist fest­zu­stel­len, dass sich die Kla­ge er­le­digt hat. Un­er­heb­lich ist, dass der Klä­ger zu­nächst sei­nen An­trag nicht kon­kret be­zif­fert, son­dern sei­nen An­trag nach der so­ge­nann­ten Karls­ru­her For­mel for­mu­liert hat. Denn die von ei­ner teil­wei­se ver­tre­ten­den Auf­fas­sung (vgl. zum Mei­nungs­streit Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1185 ff. m. w. Nachw.) aus Prak­ti­ka­bi­li­täts­grün­den für zu­läs­sig er­ach­te­te An­trag­stel­lung nach der so­ge­nann­ten Karls­ru­her For­mel än­dert in der Sa­che nichts an dem mit der Kla­ge Ge­woll­ten.

3. Der Zins­an­spruch des Klä­ger so­wie der An­spruch auf Er­satz der ihm … ent­stan­de­nen au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten in Hö­he von 961,28 € be­ruht auf §§ 286, 288 BGB. Durch die Ver­wei­ge­rung der vom Klä­ger zu­sam­men mit der Er­klä­rung des Rück­tritts an­ge­bo­te­nen Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags … ge­riet der Be­klag­te ge­mäß § 286 II Nr. 3 BGB in Ver­zug. Auf­grund des Ver­zugs mit der An­nah­me des Fahr­zeugs ist un­ge­ach­tet der Fäl­lig­keits­re­gel in § 347 II 1 BGB auch der An­spruch des Klä­gers auf Wert­er­satz für not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen zu ver­zin­sen (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VI­II ZR 275/04, NJW 2005, 2848 Rn. 32). Die Hö­he der An­walts­ge­büh­ren ist auf Grund­la­ge des da­ma­li­gen Ki­lo­me­ter­stands des Fahr­zeugs von 49.906 und der sich dar­aus er­ge­ben­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung an­hand ei­nes Ge­büh­ren­werts von zu­min­dest bis zu 19.000 € zu be­rech­nen …

4. So­weit der Klä­ger be­an­tragt fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, auch die wei­te­ren ma­te­ri­el­len Schä­den zu er­set­zen, die dem Klä­ger in Fol­ge des Rück­tritts vom Kauf­ver­trag vom 05.01.2008 ent­ste­hen, ins­be­son­de­re Mehr­kos­ten im Ver­hält­nis zum Kauf­preis aus dem Kauf­ver­trag bei dem Kauf ei­nes bau­glei­chen Fahr­zeugs, ist die Kla­ge un­be­grün­det. Et­wai­ge An­sprü­che des Klä­gers ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 280 I und III, 281 BGB auf Er­satz der ihm ent­stan­de­nen Schä­den sind ver­jährt.

Zwar ist An­knüp­fungs­punkt für ei­ne Scha­dens­er­satz­haf­tung des Ver­käu­fers ei­nes Neu­wa­gens in der Re­gel die pflicht­wid­rig un­ter­las­se­ne Nach­bes­se­rung (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3678 ff.). Den­noch gilt – an­ders als bei An­sprü­chen aus ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt – für kauf­recht­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che die zwei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist des § 438 I Nr. 3 BGB (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 4075). Die­se be­ginnt un­ge­ach­tet der erst spä­te­ren Ent­ste­hung des An­spruchs ge­mäß § 438 II BGB be­reits ab Ab­lie­fe­rung der Sa­che. Selbst wenn man vor­lie­gend zu­guns­ten des Klä­gers da­von aus­gin­ge, dass die Par­tei­en im De­zem­ber 2009 auch über die Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers ver­han­delt ha­ben, trat die Ver­jäh­rung ge­mäß § 203 Satz 2 BGB so­mit drei Mo­na­te nach der Zu­rück­wei­sung der An­sprü­che durch E-Mail vom 18.12.2012, das heißt mit Ab­lauf des 18.03.2010 ein. Im Zeit­punkt der Ein­rei­chung der Kla­ge im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren An­fang 2012 wa­ren Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers dem­nach ver­jährt.

Die Be­ru­fung des Be­klag­ten auf die Ein­re­de der Ver­jäh­rung ist auch nicht treu­wid­rig, weil der Be­klag­te den Klä­ger von der Er­he­bung der Kla­ge ge­gen den „rich­ti­gen“ Schuld­ner ab­ge­hal­ten hat (zur Treu­wid­rig­keit der Be­ru­fung auf die Ver­jäh­rung in die­ser Kon­stel­la­ti­on vgl. BGH, Urt. v. 12.06.2002 – VI­II ZR 187/01, NJW 2002, 3110) … Die Scha­dens­an­sprü­che des Klä­gers wa­ren … be­reits im Zeit­punkt der Gel­tend­ma­chung im Vor­pro­zess ver­jährt, so­dass die In­an­spruch­nah­me des fal­schen Schuld­ners für die Ver­jäh­rung der Scha­dens­er­satz­an­sprü­che nicht ur­säch­lich war …

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