1. Die Ver­mu­tung des § 476 BGB ist nicht dann mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn der Man­gel – falls er schon bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat – für den Ver­käu­fer eben­so wie für den Käu­fer nicht er­kenn­bar war. Sie setzt nicht vor­aus, dass der Ver­käu­fer in Be­zug auf den be­tref­fen­den Man­gel bes­se­re Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten hat als der Käu­fer.
  2. Der Käu­fer, der sich auf die ihm güns­ti­ge Be­weis­last­um­kehr ge­mäß § 476 BGB be­ruft, muss im Streit­fall dar­le­gen und be­wei­sen, dass die für die An­wen­dung die­ser Vor­schrift er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs nach § 474 BGB er­füllt sind, er ins­be­son­de­re beim Ab­schluss des Kauf­ver­trags als Ver­brau­cher i. S. des § 13 BGB ge­han­delt hat.

BGH, Ur­teil vom 11.07.2007 – VI­II ZR 110/06

Sach­ver­halt: Die Be­klag­te züch­tet Kat­zen. Am 11.08.2002 ver­kauf­te sie der Klä­ge­rin ei­nen am 22.07.2002 ge­bo­re­nen Ka­ter als Zucht­tier zu ei­nem Kauf­preis von 660 €. Zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses be­saß die Klä­ge­rin ei­nen kas­trier­ten Ka­ter und zwei weib­li­che Kat­zen, de­ren Wür­fe sie je­weils ver­kauf­te, wo­bei im Jahr 2002 zwei Wür­fe und im Jahr 2003 ein Wurf an­fie­len. Die Be­klag­te über­gab der Klä­ge­rin den Ka­ter am 06.10.2002. Am 26.10.2002 stell­te der be­han­deln­de Tier­arzt bei ihm die Haut­pilz­er­kran­kung Mi­cro­spo­rum ca­nis fest.

In dem vor­lie­gen­den Rechts­streit be­gehrt die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz we­gen der Tier­arzt­kos­ten für die Be­hand­lung des ge­kauf­ten Ka­ters in Hö­he von 187,04 € und ih­rer an­de­ren drei Kat­zen in Hö­he von zu­letzt noch 999,66 €, ins­ge­samt 1.186,70 € nebst Zin­sen. Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, das Land­ge­richt die Be­ru­fung der Klä­ge­rin zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [3]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt:

[4]    Der Klä­ge­rin stün­den kei­ne Scha­dens­er­satz­an­sprü­che we­gen ei­nes Sach­man­gels des ge­kauf­ten Ka­ters zu. Die Klä­ge­rin ha­be nicht be­wie­sen, dass der Ka­ter be­reits bei der Über­ga­be von dem Er­re­ger Mi­cro­spo­rum ca­nis be­fal­len ge­we­sen sei. Sie kön­ne sich auch nicht auf die Be­weis­last­um­kehr des § 476 BGB stüt­zen.

[5]    Al­ler­dings sei die Klä­ge­rin nicht als Un­ter­neh­me­rin i. S. des § 14 BGB an­zu­se­hen. Die Be­klag­te ha­be nicht aus­rei­chend dar­ge­legt, dass die Klä­ge­rin in Aus­übung ih­rer ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit ge­han­delt ha­be. Al­lein die Tat­sa­che, dass sie ei­nen oder zwei Wür­fe Jung­kat­zen im Jahr ver­kau­fe, rei­che nicht aus, um die Klä­ge­rin, die sich als „Hob­by­züch­te­rin“ be­zeich­ne, als Un­ter­neh­me­rin an­zu­se­hen. Ei­ne ge­werb­li­che Tä­tig­keit der Klä­ge­rin lie­ge nur dann vor, wenn sie am Markt plan­mä­ßig und dau­er­haft Leis­tun­gen ge­gen Ent­gelt an­bie­te. Das sei nicht der Fall. Die Klä­ge­rin ge­be le­dig­lich die im Jahr ge­bo­re­nen Kat­zen­wel­pen ab, oh­ne dass dies an­ge­sichts von Art und Um­fang des von ihr ge­hal­te­nen Kat­zen­be­stands ei­ne plan­vol­le Aus­rich­tung auf ei­ne Viel­zahl von Ge­schäf­ten dar­stel­le. Die Be­klag­te ha­be fer­ner nicht dar­ge­legt, dass die Klä­ge­rin für die Ver­äu­ße­rung der über­zäh­li­gen Wel­pen ei­nen ge­wis­sen or­ga­ni­sa­to­ri­schen Min­dest­auf­wand be­trei­be. Al­lein dass die Klä­ge­rin Kat­zen züch­te und den Ka­ter als Zucht­tier er­wor­ben ha­be, be­deu­te nicht, dass die Zucht zwangs­läu­fig ge­werb­li­chen Zwe­cken die­ne. Viel­mehr kön­ne die­se auch al­lein die Pfle­ge ei­nes pri­va­ten Hob­bys dar­stel­len. Die von der Be­klag­ten zweit­in­stanz­lich vor­ge­leg­ten Such­ergeb­nis­se aus dem In­ter­net führ­ten zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis.

[6]    Auch wenn da­her die An­wend­bar­keit der Re­geln des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs (§§ 474 ff. BGB) nicht an der Un­ter­neh­mer­ei­gen­schaft der Klä­ge­rin schei­ter­te, kön­ne sie sich gleich­wohl nicht auf die Ver­mu­tung des § 476 BGB stüt­zen, weil die­se mit der Art des gel­tend ge­mach­ten Man­gels un­ver­ein­bar sei. Der Sach­man­gel be­ste­he in dem Be­fall des ver­kauf­ten Ka­ters mit den Er­re­gern der Mi­kro­spo­rie. Nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen be­tra­ge die Zeit zwi­schen dem Kon­takt des Tie­res mit den Er­re­gern und dem sicht­ba­ren Aus­bruch der Krank­heit zwi­schen sie­ben und vier­zehn Ta­gen. Sie kön­ne aber auch bis zu an­dert­halb Jah­ren dau­ern. Die Er­re­ger der Mi­kro­spo­rie sei­en prak­tisch über­all zu fin­den. Die Pilz­spo­ren über­leb­ten in der Um­welt bis zu 18 Mo­na­ten. Die In­fek­ti­on kön­ne so­wohl durch an­de­re Kat­zen als auch durch Ge­gen­stän­de über­tra­gen wer­den. Von den ver­wil­der­ten Kat­zen dürf­ten ca. 88 % und von den Zucht­kat­zen im­mer­hin noch ca. 35 % ver­seucht sein. Die Mi­kro­spo­rie kön­ne nicht nur auf an­de­re Kat­zen über­grei­fen, son­dern auch den Men­schen be­fal­len (Zoo­no­se). Die In­fek­ti­on des Ka­ters kön­ne da­nach so­wohl vor als auch erst nach der Über­ga­be er­folgt sein. Al­ler­dings rei­che die Tat­sa­che, dass die Pilz­er­kran­kung auf­grund der Viel­zahl der In­fek­ti­ons­mög­lich­kei­ten und Über­tra­gungs­we­ge je­der­zeit auf­tre­ten kön­ne, nicht aus, um ei­ne Aus­nah­me von dem Grund­satz des § 476 BGB an­zu­neh­men. Gleich­wohl kön­ne sich die Klä­ge­rin nicht auf die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 476 BGB be­ru­fen. Schutz­zweck des § 476 BGB sei es, das Un­gleich­ge­wicht zwi­schen Un­ter­neh­mer und Ver­brau­cher aus­zu­glei­chen, das sich ins­be­son­de­re aus den bes­se­ren Er­kennt­nis- und Be­weis­mög­lich­kei­ten des Un­ter­neh­mers hin­sicht­lich der Be­schaf­fen­heit der von ihm ver­kauf­ten Wa­re er­ge­be. Kön­ne der Un­ter­neh­mer den Man­gel trotz sorg­fäl­ti­ger Un­ter­su­chung nicht er­ken­nen, be­ste­he kein Er­kennt­nis­ge­fäl­le zum Ver­brau­cher und da­mit kein An­lass, die­sen durch ei­ne Be­weis­last­um­kehr zu schüt­zen. Hier sei­en die Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten der Par­tei­en gleich ge­we­sen. Nach der Ei­gen­art der Mi­kro­spo­rie sei die­se vor ei­nem sicht­ba­ren Aus­bruch we­der für den Ver­käu­fer noch für den Käu­fer oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar. In­so­weit las­se sich der Er­re­ger nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen nur durch ei­ne La­bor­un­ter­su­chung fest­stel­len, für die aber kein An­lass be­ste­he, so­lan­ge die Pilz­er­kran­kung nicht sicht­bar zum Aus­bruch kom­me.

[7]    II. Die­se Be­ur­tei­lung hält der recht­li­chen Nach­prü­fung nicht stand. Nach den bis­her ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen hat das Be­ru­fungs­ge­richt den von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch aus § 90a, § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit §§ 440, 280 I und III, 281 I BGB we­gen der Auf­wen­dun­gen für den von ihr ge­kauf­ten Ka­ter und in Ver­bin­dung mit § 280 I BGB we­gen der Auf­wen­dun­gen für ih­re an­de­ren drei Kat­zen in Hö­he von ins­ge­samt 1.186,70 € zu Un­recht ver­neint.

[8]    1. So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings da­von aus­ge­gan­gen ist, die Klä­ge­rin ha­be nicht be­wie­sen, dass der Ka­ter be­reits bei Über­ga­be an sie mit dem als sol­chem un­strei­ti­gen Man­gel der In­fek­ti­on mit den Er­re­gern der Mi­kro­spo­rie be­haf­tet ge­we­sen sei (§ 90a, §§ 434 I, 446 Satz 1 BGB), er­hebt die Re­vi­si­on kei­ne Ein­wen­dun­gen und be­ste­hen auch sonst kei­ne Be­den­ken. Nach den in­so­weit un­an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts, die auf den schrift­li­chen und münd­li­chen Aus­füh­run­gen des ge­richt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen in der ers­ten In­stanz be­ru­hen, kann die In­fek­ti­on des Ka­ters un­ter Be­rück­sich­ti­gung der In­ku­ba­ti­ons­zeit, die sie­ben bis vier­zehn Ta­ge, aber auch bis zu an­dert­halb Jah­ren be­tra­gen kann, der wei­ten Ver­brei­tung der Er­re­ger und der viel­fäl­ti­gen Über­tra­gungs­mög­lich­kei­ten so­wohl vor als auch nach der Über­ga­be er­folgt sein.

[9]    2. Zu Recht macht die Re­vi­si­on je­doch gel­tend, dass das Be­ru­fungs­ge­richt ei­ne Be­weis­last­um­kehr zu­guns­ten der Klä­ge­rin nach § 476 BGB rechts­feh­ler­haft ver­neint hat. Nach die­ser Vor­schrift wird bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I 1 BGB) dann, wenn sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang ein Sach­man­gel zeigt, ver­mu­tet, dass die Sa­che be­reits bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft war, es sei denn, die­se Ver­mu­tung ist mit der Art der Sa­che oder des Man­gels un­ver­ein­bar. Wie der Se­nat in­zwi­schen ent­schie­den hat, ist die Ver­mu­tung des § 476 BGB grund­sätz­lich auch auf den Tier­kauf an­zu­wen­den. Sie kann je­doch we­gen der Art des Man­gels bei be­stimm­ten Tier­krank­hei­ten aus­ge­schlos­sen sein (BGHZ 167, 40 [48 ff.]). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ist dies bei der hier ge­ge­be­nen In­fek­ti­ons­krank­heit der Mi­kro­spo­rie, die sich et­wa drei Wo­chen nach der Über­ga­be des Ka­ters an die Klä­ge­rin und da­mit in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang ge­zeigt hat, nicht der Fall.

[10]   a) Dass die Mi­kro­spo­rie je­der­zeit auf­tre­ten kann, recht­fer­tigt, wie das Be­ru­fungs­ge­richt in­so­weit zu­tref­fend an­ge­nom­men hat, kei­ne Aus­nah­me von der Ver­mu­tung des § 476 BGB. Nach der Recht­spre­chung des Se­nats ist die Ver­mu­tung, ein Sach­man­gel ha­be be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen, wie beim Kauf ei­ner Sa­che (Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490 [un­ter B II 1b cc (2)]; Urt. v. 21.12.2005 – VI­II ZR 49/05, NJW 2006, 1195 [un­ter II 2b bb]) auch beim Tier­kauf nicht schon dann mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn der Man­gel ty­pi­scher­wei­se je­der­zeit auf­tre­ten kann und des­halb kei­nen hin­rei­chen­den Rück­schluss dar­auf zu­lässt, dass er schon bei Ge­fahr­über­gang vor­lag. Mit dem Re­gel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis in § 476 BGB und dem Ver­brau­cher schüt­zen­den Cha­rak­ter der Norm wä­re es auch beim Tier­kauf nicht zu ver­ein­ba­ren, die Ver­mu­tung oh­ne Wei­te­res schon dar­an schei­tern zu las­sen, dass der Ent­ste­hungs­zeit­punkt ei­nes Man­gels ty­pi­scher­wei­se nicht zu­ver­läs­sig fest­ge­stellt wer­den kann; denn durch ei­ne der­ar­ti­ge Ein­engung der Be­weis­last­um­kehr wür­de der mit der Re­ge­lung be­zweck­te Ver­brau­cher­schutz weit­ge­hend aus­ge­höhlt (BGHZ 167, 40 [50]).).

[11]   b) Ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts ist die Ver­mu­tung des § 476 BGB hier aber auch nicht des­we­gen mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, weil der strei­ti­ge Man­gel, die In­fek­ti­on des Ka­ters mit den Er­re­gern der Mi­kro­spo­rie, bei Über­ga­be des Tie­res für die Be­klag­te eben­so wie für die Klä­ge­rin selbst bei ei­ner sorg­fäl­ti­gen Un­ter­su­chung – zu­min­dest äu­ßer­lich – nicht er­kenn­bar war. Für die Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB ist un­er­heb­lich, ob der Ver­käu­fer den Man­gel, so­fern die­ser schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war, hät­te er­ken­nen kön­nen. Sie setzt nicht vor­aus, dass der Ver­käu­fer in Be­zug auf den be­tref­fen­den Man­gel bes­se­re Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten hat als der Käu­fer (Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 476 Rn. 19; Gsell, EWiR 2006, 69 [70]; Maultzsch, NJW 2006, 3091 [3094]; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl. Rn. 1305 und 1312; a. A. OLG Stutt­gart, ZGS 2005, 36 [38]; Groh­mann/Gru­sch­in­ske, ZGS 2005, 452 [454 f.]; Wiet­os­ka, ZGS 2004, 8 [10]; Witt, NJW 2005, 3468 [3470]; of­fen­ge­las­sen im Se­nats­ur­teil vom 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490). Dem Wort­laut der Vor­schrift lässt sich da­für nichts ent­neh­men. Aus dem Ge­set­zes­zweck er­gibt sich nichts an­de­res. Zwar liegt der Be­weis­last­um­kehr des § 476 BGB aus­weis­lich der Ge­set­zes­be­grün­dung die Er­wä­gung zu­grun­de, dass ein Ver­käu­fer, der als Un­ter­neh­mer ei­ne be­weg­li­che Sa­che an ei­nen Ver­brau­cher ver­kauft, je­den­falls in en­gem zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit der Über­ga­be ty­pi­scher­wei­se über bes­se­re Er­kennt­nis- und Be­weis­mög­lich­kei­ten ver­fügt als der Ver­brau­cher (BT-Drs. 14/6040, S. 245). Das Ein­grei­fen der Ver­mu­tung hängt aber nicht da­von ab, ob im Ein­zel­fall ein Wis­sens­vor­sprung des Un­ter­neh­mers hin­sicht­lich der Man­gel­frei­heit der Kauf­sa­che be­steht. An­dern­falls wür­de die Be­weis­last­um­kehr bei ver­deck­ten Män­geln wie et­wa beim Ver­kauf ori­gi­nal­ver­pack­ter Wa­re ge­ne­rell nicht ein­grei­fen und der spe­zi­fisch Ver­brau­cher schüt­zen­de Cha­rak­ter der Vor­schrift da­mit weit­ge­hend leer­lau­fen.

[12]   3. Ob­wohl das Be­ru­fungs­ge­richt da­nach ei­ne Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB rechts­feh­ler­haft ver­neint hat, kann nach den bis­her ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht ab­schlie­ßend be­ur­teilt wer­den, ob ei­ne sol­che Be­weis­last­um­kehr hier Platz greift. Wie be­reits (oben un­ter II 2) er­wähnt, setzt die An­wend­bar­keit des § 476 BGB ge­mäß § 474 I 1 BGB ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf vor­aus. Ein sol­cher ist nach der letzt­ge­nann­ten Vor­schrift ge­ge­ben, wenn ein Ver­brau­cher von ei­nem Un­ter­neh­mer ei­ne be­weg­li­che Sa­che kauft. Strei­tig ist hier in­so­weit nur noch die Fra­ge, ob die Klä­ge­rin bei dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags der Par­tei­en vom 11.08.2002 als Ver­brau­che­rin nach § 13 BGB ge­han­delt hat. Das hat das Be­ru­fungs­ge­richt mit der Be­grün­dung an­ge­nom­men, die Be­klag­te ha­be nicht aus­rei­chend dar­ge­legt, dass die Klä­ge­rin als Un­ter­neh­me­rin nach § 14 BGB ge­han­delt ha­be. Das greift zwar die Re­vi­si­on als ihr güns­tig nicht an. Zu Recht be­an­stan­det aber die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung, dass die Be­grün­dung des Be­ru­fungs­ge­richts rechts­feh­ler­haft ist. Es kann of­fen­blei­ben, ob die von ihr er­ho­be­ne Ge­gen­rü­ge durch­greift, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be sich un­ter Ver­let­zung von § 286 ZPO nicht mit dem Vor­trag der Be­klag­ten aus­ein­an­der­ge­setzt, die Klä­ge­rin sei auf ih­rer In­ter­net­sei­te und in ei­ner im In­ter­net auf­ge­ge­be­nen Ver­kaufs­an­zei­ge als Un­ter­neh­me­rin auf­ge­tre­ten. Je­den­falls hat das Be­ru­fungs­ge­richt ver­kannt, dass nicht die Be­klag­te für die Un­ter­neh­mer­ei­gen­schaft der Klä­ge­rin, son­dern die Klä­ge­rin für ih­re Ei­gen­schaft als Ver­brau­che­rin die Dar­le­gungs- und Be­weis­last trägt.

[13]   a) Nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen trägt im Streit­fall der­je­ni­ge die Dar­le­gungs- und Be­weis­last, der sich auf den Tat­be­stand ei­ner ihm güns­ti­gen Rechts­norm be­ruft. Des­halb muss nach ganz herr­schen­der Auf­fas­sung grund­sätz­lich der Ver­brau­cher dar­le­gen und be­wei­sen, dass die Ver­brau­cher­schutz­vor­schrif­ten der §§ 474 ff. BGB in sei­nem Fall ein­grei­fen (OLG Düs­sel­dorf, ZGS 2004, 271 [273]; OLG Cel­le, NJW-RR 2004, 1645 [1646]; Pa­landt/Hein­richs, BGB, 66. Aufl., § 13 Rn. 4; MünchKomm-BGB/Mick­litz, 5. Aufl., § 13 Rn. 32; Er­man/Sa­en­ger, BGB, 11. Aufl., § 13 Rn. 20; Be­ckOK-BGB/Schmidt-Räntsch, Stand: 01.02.2007, § 13 Rn. 15; Stau­din­ger/Weick, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 13 Rn. 67). So liegt es auch hier. Die Klä­ge­rin be­ruft sich auf die ihr güns­ti­ge Vor­schrift des § 476 BGB. Sie muss des­halb dar­le­gen und be­wei­sen, dass sie bei dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags als Ver­brau­che­rin, mit­hin nicht in Aus­übung ih­rer ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit ge­han­delt hat. Das hat das Be­ru­fungs­ge­richt ver­kannt, in­dem es da­von aus­ge­gan­gen ist, die Be­klag­te ha­be nicht aus­rei­chend dar­ge­legt, dass die Klä­ge­rin als Un­ter­neh­me­rin ge­han­delt ha­be. Es ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass es hin­sicht­lich der Ver­brau­che­r­ei­gen­schaft der Klä­ge­rin beim Ab­schluss des Kauf­ver­trags zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis ge­kom­men wä­re, wenn es rich­ti­ger­wei­se von der Dar­le­gungs- und Be­weis­last der Klä­ge­rin aus­ge­gan­gen wä­re.

[14]   b) Ei­ner recht­li­chen Über­prü­fung des Be­ru­fungs­ur­teils in die­ser Hin­sicht steht nicht ent­ge­gen, dass die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung we­gen der vor­ge­nom­me­nen Be­weis­last­ver­tei­lung kei­ne Ge­gen­rü­ge er­hebt. Denn das Re­vi­si­ons­ge­richt hat die Fra­ge, ob der Tatrich­ter die Grund­sät­ze über die Be­weis­last rich­tig an­ge­wen­det hat, auch oh­ne Rü­ge je­den­falls dann nach­zu­prü­fen, wenn es, wie hier, um die Zu­wei­sung der Be­weis­last bei der An­wen­dung ma­te­ri­el­ler Rechts­sät­ze geht (BGH, Urt. v. 06.10.1998 – VI ZR 239/97, NJW 1999, 860 [un­ter II 3a] m. w. Nachw.).

[15]   III. Nach al­le­dem kann das Be­ru­fungs­ur­teil mit der ge­ge­be­nen Be­grün­dung kei­nen Be­stand ha­ben. Der Rechts­streit ist nicht zur End­ent­schei­dung reif, weil es noch wei­te­rer tatrich­ter­li­cher Fest­stel­lun­gen zur Ver­brau­che­r­ei­gen­schaft der Klä­ge­rin und ge­ge­be­nen­falls auch zu den wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruchs be­darf. Da­her ist das Be­ru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben, und die Sa­che ist zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§§ 562 I, 563 I ZPO).

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