- Bei einem im Fernabsatz geschlossenen Neuwagenkaufvertrag führen weder die Möglichkeit, das Fahrzeug hinsichtlich der Motorisierung, der Farbe, der (Sonder-)Ausstattung etc. zu konfigurieren, noch die Erstzulassung des Fahrzeugs zu einem Ausschluss des Widerrufsrechts des Verbrauchers nach § 312g II Nr. 1 BGB.
- Eine Widerrufsbelehrung bei einem Fernabsatzvertrag entspricht nicht den Vorgaben des Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB und ist daher nicht ordnungsgemäß, wenn sie dem Käufer überlässt zu beurteilen, ob die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines Widerrufsrechts im konkreten Fall erfüllt sind („Falls Sie ein Verbraucher sind und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln [wie z. B. über das Internet oder per Telefon] geschlossen haben, können Sie … widerrufen.“).
- Dem Verbraucher muss beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags in einer von der Musterwiderrufsbelehrung in Teilen abweichenden Widerrufsbelehrung die – auf der Internetseite des Unternehmers zugängliche – Telefonnummer des Unternehmers nicht mitgeteilt werden, wenn in der Widerrufsbelehrung die Postanschrift und die E-Mail-Adresse des Unternehmers als Kommunikationsmittel beispielhaft genannt werden (im Anschluss an BGH, Beschl. vom 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 5 ff.).
OLG Stuttgart, Urteil vom 11.03.2025 – 6 U 57/24
Sachverhalt: Am 25.02.2022 erwarb der Kläger als Verbraucher von der Beklagten, die gewerblich mit Kraftfahrzeugen handelt, im Wege des Fernabsatzes einen Neuwagen zum Preis von 46.520 €. Das Fahrzeug wurde dem Kläger nach Zahlung des Kaufpreises am 06.12.2022 übergeben und von ihm genutzt. Am 21.05.2023 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten per E-Mail den Widerruf seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf zurück und lehnte die Rücknahme des Fahrzeugs ab.
Während erstinstanzlich noch streitig war, ob der Kläger am 26.05.2023 um circa 17:00 Uhr erfolglos versucht hat, das Fahrzeug im Auslieferungscenter der Beklagten in Holzgerlingen zurückzugeben, ist dieser Rückgabeversuch im Berufungsverfahren unstreitig geworden.
Der Kläger ist der Auffassung, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft ist. Es verfüge über keine funktionierende Einparkhilfe, obwohl diese zum Zeitpunkt der Bestellung standardmäßig in jedem Tesla-Fahrzeug vorhanden gewesen sei. Im streitgegenständlichen Fahrzeug fehlten jedoch die dafür notwendigen Sensoren. Ein Softwareupdate habe diesen Mangel nicht beheben können.
Sein fernabsatzrechtlicher Widerruf – so meint der Kläger weiter – sei wirksam. Insbesondere sei die Widerrufsfrist mangels einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen. In der erteilten Widerrufsbelehrung fehle die Angabe der Telefonnummer der Beklagten. Somit habe die Beklagte den unzutreffenden Eindruck erweckt, der Widerruf müsse in Textform erklärt werden. Darüber hinaus habe ihn die Beklagte nicht über die Kosten der Rücksendung der Ware aufgeklärt und ihn auch nicht zutreffend über eine Pflicht zum Wertersatz informiert. Außerdem habe die Beklagte nicht transparent darüber aufgeklärt, dass dem Verbraucher im Falle eines Widerrufs die „Bestellgebühr“ in Höhe von 250 € erstattet werde. Schließlich sei die Widerrufsbelehrung intransparent, da beim Leser der Eindruck erweckt werde, das Widerrufsrecht müsse mittels eines bestimmten Formulars ausgeübt werden. Infolge seines wirksamen Widerrufs habe er, der Kläger, gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, ohne dass der Beklagten ein Anspruch auf Wertersatz zustehe.
Die Beklagte stellt Mängel des Fahrzeugs in Abrede. Die Voraussetzungen eines mangelbedingten Rücktritts vom Kaufvertrag lägen aber auch deshalb nicht vor, weil der Kläger ihr keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben habe.
Ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht des Klägers bestehe schon nach § 312g II Nr. 1 BGB nicht, da das streitgegenständliche Fahrzeug auf Grundlage einer individuellen Auswahl des Klägers hergestellt worden und auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnitten sei. Bei der Bestellung des Fahrzeugs habe der Kläger insbesondere die Art des Antriebs (Hinterrad- oder Allradantrieb), die Motorisierung, die Farbe (Lackierung und Interieur), die Art der Felgen beziehungsweise des Autopiloten, die Innenausstattung sowie etwaige Sonderausstattungen (hier: Anhängerkupplung) individuell ausgewählt. Ferner habe der Kläger das Fahrzeug durch Zulassung auf seinen Namen auch rechtlich individualisiert.
Jedenfalls sei der Widerruf, den der Kläger fünf Monate nach Übergabe des Fahrzeugs erklärt hat, verfristet gewesen. Bei Vertragsschluss habe sie, die Beklagte, dem Kläger eine Widerrufsbelehrung übermittelt, in der sie ihn korrekt und umfassend über die Bedingungen des Widerrufsrechts, die Fristen und das Verfahren informiert habe. Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung sei nicht erforderlich und deren Fehlen führe nicht zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist. Ferner stelle sie sowohl im Bestellprozess als auch in der Widerrufsbelehrung unmissverständlich dar, dass die während des Bestellprozesses getätigte Anzahlung im Falle der Ausübung eines gesetzlichen Widerrufsrechts an den Verbraucher zurückgezahlt werde. Die Angabe der Rücksendekosten sei nicht erforderlich und ihr Fehlen habe keinen Einfluss auf den Lauf der Widerrufsfrist. Über die Modalitäten der Rückgabe habe sie den Kläger hinreichend belehrt. Eine Information über die Pflicht zum Wertersatz sei nicht notwendig und ihr Fehlen wirke sich nicht auf die Widerrufsfrist aus.
Die Beklagte hält das Verhalten des Klägers zudem für rechtsmissbräuchlich. Er habe das Fahrzeug zugelassen und mehr als fünf Monate benutzt. Eine Zulassung sei jedoch nicht erforderlich gewesen, um die Beschaffenheit, die Eigenschaften und die Funktionsweise des Fahrzeugs zu prüfen. Vielmehr hätte der Kläger ein Kurzzeitkennzeichen beantragen können. Zudem wolle er die staatlichen Fördermittel, die er für den Erwerb und das Halten eines Elektrofahrzeugs erhalten habe, einbehalten.
Der Kläger verhalte sich auch widersprüchlich, indem er das Fahrzeug trotz seines Widerrufs weiter nutze.
Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf ihr Zurückbehaltungsrecht gemäß § 357 IV BGB. Ein ernsthafter Versuch der Rückgabe des Fahrzeugs liege nicht vor. Der Kläger habe ihr das Fahrzeug nicht nach vorheriger Ankündigung und somit weder zur rechten Zeit noch am rechten Ort angeboten. Sie, die Beklagte, müsse ausreichend personelle und örtliche Kapazitäten vorhalten, um ein zurückgegebenes Fahrzeug gemeinsam mit der Übergabeperson zu untersuchen und etwaige Beschädigungen im Zeitpunkt der Rückgabe zu dokumentieren. Eine vorherige Ankündigung der Rückgabe sei daher erforderlich.
Sollte der Widerruf des Klägers wirksam sein, müsse dieser ihr Wertersatz zu leisten. Selbst wenn die Widerrufsbelehrung nicht allen Anforderungen genügen sollte, entfalle der Anspruch auf Wertersatz nicht wegen eines höchstens geringfügigen formalen Mangels. Die Zulassung eines Fahrzeugs gehe über die bloße Prüfung der Beschaffenheit hinaus und entspreche nicht einem Warentest bei einem Präsenzkauf. Außerdem stehe ihr, der Beklagten, ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Mit dem Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 15.020 € und mit einem unbezifferten Schadenersatzanspruch rechnet die Beklagte hilfsweise gegen den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch auf.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger sei wirksam über sein Widerrufsrecht belehrt worden, sodass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen gewesen sei. Insbesondere sei die Angabe der Telefonnummer der Beklagten in der Widerrufserklärung nicht erforderlich gewesen. Die Widerrufsbelehrung sei auch nicht deshalb nicht ordnungsgemäß, weil eine Information über die Kosten der Rücksendung fehle. Die Beklagte habe auch nicht fehlerhaft über den im Falle eines wirksamen Widerrufs möglicherweise zu leistenden Wertersatz belehrt. Es bestehe keine Intransparenz darüber, dass eine bezahlte Bestellgebühr zurückerstattet werde. Dasselbe gilt für eine bestimmte Form des Widerrufs.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Argumentation weiterhin die erstinstanzlich beantragte Verurteilung der Beklagten erreichen wollen. Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Hilfsweise hat sie – wie bereits in erster Instanz – die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 15.020 € und mit einem der Höhe nach nicht bezifferten Schadenersatzanspruch erklärt.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die in der Widerrufsbelehrung verwendeten Formulierungen „Verbraucher“ und „ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ einem Verbraucher kein Subsumtionsrisiko aufbürdeten. Sie begründeten auch nicht die Gefahr, Verbraucher zu täuschen und sie von der Erklärung eines Widerrufs abzuhalten. Einem Verbraucher entstünden keine Nachteile, wenn er im Zweifel das Widerrufsrecht ausübe und später feststellen müsse, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht. Ihr, der Beklagten, sei kein einziger Fall bekannt, in dem sich ein Kunde aufgrund der Formulierung der Widerrufsbelehrung von der Ausübung des Widerrufsrechts habe abhalten lassen. Die verwendeten Formulierungen seien klar, eindeutig und prägnant. Dies gelte erst recht, da der Begriff der Fernkommunikationsmittel mit dem Zusatz „wie z. B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o. ä.“ weiter erläutert werde und jeder Kunde seinen Kaufvertrag über ihre Internetseite abschließen müsse. Sofern ein Kunde vor Abschluss des Vertrags eine Probefahrt durchgeführt und im Anschluss in ihren – der Beklagten – Geschäftsräumen über den Vertragsschluss verhandelt habe, liege ohnehin kein Fernabsatzgeschäft vor. Für sie, die Beklagte, sei bei Vertragsschluss nicht erkennbar oder überprüfbar, ob der Kunde das Fahrzeug als Verbraucher oder als Unternehmer kaufe. Dies wisse nur der Kunde selbst. Von einem durchschnittlichen Verbraucher könne die Auslegung einfacher Rechtsbegriffe erwartet werden. Die Anforderungen an eine mögliche Konkretisierung dürften nicht überspannt werden. Falls dennoch ein Belehrungsmangel vorliege, sei dieser so gering, dass es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn der Kläger sich auf eine daraus entstehende formale Rechtsposition berufen dürfte.
Ein Anspruch auf Wertersatz sei nicht ausgeschlossen. Der Kläger nutze das Fahrzeug seit mehr als zwei Jahren. Diese Nutzung gehe über das Maß hinaus, das zu einer Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise des Fahrzeugs notwendig wäre. Aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten dürfe ein Wertersatzanspruch jedenfalls nicht ausgeschlossen sein, zumal der Kläger im Falle des Ausschlusses der Wertersatzpflicht ungerechtfertigt bereichert wäre. Ein Vergleich mit der Rechtslage bei einer Rückabwicklung nach sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung, bei der der Käufer zur Zahlung von Nutzungsersatz verpflichtet sei, müsse ebenfalls zu einer Wertersatzpflicht nach Widerruf führen. Jedenfalls aber bestehe ein Anspruch auf Ersatz des Wertverlustes, den das Fahrzeug durch die Erstzulassung erfahren habe.
Ein Anspruch auf Schadenersatz stehe ihr, der Beklagten, zu, weil der Kläger das Fahrzeug nach Erklärung des Widerrufs ohne Rechtsgrund weiter genutzt habe.
Die Berufung hatte weitgehend Erfolg.
Aus den Gründen: II. … 1. Ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 46.520 € – wie beantragt – nach Empfang der Gegenleistung in Form der Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs ergibt sich aus § 355 III 1, § 312g I BGB.
a) Gemäß Art. 229 § 32 I, § 38 I, § 58 EGBGB sowie – bezüglich des unmittelbar nach Vertragsschluss am 28.05.2022 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in Umsetzung der EU-Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union vom 10.08.2021 (BGBl 2021 I, 3483) – entsprechend Art. 170 EGBGB (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 84. Aufl., Einl. vor §§ 241 Rn. 14 m. Nachw. zur Rspr.) finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Februar 2022 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nichts anders vermerkt ist.
b) Der Kläger hat nach § 312g I BGB ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB für den zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag. Dieses ist nicht nach § 312g II Nr. 1 BGB ausgeschlossen.
aa) Der vorliegende Verbrauchsgüterkauf (vgl. § 474 I 1 BGB) wurde unstreitig als Fernabsatzvertrag geschlossen. Es wurden von der Beklagten als Unternehmerin und dem Kläger als Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Betriebssystems verwendet (vgl. § 312c BGB).
bb) Soweit die Beklagte vorträgt, dass das Widerrufsrecht des Klägers nach § 312g II Nr. 1 BGB ausgeschlossen sei – worauf sie aber, wenn dies zuträfe, wiederum nach Art. 246a § 1 III Nr. 1 EGBGB hätte hinweisen müssen –, da eine individuelle Anfertigung des Fahrzeugs nach Kundenspezifikation vorliege, kann sie hiermit nicht durchdringen.
(1) Nach § 312g II Nr. 1 BGB besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Ein Widerrufsrecht ist bei solchen Verträgen ausgeschlossen, weil die speziell für den Verbraucher hergestellten Waren nach einem etwaigen Widerruf vom Unternehmer nicht oder nur noch mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen weiterverwertet werden können.
Das Widerrufsrecht des Verbrauchers wird nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn die Ware beim Unternehmer nicht vorrätig ist, sondern erst auf individuelle Bestellung des Verbrauchers gefertigt wird. Angesichts der sich verändernden Produktionsprozesse, die zum einen die Lagerhaltung minimieren sollen und zum anderen dem Kundenwunsch nach einem möglichst passgenauen Produkt entgegenkommen, muss § 312g II Nr. 1 BGB eng ausgelegt werden, um Widerrufsrechte des Verbrauchers nicht unangemessen zu beschränken. Es genügt grundsätzlich nicht, dass der Verbraucher bestimmte Eigenschaften der Ware aus vom Unternehmer bereitgestellten Listen auswählen kann. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers ist deshalb nur dann wegen Anfertigung der Ware „nach Kundenspezifikation“ ausgeschlossen, wenn der Unternehmer durch die Rücknahme auf Bestellung angefertigter Ware erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleidet, die spezifisch damit zusammenhängen und dadurch entstehen, dass die Ware erst auf Bestellung des Kunden nach dessen besonderen Wünschen angefertigt wurde. Nicht ausreichend sind dagegen die Nachteile, die mit der Rücknahme bereits produzierter Ware stets verbunden sind.
§ 312g II Nr. 1 BGB ist auch nicht anwendbar, wenn die zu liefernde Ware auf Bestellung des Verbrauchers aus vorgefertigten Serienbauteilen zusammengefügt wird, die ohne Beeinträchtigung der Substanz mit geringem Aufwand wieder getrennt werden können, wie etwa ein Kfz mit üblicher Sonderausstattung. Darüber hinaus müssen die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehmer im Falle ihrer Rücknahme deshalb (wirtschaftlich) wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen absetzen kann. Dass die Ware durch die Ingebrauchnahme erheblich an Wert verliert, schließt das Widerrufsrecht nicht aus (vgl. zum Ganzen Grüneberg/Grüneberg, a. a. O., § 312g Rn. 4; BeckOK-BGB/Martens, Stand 01.08.2024, § 312g Rn. 15 ff. m. w. Nachw.; vgl. auch BGH, Urt. v. 19.03.2003 – VIII ZR 295/01, juris Rn. 13 f., 16).
(2) Diese Voraussetzungen erfüllt die vom Kläger getätigte Bestellung nicht. Der Kläger hat sich das Fahrzeug zwar im Einzelnen zusammengestellt (etwa Modell, Farbe Lackierung und Innenansicht, Anhängerkupplung, Art des Antriebs, Motorisierung, Art der Felgen, Art des Autopiloten), diese Spezifikationen aber aus von der Beklagten angebotenen Listen getätigt. Ferner sind nach unbestrittenem Klägervortrag eine Vielzahl von Modellen mit den klägerischen Spezifikationen im Gebrauchtwagenhandel verfügbar, sodass das Fahrzeug nach Rücknahme für die Beklagte auch nicht nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten absetzbar wäre.
(3) Auch eine Zulassung des Fahrzeugs auf den Kläger führt – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht zu einem Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g II Nr. 1 BGB. Das Fahrzeug mag durch die Erstzulassung einen Wertverlust erleiden, ist aber hierdurch nicht so individualisiert worden, dass es nach der Rücknahme nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten absetzbar und damit für den Unternehmer wirtschaftlich wertlos wäre.
c) Der Kläger hat den Widerruf am 21.05.2023 und damit fristgerecht erklärt. Da die Beklagten den Kläger nicht entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § I II 1 Nr. 1 EGBGB unterrichtet hat, hat der Lauf der Widerrufsfrist nicht begonnen (vgl. § 356 III 1 BGB).
aa) Die Beklagte hat nicht die Muster-Widerrufsbelehrung in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 II 2 EGBGB verwendet und kann sich daher nicht auf die sogenannte Gesetzlichkeitsfiktion berufen.
bb) Dass die Beklagte in der Widerrufsbelehrung ihre Telefonnummer nicht angegeben hat, führt, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, nicht zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung.
(1) Die Beklagte hat in der Widerrufsbelehrung ihre Postanschrift und ihre E-Mail-Adresse mitgeteilt. Die zusätzliche Angabe der Telefonnummer der Beklagten war im vorliegenden Fall nicht erforderlich, zumal diese ohne Weiteres auf ihrer Internetseite zugänglich war (vgl. ausführlich, auch zum Vorliegen eines acte clair, BGH, Beschl. vom 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 5 ff.).
(2) Darüber hinaus stünde, selbst wenn man von einer Unvollständigkeit der Widerrufsbelehrung im Hinblick auf die Nichtangabe der Telefonnummer ausginge, diese fehlende Angabe dem Anlaufen der Widerrufsfrist unter den gegebenen Umständen nicht entgegen (vgl. ausführlich, auch zum Vorliegen eines acte clair, BGH, Beschl. vom 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 16 ff.).
cc) Jedoch entspricht die erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem Gesetz, da sie den Verbraucher nicht darüber in Kenntnis setzt, ob im Einzelfall ein Widerrufsrecht besteht. Dabei hat der Senat die Übereinstimmung der Widerrufsbelehrung mit höherrangigem Recht als Rechtsfrage ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen. Der Beibringungsgrundsatz gilt insoweit nicht (vgl. BGH, Urt. v. 20.06.2016 – XI ZR 72/16, juris Rn. 28).
Mit dem Konditionalsatz am Beginn der Widerrufsbelehrung der Beklagten wird der Käufer lediglich über die persönlichen („Wenn sie Verbraucher sind“) und sachlichen („und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln [wie z. B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o. ä.] geschlossen haben“) Voraussetzungen eines Widerrufsrechts informiert. Er kann dem nicht unmittelbar entnehmen, ob in seinem Fall ein Widerrufsrecht besteht. Die Kenntnis von seinem Widerrufsrecht erlangt er nur, wenn er die in der Belehrung verwendeten Rechtsbegriffe zutreffend versteht und auf die konkreten Umstände des Vertragsschlusses anwendet.
Soweit der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, dass der Verbraucher durch die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht über die persönliche und sachliche Reichweite seines Widerrufsrechts irregeführt wird (BGH, Beschl. vom 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 29), enthält die zitierte Entscheidung keine Ausführungen zu der vorgelagerten Frage, ob das Gesetz bei richtlinienkonformer Auslegung dem Unternehmer eine Widerrufsbelehrung gestattet, in der lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts abstrakt wiedergegeben werden, sodass dem Verbraucher die Subsumtion unter die beschriebenen Tatbestandsmerkmale überlassen bleibt, ohne dass ihm konkret mitgeteilt wird, ob in seinem Fall ein Widerrufsrecht besteht oder nicht.
(1) Diese dort offengelassene Frage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen.
(a) Nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher über das Bestehen des Widerrufsrechts nach § 312g I BGB zu informieren.
Indem Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB und Art. 6 1 lit. h der Verbraucherrechterichtlinie1Richtlinie 2011/83/EU vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG und der Richtlinie 1999/44/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG und der Richtlinie 97/7/EG, ABl. 2011 L 304, 64. die Belehrungspflicht des Unternehmers an die tatbestandliche Voraussetzung knüpfen, dass dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht, über das zu belehren ist, ist im Wortlaut des Gesetzes bereits angelegt, dass es dem Unternehmer als Normadressat übertragen ist, das Bestehen eines Widerrufsrechts als tatbestandliche Voraussetzung seiner gesetzlichen Informationspflichten zu prüfen und den Verbraucher darüber zu informieren. Der Unternehmer hat den Verbraucher gemäß Art. 246a § 1 III Nr. 1 EGBGB ferner darüber zu informieren, falls ein Widerrufsrecht ausgeschlossen ist. Auch insoweit folgt aus dem Wortlaut die Pflicht des Unternehmers, das Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts eigenverantwortlich zu prüfen (vgl. Grüneberg/Grüneberg, a. a. O., Art. 246a § 1 EGBGB Rn. 10 [zu Art. 246a § 1 III Nr. 1 EGBGB]).
Dem steht nicht entgegen, dass Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB und Art. 6 I der Verbraucherrechterichtlinie in Abweichung vom Wortlaut der Regelung zu den Informationspflichten bei anderen Verbraucherverträgen eine Information über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts nicht ausdrücklich vorschreibt.
Bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen verlangt Art. 246b § 1 I Nr. 12 EGBGB, durch den Art. 3 I Nr. 3 lit. a der Richtlinie 2002/65/EG vom 23.09.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. 2002 L 271, 16) umgesetzt wird, eine Unterrichtung des Verbrauchers über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts. Nach der vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie bis 12.06.2014 geltenden Rechtslage, die noch auf Art. 4 I lit. f der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. 1997 L 144, 19) zurückging, sah Art. 246 § 1 I Nr. 10 EGBGB a.F. ebenfalls ausdrücklich die Pflicht vor, über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts zu informieren. Gleiches gilt für Verbraucherdarlehensverträge nach Art. 247 § 3 I Nr. 13 EGBGB für den Umfang der vorvertraglichen Informationen, und nach Art. 247 § 6 I 1 Nr. 1 EGBGB muss diese Information auch im Vertrag enthalten sein, andernfalls beginnt die Widerrufsfrist nach § 356b II 1 BGB nicht. Das entspricht den Vorgaben nach Art. 5 I lit. o und Art. 10 II lit. p der Verbraucherkreditrichtlinie2Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. 2008 L 133, 66..
Auch wenn sich dies aus dem Wortlaut von Art. 246a § 1 EGBGB und Art. 6 I der Verbraucherrechterichtlinie nicht unmittelbar ergibt, ist der Unternehmer auch hier verpflichtet, den Verbraucher über das Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts nach § 312g I BGB zu informieren. Es ist kein Grund für die Annahme ersichtlich, dass das europäische oder das nationale Recht hinsichtlich des Anlaufens der Widerrufsfrist bei einem im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrag ein niedrigeres Schutzniveau für den Verbraucher vorsieht als bei einem Fernabsatzvertrag über eine Finanzdienstleistung oder bei einem Verbraucherdarlehensvertrag (vgl. zu Letzterem BGH, Beschl. v. 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 22).
Entsprechend leitet auch der Europäische Gerichtshof aus Art. 6 I der Verbraucherrechterichtlinie ab, dass der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise über das Bestehen des Widerrufsrechts des Verbrauchers und das entsprechende Verfahren informieren muss (EuGH, Urt. v. 24.02.2022 – C-536/20, ECLI:EU:C:2022:112 = juris Rn. 42 – Tiketa). Demnach ergibt sich auch aus Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB die Pflicht des Unternehmers, den Verbraucher über das Bestehen des Widerrufsrechts zu informieren, und nach Art. 246a III BGB hat der Unternehmer über die Umstände zu informieren, unter denen ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht erlöschen kann, und darüber, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung nicht widerrufen kann, wenn das Widerrufsrecht ausnahmsweise ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2022 – VIII ZR 317/21, BGHZ 234, 182 = juris Rn. 47 zu den Folgen der fehlenden Information über ein nicht bestehendes Widerrufsrecht).
(b) Verlangt das Gesetz eine klare Information über das Bestehen des Widerrufsrechts, ist dem Verbraucher mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist. Die danach erforderliche Information ist deshalb nicht erteilt, wenn die Belehrung des Unternehmers dem Verbraucher die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufsrechts überlässt und damit offenlässt, ob der Verbraucher zum Widerruf berechtigt ist oder nicht.
Dass der Verbraucher nach der Vorstellung des Gesetzgebers und des Richtliniengebers konkret über seine Berechtigung zum Widerruf zu informieren ist, zeigt die Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite in Anlage 4 zu Art. 247 § 2 EGBG, die insoweit Anhang II der Verbraucherkreditrichtlinie entspricht, wonach der Kreditgeber gemäß Art. 247 § 3 I Nr. 13 EGBGB zum Recht des Verbrauchers, den Kreditvertrag innerhalb von 14 Kalendertagen den Kreditvertrag zu widerrufen, entweder „Ja“ oder „Nein“ anzugeben hat, was die Prüfung der Voraussetzungen für das Bestehen des Widerrufsrechts durch den Unternehmer bedingt.
Auch die Muster in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 II 2 EGBGB und im Anhang 1 Teil A der Verbraucherrechterichtlinie sehen gerade keine abstrakte Information über die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts vor, sondern die konkrete Mitteilung, dass der Verbraucher das Recht hat, den geschlossenen Vertrag zu widerrufen („Sie haben das Recht, …“). Zwar werden damit keine Anforderungen an eine Belehrung definiert, die das Muster nicht oder nicht vollständig übernimmt, vielmehr stellt das gesetzliche Muster dem Unternehmer lediglich eine mögliche Formulierung der Belehrung zur Verfügung, die den allgemeinen und systematisch vorgelagerten Vorgaben genügt (vgl. BGH, Beschl. v. 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 8), der Inhalt des Musters kann aber bei der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen über die Reichweite der Belehrungspflicht gleichwohl von Bedeutung sein, weil sich daraus Anhaltspunkte dafür ergeben, wie der Gesetzgeber sich eine ordnungsgemäße Belehrung vorstellt.
Es entspricht schließlich dem Zweck des Gesetzes, eine Belehrung, die lediglich die Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts beschreibt, nicht genügen zu lassen. Der vom Gesetz bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des regelmäßig rechtsunkundigen Verbrauchers eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses wirksam auszuüben (vgl. BGH, Urt. v. 01.12.2022 – I ZR 28/22, juris Rn. 40; Urt. v. 08.10.2024 – XI ZR 19/23, juris Rn. 19 [zu Art. 247 § 6 II EGBGB]; Urt. v. 13.01.2009 – XI ZR 118/08, juris Rn. 14). Danach soll die vom Gesetzgeber intendierte Eindeutigkeit und Klarheit der Widerrufsbelehrung den Verbraucher, bei dem keine rechtlichen Kenntnisse vorausgesetzt werden dürfen, gerade vor den Schwierigkeiten schützen, die mit der Prüfung der Rechtslage verbunden sind. Mit dem Zweck, den rechtsunkundigen Verbraucher durch die Belehrung über sein Widerrufsrecht in Kenntnis zu setzen, ist es nicht zu vereinbaren, wenn der Unternehmer die ihm obliegende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts auf den Verbraucher verlagert.
Zwar handelt es sich bei Widerrufsbelehrungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs um Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. BGH, Urt. v. 06.12.2011 – XI ZR 401/10, juris Rn. 22). Der Grundsatz, dass der Verwender bei der Formulierung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen abstrakte Rechtssätze und Rechtsbegriffe verwenden darf, worauf die Beklagte hinweist, wird aber durch die besonderen Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung eingeschränkt.
(c) Die nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB erforderliche Information über das Bestehen des Widerrufsrechts verlangt deshalb vom Unternehmer die Prüfung und die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht gemäß § 312g I BGB gegeben sind, und für den Fall, dass das zu bejahen ist, die eindeutige Information des Verbrauchers, dass er das Recht hat, den Vertrag zu widerrufen. Demgegenüber entspricht eine Belehrung, mit der der Unternehmer den Verbraucher lediglich über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehrt, ohne ihm konkret mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist, und dadurch die Prüfung des Bestehens des Widerrufsrechts auf den Verbraucher überträgt, nicht den Vorgaben des Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB.
(2) Danach ist die Belehrung der Beklagten nicht gesetzeskonform, weil dem Kläger nicht mitgeteilt wird, dass er zum Widerruf berechtigt ist, sondern die Beurteilung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts ihm überlassen bleibt.
Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, ihr sei die Feststellung des Bestehens eines Widerrufsrechts nicht möglich. Dabei kann dahinstehen, ob sich der Unternehmer ausnahmsweise auf die Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen beschränken darf, soweit es ihm nach den Umständen nicht möglich oder zumutbar ist, die Voraussetzungen des Widerrufsrechts festzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 219/08, juris Rn. 22 ff., wonach ein Onlinehändler nicht verpflichtet ist, für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und deshalb dem Verbraucher die Beurteilung überlassen darf, ob die von ihm erworbene Ware unter einen der mitgeteilten Ausschlusstatbestände fällt). Umstände, nach denen der Beklagten die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufsrechts nach § 312g BGB nicht möglich oder zumutbar wären, sind nicht ersichtlich.
Die Feststellung, ob ein Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen ist, fällt in den Wahrnehmungs- und Verantwortungsbereich der Beklagten und es besteht kein Grund für die Annahme, es sei ihr nicht zumutbar, die notwendigen Informationen durch entsprechende Organisation ihres Geschäftsbetriebs zu erfassen und vorzuhalten.
Zwar trifft es zu, dass der Unternehmer keinen Einblick in die Sphäre des Käufers hat und er deshalb aus eigener Kenntnis auch nicht beurteilen kann, ob der Käufer den Vertrag zu Zwecken schließt, nach denen er als Verbraucher zu behandeln ist. Die Gestaltung des Bestellprozesses würde es der Beklagten aber erlauben, jeweils abzufragen, ob der Vertrag zu Zwecken geschlossen wird, die überwiegend weder der gewerblichen noch der selbstständigen beruflichen Tätigkeit des Käufers zuzurechnen sind. Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung zur früheren Rechtslage angenommen hat, die Gebote der Klarheit und Verständlichkeit der Widerrufsbelehrung würden sich nicht auf den persönlichen Anwendungsbereich des Widerrufsrechts beziehen, weshalb der Unternehmer die Verbrauchereigenschaft seines Vertragspartners auch nicht zu prüfen habe (BGH, Urt. v. 09.11.2011 – I ZR 123/10, juris Rn. 26 f.; Beschl. v. 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 29), schließt sich der Senat dem aus den oben dargelegten Erwägungen zur Auslegung des Gesetzes nicht an, zumal sich auch insoweit die nicht geklärte Frage der Richtlinienkonformität stellt.
(3) Dass es mit Art. 6 I der Verbraucherrechterichtlinie, nach dem der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über das Bestehen des Widerrufsrechts zu informieren hat (EuGH, Urt. v. 24.02.2022 – C-536/20, ECLI:EU:C:2022:112 = juris Rn. 42 – Tiketa), nicht zu vereinbaren ist, wenn der Unternehmer lediglich über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehrt und die Prüfung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen seiner Rechte dem Verbraucher überlässt, ist nach Auffassung des Senats zwar nicht derart offenkundig zu beantworten, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (acte clair; vgl. etwa BGH, Urt. v. 15.05.2024 – VIII ZR 226/22, juris Rn. 57). Eine Verpflichtung des Senats zur Vorlage gemäß Art. 267 III AEUV besteht jedoch nicht, da er nicht letztinstanzliches Gericht ist, und die Vorlage ist nicht opportun, solange mangels abschließender Klärung durch den Bundesgerichtshof noch Fragen der Anwendung nationalen Rechts offen sind.
dd) Die Belehrung der Beklagten ist auch deshalb fehlerhaft, weil sie den Hinweis enthält, dass der Käufer die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren trage. Diese Information entspricht nicht der Rechtslage. Zur Kostentragung wäre der Kläger gemäß § 357 VI 1 BGB BGB nur verpflichtet, wenn er über die Kosten der Rücksendung informiert worden wäre, was gemäß Art. 246a § 1 II 1 Nr. 2 EGBGB bei Waren, die – wie hier – aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können, erforderlich ist und den Unternehmer verpflichtet, zumindest eine Schätzung der voraussichtlich anfallenden Höchstkosten anzugeben (vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 75). Diese Information hat die Beklagte nicht erteilt.
Zwar macht das Gesetz den Beginn der Widerrufsfrist von der Erteilung der Information nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 2 EGBGB nicht unmittelbar abhängig, sondern knüpft nur den Wegfall der Verpflichtung des Verbrauchers, die Kosten der Versendung zu tragen, an eine versäumte Information (vgl. BGH, Beschl. v. 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 28). Angesichts der Diskrepanz zwischen der erteilten Widerrufsbelehrung und dieser Rechtsfolge ist die Belehrung über die Kostentragung aber inhaltlich unrichtig. Eine Widerrufsbelehrung, die gemessen an der Rechtslage einen unrichtigen Inhalt aufweist, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. BGH, Urt. v. 08.10.2024 – XI ZR 19/23, juris Rn. 19; Urt. v. 13.01.2009 – XI ZR 118/08, juris Rn. 14).
ee) Wegen der beschriebenen Mängel der Belehrung hat die Widerrufsfrist gemäß § 356 III 1 BGB nicht begonnen.
(1) Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, steht das dem Beginn der Widerrufsfrist nur unter der weiteren Voraussetzung entgegen, dass die unvollständige oder fehlerhafte Information in der Widerrufsbelehrung geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten – konkret: seines Widerrufsrechts – einzuschätzen, beziehungsweise auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken, und ob ihm die Möglichkeit genommen wird, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung vollständiger und inhaltlich zutreffender Informationen im Fernabsatzvertrag auszuüben (vgl. BGH, Beschl. v. 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 25; Urt. v. 15.10.2024 – XI ZR 39/24, juris Rn. 22 [für BGHZ vorgesehen]).
(2) Danach hindert der Umstand, dass die Beklagte nicht konkret über das Bestehen des Widerrufsrechts, sondern nur über dessen Voraussetzungen informiert hat, den Fristbeginn.
Im Vergleich zu einer Widerrufsbelehrung, die dem Verbraucher eindeutig mitteilt, dass er zum Widerruf berechtigt ist, ist die Belehrung der Beklagten weniger deutlich und stellt den Verbraucher vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Bestehens eines Widerrufsrechts. Die mit der abstrakten Formulierung der Belehrung verbundenen Deutungsspielräume sind geeignet, sich auf die Befähigung des Verbrauchers auszuwirken, das Bestehen eines Widerrufsrechts zutreffend einzuschätzen. Angesichts dieser Unklarheit wird er durch die Belehrung der Beklagten nicht in die Lage versetzt, sein Widerrufsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung einer gesetzeskonformen Belehrung auszuüben.
(a) Hinsichtlich der situativen Voraussetzungen eines Widerrufsrechts nach § 312g I BGB belehrt die Beklagte den Käufer dahin, dass es darauf ankomme, ob der Vertrag „ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln [wie z. B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o. ä.] geschlossen“ wurde.
Diese Beschreibung weicht von der hier geltenden gesetzlichen Definition in § 312c I BGB ab, nach der die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln nicht nur beim Vertragsschluss, sondern auch bei den Vertragsverhandlungen vorausgesetzt wird. Indem die Belehrung der Beklagten nur darauf abstellt, ob der Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde, ist sie weniger klar als der gesetzliche Tatbestand. Der Einwand der Beklagten, die daraus resultierende Unklarheit habe allenfalls ein zu weites Verständnis des Verbrauchers zur Folge, das nicht geeignet sei, ihn vom Widerruf abzuhalten, greift nicht durch, da die Reichweite des Widerrufsrechts angesichts des in diesem Zusammenhang nicht eindeutigen Begriffs des Vertragsschlusses für den Verbraucher unklar bleibt, denn der Verbraucher ist vor die Frage gestellt, ob mit dem Vertragsschluss in einem engeren Sinne nur der Austausch der Vertragserklärungen gemeint ist oder in einem weiteren Sinne auch die Vertragsanbahnung umfasst ist.
Dass der Rechtsbegriff des Vertragsschlusses jedenfalls im vorliegenden Kontext nicht eindeutig ist, belegt der Umstand, dass § 312c I BGB in seiner aktuellen Fassung mit dem Vertragsschluss in Abgrenzung zu den Vertragsverhandlungen nur den Austausch der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen meint, während der Begriff des Vertragsschlusses in der Legaldefinition in § 312b I BGB in der bis 12.06.2014 geltenden Fassung in einem weiten Sinne verstanden wurde und auch die Vertragsanbahnung mit umfasste (vgl. MünchKomm-BGB/Wendehorst, 6. Aufl. [2012], § 312b Rn. 53).
Was mit dem Vertragsschluss in der Belehrung der Beklagten gemeint ist, kann ein rechtsunkundiger Verbraucher demnach unterschiedlich interpretieren. Versteht er den Vertragsschluss in einem weiten Sinn, wird er insbesondere vor die nicht fernliegende Frage gestellt, ob bereits eine persönliche Inaugenscheinnahme der Kaufsache oder ein persönlicher Kontakt im Rahmen eines reinen Informationsgesprächs mit Mitarbeitern der Beklagten, etwa bei einer Probefahrt, das Bestehen eines Widerrufsrechts ausschließen kann, eine Rechtsauffassung, die auch die Beklagte hier und in anderen Verfahren vertritt (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 05.02.2025 – 7 U 76/24, juris Rn. 67) und zu der sich auch Nachweise in der Rechtsprechung finden (vgl. AG Saarbrücken, Urt. v. 09.11.2005 – 42 C 204/05, BeckRS 2005, 152119 Rn. 12). Gegen diese Auffassung spricht allerdings, dass nach Erwägungsgrund 20 der Verbraucherrechterichtlinie ein widerruflicher Fernabsatzvertrag auch in Situationen gegeben ist, in denen der Verbraucher die Geschäftsräume des Unternehmers lediglich zum Zwecke der Information über die Ware aufsucht und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt. Danach besteht in dieser nicht untypischen Situation die Gefahr, dass der Verbraucher anhand der Belehrung der Beklagten nicht erkennen kann, dass er zum Widerruf berechtigt ist.
(b) Auch soweit durch die Belehrung der Rechtsbegriff des Verbrauchers ohne Erläuterung vorausgesetzt und damit das Wissen verlangt wird, dass eine Person nach den §§ 13 und 14 BGB – entgegen der Formulierung in der Belehrung – nicht im Sinn einer personalen Eigenschaft schlechthin Verbraucher oder Unternehmer ist, es vielmehr von den Zwecken des jeweiligen Rechtsgeschäfts abhängt, ob sie im Einzelfall als Verbraucher oder Unternehmer handelt, ferner, dass es bei Verträgen, die auch der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit dienen, auf den überwiegenden Teil ankommt, ist der Käufer vor Fragen gestellt, die abhängig von den Umständen auch unzutreffend beantwortet werden können.
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(c) Insbesondere die Interpretationsspielräume bei der Beurteilung der situativen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belegen hinreichend, dass es dem Verbraucher durch die von der Beklagten gewählte Art der Belehrung erschwert wird, das Bestehen eines Widerrufsrechts abzuschätzen, und im Vergleich zu einer Belehrung, die konkret auf die Berechtigung zum Widerruf hinweist, kann er sein Widerrufsrecht nicht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen ausüben (a. A. OLG Celle, Beschl. v. 05.02.2025 – 7 U 76/24, juris Rn. 60 ff.; KG, Beschl. v. 12.12.2024 – 24 U 95/24, juris Rn. 97; OLG Schleswig, Urt. v. 18.11.2024 – 10 U 31/24, juris Rn. 38 ff.). Dass der Verbraucher durch den Fehler der Belehrung irregeführt wird, ist in diesem Zusammenhang keine notwendige Bedingung (zu diesem Maßstab BGH, Beschl. vom 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 29).
(3) Gemessen an den Kriterien nach oben (1), steht auch die fehlerhafte Information bezüglich der Kosten der Rücksendung dem Fristlauf entgegen.
Verzichtet der Unternehmer auf Angaben zur Höhe der Kosten der Versendung, müsste eine inhaltlich zutreffende Widerrufsbelehrung die daraus resultierende Rechtslage zutreffend wiedergeben. Folglich wäre die Information zu erteilen gewesen, dass der Unternehmer die Kosten der Versendung zu tragen habe. Wird der Verbraucher hingegen fehlerhaft dahin informiert, dass er die Kosten der Rücksendung zu tragen habe, kann er die Folgen der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht zuverlässig abschätzen. Ob er für die Rücksendung Kosten in nicht bekannter Höhe zu tragen hat, stellt nach Auffassung des Senats für den Verbraucher auch eine wesentliche Bedingung für die Ausübung seines Widerrufsrechts dar, sodass er sein Widerrufsrecht nicht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen ausüben kann (a. A. OLG Celle, Beschl. v. 05.02.2025 – 7 U 76/24, juris Rn. 97; unter diesem Gesichtspunkt nicht problematisiert in BGH, Beschl. vom 25.02.2025 – VIII ZR 143/24, juris Rn. 28).
ff) Ob weitere vom Kläger vorgebrachte Mängel der Widerrufsbelehrung bestehen, kann vorliegend offenbleiben.
d) Das Widerrufsrecht des Klägers war bei Ausübung des Widerrufs nicht nach § 356 III 2 BGB erloschen.
aa) Das Widerrufsrecht erlischt vorliegend spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Übergabe des Fahrzeugs (vgl. § 356 III 2, II Nr. 1 lit. a BGB).
bb) Das Fahrzeug wurde dem Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts am 06.12.2022 übergeben. Der Widerruf erfolgte am 21.05.2023, mithin weniger als 12 Monate und 14 Tage nach Übergabe des Fahrzeugs.
Eine nach – bestrittenem – klägerischem Vortrag bestehende Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs, weil die Einparkhilfe mangels dafür notwendiger Sensoren nicht funktionieren würde, stünde einem Erhalt des Fahrzeugs im Sinne des § 356 II Nr. 1 lit. a BGB nicht entgegen (vgl. BeckOGK/Mörsdorf, Stand: 01.08.2024, § 356 BGB Rn. 28; MünchKomm-BGB/Fritsche, 9. Aufl. [2022], § 356 Rn. 12; i. E. differenzierend Schneider, ZIP 2016, 1759).
e) Der Kläger ist auch nicht wegen Rechtsmissbrauchs (vgl. § 242 BGB) daran gehindert, sich auf sein Widerrufsrecht zu berufen (a. A. im dort zu beurteilenden Fall als Hilfsbegründung OLG Schleswig, Urt. v. 18.11.2024 – 10 U 31/24, juris Rn. 41 ff.; ebenso und sich wohl nicht nur auf die Nichtangabe der Telefonnummer, sondern auch auf die Eingangsformel der Widerrufsbelehrung beziehend OLG Oldenburg, Urt. v. 28.11.2024 – 14 U 73/24, juris Rn. 40 ff., sowie OLG Celle, Beschl. v. 05.02.2025 – 7 U 76/24, juris Rn. 106 ff.).
aa) Der Einwand des Unternehmers, der Widerruf sei wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerrufsrechts unwirksam, kommt im Falle einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht in Betracht, wenn sich die Fehler der Belehrung auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen, auswirken, und deshalb die Widerrufsfrist nicht begonnen hat (EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 291 – BMW Bank u. a.).
bb) Nach alldem bleiben vorliegend die vorgetragene Geringfügigkeit des Mangels beziehungsweise sonstige von der Beklagten angeführte Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers ohne Wirkung, nachdem feststeht, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten fehlerhaft war und sich diese Fehlerhaftigkeit auf die Befähigung des Klägers, den Umfang seines Widerrufsrechts einzuschätzen, beziehungsweise auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, ausgewirkt hat.
2. Der dem Kläger zukommende Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises ist auch durchsetzbar. Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg auf eine zu ihren Gunsten bestehende Vorleistungspflicht des Klägers nach § 357 IV 1 BGB. Da sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet, findet auf die Vorleistungspflicht des Klägers gemäß § 357 IV 1 BGB § 322 II BGB entsprechend Anwendung, wonach der Kläger Anspruch auf Zahlung nach Übergabe des Fahrzeugs hat (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 = juris Rn. 29). Ob der Kläger auch zur uneingeschränkten Rückzahlung des Kaufpreises berechtigt wäre, kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil er den Antrag jedenfalls mit der Einschränkung gestellt hat (vgl. § 308 I 1 ZPO).
a) Nach § 357 IV BGB BGB kann bei einem Verbrauchsgüterkauf der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Befindet sich der Unternehmer jedoch im Annahmeverzug, findet auf die Vorleistungspflicht des Verbrauchers gemäß § 357 IV 1 BGB § 322 II BGB, wonach der klagende Teil, wenn er vorzuleisten hat und der andere Teil im Verzug der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen kann, entsprechend Anwendung (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 = juris Rn. 29). Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werde (vgl. § 294 BGB).
b) Die Beklagte befindet sich vorliegend im Annahmeverzug mit der Folge, dass sie sich hinsichtlich der Rückzahlung des Kaufpreises nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht wegen einer klägerischen Vorleistungspflicht gemäß § 357 IV 1 BGB berufen kann. Der Kläger hat der Beklagten das Fahrzeug in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten. Es liegt ein tatsächliches Angebot des Klägers vor, das entgegen der Auffassung der Beklagten auch zur rechten Zeit und am rechten Ort erfolgte.
Zuletzt war der Rückgabeversuch des Klägers am 26.05.2023 gegen 17:00 Uhr im Auslieferungscenter der Beklagten in Holzgerlingen unstreitig. Die Beklagte hat das ihr vom Beklagten angebotene Fahrzeug nicht angenommen.
aa) Der Kläger bot der Beklagten das Fahrzeug während deren Öffnungszeiten am Auslieferungscenter in Holzgerlingen – und damit am rechten Ort – zur Rückgabe an. Dass eine Rückgabe dort möglich war, ergibt sich schon aus der Widerrufsbelehrung der Beklagten („Sie haben die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen vierzehn Tagen ab dem Tag, an dem Sie uns über den Widerruf dieses Vertrags unterrichten, an Tesla Germany GmbH … oder an Ihr örtliches Tesla Delivery Center zurückzusenden oder zu übergeben.“).
bb) Die Rückgabe erfolgte auch zur rechten Zeit, insbesondere während der Öffnungszeiten und binnen vierzehn Tagen nach dem klägerischen Widerruf mit E-Mail vom 21.05.2023 (vgl. Anlage K5 bzw. § 357 I BGB).
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten war eine vorherige Terminvereinbarung zur Rückgabe des Fahrzeugs durch den Kläger nicht erforderlich. Von einer vorherigen Ankündigung und Vereinbarung eines Termins hängt der Annahmeverzug nicht ab. Leistungszeit und -ort sind eindeutig. Der Verbraucher kann das Fahrzeug zur Herbeiführung des Annahmeverzugs innerhalb der allgemeinen Geschäftszeiten am Sitz des Unternehmers anbieten (vgl. BGH, Urt. v. 04.07.2023 – XI ZR 118/22, juris Rn. 23; Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 525/19, juris Rn. 24).
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3. Soweit der Kläger seine Ansprüche in erster Instanz auch auf Sachmangelgewährleistungsrecht gestützt hat, ist der Vortrag des Klägers in der Berufung interessengerecht dahin auszulegen, dass er das landgerichtliche Urteil mit der Berufung insoweit nicht angreift. Denn wollte man den klägerischen Vortrag anders und dahin verstehen, dass auch insoweit Berufung eingelegt sei, wäre eine solche Berufung unzulässig und zu verwerfen; es würde dann an einer Begründung der Berufung bezüglich dieses gegenüber den Ansprüchen im Rückabwicklungsschuldverhältnis nach Widerruf anderen Streitgegenstands fehlen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage bezüglich solcher Ansprüche mit zutreffender Begründung abgewiesen.
4. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen (vgl. § 389 BGB).
a) Soweit die Beklagte im Hinblick auf die weitere Nutzung des Fahrzeugs und mögliche Verschlechterungen in der Zeit nach der Widerrufserklärung des Klägers die Aufrechnung mit einem der Höhe nach noch nicht bezifferbaren Ersatzanspruch erklärt hat, steht dem bereits entgegen, dass die Rechtswirkungen der Aufrechnung nach § 389 BGB eine Aufrechnung mit einer der Höhe nach bestimmten Gegenforderung voraussetzen. Die Beklagte könnte einen unbezifferten Gegenanspruch nur im Wege einer auf Feststellung gerichteten Hilfswiderklage verfolgen.
b) Die Aufrechnung mit dem bezifferten Gegenanspruch in Höhe von 15.020 € hat keinen Erfolg, weil der Kläger nach § 357 VII BGB keinen Wertersatz für den am Fahrzeug eingetretenen Wertverlust zu leisten hat.
aa) Der Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz setzt gemäß § 357 VII Nr. 2 BGB voraus, dass der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat.
Soweit der Bundesgerichtshof für den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags im Fall des Verbunds mit einem im stationären Handel geschlossenen Kaufvertrag entschieden hat, dass die Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers nicht von einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht abhängt, sondern nur von einer Unterrichtung des Verbrauchers über eine mögliche Wertersatzpflicht (BGH, Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 = juris Rn. 31 ff.), beruht das auf den Besonderheiten der Regelung verbundener Verträge und kann nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt der Anspruch auf Wertersatz voraus, dass der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB ordnungsgemäß informiert hat. Diese Regelung setzt Art. 14 II 2 der Verbraucherrechterichtlinie um, wonach der Verbraucher in keinem Fall für den Wertverlust der Waren haftet, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Art. 6 I lit. h der Richtlinie über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Die Belehrung ist nur dann „gemäß Art. 6 I lit. h“ der Richtlinie erfolgt, wenn die Belehrung unter Beachtung der dort geregelten Vorgaben erteilt wurde. Soweit in Erwägungsgrund 43 der Verbraucherrechterichtlinie ausgeführt wird, dass sich die Widerrufsfrist verlängern sollte, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht informiert, folgt daraus nicht, dass die Richtlinie an eine unzureichende Belehrung keine weiteren Rechtsfolgen knüpft.
Diese vom Gesetz eindeutig angeordnete Befreiung des Verbrauchers von einer Ersatzpflicht kann auch nicht unter Hinweis darauf korrigiert werden, der Verlust der Wertersatzpflicht stelle angesichts der bloß fehlerhaften Widerrufsbelehrung eine unverhältnismäßige Sanktion dar. Sind die Mängel der Belehrung so gewichtig, dass sie sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen auswirken, ist die fehlerhafte Belehrung der gänzlich fehlenden Belehrung gleichzustellen, was nach dem Gesetz zur Folge hat, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt und der Verbraucher nach § 357 VII Nr. 2 BGB keinen Wertersatz zu leisten hat. Auch der Einwand, die Regelung widerspreche dem allgemeinen Verbot ungerechtfertigter Bereicherung, greift nicht durch (vgl. EuGH, Urt. v. 17.05.2023 – C-97/22, ECLI:EU:C:2023:413 = juris Rn. 21 ff. – DC).
Leidet die Widerrufsbelehrung des Unternehmers an Mängeln, die den Lauf der Widerrufsfrist hindern, steht das auch dem Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz entgegen (vgl. BeckOGK/Mörsdorf, a. a. O., § 357a BGB Rn. 32; BeckOK-BGB/Müller-Christmann, Stand: 01.02.2025, § 357a Rn. 11; MünchKomm-BGB/Fritsche, a. a. O., § 357a Rn. 14; Erman/Koch, BGB, 17. Aufl. [2023], § 357a Rn. 11, a. A. Nordholz/Bleckwenn, NJW 2017, 2497 ff.).
bb) Für die Auffassung der Beklagten, der Kläger müsse in jedem Fall den innerhalb der vierzehntägigen Widerrufsfrist verursachten Wertverlust ersetzen, bietet das Gesetz keine Grundlage. Sind die Anspruchsvoraussetzungen nach § 357 VII BGB nicht erfüllt, scheidet ein Anspruch auf Wertersatz insgesamt aus.
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cc) Es sind auch keine besonderen Umstände ersichtlich, nach denen es gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde, wenn sich der Kläger auf den gesetzlich angeordneten Wegfall der Wertersatzpflicht beruft. Im Hinblick auf den hier zu beurteilenden, bis zum Widerruf eingetretenen Wertverlust ergibt sich das insbesondere nicht daraus, dass der Kläger das Fahrzeug weiter im Besitz hat und nutzen kann, denn das ist Folge der verweigerten Annahme des Fahrzeugs durch die Beklagte und betrifft allenfalls Ansprüche der Beklagten auf Ausgleich von Verschlechterungen nach dem Widerruf.
5. Da sich die Beklagte, wie soeben dargelegt, mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet, hat der Kläger, dem ein entsprechendes Feststellungsinteresse zukommt, auch Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs.
6. Der Kläger hat weiter Anspruch auf die auf die Hauptforderung geltend gemachten Zinsen. Ein Anspruch auf die begehrten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen besteht nicht.
a) Da das Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten gemäß § 357 IV BGB mit dem Rückgabeversuch des Klägers am 26.05.2023 entfallen ist, befindet sich die Beklagte mit Ablauf der in § 357 I BGB bestimmten Frist von 14 Tagen in Verzug (vgl. BeckOK-BGB/Müller-Christmann, a. a. O., § 357 Rn. 4) und hat die Forderung gemäß § 288 I BGB zu verzinsen. Der Kläger hat mithin Anspruch auf die ab dem 10.06.2023 geltend gemachten Zinsen.
b) Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung können nur dann eine erstattungsfähige Schadensposition sein, wenn der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten nicht bereits unbedingten Klagauftrag erteilt hatte. In letzterem Fall wäre die vorprozessuale Korrespondenz als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 I 2 Nr. 1 RVG mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten (BGH, Urt. v. 15.08.2019 – III ZR 205/17, juris Rn. 43; OLG Dresden, Urt. v. 04.11.2020 – 1 U 995/20, juris Rn. 47). Zu dieser Voraussetzung hat der Kläger trotz entsprechender Ausführungen der Beklagten nicht hinreichend vorgetragen, die Klage ist insoweit unschlüssig geblieben. Eines diesbezüglichen gerichtlichen Hinweises bedurfte es gemäß § 139 II ZPO nicht (vgl. zum Ganzen OLG Stuttgart, Urt. v. 13.04.2021 – 16a U 718/20, juris Rn. 95).
c) Nachdem kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht, besteht auch kein Anspruch auf die hierauf geltend gemachten Zinsen.
III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 II Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
2. Im Hinblick auf die andernfalls gebotene Vorlage nach Art. § 267 III AEUV und auf die divergierende obergerichtliche Rechtsprechung (unter anderem OLG Celle, Beschl. v. 05.02.2025 – 7 U 76/24, juris; KG, Beschl. v. 12.12.2024 – 24 U 95/24, juris; OLG Schleswig, Urt. v. 18.11.2024 – 10 U 31/24, juris) ist die Revision gemäß § 543 II 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
3. …