Ein Leasingnehmer ist gegenüber einem Kfz-Verkäufer – dem das Fahrzeug ausliefernden Betrieb – nicht schon deshalb zur Zahlung von Überführungs- und Zulassungskosten verpflichtet, weil es in dem zwischen dem Verkäufer und dem Leasinggeber geschlossenen, für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Leasingvertrag heißt „Überführungs- und Zulassungskosten berechnet der ausliefernde Betrieb separat“.

LG Heilbronn, Urteil vom 29.10.2015 – 6 S 18/15
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 23.11.2016 – VIII ZR 269/15)

Sachverhalt: Die Parteien streiten darüber, ob eine Klausel in einem zwischen einem Leasinggeber und der Beklagten abgeschlossenen Leasingvertrag einen Anspruch des klagenden Autohauses auf Zahlung der Überführungs- und Zulassungskosten gegen den Leasingnehmer begründen kann.

Die Beklagte und die S-Leasing GmbH – eine Zweigniederlassung der V-Leasing GmbH – schlossen am 22.01.2014 einen Leasingvertrag. Das Vertragsformular enthält am Ende in einem mit „Vereinbarungen“ überschriebenen Feld folgenden Text: „Überführungs- und Zulassungskosten berechnet der ausliefernde Betrieb separat“.

Der „die Leasingsache ausliefernde Betrieb“ war die ein Autohaus betreibende Klägerin. Sie stellte der Beklagten am 03.02.2014 Überführungskosten in Höhe von 868,70 € in Rechnung.

Die Parteien streiten darüber, ob die oben zitierte Vereinbarung in dem zwischen der S-Leasing GmbH und der Beklagten geschlossenen Leasingvertrag einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Überführungs- und Zulassungskosten gegen die Beklagte begründen kann.

Das AG Heilbronn hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 831,39 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe sich gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet, die Transportkosten, die Kosten für die Übergabeinspektion sowie eine Handlingpauschale zu zahlen. Durch Vorlage des Leasingvertrages habe die Klägerin der Beklagten angetragen, sich vertraglich zur Zahlung der Überführungs- und Zulassungskosten an sie, die Klägerin, zu verpflichten. Dieses Angebot habe die Beklagte mit ihrer Unterschrift unter den Leasingvertrag angenommen. Selbst wenn die Klägerin nur als Vertreterin der Leasinggeberin gehandelt hätte, habe sie ein eigenes Recht auf Zahlung der Überführungs- und Zulassungskosten erworben, weil ein Vertrag zugunsten Dritter zustande gekommen sei. Die Kosten für die UVV-Prüfung, das Warndreieck, die Warnweste und die Verbandstasche könne die Klägerin nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen. Die geltend gemachten Kosten für Öl, Scheibenreinigungsmittel, Frostschutz und Plakette seien weder Überführungskosten, noch bestehe insoweit ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag.

Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Auf die Berufung ist das Urteil des AG Heilbronn vom 11.06.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen, da die Klägerin gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch hat …

1. Eine gegen die Beklagte wirkende mündliche Verpflichtung zur Zahlung von Überführungs- und Zulassungskosten lässt sich nicht feststellen (§ 164 BGB). Die Klägerin konnte weder die Bevollmächtigung (§ 167 BGB) des Herrn N durch die Beklagte noch ein Handeln in fremdem Namen (§ 164 BGB) beweisen.

Da sie ein Vertretergeschäft behauptet, hätte die Klägerin ein solches beweisen müssen (Palandt/Ellenberger, 74. Aufl. [2015], § 164 Rn. 18). Der Vortrag, Herr N sei als Fahrer des geleasten Fahrzeugs genannt worden, genügt der Kammer für die Feststellung einer Vollmacht nicht. Ein Fahrer eines Unternehmens ist nicht bevollmächtigt, seinen Arbeitgeber zur Zahlung von Überführungs- und Zulassungskosten zu verpflichten, wenn er nicht zum Fahrzeugkauf bevollmächtigt wurde, was weder substanziiert behauptet wird noch festgestellt werden kann. Dagegen spricht schon der Umstand, dass Herr N das Fahrzeug zunächst für eine A-GmbH erwerben wollte, als er mit der Klägerin verhandelte. Dieser Firma übermittelte die Klägerin am 14.01.2014 ein Leasingangebot … Irgendwann ist es dann aus von der Klägerin nicht benannten Umständen zu dem Leasingangebot an die Beklagte gekommen, die dieses Angebot annahm. Nähere Umstände zum Wechsel in der Person der Leasingnehmerin, zum Grund der Beklagten für die Annahme des Leasingangebots und zur Beziehung des Herrn N zur Beklagten werden nicht vorgetragen. Auch Beweismittel benennt die Klägerin nicht. Umstände, die für eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht sprechen könnten, sind nicht erkennbar.

Auch einen substanziierten Vortrag, der es der Kammer ermöglichen könnte, ein Handeln in fremdem Namen festzustellen, hält die Klägerin nicht. Erstinstanzlich hat die Klägerin behauptet, gegenüber Herrn N sei erklärt worden, zu den Leasingraten kämen noch Überführungskosten hinzu. Herr N habe dem nicht widersprochen. Umstände, die dafür sprechen könnten, dass das Schweigen des Herrn N. als Zustimmungserklärung verstanden werden konnte (BGH, Urt. v. 14.02.1995 – XI ZR 65/94), nennt die Klägerin nicht. Allein die pauschale Behauptung, die separate Abrechenbarkeit sei vereinbart worden, reicht der Kammer für eine entsprechende Feststellung nicht aus.

2. Mit der Übergabe des Geschäftsfahrzeug-Leasing-Bestellformulars an die Beklagte hat die Klägerin der Beklagten keine Vereinbarung angeboten, in der die Beklagte sich zur Zahlung von Überführungs- und Zulassungskosten an die Klägerin verpflichtet.

Das Formular enthält zwei Erklärungen, die sich auf die Klägerin beziehen. Der Formulartext enthält den Hinweis, dass die Leasinggesellschaft das Fahrzeug bei einem vermittelnden Betrieb (Verkäufer) auf Wusch des Unterzeichnenden erwirbt, und den Hinweis in dem mit „Vereinbarungen“ überschriebenen Formularfeld: „Überführungs- und Zulassungskosten berechnet der ausliefernde Betrieb separat“.

Bei dem Leasing-Bestell-Formularfeldeintrag handelt es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte, von der Leasinggeberin verwendete Vertragsbedingung (§ 305 BGB). Die Klägerin hat eingeräumt, dass sie als vermittelnder Betrieb für die S-Leasing bereits tausende Verträge wie den vorliegenden geschlossen hat, der zudem dem Standardleasingvertrag der V-Leasing GmbH und ihrer Töchter entspreche. Aus diesem Grund hat die Klägerin die Zulassung der Revision beantragt.

Einen eindeutigen Inhalt in dem Sinne, dass sich die Beklagte zur Zahlung von Überführungs- und Zulassungskosten an die Klägerin verpflichten solle, hat die Erklärung schon nach dem Wortlaut nicht. Da der Text von der Klägerin als dritter Person spricht, liegt schon sprachlich kein eigenes Angebot der Klägerin vor, das im Übrigen zu der für das Geschäft wesentlichen Höhe der Überführungs- und Zulassungskosten schweigt. Auch ein rechtlich nicht vorgebildeter Durchschnittskunde versteht die Klausel nicht in diesem Sinne. Auf dessen Verständnismöglichkeit ist bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gebotenen objektiven Auslegung abzustellen (BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06).

Ein verständiger, redlicher Durchschnittsvertragspartner versteht unter Abwägung der Interessen der bei einem Leasingvertrag normalerweise beteiligten Kreise eine Erklärung in einer Leasingbestellung, Überführungs- und Zulassungskosten berechne der ausliefernde Betrieb separat, als Hinweis des Leasinggebers, dass die Leasingfinanzierungszusage Überführungs- und Zulassungskosten nicht umfasst. Mit dem Leasingvertrag möchte der Leasingnehmer einen Leasinggegenstand finanzieren. Ihn interessiert, ob der Leasinggeber die Finanzierung übernimmt bzw. in welchem Umfang der Leasinggeber die Finanzierung übernimmt. Deshalb erfolgt aus der Sicht des Leasingnehmers die Aufnahme des Hinweises in den Vertrag, um klarzustellen, dass die Finanzierungszusage nicht alle Kosten umfasst.

Nach Auffassung der Kammer versteht ein rechtlich nicht vorgebildeter Durchschnittskunde als verständnisvoller und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an einem Leasingvertrag beteiligten Personen die Erklärung, Überführungs- und Zulassungskosten berechnet der ausliefernde Betrieb separat, nicht als Angebot des Fahrzeughändlers, eine Vereinbarung über die Überführungs- und Zulassungskosten zu erzielen.

Selbst wenn man zu dieser Auffassung gelangen sollte, würde die gesetzliche Auslegungsregelung, nach der Zweifel bei der Auslegung Allgemeine Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen (§ 305c II BGB), der Annahme einer vertraglichen Vereinbarung entgegenstehen, da die Auslegung ohne weiteren Verpflichtungstatbestand die kundenfreundlichste wäre.

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klausel auch als Angebot auf Abschluss eines echten Vertrages zugunsten des vermittelten Betriebs unter gleichzeitiger Einräumung eines Leistungsbestimmungsrechts des vermittelnden Betriebs verstanden werden kann, da ein Vertrag zugunsten des vermittelnden Betriebs in einem Leasingvertrag so ungewöhnlich ist, dass ein Leasingnehmer mit ihm nicht zu rechnen braucht, und auch der Grundsatz der kundenfreundlichsten Auslegung eine solche Auslegung nicht zulassen würde.

Ob ein echter Vertrag zugunsten eines Dritten vorliegt, der dem Dritten einen Leistungsanspruch einräumt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Es kann genügen, dass der Dritte namentlich nicht benannt wird, sondern nur bestimmbar ist (BGH, Urt. v. 27.09.2015 – IX ZR 15/12). Auch die Bestimmung der Leistung kann einer Partei und somit beim Vertrag zugunsten eines Dritten wohl auch dem Dritten überlassen werden (§ 315 BGB). Mit einer solchen Regelung braucht ein Leasingnehmer in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung aber nicht zu rechnen. Eine solche Klausel ist objektiv ungewöhnlich, da sie im Widerspruch zum Leitbild des Leasingvertrags (BGH, Urt. v. 22.12.1992 – VI ZR 341/91) steht.

Vom Leasingvertrag zu unterscheiden ist die Beschaffung der Leasingsache, die durch den Abschluss des Liefervertrags zwischen dem Leasinggeber und dem Lieferanten – hier im Wege des Vorverhandlungsmodells (H. Beckmann/Scharff, Leasingrecht, 4. Aufl. [2015], § 2 Rn. 47) – erfolgt. Der Finanzierungsleasingvertrag selbst ist als atypischer Mietvertrag einzuordnen, der dem Leasinggeber eine Überlassung des Leasinggegenstands als Hauptpflicht auferlegt (H. Beckmann/Scharff, a. a. O., § 2 Rn. 49). Der Leasingnehmer verpflichtet sich gegenüber dem Leasinggeber zur Zahlung der die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie aller Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten deckenden Leasingraten (H. Beckmann/Scharff, a. a. O., § 2 Rn. 59). Ein Leasingnehmer darf deshalb erwarten, dass er mit keinen Beschaffungskosten aus dem Liefervertrag belastet wird, die der Leasinggeber nach dem Leitbild des Leasingvertrags zu tragen hat. Der Leasingnehmer darf davon ausgehen, dass er für die Gebrauchsüberlassung nur die vereinbarten Leasingraten zu zahlen hat. Solch überraschende Klauseln werden von der Einbeziehung in den Leasingvertrag nicht erfasst.

Im Übrigen würde die gesetzliche Auslegungsregel, nach der Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen (§ 305c II BGB), der Annahme eines echten Vertrages zugunsten des vermittelten Betriebs unter gleichzeitiger Einräumung eines Leistungsbestimmungsrechts des vermittelnden Betriebs entgegenstehen, da die Auslegung ohne weiteren Verpflichtungstatbestand die kundenfreundlichste wäre.

4. Ob alle von der Klägerin geltend gemachten Kosten Überführungs- und Zulassungskosten sind – enthalten sind auch Aufwendungen für die Fahrzeugaufbereitung – braucht die Kammer nicht zu entscheiden …

Hinweis: Der BGH (Urt. v. 23.11.2016 – VIII ZR 269/15) hat dieses Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

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