- Ein Kaufinteressent, der eine Probefahrt mit einem Kraftfahrzeug unternimmt, ist nicht Besitzdiener des Verkäufers.
- Die Überlassung eines Kraftfahrzeugs durch den Verkäufer zu einer unbegleiteten und auch nicht anderweitig überwachten Probefahrt eines Kaufinteressenten auf öffentlichen Straßen für eine gewisse Dauer (hier: eine Stunde) ist keine Besitzlockerung, sondern führt zu einem freiwilligen Besitzverlust.
- Wird das Fahrzeug in einem solchen Fall nicht zurückgegeben, liegt daher kein Abhandenkommen i. S. des § 935 BGB vor.
BGH, Urteil vom 18.09.2020 – V ZR 8/19
(vorangehend: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 17.12.2018 – 15 U 84/18)
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Einem Werkunternehmer, der mit der Reparatur eines Kraftfahrzeugs beauftragt ist und dafür zunächst die (unbekannte) Ursache der zu beseitigenden Fehlfunktion auffinden muss, sind grundsätzlich auch die Arbeiten im Rahmen der Fehlerdiagnose zu vergüten, die nicht (unmittelbar) zum Erfolg führen. Insoweit ist unerheblich, ob hinsichtlich der geschuldeten Fehlersuche ein selbstständiger Vertrag, ein unselbstständiger Teil eines Werkvertrags mit Dienstleistungscharakter oder ein sukzessive erweiterter Werkvertrag vorliegt. Jedenfalls besteht eine Vergütungspflicht im Grundsatz selbst dann, wenn der Werkunternehmer die Ursache der Fehlfunktion nicht finden kann.
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Der Unternehmer darf allerdings nicht uneingeschränkt zu vergütenden (Zeit-)Aufwand betreiben; vielmehr ist er verpflichtet, auf eine wirtschaftliche Betriebsführung zu achten. Um dem Gebot der Wirtschaftlichkeit zu genügen, muss der Unternehmer sukzessive die wahrscheinlichsten Fehlerquellen ausschließen und dabei zunächst überprüfen, ob die für den Auftraggeber günstigste Ursache vorliegt.
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Verletzt der Unternehmer seine vertragliche Nebenpflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung, so wirkt sich dies nicht unmittelbar vergütungsmindernd aus. Vielmehr lässt ein Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit lediglich einen vom Besteller geltend zu machenden Gegenanspruch aus Vertragsverletzung (§ 280 I BGB) entstehen, dessen tatsächliche Voraussetzungen der Besteller nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen muss.
OLG Hamm, Urteil vom 16.09.2020 – 12 U 177/19
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Ein bei Gefahrübergang vorliegender, dem Alter, der Laufleistung und der Qualitätsstufe entsprechender, gewöhnlicher, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender Verschleiß eines für den Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeugs begründet einen Sachmangel nach § 434 I 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB nicht (Bestätigung von Senat, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 19; Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 19; Urt. v. 10.03.2009 – VIII ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 13). Dies gilt auch dann, wenn sich daraus in absehbarer Zeit – insbesondere bei der durch Gebrauch und Zeitablauf zu erwartenden weiteren Abnutzung – ein Erneuerungsbedarf ergibt.
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Die Vermutung des § 476 Halbsatz 1 BGB – in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (jetzt: § 477 Halbsatz 1 BGB) – entbindet den Käufer nicht davon, darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass sich an der Kaufsache innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (Mangelerscheinung) gezeigt hat. Der Käufer ist dann durch die genannte Vorschrift des Vortrags und des Nachweises enthoben, auf welche Ursache der zutage getretene mangelhafte Zustand zurückzuführen ist, sowie, dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (Bestätigung von Senat, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36; Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 315/18 Rn. 54 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]).
BGH, Urteil vom 09.09.2020 – VIII ZR 150/18
(vorangehend: OLG Köln, Urteil vom 26.04.2018 – 15 U 82/17)
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Einem Leasingnehmer steht bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung kein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 506 II BGB oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift zu.
OLG Hamm, Urteil vom 04.09.2020 – 30 U 32/20
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- Ob die vom Käufer eines Neuwagens gemäß § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB verlangte Ersatzlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs i. S. von § 275 I BGB unmöglich ist, hängt von Inhalt und Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen Beschaffungspflicht ab. Diese sind durch eine interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB) zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung richtet sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und gleichwertige Sache zu liefern ist. Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben (im Anschluss an BGH, Urt. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 29 ff.).
- Für die Beurteilung, ob die Ersatzlieferung eines Neuwagens i. S. von § 275 I BGB unmöglich ist, ist nach der Interessenlage des Verkäufers in der Regel nicht von Belang, dass ein Modellwechsel stattgefunden hat und das neue Fahrzeugmodell sich mehr oder weniger vom Vorgängermodell unterscheidet. Vielmehr kommt es – nicht anders, als wäre ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen Modellreihe noch lieferbar – im Wesentlichen auf die Höhe der mit einer Ersatzlieferung verbundenen Kosten an. Diese führt nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 I BGB, sondern kann den Verkäufer gegebenenfalls gemäß § 439 IV BGB (= § 439 III BGB a.F.) berechtigen, die Ersatzlieferung zu verweigern (im Anschluss an BGH, Urt. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, juris Rn. 29 ff.).
- Der Verkäufer eines Neuwagens darf bei einem Verbrauchsgüterkauf i. S. von § 474 I 1 BGB die vom Käufer begehrte Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 1 BGB) eines mangelfreien Fahrzeugs dann nicht gemäß § 439 IV BGB (= § 439 III BGB a.F.) verweigern, weil sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist, wenn eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) unmöglich ist. Bei der Beurteilung, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß nachgebessert, der Mangel also vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt werden kann, ist auf den Zeitpunkt des Zugangs des Nacherfüllungsverlangens abzustellen.
- Ein Käufer, der vom Verkäufer zunächst Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) verlangt hat, kann zwar im Einzelfall mit Rücksicht auf die Gebote von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert sein, von seinem Nachbesserungsverlangen Abstand zu nehmen und Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) zu verlangen. Der Käufer verhält sich indes nicht treuwidrig, wenn der Verkäufer die vom Käufer zunächst begehrte Nachbesserung nicht oder nicht ordnungsgemäß zuwege gebracht hat und deshalb die Kaufsache bei Ausübung des Ersatzlieferungsverlangens nicht vertragsgerecht war. In einem solchen Fall ist es vielmehr umgekehrt dem Verkäufer unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, den Käufer an der ursprünglich getroffenen Wahl festzuhalten (im Anschluss an BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 47 f.).
LG Aachen, Urteil vom 03.09.2020 – 11 O 167/16
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Bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I BGB) ist gemäß § 475 I BGB jede Vereinbarung unabhängig von ihrer Transparenz unwirksam, die unmittelbar oder mittelbar bewirkt, dass der Käufer das Risiko trägt, dass die Kaufsache an einem verborgenen Mangel leidet. Unwirksam ist deshalb insbesondere eine (negative) Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts, dass die verkaufte Sache „möglicherweise mangelhaft“ ist.
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Die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines Gebrauchtwagens mit dem unbehebbaren Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen liegt, ist i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich und rechtfertigt deshalb keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag, wenn sich der Mangel allein in einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs auswirkt und dieser nicht mehr als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 22).
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Den Verkäufer eines Gebrauchtwagens trifft zwar ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht die Obliegenheit, ein zum Kauf angebotenes Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen. Sieht der Verkäufer aber von einer Untersuchung des Fahrzeugs ab, muss er die Begrenztheit seines Kenntnisstands deutlich machen, wenn er die Unfallfreiheit in einer Weise behauptet, die dem Käufer den Eindruck vermitteln kann, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis (im Anschluss an BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15).
OLG Rostock, Urteil vom 28.08.2020 – 4 U 1/19
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Zur Minderung des Kaufpreises für einen Gebrauchtwagen, der – entgegen einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB („unfallfrei“) – mehrere nicht fachgerecht reparierte Unfallschäden aufweist.
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Ob sich die Angabe eines privaten Gebrauchtwagenverkäufers, das Fahrzeug sei unfallfrei, nur auf seine Besitzzeit bezieht, kann offenbleiben, wenn dem Verkäufer bekannt ist, dass das Fahrzeug vor seiner Besitzzeit einen – über einen bloßen Bagatellschaden hinausgehenden und deshalb dem Käufer zu offenbarenden – Unfallschaden erlitten hat, und er diesen dem Käufer verschweigt. Dann nämlich fällt dem Verkäufer insoweit eine arglistige Täuschung (§ 123 I Fall 1 BGB) zur Last, sodass er sich gemäß § 444 Fall 1 BGB auf einen mit dem Käufer vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht berufen darf.
OLG Koblenz, Urteil vom 27.08.2020 – 2 U 2164/19
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Die vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung ist nicht bereits dann gewahrt, wenn der Verkäufer innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat; vielmehr muss auch der Leistungserfolg eingetreten sein. Die Frist ist allerdings so zu bemessen, dass der Verkäufer bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann.
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Hat der Käufer eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt, die erfolglos abgelaufen ist, so ist er grundsätzlich nicht gehalten, dem Verkäufer eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen, bevor er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung ist nur dann Rücktrittvoraussetzung, wenn der Käufer sein Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden hat.
BGH, Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19
(vorangehend: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 14.11.2019 – 16 U 42/19)
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Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – VI ZB 67/19
(vorangehend: OLG Oldenburg, Beschluss vom 06.09.2019 – 5 U 262/19)
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Der Verkäufer eines hochpreisigen Gebrauchtwagens muss einem (potenziellen) Käufer nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung ungefragt offenbaren, dass er selbst das – in Deutschland hergestellte – Fahrzeug in Dubai erworben und dort nicht unerheblich genutzt hat. Denn insoweit ist die – äußerst ungewöhnliche – Fahrzeughistorie schon deshalb ein besonders wichtiger Umstand, der für die Willensbildung eines (potenziellen) Käufers offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung ist, weil sie sich auf den Wert des Fahrzeugs auswirkt.
OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2020 – 17 U 231/18
(vorangehend: LG Bielefeld, Urteil vom 28.09.2018 – 8 O 10/17)
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