Der Verkäufer eines hochpreisigen Gebrauchtwagens muss einem (potenziellen) Käufer nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung ungefragt offenbaren, dass er selbst das – in Deutschland hergestellte – Fahrzeug in Dubai erworben und dort nicht unerheblich genutzt hat. Denn insoweit ist die – äußerst ungewöhnliche – Fahrzeughistorie schon deshalb ein besonders wichtiger Umstand, der für die Willensbildung eines (potenziellen) Käufers offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung ist, weil sie sich auf den Wert des Fahrzeugs auswirkt.

OLG Hamm, Urteil vom 17.08.2020 – 17 U 231/18
(vorangehend: LG Bielefeld, Urteil vom 28.09.2018 – 8 O 10/17)

Sachverhalt: Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw BMW 750 in Anspruch.

Dieses Fahrzeug wurde in Deutschland hergestellt, im Mai 2011 erstzugelassen und anschließend als Leasingfahrzeug genutzt. Später – wann genau, ist nicht bekannt – wurde das Fahrzeug nach Dubai überführt und dort zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen. In Dubai erwarb der Beklagte den streitgegenständlichen Pkw; die Einzelheiten des Erwerbs und insbesondere die damalige Laufleistung des Fahrzeugs sind zwischen den Parteien streitig.

Nachdem der Beklagte den BMW 750 einige Zeit in Dubai genutzt hatte, verbrachte er den Pkw nach Deutschland, ohne ihn dort anzumelden. Im Oktober 2016 beabsichtigte der Beklagte, das Fahrzeug zu veräußern. Der Pkw wurde deshalb auf der Internetplattform „mobile.de“ zum Kauf angeboten. In dem Inserat waren die Kontaktdaten der N-GmbH, die seinerzeit gewerblich mit Kraftfahrzeugen handelte und deren Geschäftsführer der Beklagte damals war, angegeben. Welchen genauen Inhalt das Inserat darüber hinaus hatte, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger wurde bei „mobile.de“ auf den BMW 750 aufmerksam und vereinbarte über die N-GmbH einen Termin zur Besichtigung des Fahrzeugs. Anschließend – am 20.10.2016 – suchte der Kläger mit seinen Söhnen H, C und O die Geschäftsräume der N-GmbH in E. auf, besichtigte den streitgegenständlichen Pkw und unternahm in Begleitung zumindest eines Sohns eine Probefahrt mit dem Fahrzeug. Das Verkaufsgespräch führte der Kläger zunächst mit M, einem Mitarbeiter der N-GmbH. Der Beklagte kam später dazu, um mit dem Kläger über den Kaufpreis zu verhandeln. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Eine Zulassungsbescheinigung Teil II lag beim Verkaufsgespräch nicht vor, da der BMW 750 nach seiner Rückkehr aus Dubai in Deutschland nicht wieder zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen worden war.

Nachdem sich der Kläger zum Kauf des Fahrzeugs entschlossen hatte, füllte M handschriftlich ein entsprechendes Kaufvertragsformular aus, das der Beklagte teilweise ergänzte und das schließlich von beiden Parteien unterzeichnet wurde. In dem Kaufvertrag ist als Verkäufer der Beklagte eingetragen. Außerdem enthält die Vertragsurkunde den handschriftlichen Zusatz „Gekauft wie gesehen und Probe gefahren. Unter Ausschluss jeder Gewährleistung und Garantie aufgrund Preisreduzierung.“ Zur Laufleistung heißt es in dem Kaufvertrag: „Der Verkäufer erklärt, dass das Kfz eine Gesamtlaufleistung von 73.000 km aufweist lt. Tacho“. Nach dem Formular zu machende Angaben dazu, ob der Pkw ein Importfahrzeug ist, enthält der Kaufvertrag nicht.

Bei Unterzeichnung des Kaufvertrags leistete der Kläger auf den vereinbarten Kaufpreis (28.850 €) eine Anzahlung von 1.000 €. Den Restbetrag entrichtete er bei der Übergabe des Pkw am 22.10.2016.

Kurze Zeit später suchte der Kläger mit dem Fahrzeug eine BMW-Vertragswerkstatt auf, da er im Innenraum einen starken Ölgeruch wahrgenommen hatte. Die mit der Untersuchung des Wagens befassten Mechaniker äußerten Bedenken im Hinblick auf die (vermeintliche) Laufleistung des Fahrzeugs, sodass bei dem Kläger der Verdacht aufkam, die tatsächliche Laufleistung des BMW 750 sei höher als die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung. Der Kläger stellte daraufhin Nachforschungen an, in deren Rahmen er am 11.11.2016 Unterlagen des Straßenverkehrsamts E. erhielt. Daraus ergibt sich, dass der BMW 750 aus einem Drittland nach Deutschland importiert worden ist.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2016 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, die er mit einer Abweichung zwischen angezeigter und tatsächlicher Laufleistung begründete. Gleichzeitig erklärte der Kläger den Rücktritt von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag. Er forderte den Beklagten auf, bis zum 25.11.2016 zu bestätigen, dass er – der Beklagte – dem Kläger den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs erstatten werde. Außerdem verlangte der Kläger den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.358,86 €. Der Beklagte kam den Forderungen des Klägers nicht nach.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, dass der Beklagte den Kilometerzähler des streitgegenständlichen Fahrzeugs manipuliert habe. Er ist der Auffassung, der Beklagte habe ihn hinsichtlich der Laufleistung des Pkw arglistig getäuscht. Mit Blick auf ein nach Beendigung eines Leasingvertrags erstelltes Rücknahmeprotokoll (Anlage K 19) – so hat der Kläger geltend gemacht – sei davon auszugehen, dass das Fahrzeug bereits am 13.11.2012 eine Laufleistung von 128.104 km aufgewiesen habe.

Mit Schriftsatz vom 16.03.2017 hat der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung außerdem auf den Umstand gestützt, dass der Beklagte das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum in Dubai genutzt und dann nach Deutschland verbracht hat.

Der Beklagte hat in erster Instanz behauptet, er habe den BMW 750 am 31.08.2015 mit einem Kilometerstand von 53.000 in Dubai erworben und dort privat genutzt. Die angezeigte Laufleistung sei für ihn plausibel gewesen; Anhaltspunkte für eine Manipulation habe er nicht gehabt. Eine Zulassungsbescheinigung Teil II habe beim Verkaufsgespräch mit dem Kläger nicht vorgelegen. Eine solche sei noch nicht ausgestellt gewesen, weil er – der Beklagte – das Fahrzeug aus Dubai „mitgebracht“ gehabt habe. Dies habe er dem Kläger beim Verkaufsgespräch auch so erklärt.

Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 26.121,98 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2016, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, zu zahlen. Außerdem hat es den Beklagten verurteilt, dem Kläger außergerichtlich entstandene Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 794,03 € nebst Zinsen zu ersetzen. Schließlich hat das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kaufvertrag infolge der von dem Kläger erklärten Anfechtung rückabzuwickeln sei. Aufgrund des eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S stehe fest, dass die tatsächliche Gesamtlaufleistung des BMW 750 mindestens 148.000 km betrage und damit höher sei als die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung. Den aus dieser Abweichung folgenden – zu offenbarenden – Mangel habe der Beklagte dem Kläger arglistig verschwiegen. Aufgrund des von dem Sachverständigen festgestellten Zustands des Lenkrades habe der Beklagte eine Manipulation des Kilometerzählers zumindest für möglich halten müssen.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Beklagte geltend gemacht, dass der BMW 750 selbst dann nicht mangelhaft sei, wenn seine tatsächliche Laufleistung höher sein sollte als die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung. Denn hinsichtlich der Laufleistung beinhalte der Kaufvertrag wegen des einschränkenden Zusatzes „lt. Tacho“ lediglich eine Wissenserklärung. Überdies habe der Kläger den subjektiven Tatbestand einer arglistigen Täuschung nicht beweisen. Er – der Beklagte – sei nicht verpflichtet gewesen, die Historie des Fahrzeugs zu prüfen, zumal er den Pkw privat veräußert habe. Besondere Anhaltspunkte, die Anlass zu einer solche Prüfung hätten geben können, hätten nicht vorgelegen. Er – der Beklagte – verfüge auch nicht über eine besondere Erfahrung mit Gebrauchtfahrzeugen, sondern sei lediglich Geschäftsführer der N-GmbH. Als solcher kümmere er sich um technische Abläufe und die Organisation des Unternehmens; er untersuche aber keine Fahrzeuge.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II.… Das Landgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt.

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 26.121,98 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB. Der Beklagte hat die Kaufpreiszahlung des Klägers rechtsgrundlos erlangt.

2. Der Kaufvertrag ist rückabzuwickeln, weil dieser infolge der von dem Kläger erklärten Anfechtung gemäß §§ 142 I, 123 I Fall 1 BGB als von Beginn an nichtig anzusehen ist.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte das Fahrzeug in Dubai erworben und dort genutzt hat, bevor er es zurück in die Bundesrepublik überführt hat. Über diesen maßgeblichen Teil der Fahrzeughistorie hat der Beklagte den Kläger gemäß § 123 I Fall 1 BGB arglistig getäuscht.

(1) Der Beklage war verpflichtet, den Umstand, dass er das Fahrzeug in Dubai erworben hat und dieses dort bereits über einen erheblichen Zeitraum hinweg genutzt wurde, gegenüber dem Kläger als Kaufinteressenten auch ungefragt zu offenbaren.

Zwar besteht keine allgemeine Offenbarungspflicht hinsichtlich sämtlicher Umstände, die für die Willensbildung des potenziellen Vertragspartners von Bedeutung sein können. Es liegt nämlich grundsätzlich in der Verantwortungs- und Risikosphäre jeder Partei, sich selbst über die für die eigene Willensentschließung maßgeblichen Tatsachen zu informieren (vgl. MünchKomm-BGB/Armbrüster, 8. Aufl. [2018], § 123 Rn. 33). Ob im Einzelfall gleichwohl eine Offenbarungspflicht besteht, ist nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung hinsichtlich des jeweiligen Geschäftsbereichs danach zu bestimmen, ob der andere Teil unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung redlicherweise eine Aufklärung erwarten durfte (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. [2019], § 123 Rn. 5), wobei besonders wichtige Umstände, die für die Willensbildung offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, ungefragt offenbart werden müssen (vgl. Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 123 Rn. 5b). Dies ist vorliegend der Fall.

Zunächst handelt es sich bei Rückführung eines hochpreisigen Fahrzeugs aus Dubai um einen außerordentlichen Umstand, der sich auf das dem Fahrzeug durch interessierte Verkehrskriese entgegengebrachte Vertrauen und damit zwangsläufig auch auf dessen Wert auswirkt. Dies hat auch der Sachverständige Dipl.-Ing. S bestätigt und insoweit nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Art einer Zurückführung eines Fahrzeugs äußerst ungewöhnlich sei. Insoweit lasse sich ein konkreter Minderwert zwar nicht ohne Weiteres beziffern; ein solches Fahrzeug werde in Händlerkreisen jedoch anders betrachtet, woraus auch eine andere Bewertung folge. Unabhängig davon sei das Fahrzeug insbesondere aufgrund der in Dubai vorherrschenden klimatischen Bedingungen – insbesondere der Sonneneinstrahlung – besonderen Belastungen für den Lack und sämtliche Dichtungen ausgesetzt gewesen. Darüber hinaus könnten das extreme Klima sowie die sonstigen Umweltbedingungen in Dubai zu weiteren Beeinträchtigen führen, wie sie etwa an den verkratzten Scheinwerfern des streitgegenständlichen Fahrzeugs festzustellen seien, die einen für mitteleuropäische Verhältnisse unerklärlichen Zustand aufwiesen. Daraus folgt, dass sich aus der Rückführung eines Fahrzeugs nach einer längeren Nutzung – nach den Angaben des Beklagten circa 20.000 km – in Dubai auch technische Vorbehalte ergeben, die im Hinblick auf die von dem Sachverständigen beschriebene Beeinträchtigung von Lack, Dichtungen und anderer Bauteile auch nachvollziehbar sind.

Darüber hinaus hat der Beklagte durch die von ihm gewählten äußeren Umstände des Verkaufs ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen. Er hat das Fahrzeug über die N-GmbH im Internet angeboten und die Verkaufsverhandlungen in deren Geschäftsräumen durch einen spezialisierten Mitarbeiter führen lassen. Unabhängig von der Frage, ob er selbst dadurch als gewerblicher Verkäufer anzusehen ist, hat er dadurch jedenfalls in zurechenbarer Art und Weise den Eindruck vermittelt, dass der Verkauf zumindest unter Beteiligung der N-GmbH erfolge. Dies war durchaus geeignet, einen potentzellen Interessenten von weiteren Nachfragen über die Fahrzeughistorie abzuhalten. Dies gilt insbesondere für den Umstand, dass das Fahrzeug überhaupt nicht zugelassen war, was bei einem Privatverkauf zumindest ungewöhnlich erscheint und durchaus Anlass für weitere Nachfragen gewesen wäre.

Angesichts dieser Gesamtumstände durfte der Kläger nach Treu und Glauben einen Hinweis auf die nicht unerhebliche Nutzung des Pkw in Dubai und die Rückführung in die Bundesrepublik erwarten, die für ihn unter keinen Umständen erkennbar war.

(2) Der für die tatsächlichen Voraussetzungen der Anfechtbarkeit beweisbelastete Kläger hat den ihm obliegenden Beweis einer unterbliebenen Aufklärung erbracht. Der Beklagte hat zwar behauptet, mit dem Kläger über diesen Aspekt der Fahrzeughistorie gesprochen zu haben. Aus dem Kaufvertrag ergibt sich ein entsprechender Hinweis jedoch nicht. Dort ist das entsprechende Formularfeld nicht ausgefüllt worden. Soweit der Beklagte eine mündliche Aufklärung behauptet hat, steht das Gegenteil durch die Aussagen der Zeugen H, C und O fest. Von diesen Zeugen, die bei der Besichtigung des Fahrzeugs und dem in diesem Zusammenhang geführten Verkaufsgespräch zugegen waren, konnte keiner bestätigen, dass eine Rückführung des Fahrzeugs aus Dubai erwähnt worden ist. Dies korrespondiert auch mit dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrags, der eine Importeigenschaft ebenfalls nicht erwähnt. Da es sich insoweit um einen erheblich außergewöhnlichen Umstand handelt, liegt es fern, dass die Zeugen sich an einen entsprechenden Hinweis einfach nicht mehr erinnern konnten. Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen hat der Senat vor diesem Hintergrund nicht. Die Aussage des von dem Beklagten gegenbeweislich benannten Zeugen Z steht dem nicht entgegen. Diese war unergiebig, da er das Verkaufsgespräch nur am Rande mitbekommen hat und insbesondere zu einem etwaigen Hinweis auf die Rückführung des Fahrzeugs aus Dubai keine Angaben machen konnte. Weitere Zeugen – insbesondere den Mitarbeiter der N-GmbH M, der das Verkaufsgespräch geführt hat – hat der Beklagte nicht benannt.

(3) Der Beklagte hat insoweit auch arglistig gehandelt. Er hat zumindest billigend in Kauf genommen, dass der Beklagte durch die unterlassene Aufklärung zum Vertragsschluss veranlasst wird. Er rechnete damit, dass es sich bei der Rückführung des Fahrzeugs aus Dubai um einen die Kaufentscheidung beeinflussenden Umstand handelte. Aufgrund seiner Branchenerfahrung als Geschäftsführer einer gewerblichen Autohändlerin wusste er, dass Fahrzeuge mit einer derart ungewöhnlichen Historie – wie durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. S auch festgestellt – zu einem niedrigeren Marktwert gehandelt werden. Als Beleg hierfür sieht der Senat unter anderem den Umstand an, dass der Beklagte in der Vertragsurkunde in der Rubrik „Importfahrzeug“ keine Angabe gemacht hat. Bezüglich dieser Einschätzung waren auch keine technischen Kenntnisse erforderlich, sodass es auf die Ausbildung des Beklagten und die im Rahmen des langjährigen Kfz-Handels erworbenen technischen Kenntnisse nicht ankommt.

(4) Das treuwidrige Unterlassen einer Aufklärung über diesen Teil der Fahrzeughistorie war für den Kaufabschluss des Klägers zumindest mitursächlich. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung kann ohne Weiteres angenommen werden, dass das Verschweigen eines wertmindernden Umstands die Kaufentscheidung zumindest beeinflusst.

bb) Es liegt auch eine wirksame Anfechtungserklärung gemäß § 143 I BGB vor. Zwar hat der Kläger die Rückführung des Fahrzeugs im Rahmen seiner ursprünglichen Anfechtungserklärung vom 15.11.2016 nicht erwähnt. Allerdings hat er die Anfechtung mit Schriftsatz vom 16.03.2017 ausdrücklich auch auf diesen Umstand gestützt. Diese Anfechtung ist auch nicht verfristet. Gemäß § 124 I BGB kann die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nur binnen Jahresfrist erfolgen, wobei diese Frist gemäß § 124 II BGB mit dem Zeitpunkt beginnt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Der Kläger hat unwidersprochen angegeben, durch ein Schreiben des Straßenverkehrsamtes E. vom 11.11.2016 erstmals die Information erhalten habe, dass das Fahrzeug aus einem Drittland importiert worden sei. Nachdem der Behauptung des Beklagten, er habe den Beklagten bereits bei Vertragsschluss über diesen Umstand aufgeklärt, nicht gefolgt werden kann, ist eine frühere Kenntnis des Klägers nicht ersichtlich, sodass die Anfechtungsfrist am 16.03.2017 nicht abgelaufen war.

b) Als Rechtsfolge der Anfechtung ist der Kaufvertrag gemäß § 142 I BGB als von Anfang an nichtig anzusehen, und die empfangenen Leistungen sind zurückzugewähren.

Für die Berechnung der von dem gezahlten Kaufpreis in Höhe von 28.850 € in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung in Höhe von 728,02 € wird auf die in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Landgerichts im Rahmen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Aus der Differenz ergibt sich die Höhe des dem Kläger zustehenden Zahlungsanspruchs. Dieser steht dem Kläger entsprechend seinem Klageantrag Zug um Zug gegen Rückgabe und -übereignung des streitgegenständlichen Pkw zu.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286 I, 288 I BGB). Zinsbeginn ist der 26.11.2016, da die mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2016 gesetzte Frist am 25.11.2016 abgelaufen ist.

Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 280 I BGB.

4. Darüber hinaus war gemäß § 293 BGB auch der Annahmeverzug des Beklagten im Hinblick auf die Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs festzustellen. Der Gläubiger kommt nach dieser Vorschrift in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Erforderlich ist gemäß § 294 BGB grundsätzlich ein tatsächliches Angebot, welches vorliegend ersichtlich nicht gegeben ist. Gemäß § 295 BGB genügt jedoch ein wörtliches Angebot, wenn der Gläubiger erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Letzteres ist vorliegend der Fall. Nach der ständigen Rechtsprechung ist einheitlicher Erfüllungsort für die Rückabwicklung des Kaufvertrags der Ort, an dem sich die Kaufsache bestimmungsgemäß befindet (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2015 – 28 U 91/15, NJW-RR 2016, 177 Rn. 25 m. w. Nachw.), sodass die Beklagte das Fahrzeug am Wohnort des Klägers abzuholen hätte. Zwar verweist der Kläger im Rahmen des vorgenannten Anwaltsschreibens lediglich auf die Rückabwicklung Zug um Zug. Allerdings erschöpft sich ein wörtliches Angebot regelmäßig auch in der Mitteilung der Bereitschaft des Schuldners an den Gläubiger, die vertragsgemäße Leistung zu erbringen (vgl. Jauernig/Stadler, BGB, 17. Aufl. [2018], § 295 Rn. 4). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger seine Bereitschaft zur Rückgabe des Fahrzeugs klar zum Ausdruck gebracht hat. …

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