1. Ein Gebrauchtwagen ist „fahrbereit“, wenn er keine verkehrsgefährdenden Mängel aufweist, aufgrund derer er bei einer Hauptuntersuchung als verkehrsunsicher eingestuft werden müsste, und wenn er im Hinblick auf seine wesentlichen technischen Funktionen so beschaffen ist, dass ein Betrieb überhaupt möglich ist. Daran kann es zwar fehlen, wenn das Fahrzeug schon im Zeitpunkt der Übergabe wegen gravierender technischer Mängel nicht imstande ist, eine auch nur minimale Fahrtstrecke zurückzulegen. Der Verkäufer übernimmt aber mit der Angabe, das Fahrzeug sei „fahrbereit“, nicht ohne Weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach der Übergabe an den Käufer über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 21, 24).
  2. Ein in einem – hier mündlich geschlossenen – Kfz-Kaufvertrag enthaltener Gewährleistungsausschluss gilt nicht für einen Mangel, der darin besteht, dass dem Fahrzeug eine vereinbarte Beschaffenheit i. S. von § 434 I 1 BGB fehlt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31; OLG Köln, Urt. v. 28.03.2011 – 3 U 174/10, juris Rn. 8).
  3. Auch bei einem 20 Jahre alten Gebrauchtwagen kann angesichts eines Kaufpreises von 10.500 € trotz der ausdrücklichen Bezeichnung des Fahrzeugs als „Bastlerfahrzeug“ nicht angenommen werden, dass das Fahrzeug ausschließlich zum „Herumschrauben“ oder als Teilespender dienen soll.

OLG München, Urteil vom 12.06.2019 – 7 U 1630/18

Sachverhalt: Der Kläger nimmt den Beklagten, von dem er ein gebrauchtes Kraftfahrzeug erworben hat, auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte bot im Internet einen Freightliner FLD 120 (Baujahr 1996) zum Kauf an. Nachdem der Kläger dieses Fahrzeug am 10.10.2015 in H. besichtigt und eine Probefahrt damit unternommen hatte, erwarb er es für 10.500 €. Ein schriftlicher Kaufvertrag wurde nicht geschlossen.

Der Kläger behauptet, das Fahrzeug habe bereits auf der Fahrt vom Übergabeort (H.) zu seinem – des Klägers – Wohnort (W.) nach etwa 50 bis 100 km kein Gas mehr genommen. Nach der Ankunft in W. habe sich das Fahrzeug nicht mehr starten lassen. Die Kosten für die Instandsetzung des Fahrzeugs beliefen sich auf 5.720,35 €.

Das Landgericht hat die hauptsächlich auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe schon deshalb keinen mangelbedingten Anspruch auf Schadensersatz, weil der Beklagte seine Haftung für Mängel des streitgegenständlichen Fahrzeugs wirksam ausgeschlossen habe. Darüber hinaus hafte dem Fahrzeug kein Mangel i. S. von § 434 I BGB an, sondern es liege lediglich normaler Verschleiß vor. Insoweit hat sich das Landgericht auf ein Gutachten gestützt, dass in einem zwischen den Parteien geführten selbstständigen Beweisverfahren erstattet worden war. Danach war Ursache der auf der Fahrt von H. nach W. aufgetretenen Schwierigkeiten ein korrodiertes Steuergerät und möglicherweise die (defekte) Batterie des Fahrzeugs.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: B. Die zulässige Berufung ist unbegründet, da das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Denn der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281, 440 BGB, da die Parteien einen Gewährleistungsausschluss vereinbarten und das Fahrzeug der gleichzeitig vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entsprach.

I. 1. Unter Berücksichtigung der vom Landgericht durchgeführten persönlichen Anhörung beider Parteien und nach der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug am 10.10.2015 einen Gewährleistungsausschluss vereinbart haben.

Der Beklagte erklärte in seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 16.04.2018, dass er dem Kläger gesagt habe, das Fahrzeug werde unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft (vgl. S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2018).

Eine solche Äußerung des Beklagten hinsichtlich eines Verkaufs nur unter Ausschluss der Gewährleistung hat auch die Zeugin A in ihrer Vernehmung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2019 bestätigt, auch wenn sie dort zunächst angegeben hatte, dass die Äußerung des Klägers bezüglich des Gewährleistungsausschlusses erst vor der Übergabe des Kaufpreises erfolgt sei, dies aber später dahin gehend korrigierte, dass sie nicht mehr wisse, wann im Verlauf der Verhandlungen über den Gewährleistungsausschluss gesprochen worden sei. Die Zeugin machte auf den Senat einen glaubwürdigen Eindruck, wobei sich der Senat bewusst ist, dass es sich bei der Zeugin A um die Ehefrau des Beklagten handelt. Dies allein führt jedoch nicht zu einer Unglaubwürdigkeit der Zeugin, da es keinen Erfahrungssatz gibt, dass ein Ehegatte stets zugunsten des jeweils anderen die Unwahrheit sagen würde. Für die Glaubhaftigkeit der Aussage spricht auch, dass die Aussage der Zeugin A inhaltlich nicht in jeder Hinsicht mit dem Vortrag des Beklagten übereinstimmte, sodass die Aussage nicht als zwischen den Ehegatten abgesprochen wirkte.

Aus der Vernehmung der Zeugen W, H und M hat sich nichts ergeben, das Zweifel am Wahrheitsgehalt der Erklärungen des Beklagten und der Zeugin A wecken würde.

Der Zeuge H gab glaubhaft an, infolge des Zeitablaufs keine Erinnerung mehr zu haben.

Die Zeugin W sagte ebenso glaubhaft aus, dass sie von den Verhandlungen der Parteien nichts mitbekommen habe, da sie wegen des regnerischen Wetters größtenteils im Auto des Zeugen H gesessen habe.

Der Zeuge M erklärte zwar glaubhaft, dass während seiner Anwesenheit bei den Verhandlungen nicht über einen Gewährleistungsausschluss gesprochen worden sei. Dies widerlegt jedoch weder die Erklärung des Beklagten noch die Aussage der Zeugin A, da der Zeuge M gleichzeitig glaubhaft angab, bei den Verhandlungen der Parteien nicht durchgängig anwesend gewesen zu sein, sodass über den Gewährleistungsausschluss ohne Weiteres auch in seiner Abwesenheit hat verhandelt werden können.

Dass der Senat nicht der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, wonach über einen Gewährleistungsausschluss nicht gesprochen worden sei (vgl. S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2018), folgt und den Vortrag der Beklagten für zutreffend erachtet, ergibt sich auch aus der eBay-Anzeige …, aufgrund derer der Kontakt zwischen den Parteien überhaupt erst zustande kam. Dort war nämlich angegeben:

„Verkauf aufgrund des Baujahres 1996 (20 Jahre alt) als Bastlerfahrzeug ohne Gewährleistung. Fahrzeug sollte unbedingt besichtigt werden, um spätere Unstimmigkeiten auszuschließen.“

Es ist nicht ersichtlich, warum der Beklagte, dessen Preisvorstellung laut der eBay-Anzeige bei 16.500 € lag, dem Kläger im Hinblick auf den Kaufpreis um mehr als ein Drittel hätte nachgeben und gleichzeitig auch noch von dem Gewährleistungsausschluss hätte abrücken sollen.

Der Senat legt deshalb die vom Beklagten vorgetragene Sachverhaltsversion zugrunde und geht von einem zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschluss aus.

2. Der Beklagte kann sich auch auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen, da ein arglistiges Verschweigen i. S. des § 444 Fall 1 BGB nicht vorliegt.

a) Zwar hat der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn unter anderem nicht über Laufschwierigkeiten, einen zugesetzten Dieselfilter und einen Filtertausch informiert, die allesamt Gegenstand eines Werkstattaufenthalts des Fahrzeugs im August 2015 gewesen seien (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 20.03.2018, S. 2). Da nach Überzeugung des Senats, die er sich aufgrund der vorgelegten Reparaturrechnung der Werkstatt … und der Bestätigung der Werkstatt … gebildet hat, diese Defekte sämtlich im Rahmen des Werkstattaufenthalts behoben worden waren, waren weder der Werkstattaufenthalt noch die Gründe hierfür durch den Beklagten im Verkaufsgespräch offenzulegen. Es bedurfte daher auch keiner Beweisaufnahme zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob der Beklagte den Kläger über diese Defekte im Rahmen des Verkaufsgesprächs aufgeklärt hat.

b) Darüber hinaus waren nach dem im selbstständigen Beweisverfahren (18 H 1/16) vom AG Montabaur erholten Sachverständigengutachten Ursache der auf der Fahrt von H. nach W. am 10.10.2015 aufgetretenen Schwierigkeiten auch nicht die technischen Probleme, die Gegenstand des Werkstattaufenthalts im August 2015 waren, sondern ein korrodiertes Steuergerät sowie möglicherweise die Batterie des Fahrzeugs (vgl. S. 4–6 des Gutachtens des Sachverständigen K vom 16.05.2017, wobei der Sachverständige nicht feststellen konnte, ob die Batterie bereits bei Übergabe defekt war). Dass der Beklagte bei Vereinbarung des Gewährleistungsausschlusses von diesen Defekten Kenntnis hatte oder sie zumindest für möglich hielt, ist vom Kläger schon nicht behauptet worden.

3. Ein Garantieversprechen des Beklagten liegt nicht vor. Denn dazu hätte der Beklagte nach § 443 I BGB eine über die gesetzliche Mängelhaftung hinausgehende Verpflichtung eingehen müssen. Dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte, sodass es auch insoweit dem Beklagten nicht nach § 444 Fall 2 BGB verwehrt ist, sich auf den Gewährleistungsausschluss zu berufen.

II. Der Beklagte kann sich allerdings als Verkäufer auf den Gewährleistungsausschluss insoweit nicht berufen, als eine Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde. Denn Beschaffenheitsvereinbarung und Sachmängelausschluss stehen gleichrangig nebeneinander, sodass ein vereinbarter Haftungsausschluss nicht die Unverbindlichkeit der Beschaffenheitsvereinbarung zur Folge hat (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31; OLG Köln, Urt. v. 28.03.2011 – 3 U 174/10, juris Rn. 8).

Im streitgegenständlichen Fall haben die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung dahin gehend getroffen, dass das Fahrzeug jedenfalls fahrbereit zu sein hat. Der Kläger hat nämlich mit Schriftsatz vom 20.03.2018 (dort S. 2) vortragen lassen, dass der Beklagte anlässlich des Verkaufsgesprächs vom 10.10.2015 hinsichtlich des Zustands des Fahrzeugs angegeben habe, dass an diesem „alles funktionier[e]“ und dass „das Auto [fahre]“. Dies hat der Beklagte im Folgenden weder schriftsätzlich noch in seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 16.04.2018 bestritten und ist somit unstreitig. Bei diesen Aussagen des Beklagten handelt es sich nach Auffassung des Senats auch nicht um eine lediglich allgemeine und unverbindliche Anpreisung des Kaufgegenstands des Verkäufers, da ein objektiver Dritter bei verständiger Würdigung aller Umstände bei einer solchen Formulierung davon ausgehen durfte, dass das zu erwerbende Fahrzeug jedenfalls zu seiner ureigensten Funktion, nämlich der Fortbewegung, grundsätzlich geeignet ist. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zum sofortigen Gebrauch auf öffentlichen Straßen an den Kläger verkauft wurde. Es sollte nämlich unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags aus eigener Kraft durch den Kläger nach W. gefahren werden.

An der Beschaffenheitsvereinbarung der Fahrbereitschaft ändert auch nichts, dass das Fahrzeug in der eBay-Anzeige …, die zur Kontaktaufnahme des Klägers mit dem Beklagten führte, ausdrücklich als „Bastlerfahrzeug“ bezeichnet wurde. Denn bei einem Kaufpreis von 10.500 € kann auch bei einem 20 Jahre alten Fahrzeug nicht mehr angenommen werden, dass es ausschließlich zum „Herumschrauben“ oder als Teilespender verwendet werden würde.

Nach der Rechtsprechung des BGH bedeutet „fahrbereit“, dass das Fahrzeug nicht mit verkehrsgefährdenden Mängeln behaftet sein darf (BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 21) und im Hinblick auf seine wesentlichen technischen Funktionen so beschaffen sein muss, dass ein Betrieb des Fahrzeugs überhaupt möglich ist. Daran kann es fehlen, wenn ein Fahrzeug schon im Zeitpunkt der Übergabe wegen gravierender technischer Mängel nicht imstande ist, eine auch nur minimale Fahrtstrecke zurückzulegen. Jedoch übernimmt der Verkäufer mit der Angabe, dass ein Fahrzeug „fahrbereit“ ist, nicht ohne weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder eine längere Strecke fahrbereit bleibt (BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 24).

Dass das Fahrzeug nicht verkehrssicher gewesen sei, hat selbst der Kläger nicht vorgetragen.

Nach der Aussage des Zeugen M, der den Kläger auf der Rückfahrt von H., dem Ort der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger, nach W., dem Wohnort des Klägers, im streitgegenständlichen Fahrzeug begleitete, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.05.2019 hat das Fahrzeug nach 50 bis 100 km kein Gas mehr genommen. Trotzdem sei das Auto aber noch mehrere Hundert Kilometer bis W. gefahren. Erst dort angekommen sei es nicht mehr angesprungen. Bestätigt wurde diese Aussage des Zeugen M durch den Zeugen H, der bei der Rückfahrt in den Westerwald mit seinem Pkw vor dem streitgegenständlichen Fahrzeug fuhr. Ihm zufolge hat das Fahrzeug nach einiger Zeit wieder Gas genommen, sodass es bis zum Wohnort des Klägers gekommen sei.

An der Glaubhaftigkeit dieser Aussagen wurden von keiner der Parteien Zweifel geäußert und sind auch keine solchen ersichtlich. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Fahrzeug nach der Übergabe an den Kläger immerhin noch mehrere Hundert Kilometer gefahren ist, sodass es nicht nur eine „minimale Fahrtstrecke“, sondern eine längere Fahrtstrecke zurücklegte und damit der von den Parteien getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung „fahrbereit“ entsprach.

Da nach alledem die Parteien einen Gewährleistungsausschluss vereinbarten und das Fahrzeug der gleichzeitig vereinbarten Beschaffenheit entsprach, hat der Kläger keinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten. Damit besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Erstattung der dem Beklagten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. …

PDF erstellen