Bei einem Kauf unter fachunkundigen Privaten hat die Angabe, ein Gebrauchtwagen verfüge über einen „Austauschmotor“, grundsätzlich lediglich den Erklärungsinhalt, dass sich nicht mehr der Originalmotor im Fahrzeug befindet.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.02.2012 – 1 U 122/11-35

Sachverhalt: Der Kläger macht Ansprüche nach Rücktritt von einem Pkw-Kaufvertrag geltend.

Im April 2006 verkaufte der Beklagte dem Kläger einen gebrauchten BMW M5 (Erstzulassung 26.07.1991) zum Preis von 6.700 €. Im Vertrag ist vermerkt, dass der Verkauf „ohne Garantie und Gewährleistung“ erfolgt. Die Laufleistung des Fahrzeugs betrug laut den Angaben im Kaufvertrag 148.210 km. Unter der Rubrik „Sonstiges“ ist festgehalten: „Austauschmotor bei Kilometerstand: ca. 10.000 km“.

Der Beklagte hatte das Fahrzeug vom Zeugen Z erworben und schon zuvor unter anderem mit den Angaben „140 tkm“ und „Motor ca. 4000 tkm“ beworben.

Der Kläger selbst fuhr mit dem Fahrzeug nach Übergabe 19.000 km und ließ zwischenzeitlich Wartungs- und Reparaturarbeiten ausführen. Aufgrund eines – streitigen – Motorschadens setzte der Kläger dem Beklagten eine Frist zur Nachbesserung und erklärte im Januar 2008 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Der Kläger behauptet, Mitte Oktober 2006 sei es zu einem kapitalen Motorschaden gekommen. Der Motor sei nicht generalüberholt, da verschiedene Teile total verschlissen gewesen seien. Der Zeuge Z habe ihm mitgeteilt, er habe das Fahrzeug nicht mit einem Austauschmotor an den Beklagten verkauft. Der Motor sei lediglich von einem guten Freund, der auf BMW-Fahrzeuge spezialisiert sei, generalüberholt worden. Das Fahrzeug sei nicht mit einem Austauschmotor, vielmehr noch mit dem Originalmotor versehen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Angabe zum Austauschmotor stelle eine Beschaffenheitsvereinbarung dar, sodass sich der Beklagte auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht berufen könne. Zudem falle den Beklagten Arglist zur Last, denn der Beklagte habe – so behauptet der Kläger – gewusst, dass das Fahrzeug nicht lediglich 3.500 km gelaufen sei, sondern eine weitaus höhere Laufleistung aufweise. Dies ergebe sich daraus, dass der Beklagte – unstreitig – gegenüber dem Sachverständigen angegeben hat, dass er das Fahrzeug zusammen mit dem Zeugen K bei dem Zeugen Z besichtigt und dabei festgestellt habe, dass damals sämtliche Dichtungen erneuert gewesen seien. Hätte er, der Kläger, gewusst, dass der Motor nicht nur 3.500 km bzw. 10.000 km gelaufen sei, sondern dass es sich um einen überholten Motor mit hoher Laufleistung gehandelt habe, hätte er das Fahrzeug nicht gekauft.

Das LG Saarbrücken hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Die Tatsachen, die der Senat gemäß den §§ 529, 531 ZPO seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat, rechtfertigen keine dem Kläger rechtlich vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, aus §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 434 I, 323 I, 346 I BGB zu.

Hinsichtlich der Vereinbarung eines Austauschmotors fehlt es an einem Mangel (a). Im Übrigen steht einer etwaigen Mangelhaftigkeit des vorhandenen Motors der vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen (b).

a) Das an den Kläger verkaufte Fahrzeug war mit Blick auf den grundsätzlich vorhandenen Austauschmotor mangelfrei.

Zwar stellt die Festlegung, dass das Fahrzeug über einen Austauschmotor verfügt, eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB dar (1). Eine solche Vereinbarung wird von einem Gewährleistungsausschluss auch nicht erfasst (2). Der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt und die Reichweite dieser Vereinbarung decken sich jedoch mit den tatsächlichen Gegebenheiten, sodass es an einer Abweichung von dieser vereinbarten Beschaffenheit fehlt (3). Eine Haftung des Beklagten ließe sich nur dann begründen, wenn die Vereinbarung „Austauschmotor“ einen sach- und fachgerecht instandgesetzten Motor umfassen würde. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

(1) Die Angabe „Austauschmotor“ stellt eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Nach den Vertragsabsprachen ist diese integraler Vertragsbestandteil und nicht bloß eine einseitige Eigenschaftsbeschreibung. Der Beklagte erklärte hiermit, dass das Fahrzeug über einen anderen als den Originalmotor verfüge, der wiederum eine bestimmte Laufleistung aufweist (vgl. zu § 459 I BGB a.F.: BGH, Urt. v. 01.10.1969 – VIII ZR 255/67, BB 1969, 1412, 1413; OLG Zweibrücken, Urt. v. 28.06.1988 – 7 U 29/88, VRS 76 [1989], 409, 410).

(2) Auf eine i. S. des § 434 I 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit erstreckt sich ein Gewährleistungsausschluss nicht. Würde der Gewährleistungsausschluss auch eine Beschaffenheitsvereinbarung erfassen, wäre diese für den Käufer außer im Falle der Arglist ohne Wert. Eine interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann daher nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB), sondern nur für die von § 434 I 2 BGB erfassten Mängel gelten soll (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31).

(3) Die Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich des Austauschmotors beinhaltet vorliegend jedoch keine Festlegung bestimmter Qualitätskriterien des Motors, die der tatsächlich eingebaute Motor nicht erfüllt hätte. Vielmehr ist die Erklärung dahingehend auszulegen, dass das Fahrzeug nicht mehr über den Originalmotor verfügt.

Beschaffenheitsvereinbarungen oder Garantien sind gemäß §§ 133, 157 BGB danach auszulegen, wie sie üblicherweise unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Besonderheiten des Einzelfalls von einem verständigen Dritten zu verstehen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.12.2004 – 14 U 33/04, juris; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl. [2012], Rn. 2653). Da es sich vorliegend um ein privates Direktgeschäft handelte, ist in erster Linie die Verkehrsanschauung maßgebend, wohingegen das Begriffsverständnis eines Kfz-Fachmanns nicht primär entscheidend ist (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2656). Danach kann die Auslegung nicht in entscheidender Weise an den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. H festgemacht werden, der angab, aus technischer Sicht befinde sich in dem Fahrzeug kein Austauschmotor, sondern ein grundinstandgesetzter Rumpfmotor.

Welcher Erklärungsinhalt der Bezeichnung „Austauschmotor“ generell zukommt, wird unterschiedlich beurteilt (vgl. die Nachweise bei Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2659 f.). Jedenfalls ist hierunter eine Maschine gleicher Bauart, gleichen Hubraums und gleicher Leistung zu verstehen (vgl. BGH, Urt. v. 16.01.1985 – VIII ZR 54/84, NJW 1985, 967). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Ein weitergehender Erklärungsinhalt hinsichtlich der Art und Weise der Verarbeitung bzw. Herstellung des Austauschmotors kann der Aussage vorliegend nicht entnommen werden.

Generell gilt, dass „Motor-Erklärungen“ von Privatverkäufern mit besonderer Umsicht unter Berücksichtigung der gesamten Begleitumstände zu interpretieren sind (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2668). Während man beim Gebrauch des Begriffs „Austauschmotor“ durch Kfz-Fachleute im Einzelfall gegebenenfalls davon ausgehen kann, dass alle beweglichen Motorteile und sonstigen Aggregate durch Neuteile ersetzt, nach den Methoden der Serienfertigung hergestellt und nach den Kriterien für Neuwagen erfolgreich geprüft sind, eine Seriennummer eingestempelt und eine Garantiekarte vergeben wurde (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 18.12.1991 – 23 U 25/91, juris), ist beim Verkauf unter Privatpersonen grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass die entsprechende Bezeichnung einen derart klaren und weitreichenden Inhalt hat (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 12.12.2000 – 3 U 674/00, juris).

Gibt dagegen ein sachkundiger Gebrauchtwagenhändler die Erklärung ab, das Fahrzeug sei mit einem Austauschmotor ausgerüstet, der eine Laufleistung von ca. 60.000 km habe, darf dies der Käufer nach Treu und Glauben als Zusicherung auffassen, dass der Motor nicht wesentlich stärker verschlissen ist, als es die angegebene Laufzeit erwarten lässt (vgl. BGH, Urt. v. 18.02.1981 – VIII ZR 72/80, NJW 1981, 1268, 1269).

Die entsprechende Erklärung eines privaten Verkäufers kann jedoch nicht ohne Weiteres in gleichem Sinne verstanden werden. Es kann daher dahinstehen, ob der Zustand des Motors vorliegend einen unüblichen Verschleiß aufgewiesen hat.

In der Erklärung des Beklagten zum Vorhandensein eines Austauschmotors ist keine Angabe bezüglich weiterer Qualitätsmerkmale des Motors zu sehen. Es wird vielmehr lediglich klargestellt, dass nicht mehr der Originalmotor im Fahrzeug ist und eine – nach den sachverständigen Feststellungen zutreffende – Kilometerangabe bezüglich des neuen Motors gemacht.

Nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte kann der Kläger die entsprechende Angabe nicht in einem weitergehenden Sinn verstehen. Beim Beklagten handelt es sich um einen privaten Verkäufer. Dass er über eine nähere Fachkunde hinsichtlich der Motor- bzw. Kfz-Beschaffenheit verfügt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In diesem Fall kann ein Käufer nicht davon ausgehen, dass konkrete Zustandseigenschaften des Motors, über die der Verkäufer keine genaue Kenntnis hat, mit vereinbart werden. Einer solchen Interessenlage des Käufers steht diejenige des Verkäufers entgegen, der für nicht mehr einstehen will, als was er nach seiner laienhaften Kenntnis beurteilen kann. Daher kann der Käufer nicht erwarten, dass der ihm als Laie gegenübertretende Verkäufer eines Gebrauchtwagens mit der Angabe einer bestimmten Laufleistung zugleich zusichere, der Verschleißgrad entspreche dieser Laufleistung (vgl. BGH, Urt. v. 15.02.1984 – VIII ZR 327/82, NJW 1984, 1454; Fälle eines fachkundigen Verkäufers lagen demgegenüber zugrunde: OLG Bremen, Urt. v. 09.09.1966 – 3 U 44/66, DAR 1968, 128; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.11.1966 – 1 U 67/66, OLGZ 1967, 129; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.06.1974 – 10 U 187/73, DAR 1975, 155). Entsprechendes gilt erst Recht für die Beschaffenheit eines Austauschmotors, da der private Verkäufer hierüber noch weniger Kenntnis hat.

Maßgebend ist dabei auch der Umstand, dass der Beklagte den streitgegenständlichen Motor nicht selbst hat einbauen lassen, sondern das Fahrzeug mit diesem schon eingebauten Motor erworben hat (vgl. zu diesem Aspekt OLG Koblenz, Urt. v. 12.12.2000 – 3 U 674/00, juris).

Zudem ist gerade bei Privatpersonen der genaue Erklärungsinhalt einer solchen Aussage im Ergebnis zu unbestimmt, um hieraus auf eine konkrete Beschaffenheitsangabe zu schließen. Den Angaben privater, fachunkundiger Verkäufer kann nicht entnommen werden, wo der Austauschmotor bearbeitet wurde – markengebundene Fachwerkstatt, freie Werkstatt, Privatperson – und was an diesem genau gemacht wurde – Austausch aller Teile, nur der Verschleißteile, Einbau von Original-Ersatzteilen oder von gebrauchten und aufbereiteten Teilen. Der Käufer kann ein derartiges Detailwissen, welches zur Bestimmung der Reichweite einer entsprechenden Erklärung notwendig ist, nicht erwarten.

Auch der Umstand, dass der Zeuge Z den Motor von einem Bekannten, der regelmäßig an Fahrzeugen der streitgegenständlichen Marke arbeitet, überholen ließ und dies dem Beklagten mitteilte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Selbst wenn der Verkäufer das Fahrzeug zur Vorbereitung für den Verkauf einem Fachmann übergeben hatte, darf der Kaufinteressent Erklärungen des privaten Verkäufers nicht als von technischem Sachverstand getragen ansehen (vgl. BGH, Urt. v. 15.02.1984 – VIII ZR 327/82, NJW 1984, 1454, 1455]). Damit kommt aufgrund derartiger Verkaufsvorbereitungshandlungen den Angaben des Beklagten kein weitergehender Erklärungsinhalt in dem von Klägerseite gewünschten Sinn zu.

Eine andere Beurteilung wäre gegebenenfalls dann angezeigt, wenn der Austauschmotor näher beschrieben, etwa als „Original-Austauschmotor“ bezeichnet worden wäre. Fehlt es jedoch an näheren Angaben, kann der Käufer keine gesteigerte Qualitätserwartung für sich in Anspruch nehmen. Möchte er sichergehen, dass der Austauschmotor über gewisse, von ihm gewünschte Herstellungskomponenten verfügt, so muss er eine ausdrückliche Vereinbarung hierüber herbeiführen.

Da nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. H im Fahrzeug nicht mehr der Originalmotor eingebaut war – was der Kläger in der Berufungsinstanz auch nicht mehr angreift –, weicht die somit vereinbarte Beschaffenheit nicht von der tatsächlichen ab.

Der Vortrag, wonach der Beklagte im Zuge der Vertragsverhandlungen erwähnt habe, der Zeuge Z habe bei einer BMW-Werkstatt einen neuen Motor einbauen lassen, ist nach § 531 II ZPO nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass es sich um neuen Sachvortrag handele. Daraus und aus den sonstigen Ausführungen in der Berufungserwiderung ergibt sich eindeutig, dass er die Richtigkeit des erstmals in der Berufungsinstanz Vorgebrachten bestreitet.

b) Sieht man im Zustand des Motors als solchen einen Mangel nach § 434 I 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB, steht der Berufung auf diesen der vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Dieser ist nicht nach § 444 Fall 1 BGB aufgrund arglistigen Handelns des Beklagten unwirksam.

Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels liegt vor, wenn der Verkäufer einen Mangel, den er zumindest für möglich hält, trotz Offenbarungspflicht verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Kenntnis den Vertrag jedenfalls nicht so abgeschlossen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, juris; jurisPK-BGB/Pammler, 5. Aufl. [2010], § 444 Rn. 18).

Zwar steht nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme fest, dass der Vorbesitzer, der Zeuge Z, dem Beklagten mitgeteilt hatte, der Motor sei bei einem „Bekannten in R. gemacht worden, der viel an BMW arbeitet“. Der Beklagte wusste somit, dass der Austauschmotor nicht von einer Fachwerkstatt zusammengebaut bzw. überholt wurde. Er war vorliegend jedoch nicht dazu verpflichtet, dies zu offenbaren. Nach oben Ausgeführtem gehören derartige Wesenseigenschaften eines Austauschmotors nicht zu den Erklärungen, die ein Käufer von einem privaten Verkäufer erwarten kann. Damit trifft den Beklagten auch keine Offenbarungspflicht.

Hinsichtlich des übrigen Zustands des Motors hatte der Beklagte keine Kenntnis von der Art dessen Erneuerung. Der Kläger selbst führt in der Berufung aus, der Beklagte habe über die Qualität der Überholung nichts gewusst. …

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