1. Wird in einem Kaufvertrag der Begriff „Oldtimer“ verwendet, schuldet der Verkäufer – gemessen an der Definition in § 2 Nr. 22 FZV – ein Fahrzeug, das „weitestgehend dem Originalzustand“ entspricht. Abweichungen vom Originalzustand, insbesondere die Trennung von Karosserie und Fahrzeugrahmen („frame off restauration“), sind dabei in der Restaurationspraxis keinesfalls unüblich.
  2. Der Käufer eines stillgelegten Ausstellungsfahrzeugs kann nicht erwarten, dass das Fahrzeug jederzeit wieder zum Verkehr zugelassen werden kann und fahrbereit ist.

OLG Koblenz, Urteil vom 08.06.2011 – 1 U 104/11

Sachverhalt: Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Oldtimer (BMW Dixi; Bj. 1929). Das seit Juni 1988 wiederholt zum Straßenverkehr zugelassene Fahrzeug stand seit dem 02.10.2003 bis zur Übergabe an den Kläger am 13.03.2009 als Ausstellungsstück im O-Museum in X. Der Kläger hatte bei der Übergabe auch den Fahrzeugbrief und die Stilllegungsbescheinigung erhalten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er rügt die vom Landgericht vorgenommene – geltungserhaltende – Auslegung des Haftungsausschlusses im Kaufvertrag und meint, die Heranziehung des § 309 Nr. 7 BGB müsse zur Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses führen. Darüber hinaus meint der Kläger, die gewöhnliche Beschaffenheit auch eines Oldtimers gehe dahin, dass Fahrgestell und Karosserie nicht von unterschiedlichen Fahrzeugen stammen dürften. Des Weiteren bedeute die Wiedergabe der Typbezeichnung eines Fahrzeugs eine Sollbeschaffenheit dahingehend, dass die Betriebserlaubnis fortbestehe.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Rückabwicklung des Kaufvertrags vom 13.03.2009 über den Oldtimer BMW Dixi … verlangen.

1. Das Landgericht hat im Ergebnis mit Recht ein gesetzliches Rücktrittsrecht des Klägers (§ 346 I BGB i. V. mit §§ 434 I, 437 Nr. 2, 323 I BGB) verneint.

a) Es kann hier offenbleiben, ob der in den Kaufvertrag aufgenommene – vorformulierte – Haftungsausschluss

„Das Kraftfahrzeug wird – soweit nicht nachstehend ausdrücklich zugesichert [kein Unfallschaden; keine gewerbliche Nutzung] oder eine Gewährleistungspflicht übernommen wird [kein Eintrag] – unter Ausschluss jeder Gewährleistung verkauft.“

der Inhaltskontrolle standhält. Beide Parteien haben beim Vertragsabschluss als Verbraucher (§ 13 BGB) gehandelt; der Kläger hat im Berufungsverfahren nachgewiesen, dass er sein vormaliges Kfz-Gewerbe bereits zum Jahresende 2005 aufgegeben hat. Das mithin unmittelbar anwendbare (arg. e § 310 I 1 BGB) Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB steht einem vollständigen Haftungsausschluss wegen Mängeln der verkauften Sache entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774; Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, NJW 2007, 759 Rn. 10). Es erscheint zweifelhaft, ob die im angefochtenen Urteil im Hinblick auf den Ersatz von Mangelfolgeschäden angestellte einschränkende Auslegung mit der Unklarheitenregel (§ 305c II BGB) und dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 I und II BGB) in Einklang steht (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. [2011], § 309 Rn. 54).

b) Dem Klagevortrag lässt sich indessen das Vorliegen eines Sachmangels beim Gefahrübergang nicht schlüssig entnehmen.

aa) Der Kläger stellt nicht infrage, dass er – in unfallfreiem und nicht gewerblich genutztem Zustand – einen Pkw erworben hat, der sich nach der Optik als restaurierte BMW Dixi DA2 Limousine aus dem Baujahr 1929 darstellt. Dies entspricht sowohl den Angaben im Kaufvertrag vom 13.03.2009 als auch der Beschreibung im vorangegangenen Internet-Verkaufsangebot des Beklagten. Dass die Parteien eine darüber hinausgreifende (ausdrückliche oder stillschweigende) Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB getroffen haben, ist weder substanziiert dargelegt noch überhaupt ersichtlich. Im Besonderen besteht nicht irgendein Anhalt dafür, dass etwa eine „ursprüngliche“ Originalität jedes einzelnen Bauteils des Oldtimers noch dessen zulassungs-/genehmigungsfreie Nutzbarkeit im Straßenverkehr verabredet worden wäre. Einer dementsprechenden – auch nur – Erwartung des Klägers widerstreitet bereits der unstreitige Sachverhalt, wonach gerade die vom Beklagten durchgeführten Restaurationsarbeiten (vgl. Reinking/Remsperger, DAR 2008, 677 [680]) wie auch die langjährige Stilllegungszeit des zuletzt als Museumsauto eingesetzten Oldtimers (vgl. zur Außerbetriebsetzung und Wiederzulassung § 14 FZV) offengelegt waren.

bb) Ebenso wenig vermag der Sachvortrag die Feststellung zu tragen, dass der Kaufgegenstand der nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendungstauglichkeit ermangelt (Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB) oder eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vorliegt (Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2, I 3 BGB). Das Petitum des Klägers geht recht verstanden dahin, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug neben der Karosserie auch mit einem Fahrgestell des Typs Dixi DA2 ausgestattet – Erhalt der ursprünglichen Originalität des Fahrzeugaufbaus – sowie die jederzeitige Nutzung im Straßenverkehr – Fortbestand der Betriebserlaubnis – gesichert sein sollte. Eine dementsprechende Sollbeschaffenheit (vorausgesetzte oder zumindest gewöhnliche Verwendungseignung) kann indessen hier nicht zugrunde gelegt werden.

Dem in dem öffentlichen Verkaufsangebot wie auch im Kaufvertrag verwendeten Begriff des Oldtimers ist keinesfalls eine „unbenutzte“ oder auch nur „ursprüngliche Originalität“ immanent (vgl. zu den verschiedenen sog. Bewertungsstufen Reinking/Remsperger, DAR 2008, 677 [679]). Die einschlägige Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 22 FZV lässt insofern vielmehr einen „weitestgehend dem Originalzustand entsprechenden Zustand“ genügen (vgl. Reinking/Knoop, DAR 2008, 683 f.); in der Restaurationspraxis sind konstruktionsbedingte Abweichungen vom Originalzustand, im Besonderen auch die Trennung von Karosserie und Fahrzeugrahmen („frame off restauration“), keinesfalls unüblich („originalgetreuer Zustand“; vgl. Reinking/Remsperger, DAR 2008, 677 [680]; s. auch BGH, NZV 1995, 222: „[eingebauter Motor] jedenfalls in dem Sinne original, dass er aus derselben Zeit wie das übrige Fahrzeug [stammt]“). Der Kläger war – wie das Landgericht unbeanstandet tatbestandlich festgehalten hat – unmittelbar vor dem Vertragsabschluss im Zuge der Besichtigung im O-Museum in X. mittels eines umfassenden Fotoalbums über den „gesamten Restaurierungsprozess“ informiert worden. Die im Kaufvertrag aufgenommene (ersichtlich aus dem Fahrzeugbrief übernommene) Fahrgestell-Nummer … machte – ausweislich der vom Kläger selbst vorgelegten Typhistorie – deutlich, dass offensichtlich ein Fahrgestell des Typs Dixi DA1 (Baujahr 1928 bis April 1929) unter der Karosse des Typs Dixi DA2 (Baujahr April 1929 bis Dezember 1930) verbaut war.

Das gegenständliche Kraftfahrzeug war – wie das Landgericht unbeanstandet tatbestandlich festgehalten hat – im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr für den Straßenverkehr zugelassen; der Kläger hatte – wie im Kaufvertrag ausdrücklich vermerkt – den Fahrzeugbrief und die Stilllegungsbescheinigung erhalten. Es steht zwischen den Parteien weiter außer Streit, dass der Oldtimer nach der Restaurierung durch den Beklagten im Juni 1988 die Wiederzulassung zum Straßenverkehr nach Maßgabe des § 27 VII StVZO in der damals geltend Fassung erhalten hatte und nachfolgend wiederholt stillgelegt und wieder in Betrieb genommen worden war; das Fahrzeug stand sodann durchgehend seit Oktober 2003 bis zur Übergabe an den Kläger als Ausstellungsstück im O-Museum in X. Bei dieser Sachlage lag es im Blick auf die Dauer der Abmeldung auf der Hand, dass zur erneuten Wiederzulassung zum Straßenverkehr gegebenenfalls eine Vollabnahme erforderlich werden könnte (Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge; Gutachten zur Erlangung eines Oldtimer-Kennzeichens; vgl. § 14 II FZV i. V. mit §§ 21, 23 StVZO; Reinking/Knoop, DAR 2008, 683 [685 f.]). Eine abweichende Beschaffenheitsvereinbarung haben die Parteien – wie bereits dargelegt – nicht getroffen; jedenfalls bei einem – wie hier – stillgelegten Ausstellungsfahrzeug kann auch nicht dessen jederzeitige Fahrbereitschaft und Verkehrszulassung erwartet werden (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1998, 128 f.; Reinking/Remsperger, DAR 2008, 677 [680]).

Die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung zum Gebrauchtwagenkauf kann auf den Kauf eines Oldtimers – im Blick auf die regelmäßig deutlich unterschiedliche Motivlage und Erwartungshaltung der Vertragsparteien – nicht unbesehen übertragen werden (vgl. Reinking/Knoop, DAR 2008, 683). Die von der Berufung herausgestellte Entscheidung des BGH zur Frage des Fortbestands der Betriebserlaubnis beim Kauf eines Gebrauchtwagens mit Marken- und Typbezeichnung (BGH, NJW 1985, 967) ist nicht einschlägig.

2. Ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB i. V. mit §§ 123 I, 142 I BGB besteht nicht. Die Voraussetzungen des Anfechtungsrechts wegen arglistiger Täuschung liegen nicht vor. Auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen war der Beklagte nicht zur – mündlichen – Aufklärung des Klägers über den (Fahrgestell-)Aufbau des Oldtimers gehalten; jedenfalls war für ihn ein Informationsgefälle auf Seiten des Klägers nicht erkennbar.

3. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht auch keine (materiell-)rechtliche Grundlage für die Nebenforderungen des Klägers (Feststellung des Annahmeverzugs; Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten) …

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