Die Erklärung eines privaten Gebrauchtwagenverkäufers, das Fahrzeug habe bei einer bestimmten Laufleistung einen Austauschmotor erhalten, ist im Regelfall jedenfalls so zu verstehen, dass sich im Fahrzeug statt des Originalmotors ein Motor befindet, der anlässlich seines Einbaus unter Auswechslung wesentlicher Teile aufgearbeitet und erfolgreich geprüft wurde.

OLG Koblenz, Urteil vom 20.03.2013 – 5 U 1352/12

Sachverhalt: Die Beklagte verkaufte dem Kläger am 05.02.2011 einen Porsche 944 zum Preis von 3.500 €. Der Gebrauchtwagen wies einen Kilometerstand von 214.000 auf. Er stammte aus dem Nachlass des Ehemanns der Beklagten, in dem sich noch ein zweites Auto desselben Fabrikats befand.

Der Kläger hatte das von ihm erworbene Fahrzeug am 23.01.2011 bei der Beklagten besichtigt. Seiner anfänglichen Darstellung zufolge war ihm bei dieser Gelegenheit eine auf 6.200 € lautende Rechnung über den Einbau eines Austauschmotors präsentiert worden. Später hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte habe seinerzeit erklärt, der Wagen habe bei einem Kilometerstand von 211.459 einen Austauschmotor erhalten, für dessen Anschaffung 8.000 € aufgewandt worden seien.

Nach dem Vorbringen der Beklagten war lediglich vom Einbau eines „anderen Motors“ die Rede. Dazu existiert eine Rechnung vom 19.07.2002, die u. a. die Auslieferung eines Motorblocks für 647,80 € netto ausweist und die Kilometerleistung des Porsche mit 186.422 angibt. Diese Rechnung war dem Kläger nach Darstellung in der Klageschrift bei Vertragsschluss ausgehändigt worden; nach seinem späteren Vortrag wurde sie ihm indessen nie vorgelegt.

Neben der Rechnung vom 19.07.2002 ist eine Rechnung vom 09.06.2005 vorhanden, die sich über Motorreparaturkosten in Höhe von insgesamt 1.449,17 € verhält und einen Kilometerstand von 211.459 nennt. Auch diese Rechnung hat der Kläger seiner Behauptung nach nicht erhalten.

Der Kaufvertrag vom 05.02.2011 wurde schriftlich auf der Grundlage eines Formulars, in das der Kläger Eintragungen machte, geschlossen. In dem Formular vermerkte der Kläger: „Fahrzeug hat AT Motor bei 211.459 km bekommen, mit Rechnungen belegt“.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe eine entsprechende – wohl gefälschte – Rechnung „über 6.000 € bis 8.000 €“ eingesehen. Außerdem habe die Beklagte „klar und deutlich erklärt, dass das Fahrzeug einen Austauschmotor bei Kilometer 211.459 erhalten hat“.

Unstreitig hat es den teuren Motoraustausch bei einer Laufleistung von 211.459 km nicht gegeben. Deshalb hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 29.04.2011 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat er beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 11.572,64 €, an ihn Zug um Zug gegen Rückgabe des Porsche 944, zu verurteilen. Der verlangte Betrag setzt sich aus dem Kaufpreis (3.500 €), dem Entgelt für erworbene Ersatzteile (4.733,54 €) und Montagekosten von 3.339,10 € zusammen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der Beklagten weder eine arglistige Täuschung noch eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung anzulasten sei. Es sei nicht erwiesen, dass dem Kläger falsche Angaben bezüglich eines Austauschmotors gemacht worden seien.

Die Berufung des Klägers hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II.… Der Kläger hat – Zug um Zug gegen die Überlassung des streitigen Fahrzeugs (§ 348 BGB) – einen Anspruch auf Rückzahlung des dafür geleisteten Kaufpreises von 3.500 € (§ 346 I BGB) und auf Ausgleich der von ihm getätigten Investitionen von 8.072,64 € (§ 347 II 1 BGB). Er ist nämlich wirksam von dem am 05.02.2011 geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten.

Der Senat hat in seinem Beschluss vom 25.01.2013 eine Sachverhaltswürdigung vorgenommen und anschließend rechtliche Hinweise erteilt. Daran ist festzuhalten. Auf dieser Grundlage ergibt sich im Ausgangspunkt:

Die ursprünglich vom Kläger erstrebte Inanspruchnahme der Beklagten gem. §§ 123 I, 142 I, 812 I 1 BGB scheidet aus, weil die behauptete arglistige Täuschung nicht feststeht. Weder der Sachvortrag der Parteien noch die vorliegende Zeugenaussagen zeichnen ein verlässliches Bild der Kaufvertragsverhandlungen. Was bei Vertragsschluss und davor gesagt wurde, liegt im Dunkeln. Insofern kann das Rechtsverhältnis der Parteien allein nach Maßgabe der schriftlich niedergelegten Erklärungen beurteilt werden. Deren Kernsatz lautet: „Fahrzeug hat AT Motor bei 211.458 km bekommen.“

Diese Beschreibung war objektiv falsch. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Auto nicht als Fachfrau, sondern privat verkaufte und dabei als Laie auftrat. Das mag nicht gestattet haben, den verwandten Begriff des Austauschmotors wie im Fahrzeughandel üblich als generalüberholten Motor zu verstehen. Aber die Aussage beinhaltete jedenfalls die Mitteilung, dass der Motor anlässlich seines Einbaus unter Auswechslung wesentlicher Teile aufgearbeitet und erfolgreich geprüft worden war (OLG Frankfurt, Urt. v. 18.12.1991& – 23 U 25/91, DAR 1992, 221; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.06.1974& – 10 U 187/73, DAR 1975, 155; OLG Koblenz, Urt.v. 12.12.2000 – 3 U 674/00, OLGR 2001, 312; OLG Schleswig, Urt. v. 21.10.1992 – 9 U 43/91). Anders lägen die Dinge nur dann, wenn eine bestimmte, verhältnismäßig geringe Laufleistung des neuen Motors angegeben worden wäre, weil das impliziert hätte, dass der Motor eine dieser Leistung entsprechende Qualität hat und nicht noch darüber hinaus im Zusammenhang mit seinem Einbau verbessert wurde (OLG Köln, Urt. v. 22.04.1994 – 6 U 238/93, VersR 1995, 713: Laufleistung 22.000 km; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.02.2012 – 1 U 122-11/35, NJW-RR 2012, 1080: Laufleistung 4.000 km). Das ist aber nicht geschehen.

Es ist unbestritten, dass der in den Wagen eingesetzte Motor nicht aufgearbeitet worden war und damit die vertragliche Vorgabe nicht erfüllt. Die Beklagte hat lediglich eingewandt, das Auto sei bei seiner Übergabe an den Kläger fahrbereit gewesen. Im Hinblick darauf fehlte die vereinbarte Beschaffenheit, und es bestand ein Sachmangel (§ 434 I 1 BGB).

Daraus ergaben sich für den Kläger die Rechte des § 437 BGB. Der im Kaufvertrag der Parteien vorgesehene Gewährleistungsausschluss steht dem nicht entgegen. Dabei kann auf sich beruhen, ob der schriftlich fixierte Hinweis auf einen Austauschmotor ein rechtlich vorrangige Beschaffenheitsgarantie (§ 444 BGB) darstellte (dagegen OLG Koblenz, Urt.v. 12.12.2000 – 3 U 674/00, OLGR 2001, 312), oder ob der Gewährleistungsausschluss wegen § 309 Nr. 7a und b BGB hinfällig ist (dazu OLG Hamm, Urt. v. 10.02.2005 – 28 U 147/04, NJW-RR 2005, 1220). Die in dieser Vorschrift geregelten Grenzen sind jedenfalls hier überschritten worden; nach dem Vertragstext sollten sie nur bei dem Kraftfahrzeugverkauf durch einen Unternehmer Beachtung finden. Zumindest greift die Gewährleistungsausschlussklausel deshalb nicht, weil sie in einer interessengerechten Vertragsauslegung einschränkend dahin interpretiert werden muss, dass sie der ausdrücklich niedergelegten Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien Raum lässt (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86).

Von den in § 437 BGB vorgesehenen Rechten hat der Kläger mittlerweile insofern Gebrauch gemacht, als er gem. § 323 BGB den Vertragsrücktritt erklärt hat. Dazu war er befugt, nachdem die Beklagte die ihr mit Schreiben vom 08.02.2013 gesetzte Nacherfüllungsfrist ungenutzt hat verstreichen lassen. Das Rücktrittsrecht ergab sich im Übrigen bereits unabhängig davon daraus, dass die Beklagte durch ihre Prozessführung unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, nicht leistungsbereit zu sein (§ 440 BGB).

Rücktrittsfolgen sind die Haftung der Beklagten auf Kaufpreisrückgewähr und ihre Ersatzpflicht im Hinblick auf die vom Kläger getätigten Verwendungen. Deren von diesem behauptete Notwendigkeit ist nicht in Abrede gestellt. Die Ersatzpflicht der Beklagten ist – anders als die im Senatsbeschluss vom 25.01.2013 angesprochene Schadensverantwortlichkeit nach § 280 I BGB – unabhängig davon, wann der Kläger seine Ausgaben tätigte …

Gründe für die Zulassung der Revision fehlen. Das hiesige Urteil setzt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu den Ausführungen des OLG Saarbrücken (Urt. v. 29.02.2012 – 1 U 122-11/35, NJW-RR 2012, 1080), die den – verschiedenen – Fall eines Austauschmotors mit definierter geringer Laufleistung betreffen. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Was unter einem Austauschmotor zu verstehen ist, wenn der Begriff nicht von einem Fachhändler, sondern von Laien verwandt wird und damit nicht von vornherein an den im geschäftlichen Verkehr gültigen Kriterien gemessen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

PDF erstellen