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Der Käufer eines Porsche-Oldtimers, der vom Verkäufer als „unrestauriert“ und „in außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand“ angepriesen wurde, darf die Angabe des Verkäufers, das Fahrzeug sei in einer „Farbe nach Wahl“ (color to sample) bestellt worden, so verstehen, dass das Fahrzeug nach wie vor die Originallackierung aufweist und dass es sich dabei um eine Sonderlackierung nach Kundenwunsch (paint to sample) handelt. Er muss trotz der Angabe, der Oldtimer sei in einer Sonderfarbe „bestellt“ worden, nicht damit rechnen, dass die Sonderlackierung, die das Fahrzeug bei der Erstauslieferung aufwies, später ersetzt wurde.
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Ein Oldtimer, der als „unrestauriertes“ Fahrzeug in einer „Farbe nach Wahl“ (color to sample), das sich in einem „außergewöhnlich gut erhaltenen Originalzustand“ befinde, angepriesen wurde, ist wegen des Fehlens einer vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB) mangelhaft, wenn er bei Gefahrübergang nicht mehr die originale Sonderlackierung aufweist. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der bei Gefahrübergang vorhandenen Lackierung ebenfalls um eine Sonderlackierung handelt.
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Bei einem Agenturgeschäft kann der den Kfz-Kaufvertrag vermeintlich nur vermittelnde Kraftfahrzeughändler auch dann als Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen sein, wenn er im Kaufvertrag als „Verkäufer in Agentur“ bezeichnet und dort der derzeitige Eigentumer des Fahrzeugs benannt wird. Denn rechtlich spricht nichts gegen den Verkauf eines im Eigentum eines Dritten stehenden Fahrzeugs, und zwar erst recht nicht, wenn die Eigentümerstellung des Dritten im Kaufvertrag offengelegt wird und der Dritte den Verkäufer zum Verkauf des Fahrzeugs ermächtigt hat.
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Angaben zur Beschaffenheit der Kaufsache, die der Verkäufer in einer invitatio ad offerendum (hier: in einem Newsletter) macht, sind nicht rechtlich unverbindlich. Sie führen vielmehr zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB), falls der Verkäufer die Angaben nicht bis zum Abschluss des Kaufvertrags korrigiert.
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Ein pauschaler Gewährleistungsausschluss gilt nicht für einen Mangel i. S. von § 434 I 1 BGB, der darin besteht, dass die Kaufsache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 28 ff.).
LG Köln, Urteil vom 07.01.2021 – 36 O 95/19
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- Der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs – hier: eines seit sechs Monaten zugelassenen Vorführwagens mit einem Kilmoterstand von 700 – muss einem potenziellen Käufer ungefragt solche ihm bekannte oder für mögliche gehaltene Umstände offenbaren, die für den Kaufentschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind. Dass bei dem zum Kauf angebotenen Fahrzeug der Motorblock ausgetauscht wurde, ist ein solcher für jeden verständigen Käufer maßgeblicher Umstand. Das gilt unabhängig davon, ob es um einen Neu- oder um einen Gebrauchtwagen geht, und es gilt im Besonderen, wenn der Motorblock bereits bei einer geringen Laufleistung (hier: 350 km) ausgetauscht werden musste.
- Der Verkauf eines Kraftfahrzeugs gehört regelmäßig zur gewöhnlichen Verwendung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB, sodass Umstände, die sich negativ auf die Verkäuflichkeit des Fahrzeugs auswirken (hier: ein Austausch des Motorblocks bei einer Laufleistung von 350 km), einen Sachmangel im Sinne dieser Vorschrift begründen.
AG Andernach, Urteil vom 23.12.2020 – 69 C 379/19
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Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig i. S. von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat (hier: Erstreckung der Verhaltensänderung des VW-Konzerns im sog. Dieselskandal ab dem 22.09.2015 auf andere Konzernmarken; Fortführung von Senat, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 30 ff.).
BGH, Urteil vom 08.12.2020 – VI ZR 244/20
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- Dass der Veräußerer eines Gebrauchtwagens unter dem aus den Fahrzeugpapieren ersichtlichen Namen auftritt, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, der Kaufvertrag sei mit dem Namensträger zustande gekommen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 92/12, NJW 2013, 1946 Rn. 9).
- Der Umstand, dass der Erwerber eines Gebrauchtwagens in der Regel bösgläubig i. S. von § 932 II BGB ist, wenn er nicht einmal in die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) Einsicht nimmt, gibt für die Frage, mit wem der Kaufvertrag über das Fahrzeug zustande gekommen ist, nichts her. Denn dass der Name des Veräußerers mit dem in der Zulassungsbescheinigung Teil II angegebenen Namen übereinstimmt, ist zwar mit Blick auf einen gutgläubigen Erwerb relevant, aber nicht entscheidend für den Rechtsgeschäftsverkehr, wenn es darum geht, wer mit wem kontrahiert.
OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 26.11.2020 – 26 U 64/20
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- Schiebt beim Verkauf eines Gebrauchtwagens an einen Verbraucher (§ 13 BGB) der Verkäufer, der Unternehmer (§ 14 BGB) ist, einen Verbraucher als Verkäufer vor, um das Fahrzeug unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen, so richten sich Mängelrechte des Käufers nach § 476 I 2 BGB (= § 475 I 2 BGB a.F.) wegen Umgehung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf gegen den Unternehmer und nicht gegen den als Verkäufer vorgeschobenen Verbraucher (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06, BGHZ 170, 67 Rn. 14 ff.).
- Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 I BGB) trägt nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der sich zu seinen Gunsten darauf beruft. Im unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 474 bis 477 BGB muss deshalb grundsätzlich der Käufer darlegen und beweisen, dass er als Verbraucher und der Verkäufer als Unternehmer gehandelt hat.
- Es besteht keine Vermutung dafür, dass alle vorgenommenen Rechtsgeschäfte eines Unternehmers „im Zweifel“ seinem geschäftlichen Bereich zuzuordnen sind (im Anschluss an BGH, Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 37).
- Ein beiderseits vollständig erfüllter Kaufvertrag ist nach einem Rücktritt des Käufers einheitlich dort rückabzuwickeln, wo sich die Kaufsache im Zeitpunkt des Rücktritts vertragsgemäß befindet.
LG Zweibrücken, Urteil vom 20.11.2020 – 1 O 240/19
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§ 475 II letzter Halbsatz BGB a.F. (= § 476 II letzter Halbsatz BGB n.F.) verstößt gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, weil nach dieser Vorschrift entgegen Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über gebrauchte Sachen eine Vereinbarung über die Verkürzung der Verjährungsfrist für Sachmängelgewährleistungsrechte auf weniger als zwei Jahre zugelassen wird. Die Mitgliedstaaten können nach Art. 5 I und Art. 7 I Unterabs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtline nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer auf bis zu ein Jahr, nicht jedoch über die Verkürzung der Verjährungsfrist erlauben.
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Eine richtlinienkonforme Anwendung von § 475 II letzter Halbsatz BGB a.F. (= § 476 II letzter Halbsatz BGB n.F.) dahin gehend, dass diese Regelung entfällt oder nur eine Vereinbarung über die Verkürzung der Haftungsdauer erlaubt, kommt jedoch nicht in Betracht. Die Vorschrift ist vielmehr bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiterhin anzuwenden. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr in Kaufverträgen über gebrauchte Sachen vorsieht, ist demnach wirksam.
BGH, Urteil vom 18.11.2020 – VIII ZR 78/20
(vorangehend: OLG Zweibrücken, Urteil vom 19.03.2020 – 4 U 198/19)
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- Ein Gebrauchtwagen, dessen tatsächliche Gesamtlaufleistung wesentlich (hier: mindestens 84.000 km) höher ist als die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung, ist i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, wenn ein verständiger Durchschnittskäufer unter den konkreten Umständen, insbesondere mit Rücksicht auf das Alter des Fahrzeugs, seine Vornutzung und die Anzahl seiner Vorbesitzer, berechtigterweise erwarten darf, dass der angezeigte Kilometerstand der tatsächlichen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2005 – VIII ZR 130/04, juris Rn. 9).
- Bei einem Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I 1 BGB wird dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang (§ 446 Satz 1 BGB) ein akut mangelhafter Zustand – hier: ein Motorschaden – zeigt, gemäß § 477 BGB n.F. (= § 476 BGB a.F.) grundsätzlich vermutet, dass dieser mangelhafte Zustand in einem früheren Entwicklungsstadium schon bei Gefahrübergang vorgelegen habe (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 49 ff. [zu § 476 BGB a.F.]). Diese Vermutung ist widerlegt, wenn dem Verkäufer eines Gebrauchtwagens der Nachweis gelingt, dass der mangelhafte Zustand auf üblichen, dem Alter und der Laufleistung des Fahrzeugs entsprechenden Verschleiß zurückzuführen ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 59). Ein solcher Verschleiß, mit dem ein Gebrauchtwagenkäufer rechnen muss, löst auch dann keine Sachmängelhaftung des Verkäufers aus, wenn er bei Gefahrübergang schon vorhandenen, aber noch nicht offenbar gewordenen war (im Anschluss an OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.10.2008 – I-18 U 1/08, juris Rn. 17).
- Maßgeblich dafür, ob eine typische oder eine atypische Verschleißerscheinung vorliegt, ist bei einem Gebrauchtwagen, der wegen einer erheblichen Diskrepanz zwischen tatsächlicher und angezeigter Gesamtlaufleistung i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist, die angezeigte und nicht sie tatsächliche Gesamtlaufleistung.
OLG Hamm, Urteil vom 17.11.2020 – 34 U 57/19
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens handelt schon dann arglistig, wenn er gegenüber dem Käufer ohne tatsächliche Grundlage – „ins Blaue hinein“ – Angaben zur Beschaffenheit des Fahrzeugs (hier: zur Unfallfreiheit) macht und dem Käufer dabei den Eindruck vermittelt, dies geschehe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis. Das arglistige Verhalten liegt in einem solchen Fall darin, dass dem Verkäufer – was ihm bewusst ist – jegliche erforderliche Kenntnis fehlt und er dies dem Käufer verschweigt. Der Verkäufer weiß mit anderen Worten zwar nicht, ob die von ihm behauptete Tatsache (hier: „unfallfrei“) der Wahrheit entspricht; er äußert sich aber, obwohl er seine Unwissenheit kennt, und gibt so zumindest konkludent vor, etwas Substanzielles sagen zu können.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.10.2020 – 2 U 36/20
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Ein Käufer verhält sich treuwidrig, wenn er dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung setzt und noch vor deren Ablauf – und (hier) trotz erklärter Bereitschaft des Verkäufers zur Nacherfüllung – den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Das gilt auch dann, wenn der Käufer dem Verkäufer wegen eines arglistigen Verhaltens des Verkäufers keine Frist zur Nacherfüllung hätte setzten müssen (§ 323 II Nr. 3 BGB). Denn mit dem Nachbesserungsverlangen hat der Käufer zu erkennen gegeben, dass er trotz des arglistigen Verhaltens des Verkäufers Vertrauen in dessen Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Nacherfüllung hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2010 – V ZR 147/09, NJW 2010, 1805 Rn. 10).
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Die in der Lieferung eines mangelhaften – hier: einen Transportschaden aufweisenden – Kraftfahrzeugs liegende Pflichtverletzung des Verkäufers ist nicht schon deshalb erheblich, weil der – hier in der Eigenschaft des Fahrzeugs als Unfallwagen liegende – Mangel nicht beseitigt werden kann (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 22).
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Der Mangel, ein Unfallwagen zu sein, wirkt sich bei einem fachmännisch reparierten Fahrzeug allein in einem merkantilen Minderwert aus (ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 01.11.2018 – 6 U 32/16, BeckRS 2018, 38734 Rn. 31). Ein solcher Mangel ist i. S. von § 323 V 2 BGB geringfügig, wenn der merkantile Minderwert nur etwas mehr als zwei Prozent des Kaufpreises beträgt.
OLG Schleswig, Urteil vom 20.10.2020 – 7 U 251/19
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Zwar rechtfertigt die Bezeichnung eines Fahrzeugs als „Vorführwagen“ im Allgemeinen keinen Rückschluss auf das Alter des Fahrzeugs, doch kann ein solcher Rückschluss im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – VIII ZR 61/09, NJW 2010, 3710 Rn. 17 f.). Umstände, die für ein geringes Alter eines Pkw sprechen, sind insbesondere dessen geringe Laufleistung, die Aktualität des betreffenden Modells und eine nur wenige Monate vor dem Verkauf erfolgte Erstzulassung.
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 15.10.2020 – 7 O 206/20
(nachfolgend: OLG Nürnberg, Urteil vom 25.05.2021 – 3 U 3615/20)
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