1. Die man­gel­be­ding­te Min­de­rung des Kauf­prei­ses ist vom Ge­setz­ge­ber als Ge­stal­tungs­recht aus­ge­formt wor­den. Mit dem Zu­gang ei­ner wirk­sam aus­ge­üb­ten Min­de­rung des Kauf­prei­ses wird die­se Er­klä­rung bin­dend; der Käu­fer ist da­mit dar­an ge­hin­dert, hier­von wie­der Ab­stand zu neh­men und statt­des­sen we­gen des­sel­ben Man­gels auf gro­ßen Scha­dens­er­satz über­zu­ge­hen und un­ter die­sem Ge­sichts­punkt Rück­gän­gig­ma­chung des Kauf­ver­trags zu ver­lan­gen.
  2. Nach der Kon­zep­ti­on des kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rechts ist ein Käu­fer fer­ner dar­an ge­hin­dert, un­ter Fest­hal­ten an der von ihm nicht mehr zu be­sei­ti­gen­den Ge­stal­tungs­wir­kung der Min­de­rung zu­sätz­lich (ne­ben­ein­an­der) gro­ßen Scha­dens­er­satz gel­tend zu ma­chen und auf die­sem We­ge im Er­geb­nis nicht nur ei­ne Her­ab­set­zung des Kauf­prei­ses zu er­rei­chen, son­dern den – ge­ge­be­nen­falls um Ge­gen­for­de­run­gen re­du­zier­ten – Kauf­preis ins­ge­samt zu­rück­zu­for­dern. Denn der Käu­fer hat mit der wirk­sa­men Aus­übung der Min­de­rung zu­gleich das ihm vom Ge­setz­ge­ber ein­ge­räum­te Wahl­recht zwi­schen Fest­hal­ten am und Lö­sen vom Kauf­ver­trag „ver­braucht“.
  3. Aus der Vor­schrift des § 325 BGB lässt sich nicht – auch nicht im We­ge ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung – ei­ne Be­rech­ti­gung des Käu­fers ab­lei­ten, von ei­ner wirk­sam er­klär­ten Min­de­rung zu ei­nem An­spruch auf gro­ßen Scha­dens­er­satz und da­mit auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags zu wech­seln.

BGH, Ur­teil vom 09.05.2018 – VI­II ZR 26/17

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin schloss am 28.02.2014 mit der V-Lea­sing AG ei­nen Lea­sing­ver­trag über ein von der Be­klag­ten her­ge­stell­tes und zum Ver­kauf an­ge­bo­te­nes Neu­fahr­zeug der Mar­ke Mer­ce­des-Benz. An­schlie­ßend er­warb die V-Lea­sing AG das Fahr­zeug zu ei­nem Kauf­preis von 99.900 € (brut­to) von der Be­klag­ten. Das Fahr­zeug wur­de der Klä­ge­rin nach Er­halt des Kauf­prei­ses am 14.03.2014 über­ge­ben.

Zif­fer 9.1 der dem Lea­sing­ver­trag zu­grun­de lie­gen­den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ent­hält die Er­klä­run­gen, dass die Lea­sing­ge­sell­schaft al­le ihr ge­gen den Lie­fe­ran­ten zu­ste­hen­den An­sprü­che we­gen Sach- und Rechts­män­geln an den Kun­den ab­tritt und der Kun­de die Ab­tre­tung an­nimmt.

Im Zeit­raum Ok­to­ber 2014 bis Fe­bru­ar 2015 brach­te die Klä­ge­rin das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zur Be­sei­ti­gung ver­schie­de­ner ge­rüg­ter Män­gel (un­ter an­de­rem: Kurz­schluss am Steu­er­ge­rät der Sitz­ein­stel­lung, Aus­set­zen der Gang­schal­tung, meh­re­re Feh­ler an der Elek­tro­nik) ins­ge­samt sie­ben­mal in ei­ne Nie­der­las­sung der Be­klag­ten.

Mit ih­rer der Be­klag­ten am 12.08.2015 zu­ge­stell­ten Kla­ge­schrift hat die Klä­ge­rin die Min­de­rung des Kauf­prei­ses um 20 % (19.980 €) er­klärt und – nach Ab­zug von Ge­brauchs­vor­tei­len – die Zah­lung ei­nes Be­tra­ges von 8.562,86 € an sich be­gehrt. Sie hat gel­tend ge­macht, das Fahr­zeug sei her­stel­lungs­be­dingt feh­ler­an­fäl­lig, da sämt­li­che bis da­hin auf­ge­tre­te­nen Män­gel auf Qua­li­täts­män­geln, na­ment­lich auf schlech­ter Ver­ar­bei­tung be­ruh­ten; es han­de­le sich um ein so­ge­nann­tes Mon­tags­au­to. Zu die­sem Zeit­punkt hat­te die Be­klag­te al­ler­dings al­le von der Klä­ge­rin bis da­hin ge­rüg­ten Män­gel be­ho­ben.

Da­nach such­te die Klä­ge­rin im Au­gust und Ok­to­ber 2015 er­neut ei­ne Nie­der­las­sung der Be­klag­ten zur Be­sei­ti­gung von Män­geln (De­fekt des Pul­sa­ti­ons­dämp­fers der Hy­drau­lik­pum­pe, grund­lo­ses Auf­leuch­ten der ABC-Lam­pe) auf. An­schlie­ßend hat sie mit Schrift­satz vom 17.11.2015 ihr Be­geh­ren – wei­ter­hin mit der Be­grün­dung, bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug han­de­le es sich um ein „Mon­tags­au­to“ – auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags im Rah­men des so­ge­nann­ten gro­ßen Scha­dens­er­sat­zes um­ge­stellt und un­ter An­rech­nung von Ge­brauchs­vor­tei­len die Rück­zah­lung von 88.737,19 € an die Lea­sing­ge­sell­schaft ver­langt. Den De­fekt am Pul­sa­ti­ons­dämp­fer der Hy­drau­lik­pum­pe hat­te die Be­klag­te zu die­sem Zeit­punkt be­reits be­sei­tigt. Ob die ABC-Lam­pe im Au­gust 2015 grund­los auf­leuch­te­te, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ge­blie­ben.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge über­wie­gend statt­ge­ge­ben und die Be­klag­te zur Zah­lung von 79.920 € nebst Zin­sen an die V-Lea­sing AG, Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, ver­ur­teilt. Die von bei­den Par­tei­en hier­ge­gen ein­ge­leg­ten Be­ru­fun­gen hat das Ober­lan­des­ge­richt zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten, die da­mit wei­ter­hin die voll­stän­di­ge Ab­wei­sung der Kla­ge er­rei­chen woll­te, hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [8]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung – so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se – im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[9]    Der Klä­ge­rin ste­he ein Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­mäß Zif­fer 9.1 der Lea­sing­be­din­gun­gen in Ver­bin­dung mit §§ 437 Nr. 3281, 280 BGB ge­gen die Be­klag­te auf Zah­lung von 79.920 € an die V-Lea­sing AG, Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, zu.

[10]   Der von der Klä­ge­rin im Lau­fe des Rechts­streits er­klär­te und im We­ge ei­nes ge­än­der­ten Kla­ge­an­trags (ent­we­der pri­vi­le­gier­te Kla­ge­än­de­rung nach § 264 Nr. 2 ZPO oder sach­dien­li­che Kla­ge­än­de­rung ge­mäß § 263 ZPO) gel­tend ge­mach­te Über­gang von der Min­de­rung zum so­ge­nann­ten gro­ßen Scha­dens­er­satz sei ana­log § 325 BGB mög­lich. Dies ha­be das OLG Stutt­gart be­reits in ei­ner frü­he­ren Ent­schei­dung (Urt. v. 01.02.2006 – 3 U 106/05, ZGS 2008, 479) un­ter Be­zug­nah­me auf ei­ne in der Li­te­ra­tur ver­tre­te­ne Auf­fas­sung (Der­le­der, NJW 2003, 998) be­jaht. Das in die­ser Norm ver­an­ker­te Pro­gramm sei durch ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung der Vor­schrift sach­ge­recht fort­zu­schrei­ben, um dem Käu­fer ei­ne Kom­pen­sa­ti­on für den ein­ge­tre­te­nen Fle­xi­bi­li­täts­ver­lust zu ver­schaf­fen, der mit dem Ent­fall des ius va­ri­an­di in­fol­ge der Neu­re­ge­lung der Min­de­rung im Rah­men der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung ein­ge­tre­ten sei.

[11]   Auch die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spru­ches nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB lä­gen vor. Zwar ha­be we­der bei Er­klä­rung der Min­de­rung noch zu dem Zeit­punkt, in dem die Klä­ge­rin ihr Be­geh­ren auf die Durch­set­zung ei­nes scha­dens­er­satz­recht­li­chen Rück­ge­währan­spruchs um­ge­stellt ha­be, ak­tu­ell ein Man­gel vor­ge­le­gen. Dies än­de­re je­doch nichts an der Be­rech­ti­gung der Klä­ge­rin zur Gel­tend­ma­chung der Män­gel­rech­te nach § 437 BGB. Denn ein Neu­fahr­zeug, bei dem der bis­he­ri­ge Ge­sche­hens­ab­lauf aus Sicht ei­nes ver­stän­di­gen Käu­fers bei wer­ten­der und pro­gnos­ti­scher Be­trach­tung die Be­fürch­tung recht­fer­ti­ge, es han­de­le sich um ein Fahr­zeug, das we­gen sei­ner auf her­stel­lungs­be­ding­ten Qua­li­täts­män­geln – na­ment­lich auf schlech­ter Ver­ar­bei­tung – be­ru­hen­den Feh­ler­an­fäl­lig­keit ins­ge­samt man­gel­haft sei und das auch zu­künf­tig nicht über län­ge­re Zeit frei von her­stel­lungs­be­ding­ten Män­geln sein wer­de, sei nach der Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523) als „Mon­tags­au­to“ zu qua­li­fi­zie­ren. Da­nach lie­ge die Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs be­reits im Ver­dacht bzw. in der Be­fürch­tung des Vor­lie­gens ei­nes „Mon­tags­au­tos“. Die Be­weis­wür­di­gung des Land­ge­richts da­hin ge­hend, dass es sich nach den ge­nann­ten Kri­te­ri­en beim streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug um ein sol­ches „Mon­tags­au­to“ han­de­le, ha­be die Be­ru­fung zu Recht nicht an­ge­grif­fen.

[12]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Ein An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags un­ter dem Ge­sichts­punkt des Scha­dens­er­sat­zes statt der gan­zen Leis­tung ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 434 I, 280 I, III, 281 I 3, V BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB we­gen der von ihr be­haup­te­ten Feh­ler­an­fäl­lig­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ist aus­ge­schlos­sen. Denn die vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen recht­fer­ti­gen nicht die An­nah­me ei­nes ge­währ­leis­tungs­pflich­ti­gen Sach­man­gels. Aber selbst wenn ein sol­cher vor­lä­ge, wä­re die Klä­ge­rin ge­hin­dert, Scha­dens­er­satz in Form der Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags zu ver­lan­gen. Denn in die­sem Fall hät­te sie vor der Gel­tend­ma­chung des Scha­dens­er­satz­an­spruchs be­reits un­ter Be­ru­fung auf den­sel­ben Sach­man­gel wirk­sam die Min­de­rung des Kauf­prei­ses ge­mäß §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 434 I, 441 I 1 BGB er­klärt und sich da­mit ver­bind­lich für ein Fest­hal­ten am Kauf­ver­trag (zu ei­nem ge­mäß § 441 III BGB her­ab­ge­setz­ten Kauf­preis) ent­schie­den. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts lässt sich die Mög­lich­keit ei­nes sol­chen Wech­sels zwi­schen die­sen bei­den Ge­währ­leis­tungs­rech­ten nicht mit ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung der Vor­schrift des § 325 BGB be­grün­den.

[13]   1. An­hand der vom Be­ru­fungs­ge­richt bis­lang ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen lässt sich nicht be­ur­tei­len, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug über­haupt her­stel­lungs­be­ding­te Qua­li­täts­män­gel und da­mit ge­ge­be­nen­falls ei­nen Ge­währ­leis­tungs­rech­te be­grün­den­den Sach­man­gel i. S. von § 434 I BGB auf­weist. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt ist – wie die Re­vi­si­on zu­tref­fend rügt – in grund­le­gen­der Ver­ken­nung der Recht­spre­chung des Se­nats da­von aus­ge­gan­gen, ei­ne al­lein aus in der Ver­gan­gen­heit auf­ge­tre­te­nen, im Zeit­punkt der Aus­übung des Ge­währ­leis­tungs­rechts aber be­ho­be­nen Män­geln ab­ge­lei­te­te Ei­gen­schaft als „Mon­tags­au­to“ kön­ne nach Maß­ga­be der im Se­nats­ur­teil vom 23.01.2013 ent­wi­ckel­ten Kri­te­ri­en (VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 26) ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I BGB dar­stel­len.

[14]   Der Se­nat hat sich in dem ge­nann­ten Ur­teil nicht mit der Fra­ge be­fasst, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein so­ge­nann­tes Mon­tags­au­to als man­gel­haft zu be­wer­ten ist. Viel­mehr war dort al­lein die Fra­ge zu be­ant­wor­ten, ob der Käu­fer ei­ner (un­strei­tig oder nach­weis­lich) man­gel­haf­ten Sa­che auf­grund ei­nes ent­spre­chen­den Ge­sche­hens­ab­laufs be­rech­tig­ter­wei­se von ei­ner Feh­ler­an­fäl­lig­keit des be­tref­fen­den Fahr­zeugs ins­ge­samt aus­ge­hen durf­te und des­halb ein vor der Gel­tend­ma­chung sei­ner Ge­währ­leis­tungs­rech­te nach § 437 Nr. 2, Nr. 3 BGB grund­sätz­lich er­for­der­li­ches Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen aus­nahms­wei­se we­gen Un­zu­mut­bar­keit ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB ent­behr­lich war (Se­nat, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 26). Dem­entspre­chend hat der Se­nat ent­schei­dend dar­auf ab­ge­stellt, ob bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung aus Sicht des Käu­fers das Ver­trau­en in ei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Her­stel­lung des Fahr­zeugs durch die ge­häuft zu­ta­ge ge­tre­te­ne Feh­ler­an­fäl­lig­keit so ernst­haft er­schüt­tert wor­den ist, dass ihm ei­ne Nach­er­fül­lung al­lein aus die­sem Grun­de nicht (mehr) zu­zu­mu­ten ist (Se­nat, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 26 m. w. Nachw.).

[15]   Da­ge­gen gibt die Ein­ord­nung ei­nes Fahr­zeugs als „Mon­tags­au­to“ – an­ders als dies ein­zel­ne Stim­men im Schrift­tum aus dem von ih­nen miss­ver­stan­de­nen Se­nats­ur­teil ab­lei­ten wol­len (Er­ger, NJW 2013, 1485, 1486; BeckOGK/Höpf­ner, Stand: 01.02.2018, § 440 BGB Rn. 40.1; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 7. Aufl., § 440 Rn. 8) – kei­nen Auf­schluss dar­über, in­wie­weit das be­tref­fen­de Fahr­zeug tat­säch­lich ei­ne vom Käu­fer be­fürch­te­te Feh­ler­an­fäl­lig­keit auf­weist und da­mit man­gel­haft ist. Zur Be­ur­tei­lung die­ser Fra­ge hat das Ge­richt viel­mehr die not­wen­di­gen Fest­stel­lun­gen zur Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che zu tref­fen. Vor­lie­gend war die (von der Klä­ge­rin be­haup­te­te) auf her­stel­lungs­be­ding­ten Qua­li­täts­män­geln be­ru­hen­de Feh­ler­an­fäl­lig­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs – an­ders als die in den Nie­der­las­sun­gen der Be­klag­ten be­ho­be­nen Ein­zel­män­gel – nicht un­strei­tig, so­dass das Be­ru­fungs­ge­richt ei­nen der­ar­ti­gen Sach­man­gel i. S. von § 434 I BGB nicht oh­ne Ein­ho­lung ei­nes – von der Klä­ge­rin auch an­ge­bo­te­nen – Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens zum Zu­stand des Fahr­zeugs hät­te be­ja­hen dür­fen.

[16]   Ent­ge­gen der – auch von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung ge­teil­ten – Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts ist das Vor­lie­gen ei­nes so­ge­nann­ten Mon­tags­au­tos nicht mit den (Son­der-)Fäl­len ver­gleich­bar, in de­nen der BGH be­reits auf­grund des blo­ßen Ver­dachts ei­nes Man­gels ei­nen Sach­man­gel der Kauf­sa­che be­jaht hat (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 22.10.2014 – VI­II ZR 195/13, BGHZ 203, 98 Rn. 43; Urt. v. 07.02.2003 – V ZR 25/02, NJW-RR 2003, 772 [un­ter II 1]; Urt. v. 21.07.2017 – V ZR 250/15, NJW 2018, 389 Rn. 6 ff.; je­weils m. w. Nachw.). Denn ab­ge­se­hen da­von, dass dort – an­ders als im vor­lie­gen­den Fall – be­reits der Ver­dacht ei­ner Man­gel­haf­tig­keit al­lein aus­rei­chend war, um die Eig­nung für die im Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung in­fra­ge zu stel­len, ist es über­dies dem Käu­fer ei­nes „Mon­tags­au­tos“ re­gel­mä­ßig oh­ne Wei­te­res zu­mut­bar, den Ver­dacht der Feh­ler­an­fäl­lig­keit auf­grund her­stel­lungs­be­ding­ter Qua­li­täts­män­gel durch (sach­ver­stän­di­ge) Un­ter­su­chun­gen be­stä­ti­gen oder ent­kräf­ten zu las­sen.

[17]   2. Ei­ner Zu­rück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zur Klä­rung der Fra­ge, ob das Fahr­zeug die von der Klä­ge­rin be­haup­te­te Feh­ler­an­fäl­lig­keit auf­weist, be­darf es je­doch nicht. Denn die Kla­ge ist un­ab­hän­gig da­von aus an­de­ren Grün­den ins­ge­samt ab­wei­sungs­reif. Der von der Klä­ge­rin un­ter Be­ru­fung auf die – in­so­weit re­vi­si­ons­recht­lich zu un­ter­stel­len­de – her­stel­lungs­be­ding­te Feh­ler­an­fäl­lig­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs al­lein noch gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der gan­zen Leis­tung ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 434 I, 280 I, III, 281 I 3, V BGB ist be­reits auf­grund der von ihr we­gen des­sel­ben Man­gels zu­vor er­klär­ten Min­de­rung (§§ 437 Nr. 2 Fall 2, 434 I, 441 I 1 BGB) aus­ge­schlos­sen.

[18]   a) Die Klä­ge­rin hat zwar in pro­zes­su­al wirk­sa­mer Wei­se ih­ren zu­nächst auf Min­de­rung ge­stütz­ten Rück­zah­lungs­an­spruch ge­mäß § 441 IV BGB fal­len ge­las­sen und statt­des­sen im We­ge ei­ner von den Vor­in­stan­zen als sach­dien­lich er­ach­te­ten Kla­ge­än­de­rung (§ 263 ZPO), an die das Re­vi­si­ons­ge­richt ge­bun­den ist (§ 268 ZPO), aus­schließ­lich ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung nach §§ 437 Nr. 3, 434 I, 280 I, III, 281 I 3, V BGB gel­tend ge­macht (vgl. zur Kla­ge­än­de­rung BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VI­II ZR 180/14, BGHZ 205, 151 Rn. 18; Urt. v. 01.06.1990 – V ZR 48/89, NJW 1990, 2682 [un­ter 1]). Dies wur­de von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung noch­mals im Schrift­satz vom 05.09.2017 aus­drück­lich klar­ge­stellt. An­ders als der Re­vi­si­ons­an­walt der Klä­ge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat ge­meint hat, ist es pro­zess­recht­lich nicht mög­lich, den ent­schei­dungs­rei­fen Rechts­streit an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen, da­mit die Klä­ge­rin Ge­le­gen­heit er­hält, den auf­ge­ge­be­nen Streit­ge­gen­stand der Min­de­rung im We­ge ei­ner noch­ma­li­gen Kla­ge­än­de­rung er­neut in den vor­lie­gen­den Pro­zess ein­zu­füh­ren. Es bleibt ihr aber un­be­nom­men, den ur­sprüng­lich gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf min­de­rungs­be­ding­te Rück­zah­lung ei­nes Teils des Kauf­prei­ses, über den hier nicht zu ent­schei­den war, er­neut ein­zu­kla­gen.

[19]   b) In ma­te­ri­ell-recht­li­cher Hin­sicht bleibt die Klä­ge­rin da­ge­gen an ih­re in der Kla­ge­schrift er­klär­te – und da­mit bei un­ter­stell­ter Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs be­reits vor Gel­tend­ma­chung des Scha­dens­er­satz­an­spruchs statt der gan­zen Leis­tung wirk­sam ge­wor­de­ne – Min­de­rung des Kauf­prei­ses ge­bun­den. Denn die Aus­übung des Min­de­rungs­rechts des Käu­fers ge­mäß §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 I 1 BGB stellt – eben­so wie die Aus­übung des Rück­tritts­rechts ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB i. V. mit § 323 BGB – seit dem In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts vom 26.11.2001 (Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz, BGBl. 2001 I 3138) ei­ne bin­den­de Ge­stal­tungs­er­klä­rung ge­gen­über dem Ver­käu­fer dar (BT-Drs. 14/6040, S. 221, 223, 234 f.).

[20]   aa) Nach §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 I 1 BGB kann der Käu­fer ei­ner i. S. von §§ 434 f. BGB man­gel­haf­ten Sa­che statt zu­rück­zu­tre­ten den Kauf­preis durch Er­klä­rung ge­gen­über dem Ver­käu­fer min­dern. Da­mit soll dem mög­li­chen Käu­fer­in­ter­es­se Rech­nung ge­tra­gen wer­den, die man­gel­haf­te Sa­che zu be­hal­ten (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 223) und – statt den Kauf­ver­trag nach §§ 346 ff. BGB rück­ab­zu­wi­ckeln – durch Her­ab­set­zung des Kauf­prei­ses um den an­ge­mes­se­nen Be­trag (§ 441 III BGB) das Äqui­va­lenzin­ter­es­se zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung wie­der­her­zu­stel­len. Ist der Kauf­preis zu die­sem Zeit­punkt noch nicht be­zahlt, er­lischt der Kauf­preis­an­spruch in Hö­he des Min­de­rungs­be­tra­ges. Hat der Käu­fer hin­ge­gen mehr als den ge­min­der­ten Kauf­preis be­zahlt, er­hält er ei­nen ent­spre­chen­den Rück­zah­lungs­an­spruch (§ 441 IV BGB) ge­gen den Ver­käu­fer.

[21]   In die­ser Wei­se ist die Klä­ge­rin vor­lie­gend (zu­nächst) ver­fah­ren und hat in ih­rer der Be­klag­ten am 12.08.2015 zu­ge­stell­ten Kla­ge­schrift we­gen des von ihr gel­tend ge­mach­ten Man­gels der her­stel­lungs­be­ding­ten Feh­ler­an­fäl­lig­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs die Min­de­rung des Kauf­prei­ses um 20 % des Brut­to­kauf­prei­ses er­klärt (§§ 441 I 1, III BGB) und die Be­klag­te auf Rück­zah­lung (§ 441 IV BGB) der von ihr un­ter Ab­zug von ge­zo­ge­nen Ge­brauchs­vor­tei­len er­rech­ne­ten Über­zah­lung in An­spruch ge­nom­men. Zwei­fel an der Wirk­sam­keit die­ser Min­de­rungs­er­klä­rung sind – nach­dem die von der Klä­ge­rin be­haup­te­te her­stel­lungs­be­ding­te Feh­ler­an­fäl­lig­keit re­vi­si­ons­recht­lich zu un­ter­stel­len und mit dem Be­ru­fungs­ge­richt auf­grund des von ihm be­jah­ten Vor­lie­gens ei­nes „Mon­tags­au­tos“ von ei­ner Un­zu­mut­bar­keit wei­te­rer Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB (vgl. Se­nat, Urt. v. 23.01.2013 – VI­II ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 26), der we­gen § 441 I 1 BGB auch für die Min­de­rung gilt, aus­zu­ge­hen ist – nicht er­sicht­lich und auch im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht vor­ge­bracht wor­den.

[22]   bb) Das Ge­stal­tungs­recht der Min­de­rung er­mög­licht es dem Käu­fer, durch ein­sei­ti­ges Rechts­ge­schäft ei­ne Ver­än­de­rung der be­ste­hen­den Rechts­la­ge, näm­lich die Her­ab­set­zung des ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Kauf­prei­ses um den an­ge­mes­se­nen Be­trag un­ter Bei­be­hal­tung des Kauf­ver­trags im Üb­ri­gen, her­bei­zu­füh­ren. Die­se Ge­stal­tungs­wir­kung tritt un­mit­tel­bar mit dem Zu­gang (§ 130 I BGB) der das Ge­stal­tungs­recht aus­üben­den ein­sei­ti­gen Wil­lens­er­klä­rung beim Er­klä­rungs­emp­fän­ger ein (vgl. BAG, Urt. v. 21.03.2013 – 6 AZR 618/11, NZA-RR 2013, 609 Rn. 15 [Kün­di­gung ei­ner Dienst­ver­ein­ba­rung] m. w. Nachw.). Vor­lie­gend hat die von der Klä­ge­rin er­klär­te Min­de­rung – das Vor­lie­gen der be­haup­te­ten her­stel­lungs­be­ding­ten Feh­ler­an­fäl­lig­keit un­ter­stellt – ih­re Ge­stal­tungs­wir­kung mit­hin be­reits mit der Zu­stel­lung der Kla­ge­schrift an die Be­klag­te am 12.08.2015 ent­fal­tet und das bis­he­ri­ge Ver­trags­ver­hält­nis hin­sicht­lich des ge­schul­de­ten Kauf­prei­ses um­ge­stal­tet.

[23]   Ab dem Ein­tritt der Ge­stal­tungs­wir­kung ist der Käu­fer an die von ihm er­klär­te Min­de­rung ge­bun­den und kann sie ein­sei­tig we­der zu­rück­neh­men noch wi­der­ru­fen (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VI­II ZR 180/14, BGHZ 205, 151 Rn. 29; Urt. v. 19.01.2017 – VII ZR 235/15, NJW 2017, 1607 Rn. 55 [zu § 638 BGB]; Er­man/Gru­ne­wald, BGB, 15. Aufl., § 437 Rn. 45; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2013, § 441 Rn. 5; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 77. Aufl., § 441 Rn. 10; Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.03.2018, § 437 Rn. 171; Lö­ge­ring, MDR 2009, 664, 666; je­weils m. w. Nachw.; vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 221 [zum Ge­stal­tungs­recht des Rück­tritts]).

[24]   Die be­schrie­be­ne Bin­dungs­wir­kung er­gibt sich da­bei – wor­auf auch die Re­vi­si­on mit Recht hin­weist – zwin­gend aus der vom Ge­setz­ge­ber be­wusst ge­wähl­ten Na­tur ei­nes Ge­stal­tungs­rechts (vgl. BAG, Urt. v. 21.03.2013 – 6 AZR 618/11, NZA-RR 2013, 609 Rn. 15 [Kün­di­gung ei­ner Dienst­ver­ein­ba­rung]; Urt. v. 26.08.1993 – 2 AZR 159/93, NJW 1994, 473, 474 [Kün­di­gung ei­nes Ar­beits­ver­hält­nis­ses]). Ein sol­ches Recht ver­trägt grund­sätz­lich kei­nen Schwe­be­zu­stand (vgl. et­wa Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 77. Aufl., Über­bl. v. § 104 Rn. 17). Dies gilt auch für den Rück­tritt und die Min­de­rung, die mit ih­rer wirk­sa­men Er­klä­rung das bis­he­ri­ge Rechts­ver­hält­nis um­ge­stal­ten. So wie der wirk­sam aus­ge­üb­te Rück­tritt un­mit­tel­bar zu ei­nem nicht mehr um­kehr­ba­ren Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis führt, hat die wirk­sam er­klär­te Min­de­rung zur Fol­ge, dass der ver­trag­lich ver­ein­bar­te Kauf­preis un­mit­tel­bar – und eben­falls un­um­kehr­bar – um den an­ge­mes­se­nen Be­trag her­ab­ge­setzt (§ 441 III BGB) und da­mit das Äqui­va­lenz­ver­hält­nis zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung wie­der­her­ge­stellt wird.

[25]   Die­se durch die Aus­übung des Ge­stal­tungs­rechts ein­ge­tre­te­ne Än­de­rung des Ver­trags­ver­hält­nis­ses kann der Ge­stal­tungs­be­rech­tig­te ein­sei­tig nicht mehr un­ge­sche­hen ma­chen (vgl. auch BGH, Urt. v. 24.06.1998 – XII ZR 195/96, BGHZ 139, 123, 127 [zur Kün­di­gung ei­nes Ge­wer­be­raum­miet­ver­trags]; BAG, Urt. v. 21.03.2013 – 6 AZR 618/11, NZA-RR 2013, 609 Rn. 15 [Kün­di­gung ei­ner Dienst­ver­ein­ba­rung]). Der Ge­setz­ge­ber des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes sah hier­für auch kein Be­dürf­nis, da der Käu­fer vor über­eil­ten („fal­schen“) Ent­schei­dun­gen bei der Wahl sei­ner Ge­währ­leis­tungs­rech­te be­reits da­durch ge­schützt wer­de, dass er die­se grund­sätz­lich nicht so­fort, son­dern erst nach Ab­lauf ei­ner dem Ver­käu­fer zur Nach­er­fül­lung ge­setz­ten Frist aus­üben kön­ne (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 221 [zum Rück­tritt]).

[26]   cc) Die mit der Aus­ge­stal­tung der Min­de­rung als Ge­stal­tungs­recht ein­her­ge­hen­de Bin­dung des Käu­fers an ei­ne wirk­sam er­klär­te Min­de­rung kann ent­ge­gen ei­ner in ver­schie­de­nen Aus­prä­gun­gen im Schrift­tum ver­tre­te­nen Auf­fas­sung nicht da­durch un­ter­lau­fen wer­den, dass dem Käu­fer in der Pha­se, in der sich der Ver­käu­fer noch nicht auf das aus­ge­üb­te Ge­stal­tungs­recht „ein­ge­stellt“ oder hier­auf ein­ge­las­sen hat, ein Ab­rü­cken von dem wirk­sam aus­ge­üb­ten Ge­stal­tungs­recht er­laubt sein soll.

[27]   (1) Im Schrift­tum ist zwar nach In­kraft­tre­ten des neu­en Schuld­rechts teil­wei­se die An­sicht ver­tre­ten wor­den, der Käu­fer müs­se sich an dem von ihm aus­ge­üb­ten Min­de­rungs­recht erst dann fest­hal­ten las­sen, wenn sich der Ver­käu­fer auf das vom Käu­fer ge­wähl­te Ge­währ­leis­tungs­recht „er­kenn­bar ein­ge­stellt“, na­ment­lich da­mit ein­ver­stan­den er­klärt (Gsell, JZ 2004, 643, 649) bzw. hier­auf „ein­ge­rich­tet“, al­so im Ver­trau­en auf die ge­trof­fe­ne Wahl Dis­po­si­tio­nen ge­trof­fen oder un­ter­las­sen ha­be (von Ols­hau­sen, Fest­schr. f. Hu­ber, 2006, S. 471, 495; vgl. auch Der­le­der, in: Dau­ner-Lieb/Kon­zen/Schmidt, Das neue Schuld­recht in der Pra­xis, 2003, S. 411, 425 f.; ders., NJW 2003, 998, 1003). Die­ser Auf­fas­sung liegt letzt­lich das Be­stre­ben zu­grun­de, ei­ne An­nä­he­rung an die nach frü­he­rem Recht be­ste­hen­de Mög­lich­keit des Käu­fers zu er­rei­chen, von ei­ner ein­mal ge­trof­fe­nen Wahl der Wan­de­lung oder der Min­de­rung (§§ 462, 465 BGB a.F.) wie­der ab­zu­rü­cken, so­lan­ge der Ver­käu­fer noch nicht sein Ein­ver­ständ­nis er­klärt hat­te oder hier­zu ver­ur­teilt wor­den war.

[28]   (2) Die ge­nann­ten Au­to­ren ver­ken­nen je­doch grund­le­gend, dass der Ge­setz­ge­ber be­wusst die bis­he­ri­ge Kon­zep­ti­on des al­ten Schuld­rechts auf­ge­ge­ben hat, nach wel­cher der Käu­fer we­gen ei­nes vom Ver­käu­fer zu ver­tre­ten­den Man­gels der Kauf­sa­che ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses oder ei­ne Wan­de­lung des Kauf­ver­trags nach §§ 462, 465 BGB a.F. nur mit dem Ein­ver­ständ­nis des Ver­käu­fers vor­neh­men konn­te und bis da­hin an sei­ne Wahl nicht ge­bun­den war. Der Ge­setz­ge­ber hat das bis­he­ri­ge kauf­recht­li­che Ge­währ­leis­tungs­recht nicht nur der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie an­ge­passt, son­dern hat es auch dar­über hin­aus gänz­lich neu ge­re­gelt, weil er das bis­he­ri­ge Recht in An­be­tracht der schutz­wür­di­gen In­ter­es­sen von Käu­fer und Ver­käu­fer in ver­schie­de­nen Be­rei­chen als un­be­frie­di­gend emp­fun­den hat. Er hat im In­ter­es­se bei­der Sei­ten für al­le Kauf­ver­trags­ar­ten ei­nen Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Käu­fers ein­ge­führt, der Vor­rang vor den in § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB auf­ge­führ­ten Ge­währ­leis­tungs­rech­ten hat (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 220 f.). Die­sem An­spruch misst er zen­tra­le Be­deu­tung zu. Denn da­durch soll er­reicht wer­den, dass der Käu­fer letzt­lich doch noch das er­hält, was er zu be­an­spru­chen hat, und dem Ver­käu­fer die Mög­lich­keit ein­ge­räumt wird, die Rück­ab­wick­lung des Ver­trags oder sons­ti­ge Ge­währ­leis­tun­gen ab­zu­wen­den (BT-Drs. 14/6040, S. 220). Zu­dem hat er zur Be­sei­ti­gung der mit der bis­he­ri­gen Aus­ge­stal­tung der Wan­de­lung und der Min­de­rung nach §§ 462, 465 BGB a.F. ver­bun­de­nen recht­li­chen Un­si­cher­hei­ten die Ge­währ­leis­tungs­rech­te des Rück­tritts und der Min­de­rung im neu­en Kauf­recht (§ 437 Nr. 2 BGB, § 323 I BGB, § 441 I 1 BGB) als ein­sei­ti­ge Ge­stal­tungs­rech­te mit Bin­dungs­wir­kung kon­zi­piert (BT-Drs. 14/6040, S. 220 f., 234 f.).

[29]   Im Hin­blick auf die durch die Ein­füh­rung ei­nes Nach­er­fül­lungs­an­spruchs im Ver­gleich zum frü­he­ren Recht ge­schaf­fe­ne zu­sätz­li­che Pha­se der Ge­währ­leis­tung hat der Ge­setz­ge­ber die Aus­for­mung der Min­de­rung des Kauf­prei­ses und des Rück­tritts vom Ver­trag als bin­den­de Ge­stal­tungs­rech­te nicht als un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Käu­fers be­wer­tet, zu­mal die­sem hier­durch ei­ne aus­rei­chen­de Über­le­gungs- und Ent­schei­dungs­frist ein­ge­räumt wor­den ist (BT-Drs. 14/6040, S. 220 f., 234 f.). In den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en wird aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in An­be­tracht des Vor­rangs des neu ein­ge­führ­ten Nach­er­fül­lungs­an­spruchs (§ 439 BGB) kein Be­dürf­nis da­für be­steht, dem Käu­fer das Recht zum Wi­der­ruf ei­nes wirk­sam er­klär­ten Rück­tritts (oder ei­ner Min­de­rung) ein­zu­räu­men (BT-Drs. 16/6040, S. 221, 235). Die­se von den Ge­rich­ten zu be­ach­ten­de ge­setz­ge­be­ri­sche In­ter­es­sen­ab­wä­gung wird von der ge­nann­ten, im Schrift­tum ver­tre­te­nen Auf­fas­sung ne­giert, die dem Käu­fer die Fle­xi­bi­li­tät des frü­he­ren kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rechts er­hal­ten möch­te.

[30]   (3) Wie­der an­de­re Li­te­ra­tur­stim­men mei­nen, der Ver­käu­fer kön­ne sich we­gen des Ver­bots treu­wid­ri­gen Ver­hal­tens ge­mäß § 242 BGB nicht zu sei­nen Guns­ten auf die Bin­dung des Käu­fers an die Ge­stal­tungs­wir­kung der Rechts­be­hel­fe der Min­de­rung und des Rück­tritts be­ru­fen, wenn er selbst die Durch­füh­rung der vom Käu­fer ge­wähl­ten Ge­währ­leis­tung ver­wei­ge­re, wor­un­ter auch die Stel­lung ei­nes Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trags fal­le (vgl. Wer­ten­bruch, JZ 2002, 862, 865 f.; Klöhn/Ha­e­sen, EWiR 2011, 179, 180; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, a. a. O., § 437 Rn. 52; vgl. auch Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 437 Rn. 27). Die­se Auf­fas­sung ver­kennt je­doch, dass sich ein Ver­käu­fer nicht treu­wid­rig ver­hält, wenn er das Vor­lie­gen ei­nes vom Käu­fer be­haup­te­ten Man­gels be­strei­tet und sich ge­gen das von die­sem gel­tend ge­mach­te Ge­währ­leis­tungs­recht zur Wehr setzt so­wie im Zu­ge des­sen die Wirk­sam­keit der er­klär­ten Min­de­rung oder des er­klär­ten Rück­tritts (et­wa bis zur ge­richt­li­chen Über­prü­fung) in Zwei­fel zieht. Es ist nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on Sa­che des Käu­fers, sich sorg­fäl­tig zu über­le­gen, für wel­che der in § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB auf­ge­führ­ten Ge­währ­leis­tungs­rech­te er sich ent­schei­det.

[31]   Der Um­stand, dass die Be­klag­te das Min­de­rungs­recht der Klä­ge­rin vor­lie­gend bis zur Kla­ge­än­de­rung durch­gän­gig in Ab­re­de ge­stellt hat­te, hin­der­te da­her nicht den bin­den­den Ein­tritt der da­mit ver­bun­de­nen Ge­stal­tungs­wir­kung.

[32]   c) Folg­lich ist es der Klä­ge­rin – bei un­ter­stell­ter Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs – ver­wehrt, von der wirk­sam er­klär­ten und mit der Zu­stel­lung der Kla­ge­schrift nicht mehr ein­sei­tig ab­än­der­ba­ren Min­de­rung des Kauf­prei­ses Ab­stand zu neh­men und statt­des­sen un­ter Be­ru­fung auf den­sel­ben Man­gel (her­stel­lungs­be­ding­te Feh­ler­an­fäl­lig­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs) von der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 434 I, 280 I, III, 281 I 3, V BGB (sog. gro­ßer Scha­dens­er­satz) und da­mit die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags zu ver­lan­gen. Nach der Kon­zep­ti­on des kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rechts ist sie aber auch dar­an ge­hin­dert, zu­sätz­lich zu der von ihr nicht mehr zu be­sei­ti­gen­den Ge­stal­tungs­wir­kung der Min­de­rung (s. oben un­ter II 2 b) gro­ßen Scha­dens­er­satz gel­tend zu ma­chen und auf die­sem We­ge im Er­geb­nis nicht nur ei­ne Her­ab­set­zung des Kauf­prei­ses zu er­rei­chen, son­dern den – ge­ge­be­nen­falls um Ge­gen­for­de­run­gen re­du­zier­ten – Kauf­preis ins­ge­samt zu­rück­zu­for­dern.

[33]   aa) Zwar ge­stat­tet es das Ge­setz dem Käu­fer grund­sätz­lich, bei Män­geln der Kauf­sa­che ne­ben der Min­de­rung des Kauf­prei­ses zu­sätz­lich den Er­satz ihm ent­stan­de­ner Schä­den gel­tend zu ma­chen. Dies bringt es da­durch zum Aus­druck, dass § 437 Nr. 3 BGB, wel­cher die bei Män­geln in Be­tracht kom­men­den Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Käu­fers auf­lis­tet, durch das Wort „und“ mit dem vor­an­ge­stell­ten § 437 Nr. 2 BGB ver­bun­den ist, der den Rück­tritt und die Min­de­rung be­trifft (BT-Drs. 14/6040, S. 226; Er­man/Gru­ne­wald, a. a. O., § 437 Rn. 48 m. w. Nachw.; Stau­din­ger/Schwar­ze, BGB, Neu­be­arb. 2015, § 325 Rn. 47; in­so­weit ei­ne Ana­lo­gie zu § 325 BGB für not­wen­dig er­ach­tend et­wa NK-BGB/Bü­den­be­n­der, 3. Aufl., § 437 Rn. 91; Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 437 Rn. 173; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, a. a. O., § 441 Rn. 3). Zu den ne­ben der Min­de­rung dem Käu­fer er­öff­ne­ten Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen zählt auch ein Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der Leis­tung (§§ 437 Nr. 3280 I, III, 281 I 1 BGB; sog. klei­ner Scha­dens­er­satz). Ein sol­cher An­spruch kommt aber nur dann in Be­tracht, wenn der Käu­fer zu­sätz­lich zu dem man­gel­be­ding­ten Min­der­wert der Sa­che Schä­den er­lit­ten hat (et­wa ent­gan­ge­nen Ge­winn); hin­sicht­lich der­sel­ben Ver­mö­gens­ein­bu­ße schlie­ßen sich Min­de­rung und klei­ner Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung da­ge­gen aus (BGH, Urt. v. 27.05.2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 16). Denn der Käu­fer kann nicht für den­je­ni­gen Man­gel­scha­den, der be­reits durch die Her­ab­set­zung des Kauf­prei­ses aus­ge­gli­chen wor­den ist, Scha­dens­er­satz ver­lan­gen (BGH, Urt. v. 27.05.2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 16; Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 441 Rn. 19).

[34]   bb) Hin­ge­gen wird dem Käu­fer vom Ge­setz nicht die Mög­lich­keit er­öff­net, nach ei­ner bin­dend ge­wor­de­nen Min­de­rung des Kauf­prei­ses we­gen des­sel­ben Man­gels an­stel­le die­ses Ge­stal­tungs­rechts oder ne­ben die­sem ei­nen auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der gan­zen Leis­tung (sog. gro­ßen Scha­dens­er­satz) nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 3, V BGB zu ver­lan­gen. Dass ei­ne Ab­kehr von ei­ner wirk­sam aus­ge­üb­ten Min­de­rung nicht mög­lich ist, er­gibt sich aus der – oben un­ter II 2 b be­reits ein­ge­hend be­schrie­be­nen – Bin­dungs­wir­kung ei­ner sol­chen Er­klä­rung (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 221; BGH, Urt. v. 19.01.2017 – VII ZR 235/15, NJW 2017, 1607 Rn. 55 [zu § 638 BGB] m. w. Nachw.). Nach der Kon­zep­ti­on des § 437 BGB ist aber auch die Gel­tend­ma­chung ei­nes gro­ßen Scha­dens­er­sat­zes un­ter Bei­be­hal­tung der Min­de­rung aus­ge­schlos­sen. Denn der Käu­fer hat mit der wirk­sa­men Aus­übung der Min­de­rung zu­gleich das ihm vom Ge­setz­ge­ber ein­ge­räum­te Wahl­recht zwi­schen Fest­hal­ten am und Lö­sen vom Kauf­ver­trag „ver­braucht“.

[35]   (1) Mit der Min­de­rung des Kauf­prei­ses er­klärt ein Käu­fer zu­gleich, die Kauf­sa­che trotz des be­tref­fen­den Man­gels – zu ei­nem her­ab­ge­setz­ten Kauf­preis (§ 441 III BGB) – be­hal­ten und in­so­weit am Kauf­ver­trag fest­hal­ten zu wol­len. Dies er­gibt sich aus dem Re­ge­lungs­ge­halt und der Ziel­set­zung des dem Käu­fer vom Ge­setz­ge­ber zur Ver­fü­gung ge­stell­ten Min­de­rungs­rechts (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 223).

[36]   (a) Das Sach­man­gel­ge­währ­leis­tungs­recht der §§ 434 ff. BGB ver­langt dem Käu­fer ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che, der den Ver­käu­fer ver­geb­lich zur Nach­er­fül­lung (§ 439 BGB) auf­ge­for­dert hat oder hier­zu aus­nahms­wei­se nicht ver­pflich­tet war, die grund­le­gen­de Ent­schei­dung ab, ob er den Kauf­ver­trag (un­ter Li­qui­da­ti­on ent­stan­de­ner Ver­mö­gens­ein­bu­ßen) wei­ter gel­ten las­sen oder ob er sich von die­sem – was re­gel­mä­ßig nur un­ter stren­ge­ren Vor­aus­set­zun­gen mög­lich ist (vgl. et­wa § 323 V 2 BGB, § 281 I 3 BGB) – lö­sen will. Da­für ste­hen ihm je­weils zwei We­ge zur Ver­fü­gung. Will er die Kauf­sa­che be­hal­ten, kann er ent­we­der durch ei­ne Ge­stal­tungs­er­klä­rung den Kauf­preis un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 BGB min­dern oder im We­ge der Gel­tend­ma­chung ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spru­ches statt der Leis­tung ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 BGB die Li­qui­da­ti­on des Min­der­werts er­rei­chen (sog. klei­ner Scha­dens­er­satz, BT-Drs. 14/6040, S. 225 f.; s. be­reits BGH, Urt. v. 22.11.1985 – V ZR 220/84, BGHZ 96, 283, 287; Urt. v. 23.06.1989 – V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160 [je­weils zu § 463 BGB a.F.]). So­fern er zu­sätz­li­che, durch die er­klär­te Min­de­rung nicht aus­ge­gli­che­ne Schä­den er­lit­ten hat, kann er auch – wie oben un­ter II 2 c aa be­reits aus­ge­führt – die Ge­währ­leis­tungs­rech­te der Min­de­rung und des klei­nen Scha­dens­er­sat­zes nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 BGB mit­ein­an­der kom­bi­nie­ren (BGH, Urt. v. 27.05.2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 16)

[37]   Will er sich hin­ge­gen vom Kauf­ver­trag lö­sen, kann er ent­we­der den Rück­tritt vom Ver­trag nach §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 BGB er­klä­ren oder aber Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 3 BGB for­dern, der auf Er­satz des dem Käu­fer durch die Nicht­er­fül­lung des ge­sam­ten Ver­tra­ges ent­stan­de­nen Scha­dens ge­rich­tet ist und das Ent­fal­len der Leis­tungs­pflicht (§ 281 IV BGB) so­wie die Rück­ge­währ be­reits er­brach­ter Leis­tun­gen (§ 281 V BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB) zur Fol­ge hat (gro­ßer Scha­dens­er­satz, BT-Drs. 14/6040, S. 225 f.; s. be­reits BGH, Urt. v. 22.11.1985 – V ZR 220/84, BGHZ 96, 283, 287; Urt. v. 23.06.1989 – V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160 [je­weils zu § 463 BGB a.F.]).

[38]   (b) Der Käu­fer, der wirk­sam von dem Ge­stal­tungs­recht der Min­de­rung Ge­brauch macht, bringt des­halb – in An­be­tracht des In­halts, den der Ge­setz­ge­ber die­sem Ge­währ­leis­tungs­recht bei­ge­mes­sen hat – sei­nen Wil­len zum Aus­druck, die Kauf­sa­che trotz des ihr an­haf­ten­den Man­gels zu be­hal­ten und an dem Kauf­ver­trag mit dem durch die Her­ab­set­zung des Kauf­prei­ses wie­der­her­ge­stell­ten Äqui­va­lenz­ver­hält­nis fest­zu­hal­ten (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 223; in die­sem Sin­ne auch NK-BGB/Bü­den­be­n­der, a. a. O., § 437 Rn. 92; Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 437 Rn. 173). Die­se Er­klä­rung ist in­te­gra­ler Be­stand­teil der Ge­stal­tungs­wir­kung der Min­de­rung und mit­hin ab dem Wirk­sam­wer­den die­ses Ge­stal­tungs­rechts für den Käu­fer bin­dend. Die Klä­ge­rin hat da­her – das Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels un­ter­stellt – mit der Zu­stel­lung ih­rer in der Kla­ge­schrift aus­ge­spro­che­nen Min­de­rungs­er­klä­rung ver­bind­lich zum Aus­druck ge­bracht, den Kauf­ver­trag nicht rück­gän­gig ma­chen, son­dern das (ih­rer Auf­fas­sung nach) mit dem Man­gel her­stel­lungs­be­ding­ter Feh­ler­an­fäl­lig­keit be­haf­te­te Fahr­zeug zu ei­nem re­du­zier­ten Kauf­preis be­hal­ten zu wol­len.

[39]   (2) Mit die­ser Ent­schei­dung, an dem Kauf­ver­trag fest­zu­hal­ten, ist es je­doch – wor­auf die Re­vi­si­on mit Recht hin­weist – un­ver­ein­bar, dass ein Käu­fer, wie vor­lie­gend die Klä­ge­rin, nach er­folg­ter Min­de­rung des Kauf­prei­ses, de­ren Wirk­sam­keit im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu un­ter­stel­len ist, un­ter Be­ru­fung auf den­sel­ben Man­gel Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung (§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 3 BGB) und da­mit die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges (§ 281 V BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB) be­gehrt.

[40]   (a) Die auf ge­gen­läu­fi­ge Zie­le – Fest­hal­ten am Ver­trag oder Lö­sen vom Ver­trag – aus­ge­rich­te­ten Ge­währ­leis­tungs­rech­te der Min­de­rung (§ 441 BGB) und des Rück­tritts (§ 323 BGB) hat der Ge­setz­ge­ber – wie be­reits oben un­ter II 2 c bb (1) aus­ge­führt – als Ge­stal­tungs­rech­te aus­ge­formt, die dem Käu­fer nur al­ter­na­tiv zur Ver­fü­gung ste­hen. Dies kommt nicht nur in den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en (BT-Drs. 14/6040, S. 223) zum Aus­druck, son­dern hat auch im Ge­setz an meh­re­ren Stel­len Nie­der­schlag ge­fun­den. So kann der Käu­fer ge­mäß § 437 Nr. 2 BGB ent­we­der vom Ver­trag zu­rück­tre­ten „oder“ den Kauf­preis min­dern. Dem­entspre­chend sieht § 441 I 1 BGB vor, dass der Käu­fer „statt zu­rück­zu­tre­ten“ den Kauf­preis min­dern kann.

[41]   (b) Wie be­reits oben un­ter II 2 c bb (1) aus­ge­führt, stellt der Ge­setz­ge­ber dem Käu­fer aber nicht nur bei den in § 437 Nr. 2 BGB auf­ge­führ­ten Ge­stal­tungs­rech­ten der Min­de­rung und des Rück­tritts zwei Rech­te mit ge­gen­läu­fi­gen Ziel­set­zun­gen (Fest­hal­ten am Ver­trag bei Aus­gleich des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts ei­ner­seits oder Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags un­ter Rück­ge­währ der bei­der­sei­ti­gen Leis­tun­gen an­der­seits) zur Aus­wahl. Auch bei den in § 437 Nr. 3 BGB ge­nann­ten An­sprü­chen auf klei­nen Scha­dens­er­satz (§§ 437 Nr. 3280 I, III, 281 I 1 BGB) und auf gro­ßen Scha­dens­er­satz (§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 3, V BGB) wird dem Käu­fer die Wahl zwi­schen den ge­gen­sätz­li­chen Al­ter­na­ti­ven ab­ver­langt, ob er am Ver­trag fest­hal­ten und den Min­der­wert (ggf. ne­ben wei­te­ren Schä­den) li­qui­die­ren (sog. klei­ner Scha­dens­er­satz) oder Rück­gän­gig­ma­chung des Ver­trags (sog. gro­ßer Scha­dens­er­satz) be­an­spru­chen will (BT-Drs. 14/6040, S. 225 f.).

[42]   Die­ser Gleich­lauf der „Po­la­ri­tät“ (Un­ver­ein­bar­keit) so­wohl zwi­schen Rück­tritt und Min­de­rung ei­ner­seits als auch zwi­schen gro­ßem und klei­nem Scha­dens­er­satz an­de­rer­seits schließt nach ei­ner wirk­sam er­klär­ten Min­de­rung (§ 441 I 1 BGB) nicht nur ei­nen Rück­tritt, son­dern über­dies auch ei­nen – eben­so wie der Rück­tritt auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten – An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung ge­mäß § 281 I 3, V BGB aus (so i. E. auch NK-BGB/Dau­ner-Lieb/Du­bo­vits­ka­ya, 3. Aufl., § 325 Rn. 11; NK-BGB/Bü­den­be­n­der, a. a. O., § 437 Rn. 92; Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 437 Rn. 173; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 77. Aufl., § 281 Rn. 41; Alt­ham­mer/Löh­nig, AcP 205 [2005], 520, 540; Lö­ge­ring, MDR 2009, 664, 666; of­fen­ge­las­sen bei BGH, Urt. v. 19.01.2017 – VII ZR 235/15, NJW 2017, 1607 Rn. 49 [zu § 638 BGB]). Denn mit der im We­ge ei­ner Min­de­rung ab­ge­ge­be­nen Er­klä­rung des Käu­fers, er wol­le am Ver­trag fest­hal­ten und (le­dig­lich) den Kauf­preis we­gen des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts der Kauf­sa­che an­ge­mes­sen her­ab­set­zen, ist es un­ver­ein­bar, dass er statt­des­sen oder zu­sätz­lich hier­zu gro­ßen Scha­dens­er­satz nach § 281 I 3 BGB ver­langt, wel­cher nach § 281 V BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB die Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges zur Fol­ge hät­te. An­dern­falls könn­te der Gläu­bi­ger, der die Min­de­rung be­reits er­klärt und sich mit die­ser ihn bin­den­den Ge­stal­tungs­er­klä­rung für ein Fest­hal­ten am Ver­trag ent­schie­den hat, die­se Ent­schei­dung noch re­vi­die­ren (vgl. NK-BGB/Dau­ner-Lieb/Du­bo­vits­ka­ya, a. a. O., 325 Rn. 11; Alt­ham­mer/Löh­nig, AcP 205 [2005], 520, 540; Lö­ge­ring, MDR 2009, 664, 666). Dies wä­re in­des we­der mit der bin­den­den Ge­stal­tungs­wir­kung der Min­de­rung (s. da­zu oben un­ter II 2 b) noch mit der vom Ge­setz­ge­ber in § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB vor­ge­ge­be­nen Al­ter­na­ti­vi­tät zwi­schen ei­nem Fest­hal­ten am Ver­trag und ei­ner Rück­gän­gig­ma­chung des Ver­trags­ver­hält­nis­ses in Ein­klang zu brin­gen. Ein Käu­fer, der sich hin­sicht­lich ei­nes Man­gels für ei­ne Min­de­rung ent­schie­den hat, hat dies­be­züg­lich sein Wahl­recht in­so­fern „ver­braucht“ als, dass er ei­ne Rück­gän­gig­ma­chung des Kauf­ver­trags we­der in Form ei­nes Rück­tritts noch als gro­ßen Scha­dens­er­satz be­an­spru­chen kann.

[43]   (c) Über­ein­stim­mend mit den oben auf­ge­zeig­ten Grund­sät­zen hat es der BGH in sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung dem Ge­währ­leis­tungs­gläu­bi­ger nach ei­ner er­folg­ten Min­de­rung (§§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 I 1 BGB) stets nur ge­stat­tet, er­gän­zend hier­zu Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung in Form des Fest­hal­tens am Ver­trag un­ter Aus­gleich des Min­der­werts und et­wai­ger wei­te­rer man­gel­be­ding­ter Ver­mö­gens­ein­bu­ßen (sog. klei­ner Scha­dens­er­satz; §§ 437 Nr. 3280 I, III, 281 I 1 BGB) gel­tend zu ma­chen (vgl. BGH, Urt. v. 27.05.2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953 Rn. 16 [klei­ner Scha­dens­er­satz ne­ben Min­de­rung]; Urt. v. 19.01.2017 – VII ZR 235/15, NJW 2017, 1607 Rn. 55 [zu § 638 BGB]; vgl. au­ßer­dem BGH, Urt. v. 05.11.2010 – V ZR 228/09, NJW 2011, 1217 Rn. 35 [klei­ner Scha­dens­er­satz statt fehl­ge­schla­ge­ner Min­de­rung]; Beschl. v. 22.09.2016 – V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 26 ff. [Min­de­rung nebst klei­nem Scha­dens­er­satz]). Denn Min­de­rung und so­ge­nann­ter klei­ner Scha­dens­er­satz be­ru­hen auf der – in­so­weit de­ckungs­glei­chen – Ent­schei­dung des Käu­fers, die Li­qui­da­ti­on der ihm durch den Man­gel ent­stan­de­nen Nach­tei­le un­ter Bei­be­hal­tung der Kauf­sa­che her­bei­zu­füh­ren (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 223, 225 f.). In­so­fern schließt ei­ne vom Käu­fer er­klär­te Min­de­rung ei­nen sol­chen Scha­dens­er­satz nicht aus.

[44]   (d) Dem­ge­gen­über lässt ei­ne im Schrift­tum ver­ein­zelt ver­tre­te­ne Auf­fas­sung die dar­ge­stell­te, der Vor­schrift des § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB zu­grun­de lie­gen­de Kon­zep­ti­on au­ßer Acht, wenn sie meint, der Käu­fer sei durch ei­ne be­reits er­klär­te Min­de­rung des­halb nicht an der Gel­tend­ma­chung ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs statt der gan­zen Leis­tung ge­hin­dert, weil der Min­de­rungs­be­trag letzt­lich im Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung „ent­hal­ten“ sei und der Über­gang zum gro­ßen Scha­dens­er­satz des­halb kei­ne Rück­gän­gig­ma­chung ei­ner be­reits ein­ge­tre­te­nen Än­de­rung der Rechts­la­ge, son­dern ei­ne blo­ße „Er­wei­te­rung“ der mit der Min­de­rung her­bei­ge­führ­ten, we­ni­ger weit rei­chen­den Än­de­rung dar­stel­le (so Stö­ber, NJW 2017, 2785, 2788; BeckOGK/Stö­ber, Stand: 01.11.2017, § 441 BGB Rn. 22). Die ge­nann­te Auf­fas­sung meint, durch ein sol­ches Vor­ge­hen wür­den le­dig­lich ge­mäß § 281 IV BGB die von der Min­de­rung un­an­ge­tas­tet ge­blie­be­nen Rest­leis­tungs­pflich­ten auf­ge­ho­ben (ähn­lich auch Stau­din­ger/Schwar­ze,, a. a. O., § 325 Rn. 49).

[45]   Die­se Kon­struk­ti­on ist je­doch dog­ma­tisch ver­fehlt, weil ei­ne Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges die von ei­ner zu­vor be­reits wirk­sam ge­wor­de­nen Min­de­rung aus­ge­hen­de Ge­stal­tungs­wir­kung nicht „er­wei­tert“, son­dern die mit ihr ge­trof­fe­ne Käu­fer­ent­schei­dung, am Ver­trag (zu ei­nem her­ab­ge­setz­ten Kauf­preis) fest­zu­hal­ten, auf­hebt und in ihr Ge­gen­teil ver­kehrt. Sie nimmt we­der die ei­ner aus­ge­üb­ten Min­de­rung an­haf­ten­de Bin­dungs­wir­kung noch den Um­stand aus­rei­chend in den Blick, dass sich der Käu­fer hier­durch – un­ter „Ver­brauch“ sei­nes Wahl­rechts zwi­schen Fest­hal­ten am oder Los­lö­sung vom Ver­trag – für die Fort­gel­tung des Kauf­ver­trags un­ter Aus­gleich des Min­der­werts ent­schie­den hat.

[46]   d) Schließ­lich lässt sich ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts aus der von ihm be­müh­ten Ana­lo­gie zu § 325 BGB ei­ne Be­rech­ti­gung der Klä­ge­rin nicht ab­lei­ten, sich von ih­rer in der Kla­ge­schrift – bei un­ter­stell­ter Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs wirk­sam – er­klär­ten Min­de­rung (§§ 437 Nr. 2, 434 I, 441 I 1 BGB) wie­der zu lö­sen und statt­des­sen zu ei­nem auf den so­ge­nann­ten gro­ßen Scha­dens­er­satz ge­rich­te­ten An­spruch (§§ 437 Nr. 3, 434 I, 280 I, III, 281 I 3, V BGB) über­zu­ge­hen.

[47]   aa) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sich da­bei die Aus­füh­run­gen in ei­ner frü­he­ren Ent­schei­dung des OLG Stutt­gart (Urt. v. 01.02.2006 – 3 U 106/05, ZGS 2008, 479) und ei­ner dort mehr­fach zi­tier­ten Li­te­ra­tur­stim­me (Der­le­der, NJW 2003, 998) zu ei­gen ge­macht. Die­se Auf­fas­sung will zwar nicht in­fra­ge stel­len, dass es sich bei Min­de­rung und Rück­tritt (§§ 437 Nr. 2, 441, 323 BGB) um nach ih­rer Aus­übung grund­sätz­lich un­wi­der­ruf­li­che Ge­stal­tungs­rech­te han­delt (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1000 f.; OLG Stutt­gart, Urt. v. 01.02.2006 – 3 U 106/05, ZGS 2008, 479, 480). Sie ist je­doch der An­sicht, der Ge­setz­ge­ber ha­be mit der Aus­for­mung die­ser Rechts­in­sti­tu­te als Ge­stal­tungs­rech­te nicht die nach frü­he­rem Recht auf­sei­ten des Käu­fers be­ste­hen­de Fle­xi­bi­li­tät ein­schrän­ken wol­len. Die Min­de­rung und die Wan­de­lung nach frü­he­rem Recht hät­ten zu ih­rem Voll­zug das Ein­ver­ständ­nis des Gläu­bi­gers vor­aus­ge­setzt (§§ 462, 465 BGB a.F.), was zur Fol­ge ge­habt ha­be, dass der Käu­fer bis zu die­sem Zeit­punkt die von ihm ge­trof­fe­ne Wahl ha­be wie­der ab­än­dern kön­nen (ius va­ri­an­di; s. da­zu be­reits un­ter II 2 b cc). Dem Käu­fer ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che müs­se es auch un­ter der Gel­tung des neu­en Schuld­rechts wei­ter­hin mög­lich sein, auf Ver­än­de­run­gen der tat­säch­li­chen Ver­hält­nis­se oder auf ei­ne neue Fest­stel­lung zur Schwe­re der Man­gel­fol­gen mit ei­nem Wech­sel der Ge­währ­leis­tungs­rech­te zu re­agie­ren (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1000, 1002; OLG Stutt­gart, Urt. v. 01.02.2006 – 3 U 106/05, ZGS 2008, 479, 480). Dies sei – für den Rück­tritt – durch ei­ne te­leo­lo­gi­sche Aus­le­gung des § 325 BGB bzw. – für die Min­de­rung – durch ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 325 BGB si­cher­zu­stel­len.

[48]   bb) Die­se Er­wä­gun­gen, die letzt­lich al­lein dem Be­stre­ben ge­schul­det sind, im In­ter­es­se des Käu­fers die die­sem nach bis­he­ri­gem Recht – in­fol­ge der da­mals nicht vor­ge­se­he­nen Bin­dung des Käu­fers an sein Ver­lan­gen zur Wan­de­lung oder zur Min­de­rung vor de­ren Voll­zug – ein­ge­räum­te Fle­xi­bi­li­tät zu er­hal­ten (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1002), je­doch ei­ne dog­ma­ti­sche Ab­lei­tung der als an­ge­mes­sen emp­fun­de­nen Ana­lo­gie zu § 325 BGB ver­mis­sen las­sen, sind in­des schon im Aus­gangs­punkt un­zu­tref­fend.

[49]   (1) Nach § 325 BGB wird das Recht, bei ei­nem ge­gen­sei­ti­gen Ver­trag Scha­dens­er­satz zu ver­lan­gen, durch den Rück­tritt nicht aus­ge­schlos­sen. Mit die­ser Vor­schrift woll­te der Ge­setz­ge­ber im Rah­men der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung die im frü­he­ren Recht in §§ 325, 326 BGB a.F. an­ge­leg­te, nicht mehr als sach­ge­recht emp­fun­de­ne Al­ter­na­ti­vi­tät zwi­schen dem Er­satz des Er­fül­lungs­in­ter­es­ses (Scha­dens­er­satz we­gen Nicht­er­fül­lung) und der Aus­übung des Rück­tritts­rechts auf­ge­ben und durch ei­ne Ku­mu­la­ti­on von Rück­tritt und Scha­dens­er­satz ab­lö­sen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 187 f.). Der Gläu­bi­ger soll nun­mehr die Rechts­fol­gen bei­der Rechts­be­hel­fe mit­ein­an­der kom­bi­nie­ren kön­nen, ob­wohl das ur­sprüng­li­che Schuld­ver­hält­nis durch die Er­klä­rung des Rück­tritts in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt wor­den ist (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 188; Se­nat, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 15; Urt. v. 28.11.2007 – VI­II ZR 16/07, BGHZ 174, 290 Rn. 10; s. hier­zu auch BGH, Urt. v. 30.06.2017 – V ZR 134/16, NJW 2017, 3438 Rn. 18 ff.). Die Schaf­fung des § 325 BGB hat­te al­so zum Ziel, dem Käu­fer den Er­satz von Ver­mö­gens­ein­bu­ßen, die an sich nur bei ei­nem wei­ter be­ste­hen­den Kauf­ver­trag als Scha­dens­er­satz er­satz­fä­hig wä­ren, auch dann zu ge­wäh­ren, wenn der Käu­fer in­fol­ge ei­nes wirk­sam er­klär­ten Rück­tritts (§§ 323 f. BGB) den Kauf­ver­trag in ein Ab­wick­lungs­pro­gramm (§§ 346 ff. BGB) um­ge­stal­tet hat.

[50]   (2) Vor dem Hin­ter­grund die­ses auf be­stimm­te Fall­ge­stal­tun­gen zu­ge­schnit­te­nen Re­ge­lungs­zwecks ist die von den ge­nann­ten Stim­men be­jah­te Er­wei­te­rung des An­wen­dungs­be­reichs des § 325 BGB im We­ge ei­ner „te­leo­lo­gi­schen Aus­le­gung“ bzw. ei­ner „Ana­lo­gie“ aus meh­re­ren Grün­den aus­ge­schlos­sen.

[51]   (a) Die be­schrie­be­ne Auf­fas­sung will der Vor­schrift des § 325 BGB zu­nächst im We­ge ei­ner am Ziel ma­xi­ma­ler Käu­fer­fle­xi­bi­li­tät aus­ge­rich­te­ten „te­leo­lo­gi­schen Aus­le­gung“ den (er­gän­zen­den) Re­ge­lungs­ge­halt ent­neh­men, dass sie es wei­ter­hin er­mög­li­che, „vor­ei­li­ge Rück­tritts­er­klä­run­gen zu neu­tra­li­sie­ren“, und da­mit den Wech­sel vom Rück­tritt zum Scha­dens­er­satz ge­stat­te (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1000, 1002). Wer­de der klei­ne Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 281 I 1 BGB gel­tend ge­macht, er­lö­sche „auf­grund scha­dens­recht­li­cher Sal­die­rung“ der durch den Rück­tritt ent­stan­de­ne Rück­ge­währan­spruch, so­dass der Käu­fer die Sa­che be­hal­ten und Er­satz des ihm dar­über hin­aus durch die Nicht­er­fül­lung ent­stan­de­nen Scha­dens ver­lan­gen kön­ne (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1001, 1003; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 325 Rn. 2).

[52]   (aa) In­des gibt es kei­ne An­halts­punk­te da­für, dass der Ge­setz­ge­ber mit der Schaf­fung des § 325 BGB dem Gläu­bi­ger über den oben be­schrie­be­nen An­wen­dungs­be­reich – die Ku­mu­la­ti­on von Rück­tritt und Scha­dens­er­satz (vgl. Se­nat, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 15, 22) – hin­aus hät­te er­mög­li­chen wol­len, die bin­den­den Rechts­wir­kun­gen ei­nes be­reits wirk­sam ge­wor­de­nen Rück­tritts (§§ 346 ff. BGB) wie­der rück­gän­gig zu ma­chen und sich statt­des­sen für die Gel­tend­ma­chung ei­nes klei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruchs (§ 281 I 1 BGB), al­so für das Be­hal­ten der man­gel­be­haf­te­ten Kauf­sa­che un­ter Li­qui­da­ti­on man­gel­be­ding­ter Ver­mö­gens­ein­bu­ßen, zu ent­schei­den (vgl. auch Lö­ge­ring, MDR 2009, 664, 666). Viel­mehr ging er da­von aus, dass ein Käu­fer, der an sei­nem Rück­tritt fest­ge­hal­ten wird, das er­hält, „was ihm zu­steht“ (BT-Drs. 14/6040, S. 221), und im Hin­blick dar­auf, dass er den Rück­tritt grund­sätz­lich erst nach Ab­lauf der dem Ver­käu­fer zur Nach­er­fül­lung ge­setz­ten Frist er­klä­ren kann, vor ei­ner über­eil­ten („fal­schen“) Ent­schei­dung bei der Wahl des Ge­währ­leis­tungs­rechts aus­rei­chend ge­schützt wird (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 221).

[53]   (bb) Zu­dem lie­fe ei­ne sol­che er­wei­tern­de Aus­le­gung des  325 BGB der Grund­kon­zep­ti­on des kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­sys­tems zu­wi­der, die die Ge­stal­tungs­rech­te des § 437 Nr. 2 BGB in be­wuss­ter Ab­kehr vom frü­he­ren Recht mit ih­rer Aus­übung als bin­dend aus­ge­stal­tet hat und so­wohl bei die­sen Ge­währ­leis­tungs­rech­ten als auch bei den in § 437 Nr. 3 BGB auf­ge­führ­ten Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen dem Käu­fer zwei Al­ter­na­tiv­pro­gram­me (Fest­hal­ten am oder Lö­sen vom Ver­trag) zur Aus­wahl stellt. Die Vor­schrift des § 325 BGB stellt mit ih­rer in den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en ver­deut­lich­ten Ziel­set­zung le­dig­lich ei­ne punk­tu­el­le Durch­bre­chung die­ser im Sys­tem an­ge­leg­ten Al­ter­na­ti­vi­tät dar, die vom Ge­setz­ge­ber des­we­gen für er­for­der­lich ge­hal­ten wur­de, weil der Käu­fer nach al­tem Recht nur bei Wahl des Scha­dens­er­sat­zes, nicht aber bei der Wan­de­lung die Rechts­fol­gen bei­der Rechts­be­hel­fe kom­bi­nie­ren konn­te (BT-Drs. 14/6040, S. 188; vgl. auch Se­nat, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 15, 22; Urt. v. 28.11.2007 – VI­II ZR 16/07, BGHZ 174, 290 Rn. 10; s. hier­zu auch BGH, Urt. v. 30.06.2017 – V ZR 134/16, NJW 2017, 3438 Rn. 17 f.).

[54]   Da­mit ist be­reits die von der ge­nann­ten Auf­fas­sung zu­grun­de ge­leg­te (Aus­gangs-)Über­le­gung un­zu­tref­fend, § 325 BGB ge­stat­te in sei­nem un­mit­tel­ba­ren An­wen­dungs­be­reich im We­ge ei­ner „te­leo­lo­gi­schen Aus­le­gung“ über das Ne­ben­ein­an­der von Rück­tritt und Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen hin­aus zu­sätz­lich ei­nen – die rechts­ge­stal­ten­de Wir­kung des Rück­tritts im Er­geb­nis auf­he­ben­den – Wech­sel vom Rück­tritt zum so­ge­nann­ten klei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch.

[55]   (b) An­knüp­fend an die be­schrie­be­ne ver­fehl­te „te­leo­lo­gi­sche Aus­le­gung“ des § 325 BGB hält die vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­teil­te Auf­fas­sung ei­nen wei­te­ren Schritt für ge­bo­ten. Sie will dem Käu­fer – nun im We­ge der „Ana­lo­gie“ zu § 325 BGB – ei­nen Wech­sel von ei­ner be­reits er­klär­ten Min­de­rung (§§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 I 1 BGB) zu ei­nem gro­ßen Scha­dens­er­satz­an­spruch (§§ 437 Nr. 3, 434 I, 280 I, III, 281 I 3) und da­mit zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges (§ 281 V BGB i. V. mit §§ 346 ff. BGB) er­mög­li­chen. Hier­für be­steht erst recht kein Raum (Lö­ge­ring, MDR 2009, 664, 666).

[56]   (aa) Die­se An­sicht stellt die Prä­mis­se auf, der Käu­fer kön­ne nach ei­ner be­reits wirk­sam ge­wor­de­nen Min­de­rungs­er­klä­rung in ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 325 BGB noch zum gro­ßen Scha­dens­er­satz über­ge­hen und da­mit auch in­so­weit sei­ne vor­ei­lig ab­ge­ge­be­ne Ge­stal­tungs­er­klä­rung „neu­tra­li­sie­ren“ (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1002; Ber­scheid, ZGS 2009, 17, 18 f.). Das Scha­dens­er­satz­ver­lan­gen las­se dann den um die Min­de­rungs­quo­te ge­kürz­ten Er­fül­lungs­an­spruch des Ver­käu­fers ge­mäß § 281 IV BGB un­ter­ge­hen. An­knüp­fungs­punkt für die bei ei­ner Ana­lo­gie er­for­der­li­che plan­wid­ri­ge Lü­cke im Ge­setz kön­ne wie­der­um „die Über­le­gung im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren sein, § 325 BGB bie­te ei­ne Kom­pen­sa­ti­on für den mit der Ab­schaf­fung des Min­de­rungs­ver­trags ver­bun­de­nen Fle­xi­bi­li­täts­ver­lust hin­sicht­lich des ius va­ri­an­di“ (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1002). Zu ei­nem sol­chen Aus­gleich kön­ne es je­doch nicht kom­men, wenn die Min­de­rung nach Ge­fahr­über­gang ei­nem Wech­sel des Gläu­bi­gers zum Scha­dens­er­satz­an­spruch im We­ge ste­he. Die „Schlie­ßung“ der be­schrie­be­nen Un­voll­stän­dig­keit des Ge­set­zes durch ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung des § 325 BGB da­hin, dass auch nach ei­ner Min­de­rung noch ein Wech­sel zu ei­nem Scha­dens­er­satz­ver­lan­gen mög­lich sei, stel­le da­her nichts an­de­res als die „sach­ge­rech­te Fort­schrei­bung des in die­ser Norm ent­hal­te­nen Pro­gramms“ dar (Der­le­der, NJW 2003, 998, 1002; OLG Stutt­gart, Urt. v. 01.02.2006 – 3 U 106/05, ZGS 2008, 479, 480).

[57]   (bb) Die­se Sicht­wei­se trifft in mehr­fa­cher Hin­sicht nicht zu. Es fehlt so­wohl an ei­ner für ei­ne Ana­lo­gie er­for­der­li­chen ver­gleich­ba­ren In­ter­es­sen­la­ge zu den von § 325 BGB er­fass­ten Fall­ge­stal­tun­gen als auch an ei­ner plan­wid­ri­gen Re­ge­lungs­lü­cke.

[58]   (aaa) Die Be­stim­mung des § 325 BGB ge­stat­tet dem Käu­fer – wie be­reits aus­ge­führt – schon in sei­nem di­rek­ten An­wen­dungs­be­reich nicht die „Neu­tra­li­sie­rung“ vor­ei­li­ger Rück­tritts­er­klä­run­gen, son­dern sieht nur ein Ne­ben­ein­an­der ei­nes bin­den­den Rück­tritts und der Gel­tend­ma­chung von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen vor. Be­reits aus die­sem Grun­de kann nicht un­ter Be­ru­fung auf ei­ne ver­gleich­ba­re In­ter­es­sen­la­ge aus § 325 BGB ana­log die Be­fug­nis zu ei­nem Über­gang von ei­ner Min­de­rung zu ei­nem gro­ßen Scha­dens­er­satz­an­spruch ab­ge­lei­tet wer­den.

[59]   Da­von ab­ge­se­hen fin­det die An­nah­me, der Ge­setz­ge­ber ha­be die Vor­schrift des § 325 BGB als Aus­gleich da­für ge­schaf­fen, dass bei der Min­de­rung und dem Rück­tritt in Ab­wei­chung zum frü­he­ren Recht das ius va­ri­an­di ent­fal­len sei, in den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en kei­ne Stüt­ze. Dass sich der Ge­setz­ge­ber ent­schie­den hat, dem Käu­fer an­stel­le des Rechts­in­sti­tuts der Wan­de­lung (§ 462 BGB a.F.) das Ge­stal­tungs­recht des Rück­tritts (§ 323 BGB) ein­zu­räu­men und die Min­de­rung (§ 462 BGB a.F.) nun eben­falls in ein Ge­stal­tungs­recht (§ 441 I 1 BGB) um­zu­wan­deln, be­ruht al­lein auf dem Um­stand, dass er den in § 465 BGB a.F. ge­re­gel­ten Voll­zug von Wan­de­lung und Min­de­rung als un­nö­tig kom­pli­ziert und den Be­dürf­nis­sen der Pra­xis nicht ge­recht wer­dend an­ge­se­hen hat (BT-Drs. 14/6040, S. 220 f., 235). Die Ein­füh­rung des Ne­ben­ein­an­ders von Rück­tritt und Scha­dens­er­satz soll­te da­ge­gen da­zu die­nen, ei­ne hier­von un­ab­hän­gi­ge Un­zu­läng­lich­keit des al­ten Schuld­rechts zu be­rei­ni­gen. Der Ge­setz­ge­ber woll­te da­mit – wie be­reits oben un­ter II 2 c bb (1) aus­ge­führt – die im frü­he­ren Recht an­ge­leg­te und von ihm nicht als sach­ge­recht emp­fun­de­ne Al­ter­na­ti­vi­tät zwi­schen dem Er­satz des Er­fül­lungs­in­ter­es­ses (Scha­dens­er­satz we­gen Nicht­er­fül­lung) und der Aus­übung des Rück­tritts­rechts auf­he­ben und so dem Käu­fer auch dann die Gel­tend­ma­chung des Er­fül­lungs­in­ter­es­ses er­mög­li­chen, wenn er durch wirk­sa­me Aus­übung des Rück­tritts den Ver­trag in ein Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis um­ge­stal­tet hat (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 187 f.).

[60]   (bbb) Auch ist nicht zu er­ken­nen, dass der Aus­schluss ei­nes Wech­sels zwi­schen ei­ner bin­dend er­klär­ten Min­de­rung und ei­nem auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten gro­ßen Scha­dens­er­satz­an­spruch nach dem ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zept ei­ne (plan­wid­ri­ge) Re­ge­lungs­lü­cke dar­stellt. Der Um­stand, dass ein Wech­sel von Min­de­rung auf gro­ßen Scha­dens­er­satz für den Käu­fer in ei­ni­gen Fäl­len vor­teil­haft sein könn­te, et­wa wenn sich ein zu­nächst für un­er­heb­lich ge­hal­te­ner Man­gel spä­ter doch noch als er­heb­lich (vgl. § 281 I 3 BGB) her­aus­stel­len soll­te, recht­fer­tigt an­ge­sichts der vom Ge­setz­ge­ber im Rah­men des Ge­währ­leis­tungs­rechts nach §§ 434 ff. BGB ge­trof­fe­nen Wer­tent­schei­dun­gen kei­ne Ana­lo­gie zu § 325 BGB. Bei der Um­ge­stal­tung des Ge­währ­leis­tungs­rechts hat­te er nicht nur die schutz­wür­di­gen Be­lan­ge des Käu­fers, son­dern auch die glei­cher­ma­ßen be­acht­li­chen In­ter­es­sen des Ver­käu­fers zu be­rück­sich­ti­gen, der auf Rechts­si­cher­heit an­ge­wie­sen ist, weil er sich als Re­ak­ti­on auf die vom Käu­fer ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung für oder ge­gen den Fort­be­stand des Ver­tra­ges sei­ner­seits dar­über klar wer­den muss, ob er Dis­po­si­tio­nen tref­fen oder von sol­chen ab­se­hen soll.

[61]   Um die­se ge­gen­läu­fi­gen In­ter­es­sen in ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zu brin­gen, hat der Ge­setz­ge­ber ein in sich ge­schlos­se­nes Ge­währ­leis­tungs­sys­tem ge­schaf­fen und da­bei dem Käu­fer ent­lang der Trenn­li­nie zwi­schen ei­nem Fest­hal­ten am und ei­nem Los­lö­sen vom Ver­trag ver­schie­de­ne Ge­währ­leis­tungs­rech­te zur Aus­wahl ge­stellt. Da­bei hat er die Min­de­rung be­wusst als bin­den­des Ge­stal­tungs­recht aus­ge­stal­tet (BT-Drs. 14/6040, S. 234 f. i. V. mit S. 221), dem Käu­fer aber zu­gleich die Mög­lich­keit er­öff­net, im Fal­le ei­ner Min­de­rung zu­sätz­lich sol­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che rea­li­sie­ren zu kön­nen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 226), die mit ei­ner Min­de­rung nicht in Wi­der­spruch ste­hen.

[62]   Da­her kann der Käu­fer ge­mäß § 437 Nr. 3 BGB auch nach wirk­sam aus­ge­üb­tem Min­de­rungs­recht we­gen ihm dar­über hin­aus ent­stan­de­ner Schä­den klei­nen Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ge­mäß §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB (s. da­zu oben un­ter II 2 c aa; vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2010 – V ZR 228/09, NJW 2011, 1217 Rn. 35; Urt. v. 19.01.2017 – VII ZR 235/15, NJW 2017, 1607 Rn. 55 [zu § 638 BGB]) ver­lan­gen. Hier­durch wird ge­währ­leis­tet, dass der Käu­fer das er­hält, „was ihm zu­steht“ (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 221 i. V. mit S. 226). Vor die­sem Hin­ter­grund be­stand für ei­nen auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten (gro­ßen) Scha­dens­er­satz nach er­folg­ter Min­de­rung aus Sicht des Ge­setz­ge­bers kein Be­dürf­nis, zu­mal er ei­nen Schutz des Käu­fers vor über­eil­ten („fal­schen“) Ent­schei­dun­gen bei Aus­übung sei­nes Wahl­rechts da­durch als ge­währ­leis­tet an­ge­se­hen hat, dass der Käu­fer den Ver­käu­fer vor Aus­übung sei­ner wei­te­ren Ge­währ­leis­tungs­rech­te grund­sätz­lich zur Nach­er­fül­lung auf­zu­for­dern hat und ihm da­mit ei­ne aus­rei­chen­de Über­le­gungs­frist zur Ver­fü­gung steht (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 221 [zum Rück­tritt]).

[63]   e) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung ge­bie­tet schließ­lich auch Art. 3 II, V der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter (ABl. 1999 L 171, 12; Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie) nicht, vor­lie­gend ei­nen Über­gang der Klä­ge­rin von ih­rer be­reits er­klär­ten Min­de­rung zum Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der gan­zen Leis­tung zu­zu­las­sen (ähn­lich al­ler­dings auch Stö­ber, NJW 2017, 2785, 2786 f.).

[64]   aa) Dies folgt be­reits aus dem Um­stand, dass die Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie nicht al­le As­pek­te der kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tung re­gelt, son­dern le­dig­lich An­sprü­che auf Nach­er­fül­lung, auf Min­de­rung des Kauf­prei­ses und auf Ver­trags­auf­lö­sung. Art. 3 II, III, V der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie sieht (nur) vor, dass der Ver­brau­cher un­ter den dort ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen ent­we­der An­spruch auf die un­ent­gelt­li­che Her­stel­lung des ver­trags­ge­mä­ßen Zu­stands des Ver­brauchs­gu­tes durch Nach­bes­se­rung oder durch Nach­er­fül­lung nach Maß­ga­be des Ab­sat­zes 3 oder auf an­ge­mes­se­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses oder auf Ver­trags­auf­lö­sung in Be­zug auf das be­tref­fen­de Ver­brauchs­gut nach Maß­ga­be der Ab­sät­ze 5 und 6 hat. Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Käu­fers ei­ner ver­trags­wid­ri­gen Sa­che wer­den da­her von der Richt­li­nie nicht er­fasst (vgl. Art. 8 I der Richt­li­nie; BT-Drs. 14/6040, S. 245; Se­nat, Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 53), so­dass sie na­tur­ge­mäß kei­ne Aus­sa­ge zu dem Ver­hält­nis von Min­de­rung und Scha­dens­er­satz trifft. Dies gilt ent­ge­gen der vom Re­vi­si­ons­an­walt der Klä­ge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat ver­tre­te­nen Auf­fas­sung auch für den gro­ßen Scha­dens­er­satz­an­spruch, der zwar auf Rück­gän­gig­ma­chung des Kauf­ver­trags ge­rich­tet, aber nicht mit ei­ner „Ver­trags­auf­lö­sung“ im Sin­ne der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie gleich­zu­set­zen ist.

[65]   bb) Un­ab­hän­gig da­von er­öff­net auch die von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung be­müh­te über­schie­ßen­de Um­set­zung der Richt­li­nie nicht den Weg zu der von ihr ge­wünsch­ten richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung.

[66]   (1) Zu­nächst spre­chen so­wohl der Wort­laut als auch der Sinn und Zweck die­ser Be­stim­mung da­ge­gen, dass dem Käu­fer ei­nes Ver­brauchs­gu­tes ein An­spruch auf „Ver­trags­auf­lö­sung“ (Rück­tritt) auch dann noch zu­ste­hen soll, wenn er we­gen der be­tref­fen­den Ver­trags­wid­rig­keit be­reits wirk­sam ei­ne an­ge­mes­se­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses her­bei­ge­führt hat. Die Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie räumt dem Käu­fer im Rah­men ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs zwar ein Wahl­recht zwi­schen den ge­nann­ten Rech­ten ein (vgl. Er­wä­gungs­grund Nr. 10; Art. 3 II, III, V der Richt­li­nie), wo­bei der Nach­er­fül­lung der Vor­rang zu­kommt (Art. 3 III, V der Richt­li­nie). Sie trifft aber kei­ne (aus­drück­li­che) Aus­sa­ge da­zu, dass ei­ne wirk­sam ge­trof­fe­ne Wahl nicht bin­dend sein soll. Auch dem Vor­schlag der Kom­mis­si­on für ei­ne Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie (KOM[95] 520 endg., S. 14 f.) ist ei­ne sol­che Ab­kehr von ei­ner bin­dend ge­trof­fe­nen Wahl nicht zu ent­neh­men. Ge­gen ei­ne feh­len­de Bin­dungs­wir­kung spricht ne­ben dem Wort­laut der Richt­li­nie ins­be­son­de­re der Um­stand, dass ihr die Vor­stel­lung zu­grun­de liegt, die Ver­trags­wid­rig­keit wer­de durch ei­ne Nach­er­fül­lung oder durch ei­ne Min­de­rung hin­rei­chend aus­ge­gli­chen (vgl. KOM[95] 520 endg., S. 14 f.).

[67]   (2) Letzt­lich kann die Fra­ge, ob ei­ne wirk­sam aus­ge­üb­te Min­de­rung nach Uni­ons­recht Bin­dungs­wir­kung ent­fal­tet, je­doch of­fen­blei­ben. Denn selbst dann, wenn Art. 3 II, V der Richt­li­nie da­hin aus­zu­le­gen wä­re, dass ein Käu­fer be­rech­tigt sein soll­te, von ei­ner wirk­sam aus­ge­üb­ten Min­de­rung ab­zu­rü­cken und vom Ver­trag zu­rück­zu­tre­ten, lie­ße sich hier­aus nicht im We­ge der richt­li­ni­en­kon­for­men Aus­le­gung (oder gar Rechts­fort­bil­dung) ab­lei­ten, dass der Käu­fer von ei­ner nach na­tio­na­lem Recht bin­dend aus­ge­stal­te­ten Min­de­rung wie­der ab­rü­cken kann.

[68]   Denn ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung (oder Rechts­fort­bil­dung) kä­me – für den Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 BGB) oder gar (so die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung) zur Ver­mei­dung ei­ner Rechts­zer­split­te­rung über­schie­ßend auch für Kauf­ver­trä­ge zwi­schen Un­ter­neh­mern oder zwi­schen Ver­brau­chern – nur dann in Be­tracht, wenn die Mög­lich­keit des Über­gangs von ei­ner wirk­sam aus­ge­üb­ten Min­de­rung zum Rück­tritt dem Wil­len des deut­schen Ge­setz­ge­bers nicht wi­der­sprä­che (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 22; Urt. v. 26.11.2008 – VI­II ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 28; Urt. v. 28.10.2015 – VI­II ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 43 f.; Urt. v. 28.10.2015 – VI­II ZR 13/12, ju­ris Rn. 45 f.; Urt. v. 12.10.2016 – VI­II ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 38; je­weils m. w. Nachw.). Dies ist in­des, wie be­reits mehr­fach aus­ge­führt, aber der Fall, da der Ge­setz­ge­ber des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes be­wusst Min­de­rung und Rück­tritt als mit ih­rer wirk­sa­men Aus­übung bin­den­de Ge­stal­tungs­rech­te aus­ge­formt hat und dem Käu­fer die bei­den Rechts­be­hel­fe we­gen des­sel­ben Man­gels nur al­ter­na­tiv zur Ver­fü­gung stellt (vgl. so­wohl den Text der §§ 437, 441 BGB als auch die Er­wä­gun­gen in den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en [BT-Drs. 14/6040, S. 221, 223]).

[69]   Aus den vor­be­zeich­ne­ten Grün­den be­steht ent­ge­gen der vom Re­vi­si­ons­an­walt der Klä­ge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat ge­äu­ßer­ten Auf­fas­sung in mehr­fa­cher Hin­sicht kein An­lass, die Sa­che dem Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on zur Vor­ab­ent­schei­dung (Art. 267 AEUV) vor­zu­le­gen.

[70]   III. Nach al­le­dem kann das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts in dem aus dem Te­nor er­sicht­li­chen Um­fang kei­nen Be­stand ha­ben; es ist da­her in­so­weit auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Da die Sa­che zur End­ent­schei­dung reif ist, hat der Se­nat in der Sa­che selbst zu ent­schei­den (§ 563 III ZPO). Dies führt zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und – un­ter Ab­än­de­rung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils – zur Kla­ge­ab­wei­sung ins­ge­samt.

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