Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens schuldet nach einem wirksamen mangelbedingten Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag neben der Rückgewähr des Kaufpreises nur dann Schadensersatz, wenn ihn hinsichtlich der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs ein Verschulden trifft. Daran kann es fehlen, wenn der Verkäufer das Fahrzeug geerbt und deshalb keine Kenntnis von der Mangelhaftigkeit gehabt hat. Das Wissen des Erblassers muss er sich nicht – auch nicht über § 1922 BGB – zurechnen lassen.

OLG Koblenz, Beschluss vom 05.06.2014 – 5 U 408/14

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten auf ein Internetinserat hin am 07.06.2013 einen gebrauchten Pkw Audi A3 zum Preis von 8.000 €. Das Fahrzeug stammte aus dem Nachlass des kurz zuvor verstorbenen Vaters des Beklagten und gehörte einer innerfamiliären Erbengemeinschaft. Die Sachmängelhaftung wurde gemäß dem schriftlichen Kaufvertrag außer für Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit ausgeschlossen.

In der Vertragsurkunde „garantierte“ der Beklagte, dass das Fahrzeug „in der Zeit, in der es sein Eigentum war, keinen Unfallschaden und keine sonstigen Beschädigungen“ erlitten habe, und „erklärte“, auch „in der übrigen Zeit“ sei das, „soweit ihm bekannt“ so gewesen. In diesem Sinne äußerte er sich seiner Darstellung nach auch mündlich gegenüber dem Kläger. Dieser hat demgegenüber behauptet, der Beklagte habe im Verkaufsgespräch die – im Internetinserat ohne jede Relativierung herausgestellte – Unfallfreiheit des Fahrzeugs mit der Einschränkung bejaht, dass sein Vater beim Rückwärtsfahren an eine Hofeinfahrt gestoßen sein könnte.

Nach den Erkenntnissen eines vom Kläger herangezogenen Privatgutachters weist der Pkw rechtsseitig großflächige, unsachgemäß reparierte Kollisionsspuren auf. Der Kläger hat deshalb im vorliegenden Rechtsstreit die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangt sowie Schadensersatz und die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befinde.

Das Landgericht hat die Parteien und eine Zeugin zum Hergang der Kaufvertragsverhandlungen gehört. Sodann hat es den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Rückgewähr des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs, verurteilt und dessen Annahmeverzug festgestellt. Es hat angenommen, dass die Parteien die Unfallfreiheit des Wagens vereinbart hätten und dem Kläger, weil das Fahrzeug nicht unfallfrei sei, ungeachtet des Gewährleistungsausschlusses ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag zustehe. Schadensersatz schulde der Beklagte dagegen nicht, weil ihn kein Verschulden hinsichtlich der Vorschäden treffe und er sich auch nicht in Annahmeverzug befunden habe, als die streitigen Aufwendungen des Klägers entstanden seien.

Das greift der Kläger mit der Berufung an und verfolgt die ihm vom Landgericht aberkannten Schadensersatzansprüche weiter. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg; es wurde gemäß § 522 II ZPO zurückgewiesen, nachdem das Berufungsgericht den Kläger unter dem 07.05.2014 darauf hingewiesen hatte, dass seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe.

Aus den Gründen: Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 522 II, 97 I, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Ihre sachlichen Grundlagen ergeben sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils und dem Senatsbeschluss vom 07.05.2014. Dort hat der Senat mitgeteilt:

„2. … Das angefochtene Urteil lässt keinen Fehler … erkennen.

Es ist bereits fraglich, ob der Beklagte im Ansatz haftet. Denn es ist nicht hinlänglich dargetan, dass die Schäden an dem verkauften Fahrzeug, die im Zuge des Verkaufsgesprächs als „Macken“ Erwähnung fanden, auf Einwirkungen im Straßenverkehr zurückgehen und nicht lediglich aus Kollisionen beim rückwärtigen Einfahren in den Hof und damit aus Geschehnissen herrühren, auf die der Beklagte hingewiesen hatte. Das kann aber dahinstehen. Bejaht man mit der erstinstanzlichen Entscheidung einen nicht von der Gewährleistungsausschlussregelung erfassten Mangel, gilt:

a) Das Landgericht hat zutreffend herausgestellt, dass die vom Kläger reklamierten Schadensersatzansprüche grundsätzlich ein Verschulden des Beklagten im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit der Kaufsache voraussetzen (§ 280 I BGB). Diese Voraussetzungen hat es mit der Erwägung verneint, der Beklagte habe weder aus Berichten seines Vaters noch aus irgendwelchen Unterlagen Hinweise auf Verkehrsunfallereignisse gehabt. Die dahin gehende Würdigung begegnet keinen rechtserheblichen Zweifeln (§ 529 I Nr. 1 ZPO).

Allerdings liegt die Darlegungs- und Beweislast in der Verschuldensfrage beim Beklagten (§ 280 I 2 BGB). Aber dabei ist ein Negativum im Streit, nämlich die nicht vorwerfbare Unkenntnis des Beklagten von Umständen, die ihn hätten argwöhnisch machen müssen. Insofern trifft den Kläger, ausgehend von dem Vortrag des Beklagten, keine Anhaltspunkte gehabt zu haben, eine sekundäre Behauptungslast (Substanziierungslast) dahin, dass es bestimmte Verdachtsmomente gab. Dazu ist nichts Konkretes mitgeteilt. Von daher ist die Rechtsverteidigung des Beklagten nicht entkräftet (§ 138 III ZPO, vgl. BGH, NJW 1987, 1201).

Welches Wissen der Vaters des Beklagten hatte, ist unerheblich. Dessen Kenntnisse sind dem Beklagten nicht zurechenbar. Die vom Kläger angeführte Vorschrift des § 1922 BGB betrifft den Übergang von Verbindlichkeiten, leitet aber kein Verschulden über.

b) Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen sind Schadensersatzforderungen freilich unter dem Blickwinkel des Leistungsverzugs denkbar. Sie können daran anknüpfen, dass der Beklagte seiner – auf der bloßen objektiven Mangelhaftigkeit beruhenden – Verpflichtung zur Rücknahme der Kaufsache (§§ 437 Nr. 2, 346 I BGB) schuldhaft nicht nachkam (§§ 280 I und II, 286 BGB). Das verlangt indessen, wie das Landgericht richtig gesehen hat, dass die vom Kläger geltend gemachten Schäden eintraten, nachdem die Verpflichtung des Beklagten fällig geworden war (§ 286 I BGB). Dafür ist nichts zu ersehen. Eine Rücktrittserklärung des Klägers, die die Fälligkeit auslösen konnte, erschließt sich nicht aus der vorliegenden Korrespondenz der Parteien. Mangels sonstiger Angaben kann sie daher erst in der Klageschrift gesehen werden. Ohne den Rücktritt des Klägers war die von dem Beklagten bekundete Verweigerungshaltung ohne Belang.

c) Der auf die Tragung von Anwaltskosten gerichtete Klageantrag scheitert zudem daran, dass der Kläger – nachdem er nicht Zahlung an sich selbst fordert, weil er nicht in Vorlage getreten ist – nur Freistellung (§ 257 BGB) verlangen darf. Die demgegenüber von ihm begehrte Leistung unmittelbar an seinen Prozessvertreter schuldet der Beklagte nicht ohne Weiteres. Es ist ihm überlassen, in welcher Form er den Kläger befreit (§ 262 BGB). Das Wahlrecht kann erst im Zuge der Zwangsvollstreckung auf den Kläger übergehen (§ 264 I BGB).“

Mit Blick auf den Schriftsatz des Klägers vom 04.06.2014 ist anzufügen:

Der Kläger bringt Argumente vor, die geeignet sind, die im Beschluss vom 07.05.2014 … mitgeteilten Bedenken zu zerstreuen … Nicht ausgeräumt sind jedoch die Hindernisse, die der Beschluss unter 2a und b aufzeigt. Der Hinweis des Klägers auf die Verweigerungshaltung des Beklagten ist unbehelflich, da sich allein daraus der eingeklagte Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags noch nicht ergab; es bedurfte vielmehr zusätzlich einer Rücktrittserklärung, die erst in der Klageschrift gesehen werden kann. Über mögliche prozessuale Kostenerstattungsansprüche des Klägers ist hier nicht zu befinden.

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