1. Verkauft ein Kfz-Händler einem anderen Kfz-Händler aufgrund eines Internetangebots einen Gebrauchtwagen, so sind dem verkaufenden Händler Erkundigungen über die Herkunft des Wagens zumutbar und auch geeignet, den Verkauf gestohlener Fahrzeuge zu vermeiden. In welchem Umfang Nachforschungen erforderlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dem Verkäufer ist es jedenfalls zuzumuten, die im Kfz-Brief vermerkte Fahrzeugidentifikationsnummer mit der im Fahrzeug eingeschlagenen Nummer zu vergleichen. Ebenso kann er ohne Weiteres anfragen, ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet wurde.
  2. Eine vorübergehende Unmöglichkeit steht einer dauernden Unmöglichkeit gleich, wenn sie die Erreichung des Geschäftszwecks infrage stellt und dem leistungsbereiten Vertragspartner das Festhalten am Vertrag bis zum Wegfall des Leistungshindernisses nicht zuzumuten ist.
  3. Steht in Fällen anfänglicher Unmöglichkeit wegen eines Rechtsmangels eine vorübergehende Unmöglichkeit der dauerhaften Unmöglichkeit gleich, bestimmen sich die Rechte des Käufers nach § 311a II 1 BGB.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.09.2004 – 8 U 97/04

Sachverhalt: Die Parteien sind gewerbsmäßige Autohändler. Sie streiten um Ansprüche auf Kaufpreisrückzahlung und Auslagenersatz aus einem Pkw-Kaufvertrag.

Der Beklagte bot im Internet einen gebrauchten, erstmals 1995 zugelassenen Pkw zum Kauf an. Das Fahrzeug hatte er selbst am 07.02.2003 von einem Autohändler zum Preis von 6.000 € erworben. Der Kläger schloss mit dem Beklagten am 14.03.2003 einen Kaufvertrag über das Fahrzeug, das ihm nach Bezahlung des Kaufpreises von 6.600 € samt Kfz-Brief übergeben wurde. Der Kläger bot das Fahrzeug seinerseits in der Folge zu einem höheren Preis wiederum zum Kauf an, woraufhin ein weiterer Autohändler Interesse an dem Pkw zeigte und ihn erwerben wollte. Beim Versuch des Klägers, die für eine Ausfuhr des Pkw ins Ausland erforderlichen Unterlagen bei der Zulassungsstelle zu besorgen, wurde festgestellt, dass die in dem vom Kläger vorgelegten Kfz-Brief für das Fahrzeug vermerkte Fahrzeug­identi­fi­kations­nummer bereits für einen anderen Pkw registriert und dieser auf einen anderen Halter auch tatsächlich zugelassen war.

Das Fahrzeug wurde darauf am 27.03.2003 polizeilich sichergestellt. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass das verkaufte Fahrzeug in der Nacht vom 13.01.2003 auf den 14.01.2003 dem Eigentümer gestohlen worden war. Ferner wurden an der im Fahrzeug eingeschlagenen Fahrzeugidentifikationsnummer deutliche Manipulationsspuren festgestellt. Durch Beschluss des AG Aalen vom 22.04.2003 wurde das Fahrzeug an den Eigentümer herausgegeben.

Das Landgericht hat dem Kläger mit Urteil vom 05.03.2004 unter Klageabweisung im Übrigen einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.707,50 € zuerkannt. Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klagabweisung weiter. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat dem Kläger im Ergebnis zu Recht die ausgeurteilten Beträge zuerkannt …

2. Der Beklagte schuldet dem Kläger den begehrten Schadensersatz statt der Leistung wegen anfänglicher Unmöglichkeit der vom Beklagten geschuldeten Übereignung des Kfz gemäß § 311a II 1 BGB.

a) Die Feststellung des Landgerichts, dass das im Kaufvertrag der Parteien vom Beklagten an den Kläger verkaufte Fahrzeug … vor Abschluss des Vertrags im Eigentum des Zeugen M stand und diesem durch Diebstahl in der Nacht vom 13./14.01.2003 abhandengekommen ist, ist mangels rechtlich relevanter Berufungsangriffe für den Senat bindend (§ 529 I Nr. 1 ZPO). Danach steht fest, dass der Beklagte dem Kläger sowohl bei Abschluss des Kaufvertrags am 14.02.2003 (primäre Leistungspflicht gem. § 433 I 1 BGB) als auch bei der sich unmittelbar anschließenden Übergabe und „Übereignung“ des Fahrzeugs (§ 929 BGB) und damit Gefahrübergang i. S. des § 446 BGB Eigentum an dem Fahrzeug nicht verschaffen konnte, weil er selbst am 07.02.2003 bei seinem Kauf des Fahrzeugs von der Firma T und dessen Übergabe an ihn kein Eigentum gutgläubig erlangen und damit auf den Kläger übertragen konnte (§ 935 I 1 BGB).

b) Die Auffassung des Beklagten das Abhandenkommen des Fahrzeugs sei bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien am 14.02.2003 beendet gewesen ist sachlich und rechtlich unzutreffend. Eine gestohlene Sache bleibt abhandengekommen, bis sie der Eigentümer zurück erlangt oder bis sie von einem Dritten nach anderen Vorschriften als den §§ 929 ff. BGB (also z. B. durch Ersitzung, Fund oder Verbindung und Vermischung) zu Eigentum erworben wird (MünchKomm-BGB/Quack, 4. Aufl., § 935 Rn. 4, 18).

Soweit der Beklagte unter Hinweis auf Palandt/Bassenge (BGB, 63. Aufl., § 935 Rn. 3) darauf abstellt, dass das Merkmal des Abhandenkommens auch durch die Ablehnung der Rückerlangung des Eigentums durch den Eigentümer enden könne, ist ein solcher Sachverhalt vorliegend nicht ersichtlich. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien vom 14.02.2003 und der Fahrzeugübergabe an den Kläger hatte weder der Eigentümer M noch seine Kaskoversicherung Kenntnis vom Verbleib des gestohlenen und im unmittelbaren Besitz des Beklagten befindlichen Fahrzeugs. Erst durch die Sicherstellung des Pkw durch die Polizei am 27.03.2003 und die weiteren polizeilichen Ermittlungen erfuhren der Eigentümer und seine Versicherung davon, dass das Fahrzeug aufgefunden worden war. Eine irgendwie geartete Ablehnung der Rückerlangung des Pkw durch den Eigentümer M gegenüber den an den Verträgen vom 07.02.2003 und 14.02.2003 beteiligten Personen ist weder vom Beklagten vorgetragen noch ersichtlich.

Durch die weiteren Veräußerungen änderte sich die einmal durch den unfreiwilligen Besitzverlust begründete Lage nicht mehr (MünchKomm-BGB/Quack, a. a. O., § 935 Rn. 4, 18).

Rechtlich offenkundig unrichtig ist die Ansicht des Beklagten, dem Zeugen M sei es wegen der Regulierung seines Kasko-Schadens durch seine Versicherung nicht mehr auf die Rückerlangung des Pkw angekommen. Gerade nach einer vollständigen Regulierung des Schadens durch Zahlung einer Entschädigung in voller Höhe ihres Versicherungswerts ist der Versicherungsnehmer der Versicherung gegen Schäden durch Einbruch, Diebstahl und Raub (AERB 81 bzw. AERB 87 Fassung 94) gem. § 18 Nr. 3 AERB (bzw. § 17 Nr. 3) verpflichtet, entweder die Entschädigung zurückzuzahlen oder die wiedererlangte Sache dem Versicherer zur Verfügung zu stellen … Tatsächlich hat auch weder der Zeuge M noch seine Kasko-Versicherung die Rückerlangung des Pkw abgelehnt, sondern diesen im Gegenteil nach dessen Freigabe durch Beschluss des AG Aalen vom 22.04.2003 herausverlangt und erhalten …

c) Nach den Regelungen des neuen Schuldrechts ist § 275 I BGB auf Fälle objektiver wie subjektiver als auch anfänglicher wie nachträglicher Unmöglichkeit gleichermaßen anzuwenden (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 275 Rn. 4 ff.). Der Vertrag, in dem eine unmögliche Leistung versprochen worden ist, ist wirksam, der Schuldner braucht die unmögliche Leistung aber nicht zu erbringen, verliert jedoch nach § 326 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung und schuldet unter den Voraussetzungen des § 311a BGB Schadensersatz (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 275 Rn. 4 ff.).

d) Der Beklagte wurde vorliegend von seiner Leistungspflicht in Gestalt der Verschaffung von Rechtsmangelfreiheit i. S. des § 435 BGB gem. § 275 I BGB befreit.

Allerdings ist Voraussetzung der Anwendung der §§ 275 I, 311a II 1 BGB grundsätzlich die dauerhafte Unmöglichkeit der Erfüllung der Leistungspflicht (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 275 Rn. 10 m. w. Nachw.). Vorliegend hätte prinzipiell die Möglichkeit bestanden, dass der Beklagte den verkauften Pkw vom Eigentümer M bzw. dessen Versicherung hätte erwerben und dem Kläger erneut übergeben und übereignen können.

Der Beklagte, der für die Behebbarkeit seiner Leistungspflichtverletzung die Darlegungs- und Beweislast trägt, weil die zumindest am 14.02.2003 bestehende anfängliche Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung feststeht und der Kläger damit seiner Darlegungslast für die Unmöglichkeit genügt hat, hat jedoch weder vorgetragen, dass er sich bis zum jetzigen Zeitpunkt beim Eigentümer M oder dessen Versicherung um einen Erwerb des diesen zurückgegeben Pkw bemüht hat, dass Eigentum und der Besitz an diesem Pkw von ihm überhaupt noch zu erlangen wären … und er damit unter für den Kläger zumutbaren Umständen die Unmöglichkeit der Leistungspflichterfüllung noch beheben könnte.

Eine vorübergehende Unmöglichkeit steht nämlich der dauernden Unmöglichkeit gleich, wenn sie die Erreichung des Geschäftszweckes in Frage stellt und dem anderen Teil das Festhalten am Vertrag bis zum Wegfall des Leistungshindernisses nicht zuzumuten ist (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 275 Rn. 11 m. w. Nachw.). Unter Berücksichtigung aller Umstände und der Belange beider Parteien nach Treu und Glauben (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 275 Rn. 11 m. w. Nachw.) ist vorliegend von einer der dauernden Unmöglichkeit gleichstehenden Situation auszugehen.

Bereits grundsätzlich ist bei Geschäften des Warenhandels zu berücksichtigen, dass der Handel kurzfristig zu disponieren pflegt, dem Gläubiger – hier dem Kläger – also ein langes Zuwarten nicht zugemutet werden kann (vgl. Palandt/Heinrichs, a.nbsp;a. O., § 275 Rn. 11 m. w. Nachw.). Umso mehr gilt dies im Streitfall, bei dem verschiedene Autohändler jeweils im Internet angebotene Pkw ankaufen, um sie sofort ihrerseits zu einem erhöhten Preis im Internet wieder zum Verkauf anzubieten. Eine derartige Vorgehensweise hat sowohl der Beklagte als ursprünglicher Käufer und Wiederverkäufer als auch der Kläger praktiziert, so dass an die in diesem Handelszweig maßgeblichen Gegebenheiten anzuknüpfen ist. Durch die beim Versuch des Kläger zu einem Weiterverkauf im Internet eingetretene Sicherstellung des Pkw, das danach aufgedeckte Abhandenkommen des Fahrzeugs und den dauerhaften Besitzverlust am Pkw ist ein Weiterverkauf für den Kläger bis heute und damit weit mehr als ein Jahr nach Kauf des Pkw nicht möglich.

Der Kläger hat den Beklagten bereits mit Schreiben vom 02.04.2003 und damit unmittelbar nach der Sicherstellung des Pkw am 27.03.2003 von dem Sachverhalt unterrichtet und die Rückzahlung des Kaufpreises sowie Unkostenerstattung verlangt. Auch nach Wiederholung dieses Begehrens durch Anwaltsschreiben vom 06.06.2003 und 21.07.2003 hat der Beklagte lediglich die Entwendung des Fahrzeuges in Frage gestellt und den Kläger auf den Klageweg verwiesen (Schreiben des Beklagtenvertreters vom 28.07.2003).

Bei der für den vorliegenden Handelsverkehr üblichen Schnelligkeit des Warenumschlags durfte der Kläger bereits Anfang April 2003 die Auffassung vertreten, ein gestohlenes und sichergestelltes Fahrzeug werde ihm – wenn überhaupt – nur nach umfangreichen und zeitraubenden Ermittlungen und Wiedererlangungsbemühungen vom Beklagten übereignet werden können.

Die gleichfalls zu berücksichtigenden Belange des Beklagten stehen vorliegend der Annahme einer der dauernden Unmöglichkeit gleichstehenden Lage nicht entgegen. Zwar ist davon auszugehen, dass auch dem Beklagten im Zeitpunkt seines Verkaufs an den Kläger das Abhandenkommen des Pkw nicht bekannt war. Gleichwohl sind seine Belange nicht treuwidrig beeinträchtigt, weil er gem. § 275 I BGB von seiner Leistungspflicht befreit ist und nur unter den – noch zu erörternden – Voraussetzungen eines nicht geführten Entlastungsbeweises i. S. des § 311a II 2 BGB Schadensersatz an den Kläger zahlen muss. Ihm – im Gegensatz zum Kläger – stehen unter den gleichen Voraussetzungen Ansprüche gegen seinen Verkäufer zu.

Da hiernach der Anwendungsbereich des § 275 I BGB gegeben ist, steht dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch unter den Voraussetzungen der §§ 275 I, 311a II 1 BGB zu. Eines Rückgriffs auf die §§ 283, 280 I BGB bedarf es nicht, weil diese Vorschriften nur anwendbar sind, wenn das zum Wegfall der Leistungspflicht i. S. des § 275 BGB führende Hindernis erst nach Begründung des Schuldverhältnisses entstanden ist (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 283 Rn. 3).

e) Der Beklagte hat der ihm obliegenden Beweislast (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 311a Rn. 10) dafür, dass er bei Vertragsschluss mit dem Kläger das Leistungshindernis nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat, nicht genügt. Der in die Beweislast des Klägers fallende Nachweis (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 311a Rn. 10), dass das Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss vorlag, ist geführt.

Allerdings kann dem Beklagten nach den Umständen des Falles nicht zur Last gelegt werden, dass er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss kannte, weil ihm seinerseits das Abhandenkommen des Fahrzeugs und damit die Unmöglichkeit einer Erfüllung seines Leistungsversprechens gemäß § 433 I 1 BGB nicht bekannt war. Er hat jedoch den Nachweis nicht geführt, dass er seine Unkenntnis nicht zu vertreten hatte. Für das „Vertretenmüssen“ i. S. des § 311a II 2 BGB gelten die Anforderungen des § 276 BGB (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 311a Rn. 9).

aa) Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann jedoch insoweit nicht auf eine Garantiehaftung i. S. des § 276 I 1 BGB (Übernahme einer Garantie) zurückgegriffen werden.

Zwar wurde nach altem Schuldrecht nach ständiger Rechtsprechung des BGH (z. B. BGHZ 8, 222 [231]; 62, 119 [120]; 129, 103 [105]; BGH, NJW 1997, 3164 [3165]) unter Anwendung des § 440 BGB a.F. angenommen, der Verkäufer habe für die Unmöglichkeit der Übereignung „einzustehen“ wenn die Kaufsache abhanden gekommen ist; dies lässt sich jedoch wegen der abweichenden Regelung des Leistungsstörungsrechts durch die Schuldrechtsreform nicht mehr aufrecht erhalten. Das neue Schuldrecht hat das System der Leistungsstörungen umfassend vereinheitlicht und die Leistungsstörungen insgesamt auf den Begriff der Pflichtverletzung zurückgeführt. Die für die Konstruktion der Garantiehaftung des Verkäufers für anfängliches Unvermögen im Rahmen des alten Schuldrechts maßgebliche „Lücke“ der gesetzlichen Regelungen besteht danach nicht mehr (vgl. hierzu z. B. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 311a BGB Rn. 2; Wieser, MDR 2002, 858 [859 f.]; Canaris, DB 2001, 1815 [1818 f.]).

Eine generelle Aussage, jeder Verkäufer übernehme bei vereinbarter Stückschuld ein Beschaffungsrisiko i. S. des § 276 I 1 BGB, aufgrund dessen er die fehlgeschlagene Übereignung in jedem Fall zu vertreten habe, lässt sich der gesetzlichen Regelung des neuen Schuldrechts nicht entnehmen. Eine ausdrückliche vertragliche Übernahme des Beschaffungsrisikos oder einer Garantie i. S. des § 276 I 1 BGB ergibt sich aus dem Vertrag der Parteien nicht, sodass hierauf – ohne dass es auf ein Vertretenmüssen des Leistungsversprechens ankäme – eine Schadensersatzhaftung des Beklagten nicht gegründet werden kann.

bb) Der Beklagte hat jedoch i. S. des § 276 I 1, II BGB fahrlässig gehandelt, weil er der ihm gebotenen und zumutbaren Nachforschungspflicht nicht genügt hat.

Der Umfang der Nachforschungspflicht und die daraus resultierenden Sorgfaltsanforderungen hängen von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Bereits allgemein lässt sich jedoch sagen, dass bei Sachen, die besonders dem Risiko des Diebstahls ausgesetzt sind, eine Pflicht zu bejahen ist, jedenfalls unmittelbar vor einem Vertragsschluss Erkundigungen einzuziehen (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 311a Rn. 9; Gehrlein, in: Bamberger/Roth, BGB, 2003, § 311a Rn. 8). Erst recht gilt dies in Fällen wie dem vorliegenden Streitfall, in dem der Verkauf eines gebrauchten Kfz außerhalb des Händlernetzes des Kfz-Herstellers und damit außerhalb der „offiziellen“ Vertriebswege stattfindet, in denen etwa die Inzahlungnahme gebrauchter Fahrzeuge erfolgt.

Bei Verkäufen von Fahrzeugen zwischen Autohändlern aufgrund von Internetangeboten ist im Hinblick auf § 366 I HGB in der Regel der im Kfz-Brief zuletzt eingetragene Halter an den Vorgängen nicht beteiligt, sodass auch die Übergabe eines diesen als Halter ausweisenden Kfz-Briefs durch den Verkäufer des Pkw kein an die Briefangaben knüpfendes Vertrauen begründen kann. In diesen Fällen sind nach Überzeugung des Senats dem verkaufenden Händler Erkundigungen über die Herkunft des Kfz zumutbar und auch geeignet, den Verkauf abhanden gekommener Fahrzeuge zu vermeiden.

Gleichermaßen ist es im kommerziellen Pkw-Handel dieser Art zumutbar, die im Kfz-Brief vermerkte Fahrzeugidentifikationsnummer mit der im Fahrzeug eingeschlagenen Nummer zu vergleichen. Vorliegend hätten sich bereits durch einen solchen Vergleich, wie die kriminaltechnischen Untersuchungen gezeigt haben, Anhaltspunkte für eine Manipulation an der eingeschlagenen Fahrzeugidentifikationsnummer ergeben, die weitere Nachforschungen veranlasst hätten.

Im Übrigen wäre eine Anfrage seitens des Beklagten, ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet war, ohne Weiteres möglich gewesen. Der Einwand der Berufung, es komme immer wieder vor, dass nicht gestohlene Fahrzeug dennoch als gestohlen gemeldet würden, ändert hieran nichts; ein derartiger – hier nicht gegebener – „falscher Alarm“ würde dann immer noch Anlass zu weiteren Nachforschungen geben.

Im Streitfall, in dem der vorgelegte Kfz-Brief eine der manipulierten Fahrzeugidentifikationsnummer entsprechende Totalfälschung darstellte, hätten Nachforschungen anhand der Identifikationsnummer erbracht, dass unter dieser Nummer ein anderes Fahrzeug mit anderem Kennzeichen und einem fremden Halter tatsächlich angemeldet und zum Verkehr freigegeben war, sodass auszuschließen war, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die gleiche Fahrzeugidentifikationsnummer haben konnte. Die aufgrund dieses Sachverhalts durch die vom Kläger eingeschaltete Kfz-Zulassungsstelle angestellten Nachforschungen, die zur Aufdeckung des Pkw-Diebstahls führten, wären auch dem Beklagten zumutbar gewesen.

Die offensichtliche Unterlassung der genannten Maßnahmen durch den Beklagten hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und gereicht dem Beklagten zu einem Fahrlässigkeitsvorwurf i. S. des § 276 I 1, II BGB.

Der Beklagte hat demgemäß den ihm obliegenden Entlastungsbeweis, dass er eine Unkenntnis i. S. des § 311a II 2 BGB nicht zu vertreten hat, nicht zur Überzeugung des Senats geführt.

f) Als Rechtsfolge des § 311a II 1 BGB kann der Kläger Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Als Mindestschaden kann er den vorgeleisteten Kaufpreis zurückbegehren (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 281 Rn. 23). Unerheblich ist daher der Einwand der Berufung, das Kfz habe zum Zeitpunkt des Diebstahls einen unter dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis liegenden Wert gehabt. In der Geltendmachung des vorgeleisteten Kaufpreises als Mindestschaden liegt auch keine unzulässige Kumulierung der Rechtsfolgen von Rücktritt und Schadensersatz, da diese gemäß § 325 BGB n.F. nunmehr nebeneinander geltend gemacht werden können.

Den Ersatz seiner Aufwendungen kann der Kläger daneben nicht aus § 284 BGB verlangen, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 311a II BGB (oder) ebenso wie aus dem abweichenden Regelungsgehalt des § 284 BGB ergibt. Allerdings kann der Kläger seine Aufwendungen nach der – auch nach neuem Schuldrecht zu berücksichtigenden – Rentabilitätsvermutung (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 281 Rn. 23) als Schadensposten ersetzt verlangen. Da er mit dem Geschäft erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgt hat, ist zu vermuten, dass sich seine Aufwendungen im Rahmen der Weiterveräußerung amortisiert hätten …

Der Kläger kann daher vom Beklagten Ersatz von 6.707,50 € nebst Zinsen verlangen.

g) Die Auffassung des Beklagten, er schulde den Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw, geht fehl. Der Kläger ist aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, zur Rückgabe des Pkw außerstande; er schuldet insoweit auch keinen Wertersatz (vgl. den Rechtsgedanken des § 346 III 1 Nr. 2 BGB).

3. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich an diesem Ergebnis auch dann nichts ändern würde, wenn der Kläger – entgegen der Rechtsauffassung des Senats – wegen der tatsächlich erfolgten Übergabe des Pkw auf die Rechte gemäß den §§ 437, 435, 439, 440 BGB zu verweisen wäre (vgl. hierzu Canaris, JZ 2003, 831 [832 f.]). Der Kläger könnte in diesem Fall nicht auf eine Nacherfüllung durch den Beklagten i. S. der §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB verwiesen werden, weil diese dem Beklagten aus den dargestellten Gründen unmöglich (vgl. Palandt/Putzo, a. a. O., § 439 Rn. 15) oder jedenfalls dem Kläger unzumutbar i. S. des § 440 BGB wäre.

Allerdings ist § 311a II BGB gegenüber § 280 I BGB eine selbstständige, nicht mit diesem verknüpfte Anspruchsgrundlage, weil § 311a II BGB an eine bei Begründung des Vertragsverhältnisses begangene Pflichtverletzung anknüpft, während § 280 I BGB nur die Verletzung von Pflichten aus einem bereits bestehenden Schuldverhältnis erfasst (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 311a Rn. 6). Jedoch stellt bereits die Nichterfüllung der Hauptleistungspflicht des § 433 I 1 BGB infolge eines Rechtsmangels i. S. des § 435 BGB für sich eine Pflichtverletzung i. S. des § 280 I 1 BGB dar.

Den Entlastungsbeweis gemäß § 280 I 2 BGB hat der Beklagte aus den dargestellten Gründen auch insoweit nicht geführt.

Da im Übrigen die auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht zurückverweisenden Vorschriften des § 437 Nr. 3 BGB erfüllt sind, wäre der Anspruch des Klägers auch bei Anwendung der kaufrechtlichen Leistungsstörungsvorschriften begründet …

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