- Ein Käufer kann schon nach dem ersten Nachbesserungsversuch des Verkäufers zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt sein, wenn dem Verkäufer gravierende Ausführungsfehler unterlaufen sind oder der Nachbesserungsversuch von vornherein nicht auf eine nachhaltige, sondern nur eine provisorische Mängelbeseitigung angelegt war.
- Der Wert eines mangelfreien Gebrauchtwagens, auf den im Rahmen des § 439 III BGB abzustellen ist, kann nicht ohne Weiteres mit dem Einkaufs- bzw. Verkaufspreis des Fahrzeugs gleichgesetzt werden.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 18.04.2013 – 4 U 52/12-16
Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagten, die das „N-Autocenter“ betreibt, mit schriftlichem Kaufvertrag vom 28.11.2008 einen gebrauchten Pkw Ford Focus. Im Vertrag ist als Datum der Erstzulassung der 03.07.2000 vermerkt; der Tachostand wird mit 77.000 km angegeben. Der Kaufpreis, dessen Höhe der Kläger mit 4.650 € und die Beklagte mit 2.000 € angibt, wurde gezahlt.
Drei Tage nach Übergabe des Fahrzeugs führte ein Mitarbeiter der Beklagten auf eine Mängelanzeige des Klägers hin vor dessen Anwesen Reparaturarbeiten an dem Pkw durch, deren Gegenstand streitig ist. Am 28.01.2009 kam es zu einem Motorschaden. In einem vom Kläger eingeholten Gutachten des Sachverständigen W vom 13.05.2009 wurde festgestellt, dass alle vier Kolbenböden Kontakt mit den acht Auslassventilen gehabt hätten und der Schaden durch Einbau eines Austauschmotors behoben werden müsse. Alleinige Schadensursache seien erhebliche Fehler bei der Montage des Zahnriemens.
Den Motoraustausch ließ der Kläger bei dem Autohaus B zum Preis von 4.621,02 € durchführen. Anschließend forderte er die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 06.08.2009 erfolglos zur Zahlung von 5.856,89 € sowie zum Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten auf.
Der Kläger hat behauptet, auf seine Mängelrüge hin habe ein Mitarbeiter der Beklagten eine Reparatur am Spannrad des Steuerzahnriemens durchgeführt. Den Motorschaden vom 28.01.2009 habe er der Beklagten angezeigt; diese habe ihn auf die Garantieversicherung verwiesen, die jedoch nicht eingetreten sei. Mit Anwaltsschreiben vom 05.02.2009 sei die Beklagte unter Fristsetzung zum 19.02.2009 zur Nacherfüllung aufgefordert worden; sie habe das an sie gerichtete Einschreiben jedoch nicht entgegengenommen.
Das Landgericht hat der im Wesentlichen auf Ersatz der Reparaturkosten (4.621,02 €) und der Kosten für das Privatgutachten (1.070,41 €) stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … 1. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 280 I, 437 Nr. 3, 434 I 1, 2, 439, 440 BGB bejaht.
a) Der Käufer trägt die Beweislast dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag (§§ 434 I 1, 446 Satz 1 BGB) und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Diese aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt auch dann, wenn der Käufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder entgegengenommen hat (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Tz. 11; Senat, Urt. v. 25.10.2011 – 4 U 540/10-168, NJW-RR 2012, 285 [287]). Zwar findet auf den hier zu beurteilenden Kauf eines Kraftfahrzeugs, also einer beweglichen Sache, durch den Kläger als Verbraucher (§ 13 BGB) von der Beklagten, die als Kraftfahrzeughändlerin Unternehmerin (§ 14 BGB) ist, gem. § 474 I BGB die Vorschrift des § 476 BGB Anwendung. Dass der Kläger das Fahrzeug zu einem Zweck erworben hat, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, hat auch die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt. § 476 BGB enthält in Bezug auf die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen für den Verbrauchsgüterkauf aber keine Beweislastumkehr. Die Bestimmung setzt einen binnen sechs Monaten seit Gefahrenübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und begründet eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag (BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215 [218]).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann nicht entscheidend auf den am 28.01.2009 eingetretenen Motorschaden des Fahrzeugs abgestellt werden. Der Motorschaden war nach dem unstreitigen Sachverhalt in dem gem. § 434 I BGB maßgebenden Zeitpunkt des Gefahrübergangs … noch nicht vorhanden. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Motorschaden auf eine bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhandene, in der Beschaffenheit des Fahrzeugs begründete Ursache zurückzuführen ist. Insoweit ist in der Klageschrift lediglich ausgeführt, drei Tage nach Übergabe des Pkw – das genaue Datum wird nicht genannt – sei an dem Fahrzeug ein Mangel festgestellt worden. Laut dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten handelte es sich um ein anormales Geräusch am Motor, das der Kläger umgehend bei der Beklagten reklamierte. Diese Darstellung hat die Beklagte nicht bestritten, sodass die Behauptungen des Klägers gem. § 138 II und III ZPO als zugestanden anzusehen sind …
c) Der Motorschaden am gekauften Pkw ist nach den im Prüfungsrahmen des § 529 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts auf Einstellfehler des Mitarbeiters der Beklagten, dessen fahrlässiges Verhalten die Beklagte gem. § 278 Satz 1 Fall 2 BGB wie eigenes Verschulden zu vertreten hat, bei der Montage und Einstellung der Zahnriemen-Spannrolle zurückzuführen.
aa) Im Rahmen der Nacherfüllung (§ 439 BGB) eintretende Beschädigungen sind – jedenfalls soweit sie nicht nur aus einer Verletzung von Neben- und Schutzpflichten gelegentlich der Nacherfüllung in Bezug auf die ansonsten unbeschädigte Kaufsache herrühren (vgl. dazu OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.07.2007 – 1 U 467/06-145, NJW 2007, 3503 [3505]) – so zu behandeln wie bei Gefahrübergang bestehende Mängel. Sie sind im Zuge der Nachbesserung wieder zu beseitigen und führen, wenn das nicht geschieht, dazu, dass nicht ordnungsgemäß nachgebessert wurde und der Käufer deshalb Sekundärrechte erwirbt. Diese Sekundärrechte unterliegen dann freilich auch den Beschränkungen des § 437 BGB (BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.03.2011, § 437 Rn. 195 und § 439 Rn. 63; Bachmeier, Rechtshandbuch Autokauf, 2008, Rn. 858, 863; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 841; Stodolkowitz, JA 2010, 492 [494 f.]).
bb) Das Landgericht hat es zu Recht als zugestanden angesehen, dass die Beklagte drei Tage nach Übergabe des Pkw Arbeiten an der Spannrolle des Zahnriemens durchführen ließ. Die Beklagte hat erstinstanzlich zugestanden, dass ihr einige Tage nach Vertragsschluss eine Mitteilung über Probleme mit dem Motor gemacht wurde, woraufhin von einem Mitarbeiter an der Spannrolle gearbeitet wurde. Das im ersten Rechtszuge abgelegte gerichtliche Geständnis (§ 288 ZPO) behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz (§ 535 ZPO).
(1) Mit der in der Klageerwiderung … enthaltenen Erklärung
„Es trifft zu, dass einige Tage nach Vertragsschluss der Beklagten eine Mitteilung über Probleme mit dem Motor gemacht wurde, woraufhin in der Tat von einem Mitarbeiter an der Spannrolle gearbeitet wurde. Entgegen den Ausführungen des Sachverständigen W in der Zusammenfassung seines Gutachtens wurde keine Erneuerung des Zahnriemens vorgenommen.“
hat die Beklagte den vom Kläger behaupteten, auf eine Mangelrüge erfolgten und die Spannrolle des Zahnriemens betreffenden Reparaturversuch eines Mitarbeiters der Beklagten wirksam zugestanden. Das gerichtliche Geständnis erfordert einen Geständniswillen dahin, dass die Tatsache ungeprüft zur Urteilsgrundlage gemacht wird, der in der Erklärung zum Ausdruck kommen muss. Das Geständnis ist an keinen bestimmten Wortlaut gebunden und kann auch in der Äußerung liegen, dass die Ausführungen des Gegners nicht bestritten werden sollen (BGH, JZ 1962, 252; NJW 1983, 1496 [1497]). Das Wort „Geständnis“ braucht nicht verwendet zu werden (Musielak/Huber, ZPO, 9. Aufl., § 288 Rn. 8). Nach diesen Maßstäben stellt sich die Erklärung der Beklagten als gerichtliches Geständnis dar. Mit der Einleitung „Es trifft zu“ und der Wiedergabe des betreffenden Sachvortrags des Klägers hat die Beklagte ihren Geständniswillen zum Ausdruck gebracht. Wie das Landgericht mit Recht festgestellt hat, hat die Beklagte lediglich bestritten, dass dabei erhebliche Einstellfehler gemacht worden seien und der Zahnriemen erneuert worden sei.
(2) Dieses Geständnis hat durch stillschweigende Bezugnahme der Beklagten auf ihre vorbereitenden Schriftsätze und damit auch auf das darin enthaltene Geständnis (§ 137 III 1 ZPO) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 07.09.2011 Wirksamkeit erlangt (vgl. BGH, NJW-RR 1999, 1113; 2003, 1578 [1579]; OLG Zweibrücken, OLGR 2005, 98 [99]). Die – hier nicht erfolgte – Protokollierung des Geständnisses (§ 160 III Nr. 3 ZPO) ist nur vor dem beauftragten oder ersuchten Richter, nicht aber vor dem Prozessgericht Wirksamkeitsvoraussetzung (BGH, NJW-RR 2003, 1578 [1579]; OLG Zweibrücken, OLGR 2005, 98 [99]).
(3) Die Beklagte hat das Geständnis nicht wirksam widerrufen. Voraussetzung des Widerrufs ist nach § 290 Satz 1 ZPO (die Darlegung und) der Beweis durch die widerrufende Partei, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei. Unter Irrtum versteht man die unbewusste Unkenntnis des wirklichen Sachverhalts, unabhängig davon, ob diese verschuldet oder unverschuldet ist, es sich um einen Tatsachen-, Rechts- oder Motivirrtum handelt. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen kommt es auf die Person an, die das Geständnis abgegeben hat, in der Regel also auf die Partei, ggf. auf ihren Rechtsanwalt (Musielak/Huber, a. a. O., § 290 Rn. 2). Hält die beklagte Partei nur geänderten, für ihre Prozesssituation günstigeren Vortrag, so legt sie damit schon keinen Irrtum dar (BGH, NJW-RR 2003, 1578 [1579]; Musielak/Huber, a. a. O., § 290 Rn. 2). So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 25.10.2011 dargelegt, es sei klarzustellen, dass in Wirklichkeit nicht einmal am Spannrad des Steuerzahnriemens gearbeitet worden sei, vielmehr habe dies die Keilriemen-Spannrolle betroffen. Ein Irrtum geht daraus nicht hervor. Auch auf den zutreffenden Hinweis des Landgerichts im Verhandlungstermin vom 14.12.2011, dass erstmals im Schriftsatz vom 25.10.2011 die Rede davon ist, dass sich die Arbeiten der Beklagten auf den Keilriemen bezogen haben sollen, und dies zuvor nicht vorgetragen war, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten lediglich erklärt, dies sei vorher aber so gesagt worden.
cc) Wie in dem angefochtenen Urteil weiter gem. § 529 ZPO für den Senat bindend festgestellt ist, waren die vonseiten der Beklagten ausgeführten Arbeiten an der Spannrolle des Zahnriemens für den Motorschaden ursächlich. Das Landgericht hat insoweit das vom Kläger in Auftrag gegebene und vorgelegte Gutachten des Sachverständigen W vom 13.05.2009 ohne Rechtsfehler als qualifizierten, urkundlich belegten Parteivortrag (BGH, NJW 2001, 77 [78]) berücksichtigt. Darin ist nachvollziehbar und durch Lichtbildaufnahmen belegt ausgeführt, dass alle vier Kolbenböden durch Kontakt (Aufschlagen) mit den acht Auslassventilen beschädigt wurden. Dieser Schaden ist auf erhebliche Einstellfehler bei der Montage und Einstellung der Zahnriemen-Spannrolle zurückzuführen. Der Reparateur hatte offenbar mit Gewalt („krampfhaft“) versucht, die Spannrolle in die vorgesehene Montageposition zu bringen und hierbei eine Fülle von Kratzbeschädigungen an der Trägerplatte verursacht. Im Ergebnis wurde die Spannrolle in einer Position angezogen, in der der auf dem Foto 7 des Privatgutachtens mit einem roten Pfeil markierte Winkel noch nicht in der Aussparung der Trägerplatte war und noch nicht mit dem Zeiger fluchtete. Dabei wurde der untere Schenkel des Spannrollenwinkels durch das Abstützen an der Trägerplatte beim Anziehen der Spannrolle beschädigt.
dd) Dass vor dem Motorschaden ein Mitarbeiter der Beklagten an der Spannrolle gearbeitet hatte, ist Gegenstand des gerichtlichen Geständnisses der Beklagten. Nach Auffassung des Senats dürfen die Anforderungen an die Darlegung und Beweisführung, dass vor dem Schadenseintritt und gutachterlicher Dokumentation des Schadens kein Dritter Arbeiten an diesen Teilen durchgeführt hat, nicht überspannt werden, zumal nichts für eine unredliche oder gar kriminelle Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen durch den Kläger spricht. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass außer der Beklagten kein Dritter Arbeiten an der Spannrolle durchführte. Dazu passt es, dass der Kläger zunächst ein anormales Geräusch am Motor umgehend bei der Beklagten reklamierte hatte, die Beklagte sodann einen Reparaturversuch unternahm und der Kläger nach Eintritt des Motorschadens – nunmehr anwaltlich vertreten – von der Beklagten Nacherfüllung begehrte und, nachdem die Beklagte nicht nachbesserte, den Schaden durch einen Sachverständigen begutachten ließ. Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger vor der Begutachtung und Dokumentation der Schäden Arbeiten durch Dritte hätte durchführen lassen …
ee) Die Beklagte hat für ihren Einwand, mit dem Fahrzeug seien bis zum Motorschaden rund 6.000 km zurückgelegt worden, was nach ihrer Auffassung mit einem mangelhaften Zahnriemen bzw. einer nicht ordnungsgemäß montierten Spannrolle nicht möglich gewesen wäre, keinen Beweis erbracht. Bei dieser Betrachtung geht die Beklagte offenkundig von der Differenz zwischen dem im Privatgutachten wie auch in der Werkstattrechnung angegebenen Kilometerstand von 82.900 und dem in der Kaufurkunde verzeichneten Stand von 77.000 km aus. Dabei bleibt bereits unklar, ob es sich bei den beiden auf ganze hundert bzw. tausend Kilometer runden Zahlenangaben jeweils um abgelesene tatsächliche Laufleistungen oder um ungefähre Angaben handelt. Ferner wird eine mögliche Fahrleistung nach einer fehlerhaften Reparatur auch von – hier nicht bekannten – Umständen wie Fahrstrecke und Fahrstil abhängen. Davon abgesehen hat die Beklagte den … angeforderten Kostenvorschuss für ein entsprechendes Sachverständigengutachten in Höhe von 1.500 € nicht eingezahlt, sodass sie mit diesem Beweismittel ausgeschlossen ist (§§ 356, 379 Satz 1, 402 ZPO).
2. Darüber hinaus hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Schadensersatzanspruch nicht daran scheitert, dass der Beklagten keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden wäre.
a) Der Senat lässt dahinstehen, ob der Käufer bei mangelhafter Nacherfüllung in jedem Fall ohne Fristsetzung Schadensersatz verlangen kann (so Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., § 439 Rn. 22a). Einer Fristsetzung zur Nachbesserung bedarf es jedenfalls unter anderem dann nicht, wenn diese dem Käufer unzumutbar ist (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB). Das gilt erst recht, wenn der Käufer dem Verkäufer – wie hier – einen ersten Nachbesserungsversuch gewährt hat und es dem Käufer aufgrund bestimmter Umstände unzumutbar ist, einen zweiten Versuch zu gestatten. Dazu genügt es aber noch nicht, dass der erste Nachbesserungsversuch nicht erfolgreich war. Da der Verkäufer gem. § 439 I BGB eine nachhaltige Nachbesserungsmaßnahme schuldet, muss allerdings bereits der erste Nachbesserungsversuch, auch wenn er im Ergebnis fehlschlägt, sachgemäß sein. Ein Recht des Käufers zum Rücktritt ohne Gewährung eines zweiten Nachbesserungsversuchs kann demnach zu bejahen sein, wenn dem Verkäufer beim ersten Nachbesserungsversuch gravierende Ausführungsfehler unterlaufen oder dieser Nachbesserungsversuch von vornherein nicht auf eine nachhaltige, sondern nur eine provisorische Mängelbeseitigung angelegt war (OLG Hamm, Urt. v. 10.03.2011 – I-28 U 131/10, NJW-RR 2011, 1423 f.; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 440 Rn. 8). Diese besonderen Umstände sind im Streitfall gegeben, weil der von einem Mitarbeiter der Beklagten unternommene Reparaturversuch unsachgemäß war. Deshalb kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Berufung auf den streitigen Zugang des Einschreibens vom 05.02.2009 nicht an. In dem Privatgutachten ist anschaulich beschrieben, welche Voraussetzungen bei einer fachgerechten und vorschriftsgemäßen Reparatur laut Anweisung des Automobilherstellers Ford einzuhalten sind. Diese technischen Anforderungen werden auch vonseiten der Beklagten nicht infrage gestellt. Vielmehr pflichtet die Berufung ausdrücklich dem Privatgutachten darin bei, dass der Wechsel des Zahnriemens bzw. der Spannrolle mit erheblichem Arbeitsaufwand in einer Fachwerkstatt verbunden ist und den Einsatz von Spezialwerkzeug voraussetzt. Dementsprechend kann der Reparaturversuch des Mitarbeiters der Beklagten mit Blick auf die Umstände der Ausführung am Hausanwesen des Klägers und die im Privatgutachten dokumentierten groben Fehler bei der Einstellung nicht als sachgemäß bezeichnet werden.
b) Entgegen der Auffassung der Berufung scheidet der Schadensersatzanspruch nicht deswegen aus, weil die Beklagte berechtigt gewesen wäre, die Nacherfüllung als unverhältnismäßig abzulehnen.
aa) Der Verkäufer kann gem. § 439 III BGB die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 II und III BGB verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Grundsätzlich ist bei der Beantwortung der Frage, ob die Kosten unverhältnismäßig sind, die Abwägung im Einzelfall maßgebend. Als Kriterien für eine Unverhältnismäßigkeit der Kosten werden zunächst der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels genannt. Fernerhin sind die Nachteile zu berücksichtigen, die dem Käufer durch die verbleibende Art der Nacherfüllung entstehen könnten (jurisPK-BGB/Pammler, 6. Aufl., § 439 Rn. 85).
bb) Damit kommt es entgegen der Auffassung der Berufung auf die (streitige) Höhe des Kaufpreises ebenso wenig an wie auf den erstmals in der Berufungsinstanz behaupteten Einkaufspreis von 1.650 €. Auch und gerade im Gebrauchtwagenhandel kann der Kaufpreis nicht ohne Weiteres mit dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand gleichgesetzt werden. Laut dem vom Kläger erstinstanzlich vorgelegten Schadengutachten … vom 03.08.2010 hatte das gekaufte Fahrzeug an diesem Tage noch einen Wiederbeschaffungswert von 3.600 € brutto. Bei dieser Sachlage hätte die Beklagte zunächst den Wert der Sache in mangelfreiem Zustand bezogen auf den Zeitpunkt der verlangten Nacherfüllung im Februar 2009 unter Beweis stellen müssen, was sie jedoch unterlassen hat.
3. Für ein Mitverschulden des Klägers (§ 254 BGB) ist kein Raum. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat weder vorgetragen noch ist aus dem gesamten Inhalt der Verhandlungen ersichtlich, dass der Kläger als Käufer des Gebrauchtfahrzeugs die Unzulänglichkeit des Reparaturversuchs … hätte erkennen und im eigenen Interesse zur Abwendung des Schadens unterbinden müssen.
4. Die Beklagte hat daher dem Kläger die Kosten für den Austausch des Motors in Höhe von 4.621,02 € zu ersetzen. Diese Kosten sind durch Vorlage der … mit dem Stempel „BEZAHLT“ versehenen Werkstattrechnung der Autohaus B-GmbH & Co. KG vom 30.03.2009 hinreichend belegt. Die tatsächlichen Reparaturkosten übersteigen den vom Sachverständigen W kalkulierten Aufwand nur um rund 6,5 % und sind daher als angemessen anzusehen.
5. Außerdem sind die Gutachtenkosten in Höhe von 1.070,41 € gemäß Liquidation vom 13.05.2009 zu ersetzen. Zu den nach § 280 I BGB zu ersetzenden Mangelschäden zählen auch die Aufwendungen des Käufers für die gutachterliche Feststellung des Zustands der Kaufsache (KG, NJW-RR 2006, 1213, 1215) …