- Grundsätzlich trägt der Käufer die Beweislast dafür, dass ein Mangel schon bei Übergabe der Kaufsache vorlag und trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Dies gilt auch dann, wenn der Käufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder entgegengenommen hat. Die Anforderungen an den Käufer dürfen aber nicht überspannt werden. Deshalb ist der Beweis jedenfalls dann geführt, wenn der Fehler am gleichen Bauteil – hier: am Automatikgetriebe eines Pkw – auftritt, zwischen Nachbesserung und erneutem Auftreten des Fehlers nur eine kurze Zeit verstrichen ist und sich der Verkäufer bei der Nachbesserung einer Reparaturmethode bedient hat, die von der allgemein vorgeschlagenen Methode abweicht.
- Bei einem Verbrauchsgüterkauf führt § 476 BGB hinsichtlich der Tatsache, dass ein bestimmter Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, zu einer vollen Beweislastumkehr zum Nachteil des Verkäufers. Es genügt nicht, dass der Verkäufer die Vermutung, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag, erschüttert; er muss vielmehr den vollen Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache erbringen.
- Bei einem Gebrauchtwagen stellt eine auf normalem Verschleiß beruhende Funktionsbeeinträchtigung regelmäßig keinen Mangel dar.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 25.10.2011 – 4 U 540/10-168
Sachverhalt: Der Kläger nimmt das beklagte Autohaus aus einem Gebrauchtwagenkauf auf Schadensersatz in Anspruch.
Mit Kaufvertrag vom 16.09.2006 erwarb der Kläger von der Beklagten einen Pkw zum Preis von 17.900 €. Das erstmals am 26.11.2001 zugelassene Fahrzeug hatte zum Zeitpunkt des Kaufs eine Gesamtfahrleistung von 114.285 km. Es wurde dem Kläger am Tag des Vertragsabschlusses übergeben.
Am 26.09.2006 blieb das Fahrzeug mit einem Getriebeschaden liegen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger etwa 1.280 km damit gefahren. Das Fahrzeug wurde zu dem Autohaus A nach F. abgeschleppt. Mit Schreiben vom 28.09.2006 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ein Austausch des Automatikgetriebes erforderlich sei. Die dafür veranschlagten Kosten beliefen sich auf 4.801,63 €. Am 04.10.2006 meldete sich die Beklagte beim Kläger und teilte mit, dass dieser den Schaden reparieren lassen solle. Sie werde 40 % der garantiefähigen Kosten in Höhe von 1.847,81 € übernehmen, da der Mangel bei Auslieferung nicht bestanden habe. Mit Anwaltsschreiben vom 12.10.2006 forderte der Kläger die Beklagte zur Mängelbeseitigung bis zum 16.10.2006 auf. Am 18.10.2006 ließ die Beklagte das Fahrzeug in F. abholen, um es zu überprüfen und gegebenenfalls zu reparieren.
Mit Schreiben vom 06.12.2006 forderte der Kläger die Beklagte auf, das Fahrzeug bis zum 08.12.2006 herauszugeben. Am 13.12.2006 überführte die Beklagte das Fahrzeug zum Autohaus A, wobei jedoch das Getriebesteuergerät des Automatikgetriebes fehlte. Nach Einbau des Steuergeräts erhielt der Kläger das reparierte Fahrzeug am 10.2.2007 zurück. Im Laufe des Rechtsstreits ist unstreitig geworden, dass die Beklagte das Steuergerät bezahlt hat. Daraufhin hat der Kläger erklärt, dass er die Erstattung dieser Kosten von 819,53 € nicht mehr geltend mache.
Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst für die Zeit vom 17.10.2006 bis zum 26.11.2006 (41 Tage) einen Nutzungsausfall von 65 € pro Tag, für die weitere Zeit bis zum 10.02.2007 (76 Tage) einen Nutzungsausfall von 59 € pro Tag geltend gemacht. Die Gesamtsumme beläuft sich auf 7.149 €.
Er hat ferner behauptet, der Bordcomputer habe am 25.03.2007 während einer Fahrt die Warnmeldung „Getriebewartung dringend erforderlich“ angezeigt. Am Automatikgetriebe sei ein Totalschaden entstanden, und es sei Öl ausgetreten. Die Reparatur habe nur durch einen Austausch des Getriebes erfolgen können. Mit Telefax vom 29.03.2007 habe er dies der Beklagten angezeigt und sie zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Unstreitig meldete sich die Beklagte erst am 25.04.2007 mit einem Vergleichsvorschlag; eine Einigung kam jedoch nicht zustande. Der Kläger hat vorgetragen, er habe das Fahrzeug am 20.07.2007 für 5.166,68 € reparieren lassen.
Die Erstattung dieser Kosten ist Gegenstand der Klage. Für die Zeit von 26.03.2007 bis zum 20.07.2007 (117 Tage) hat der Kläger weiteren Nutzungsausfall in Höhe von 6.903 € geltend gemacht. Die Summe der Beträge beläuft sich auf 19.218,68 €. Darüber hinaus hat der Kläger im ersten Rechtszug wegen weiterer Mängel, insbesondere an Bremsklötzen, Auspuff und Antriebswelle, Schadensersatz begehrt.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.083,31 € nebst Zinsen zu zahlen und ihn von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.561,28 € zuzüglich Zinsen freizustellen.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des geltend gemachten Nutzungsausfallschadens und der Reparaturkosten für die Beseitigung des zweiten Getriebeschadens stattgegeben (die tenorierte Hauptforderung beträgt 19.218,68 €) und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Das Rechtsmittel blieb überwiegend erfolglos.
Aus den Gründen: II. A. … Die angefochtene Entscheidung bedarf lediglich hinsichtlich der Bemessung … des Nutzungsausfallschadens sowie hinsichtlich der Berechnung der Reparaturkosten einer Korrektur.
1. Zum Getriebeschaden vom 26.09.2006:
a) Der Kläger hat von der Beklagten im Wege des Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 I BGB) ein gebrauchtes Kraftfahrzeug erworben. Gemäß §§ 434 I, 437 Nr. 1, 439 BGB kann der Käufer im Fall der Lieferung einer mangelhaften Sache Mangelbeseitigung verlangen. Gerät der Verkäufer mit der Mangelbeseitigung in Verzug, so steht dem Käufer unter den Voraussetzungen des § 286 BGB gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280 II BGB ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens zu, der auch den Nutzungsausfall umfasst. Dessen ungeachtet findet der Anspruch auf Erstattung von Nutzungsausfall bei Lieferung einer mangelhaften Sache seine Rechtsgrundlage auch unmittelbar in §§ 281, 280 I BGB: Der auf das positive Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch des Käufers umfasst typischerweise auch den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens, der dadurch entsteht, dass dem Käufer infolge eines Mangels die Nutzung der Kaufsache entgeht (BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, BGHZ 174, 290 [293]; BGHZ 88, 11 [13]; 77, 215 [218]; BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 [2427]; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 437 Rn. 36). Diese rechtlichen Vorgaben stehen zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug nicht im Streit, nachdem der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 12.10.2006 erfolglos die gemäß §§ 437 Nr. 3, 281 I BGB erforderliche Frist zur Mängelbeseitigung setzte.
b) Auch soweit das Landgericht im Ausfall des Getriebes nach einer Fahrleistung von nur 115.500 km einen Sachmangel des Pkw i. S. des § 434 I Nr. 1 und Nr. 2 BGB erblickt hat, greift die Berufung dieses Beweisergebnis nicht an: Zwar stellt beim Gebrauchtwagenkauf die normale verschleißbedingte Funktionsbeeinträchtigung regelmäßig keinen Mangel dar (BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 [435]; KG, Urt. v. 16.07.2004 – 25 U 17/04, ZGS 2005, 76; OLG Celle, Urt. v. 04.08.2004 – 7 U 30/04, NJW 2004, 3566; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 434 Rn. 74; Martis, MDR 2010, 840 [842] m. umfassenden Nachw.). Jedoch steht nicht im Streit, dass bei einer Fahrleistung von nur 115.500 km nicht mit einem „normalen“ verschleißbedingten Austausch des Getriebes zu rechnen war. Nach der Einschätzung des Sachverständigen R haben Getriebe der vorliegenden Art eine Laufleistung von regelmäßig 250.000 km.
c) Vielmehr wendet sich die Berufung dagegen, dass das Landgericht unter Anwendung der gesetzlichen Vermutung des § 476 BGB zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang in der Sachsubstanz angelegt war. Den Bedenken der Berufung vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
aa) Gemäß § 476 BGB wird beim Verbrauchsgüterkauf vermutet, dass die Kaufsache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Die Vorschrift setzt den Nachweis eines Sachmangels voraus (so eine Kernaussage des … „Turboladerfalls“, BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434, in dem sich der BGH von der Rechtsauffassung distanziert, dass sich die Beweislastumkehr des § 476 BGB aus Gründen des Verbraucherschutzes auf die Ursache eines sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigenden Sachmangels erstrecken würde; vgl. auch BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215 [217]; Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621 [2622]) und führt hinsichtlich der Tatsache, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, zur vollen Beweislastumkehr zum Nachteil des Verkäufers: Diesem obliegt nunmehr gem. § 292 ZPO der Beweis des Gegenteils, der nicht bereits dann erbracht ist, wenn es dem Verkäufer gelingt, die gesetzliche Vermutung zu erschüttern. Erforderlich ist es vielmehr, den vollen Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsache zu erbringen (BGH, Urt. v. 19.03.2006 – VIII ZR 173/05, NJW 2006, 2250 [2253]; Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 476 Rn. 8a; Martis, MDR 2010, 844).
bb) Angewandt auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt ergibt sich hieraus Folgendes:
aaa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Ausfall des Getriebes entweder auf einem fehlerhaften Magnetventil oder auf einem mechanischen Mangel beruhen. Beide Fehler stellen Sachmängel der Kaufsache im vorgenannten Sinne dar.
bbb) Demgegenüber ist es der Beklagten nicht gelungen, den Gegenbeweis für ein erst nach Gefahrübergang erfolgtes Auftreten des Sachmangels zu führen:
Hinsichtlich des fehlerhaften Magnetventils hat der Sachverständige R zwar ausgeführt, dass ein solcher Fehler erst dann auftrete, wenn er registriert werde. Da der Fehler im Protokoll erst nach einer in die Besitzzeit des Klägers fallenden Fahrstrecke von rund 1.200 km aufgezeichnet wurde, könnte dies dafür zu streiten, dass auch der Mangel selber erst nach Gefahrübergang entstanden ist. Allerdings hat der Sachverständige die Schlussfolgerung zugleich relativiert, indem er darauf hingewiesen hat, dass die Angaben im Fehlerprotokoll nicht plausibel seien. Er hat die Vermutung geäußert, dass das Fehlerprotokoll und die gesamte Elektronik nicht ordnungsgemäß funktionierten. Mit diesem Hinweis wird die Schlussfolgerung der Berufung zum zeitlichen Auftreten des Mangels entscheidend geschwächt.
Letztlich kann die Frage offenbleiben: Der Sachverständige hat als plausible Fehlerursache auch einen mechanischen Mangel im Getriebe in Betracht gezogen. Dieser Fehler könne – so der Sachverständige – jedenfalls im Anfangsstadium während einer oft kurzen Probefahrt regelmäßig nicht festgestellt werden. Demnach konnte ein mechanischer Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Diese nicht fernliegende Hypothese hat die Beklagte nicht mit einer zum Beweis erforderlichen Gewissheit widerlegt.
ccc) Schließlich verhelfen die Rechtsgrundsätze über Beweiserleichterungen bei Beweisvereitelung (vgl. hierzu Laumen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 286 Rn. 86 ff.; BGHZ 132, 47 [50]; BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 [436]; Urt. v. 25.06.1997 – VIII ZR 300/96, NJW 1997, 3311 [3312]; Urt. v. 23.10.2008 – VII ZR 64/07, MDR 2009, 80 f.) der Berufung nicht zum Erfolg: Es war nicht der Kläger, sondern die Beklagte, die das Getriebe reparierte. Mithin geht es mit der Beklagten heim, wenn sie den am Getriebe entstandenen Schaden vor der Reparatur nicht beweisverwertbar dokumentierte.
d) Allerdings bedarf die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Berechnung des Nutzungsausfallschadens einer Korrektur:
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung stellt auch der vorübergehende Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs einen Vermögensschaden dar, wenn der Geschädigte für die Zeit des Nutzungsausfalls auf die Anmietung eines Ersatzwagens verzichtet (BGHZ 56, 214 [215]; 40, 345 [347 ff.]; BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 [2427]; Urt. v. 10.03.2009 – VI ZR 211/08, NJW 2009, 1663 [1664]; Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198). Bei Fahrzeugen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung häufig angewiesen ist, stellt bereits die Gebrauchsmöglichkeit einen geldwerten Vorteil dar, dessen Entziehung als Vermögensschaden anzusehen ist (BGHZ 56, 214 [215]; BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 [2427]; Urt. v. 10.06.2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198).
bb) Diese Voraussetzungen sind für den reparaturbedingten Ausfall in der Zeit vom 17.10.2006 bis zum 25.01.2007 erfüllt. Für die Zeit danach hat der Kläger die Mangelbedingtheit des Nutzungsausfalls nicht dargelegt:
Der Kläger hat in der ersten Instanz vorgetragen, dass das Steuergerät am 25.01.2007 eingebaut worden sei, danach habe er weitere Reparaturen veranlasst. Erst am 10.02.2007 habe er das reparierte Fahrzeug zurückerhalten. Obwohl die Beklagte die Länge des geltend gemachten Nutzungsausfalls im ersten Rechtszug nicht bestritten hat, ist die Beklagte mit ihrem zweitinstanzlichen Sachvortrag, wonach die Schadensursächlichkeit des Nutzungsausfalls in der Zeit vom 25.01. bis zum 10.2.2007 zu bestreiten sei, nicht präkludiert: Es ist Sache des Klägers, die Schadensursächlichkeit des Nutzungsausfallschadens in vollem Umfang darzulegen. Dieser Darlegungslast ist der Kläger weder im ersten noch im zweiten Rechtszug nachgekommen, weshalb der geltend gemachte Nutzungsausfall für den entstandenen ersten Getriebeschaden zeitlich auf den 25.01.2007 zu begrenzen ist. Der zuerkannte Betrag vermindert sich – gegen die zutreffende Berechnung des Tagessatzes formuliert die Beklagte keine Bedenken – um 16 × 59 € (944 €).
2. [Zum Getriebeschaden vom 25.03.2007:]
Hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens hat das Landgericht die Beklagte deshalb für einstandspflichtig gehalten, weil es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung gelangt ist, dass die Nachbesserung der Beklagten fehlgeschlagen war. An diese Tatsachenfeststellung ist der Senat im eingeschränkten Prüfungsrahmen des § 529 ZPO gebunden, da die Tatsachenfeststellung keine Rechtsfehler erkennen lässt und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen wecken:
a) Bereits mit Schreiben vom 12.10.2006 hat der Kläger hinsichtlich des Getriebeschadens die rechtlichen Voraussetzungen des § 281 I BGB für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs geschaffen, der Mängelbeseitigungskosten und Nutzungsausfallschaden umfasst. Diesen Schadensersatzanspruch kann der Kläger geltend machen, nachdem die der Beklagten eingeräumte Nachbesserungsmöglichkeit fehlgeschlagen war.
aa) Die Berufung wendet sich zum einen gegen die Feststellung des Landgerichts, dass es überhaupt zu einem weiteren Getriebeschaden kam. Dem ist nicht zu folgen:
Das Landgericht hat seine Überzeugung vom Vorliegen eines weiteren Getriebeschadens auf die Aussagen der Zeugin S und des Zeugen M gestützt:
aaa) Die Zeugin S hat ausgesagt, dass auf der Fahrt im Frühjahr 2007 eine Kontrollleuchte aufgeleuchtet habe. Nach Einsicht in ein Buch – offensichtlich die Betriebsanleitung – hätten die Zeugin und der Kläger festgestellt, dass das Aufleuchten mit dem Getriebe im Zusammenhang gestanden habe. Wenngleich die Zeugin keine Details dazu vorgetragen hat, ob und gegebenenfalls in welcher Gestalt sich der Getriebeschaden etwa im Fahrbetrieb geäußert habe, ist es jedenfalls glaubhaft, dass auf der Fahrt ein erneuter Getriebefehler auftrat.
bbb) Von größerer Aussagekraft ist die Aussage des Zeugen M. Dieser Zeuge hat ausgesagt, sich an die Reparatur des Getriebes erinnern zu können. Er habe den Fehlerspeicher ausgelesen. Dabei sei ein Fehlercode bei der Schalteinheit ausgelesen worden. Nach dem Einbau einer neuen Schalteinheit sei der Fehler jedoch wieder aufgetreten, weshalb er davon ausgegangen sei, dass ein Fehler im Getriebe vorliege. Nachdem das Getriebe ausgetauscht worden sei, sei das Fahrzeug in Ordnung gewesen. Die Aussage erlaubt zumindest den sicheren Schluss, dass das Getriebe schadhaft war. Dafür spricht schlagend der Umstand, dass die Fehlermeldung nach dem Austausch des Getriebes nicht mehr auftrat.
ccc) Anhaltspunkte dafür, dass der Austausch des Getriebes „über das Ziel hinausschoss“, weshalb der Kläger bei der Art der Schadensbeseitigung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 II 1 BGB verstoßen hätte (hierauf zielt die Berufung ab, wenn sie das Vorliegen eines Totalschadens bestreitet), sind nicht ersichtlich: Der Kläger beauftragte eine Volvo-Vertragswerkstatt, keine freie Kfz-Mechanikerwerkstatt mit der Reparatur. Mangels konkreter Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass eine Fachwerkstatt üblicherweise den zur nachhaltigen Reparatur sinnvollen Weg einschlägt. Hinzu kommt die Einschätzung des Sachverständigen R, der darauf hingewiesen hat, dass die Reparatur eines Automatikgetriebes wegen der Komplexität der Maschine mit Risiken verbunden sei, weshalb Herstellerfirmen, so auch die Firma Volvo, regelmäßig einen Austausch des Getriebes vorschlügen. Unter Berücksichtigung dieser Bewertung kann es dem Kläger nicht vorgeworfen werden, einen übertriebenen Reparaturaufwand zu liquidieren.
bb) Auch die weitere positive Feststellung des Landgerichts, dass der zweite Getriebeschaden auf einer fehlerhaften ersten Reparatur beruhte, begegnet keinen Bedenken:
aaa) Der Käufer trägt die Beweislast dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag (§ 434 I 1 BGB i. V. mit § 446 Satz 1 BGB) und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Diese aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt auch dann, wenn der Käufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder entgegengenommen hat (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664; Urt. v. 11.02.2009 – VIII ZR 274/07, NJW 2009, 1341). Diesen Beweis hat der Kläger geführt:
bbb) Gemäß § 286 I ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten ist. Dieses Beweismaß ist nicht bereits dann erreicht, wenn die zu beweisende Tatsache hinreichend plausibel oder gar in einem naturwissenschaftlich-mathematischen Sinn „mit an Sicherheit grenzend“ überwiegend wahrscheinlich ist. Vielmehr muss der Richter die volle Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache gewinnen. Andererseits darf der Richter nicht die absolute Wahrheit zur Voraussetzung seiner Entscheidungsfindung machen (vgl. Katzenmeier, ZZP 117, 195 [201 f.]). Entscheidend ist vielmehr die subjektive Überzeugung des Richters, die keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit verlangt. Der Richter darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 254 [256]; 61, 165 [169 f.]; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 286 Rn. 19).
ccc) Dieses Beweismaß hat das Landgericht beachtet: Bereits der enge zeitliche Abstand zwischen der Übergabe des reparierten Fahrzeugs (am 10.02.2007) und dem Auftreten des zweiten, gleichartigen Schadensfalls legt einen Zusammenhang zwischen Reparatur und Schaden nahe (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664). Hinzu kommt, dass sich offensichtlich auch aus Sicht des Sachverständigen gerade das Risiko verwirklicht hat, welches Hersteller mit Blick auf die Komplexität von Automatikgetrieben durch den Einbau von Austauschgetrieben üblicherweise zu vermeiden suchen.
cc) Hat das Landgericht frei von Rechtsfehlern die volle richterliche Überzeugung vom Fehlschlagen der Nachbesserung gewonnen, so besitzt auf der Grundlage dieser positiven Feststellung die Frage einer abweichenden Beweislastverteilung nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung bzw. Beweiserschwerung für den Ausgang des Rechtsstreits keine Relevanz.
Dessen ungeachtet rechtfertigt der Umstand, dass der Kläger das Getriebe nach dem zweiten Schadensfall austauschen ließ, den Vorwurf der fahrlässigen Beweisvereitelung nicht:
Der Kläger wählte mit dem Austausch des Getriebes die vom beauftragten Fachbetrieb vorgeschlagene Reparatur. Es ist nicht erkennbar, dass das Verhalten des Klägers von der Motivation getragen wurde, Beweise zu vereiteln oder zu erschweren. Hinzu kommt, dass die Beklagte vor der Durchführung der Reparatur vom Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 29.03.2009 zur Mangelbeseitigung aufgefordert wurde. Mit weiterem Schreiben vom 06.06.2007 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit, dass der Kläger den von der Beklagten vorgeschlagenen Vergleich nicht annehmen werde. Spätestens mit Zugang dieses Schreibens war der Beklagten klar, dass sich der Kläger unter Austausch des Getriebes zu einer Reparatur nach Maßgabe des der Beklagten bereits vorliegenden Kostenvoranschlags der Firma H entschließen würde. Bei dieser Sachlage hatte die fachkundige Beklagte hinreichend Gelegenheit, ihr Interesse an einer Sicherung des auszutauschenden Getriebes zu formulieren. Dass die Beklagte von einer solchen naheliegenden Anregung absah, kann dem Kläger nicht zum beweisrechtlichen Nachteil gereichen.
Auch sofern man diesen Argumenten nicht folgt, wäre dem Kläger allenfalls eine (leicht) fahrlässige Verkennung der Beweisrelevanz vorzuwerfen. Ein solcher Vorwurf führt nicht zur Umkehr der Beweislast. Allenfalls ist in Betracht zu ziehen, der Beklagten eine Beweiserleichterung des Inhalts zuzubilligen, dass der nach Durchführung der Beweisaufnahme wahrscheinlichste Geschehensablauf als bewiesen angesehen werden könne (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 [436]). Diese Schlussfolgerung ist nicht geeignet, die Beweissituation der Beklagten entscheidend zu verbessern, nachdem bereits der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Nachbesserung und der Manifestation des Schadens sowie die sachverständige Einschätzung eine Verantwortung der Beklagten für den erneuten Getriebeschaden nahelegt.
dd) Ebenso kann offenbleiben, ob der Kläger den Beweis schon deshalb geführt hat, weil das eigentliche Mangelsymptom – die fehlerhafte Funktionsweise des Getriebes – vor und nach der Nachbesserung identisch war.
Nach der neueren Rechtsprechung des BGH genügt der Käufer seiner Beweislast für das Fehlschlagen der Nachbesserung bereits dann, wenn nachgewiesen ist, dass das eigentliche Mangelsymptom weiterhin auftritt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das erneute Auftreten des Mangelsymptoms nicht auf einer unsachgemäßen Behandlung der Kaufsache nach deren erneuter Übernahme durch den Käufer oder einen Dritten beruhen kann (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664). Die Beweiserleichterung will den Käufer einer komplexen Kaufsache entlasten, da der Nachweis, ob die vor und nach der Nachbesserung aufgetretene Mangelerscheinung in der Gestalt, wie sie sich dem Käufer darbietet, tatsächlich auf der im Detail identischen Ursache beruht, kaum je zu führen ist. Diese zur Rechtsdurchsetzung in der forensischen Praxis gewissermaßen unerlässliche „Unschärfe“ korreliert mit der gerade im Kfz-Reparaturbetrieb häufig anzutreffenden Übung, bei Fehlfunktionen komplexer Aggregate – wozu ein Automatikgetriebe gehört – die Funktionstauglichkeit durch den Austausch der Aggregate wiederherzustellen, ohne die eigentliche Ursache zu ergründen.
ee) Ist der Beweis für die fehlgeschlagene Nachbesserung geführt, kann schließlich dahinstehen, ob sich der Kläger auch hinsichtlich des zweiten Getriebeschadens auf die Beweislastumkehr des § 476 BGB berufen kann:
Nach einer beachtlichen in der Literatur vertretenen Auffassung beginnt die Frist des § 476 BGB bei Nacherfüllung für den konkreten Mangel neu (so MünchKomm-BGB/Lorenz, 5. Aufl., § 476 Rn. 12; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 476 Rn. 24; D. Schmidt, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl., § 476 Rn. 5; Faust, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 476 Rn. 21; Soergel/Wertenbruch, BGB, 13. Aufl., § 476 Rn. 40). Dieses Rechtsverständnis steht zwar mit dem Wortlaut der Vorschrift nur schwer in Einklang, der die Frist mit dem „Gefahrübergang“ der Kaufsache beginnen lässt, worunter nicht ohne Weiteres auch ein erneuter Gefahrübergang nach Durchführung einer Nachbesserung zu verstehen ist. Bei teleologischer Auslegung ist jedoch in den Blick zu nehmen, dass die Vorschrift in Umsetzung von Art. 5 III der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 (ABlEG Nr. L 171 v. 07.07.1999, S. 12 – VerbrGKRL) normiert wurde. Die VerbrGKRL verfolgt den Zweck, die Interessen der Verbraucher in Streitigkeiten mit den Verkäufern über die Vertragswidrigkeit von Waren zu stärken und zu vereinheitlichen (Erwägungsgrund 6 der Richtlinie). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn der Verkäufer – wie im vorliegenden Fall geschehen – die Frist des § 476 BGB dadurch verkürzt, dass er die Nachbesserung unangemessen lang hinauszögert. Es erscheint daher nicht interessenwidrig, dem Käufer die volle Sechs-Monats-Frist jedenfalls hinsichtlich solcher Mängel zu erhalten, die Gegenstand der Nachbesserung waren. Überdies kann der Verkehr durchaus erwarten, dass eine erfolgreiche und nachhaltige Nachbesserung den einwandfreien Gebrauch der Kaufsache zumindest für die Zeit von sechs Monaten gewährleistet.
b) Hinsichtlich der Schadenshöhe hat die Berufung der Beklagten in geringem Maße Erfolg:
aa) Die Berufung rügt zum einen, dass die Rechnung des Autohauses H vom 20.07.2007 auch Leistungen beinhalte, die über den Austausch des Automatikgetriebes hinausgingen … Dieser Einwand ist begründet: Der Kläger hat zur Behauptung, dass alle Kosten erforderlich gewesen seien, um den Mangel am Getriebe, für den die Beklagte einstandspflichtig ist, zu beseitigen, keinen geeigneten Beweis angetreten. Da sich das Bestreiten der Beklagten explizit lediglich auf die Erneuerung der Dichtung am Turbolager, die Erneuerung der Kurbelwellendichtung und des Getriebekabels bezieht, ist der Rechnungsbetrag im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO um 360 € … zu kürzen.
bb) Zum anderen wendet sich die Berufung gegen die Zuerkennung des Nutzungsausfallschadens und trägt vor, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Fahrzeug nach dem zweiten Getriebeschaden nicht mehr verkehrssicher gewesen sei. Diese Einwendung scheitert als neues Verteidigungsvorbringen bereits an der Schranke des § 531 ZPO. Im Übrigen hat der Kläger mit Recht darauf verwiesen, dass es ihm nach dem Aufleuchten der Fehlermeldung nicht mehr zuzumuten war, die Nutzung des Fahrzeugs mit dem Risiko des jederzeitigen Ausfalls und einer möglichen Verschlechterung des Mangels fortzusetzen …