Der Käufer eines hochwertigen Neuwagens muss nicht damit rechnen, dass aufgrund der heute modernen Karosserieform Wasser in den Fahrgastraum läuft. Auf dieses Problem muss der Verkäufer ihn zumindest hinweisen.

LG Aurich, Urteil vom 09.05.2008 – 1 S 60/08

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten einen Neuwagen (BMW X3) zum Preis von 35.077,40 €. Öffnet man bei Regen die hinteren Türen dieses Fahrzeugs, dann gelangt unter bestimmten Voraussetzungen Wasser auf die Rückbank. Im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens wurde festgestellt, dass dies auf die Konstruktion der Karosserie zurückzuführen und dementsprechend nicht nur beim Fahrzeug des Klägers der Fall sei, sondern auch Fahrzeuge anderer Hersteller betroffen seien.

Mit seiner Klage macht der Kläger eine Minderung.des Kaufpreises um drei Prozent geltend. Das Amtsgericht hat das Vorliegen eines Mangels (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB) bejaht und der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Berufung ist … unbegründet. Die Einwände der Beklagten greifen nicht durch.

Unerheblich ist, ob das Wasser bei jedem Regenschauer oder nur dann eintritt, wenn bestimmte Umstände zusammentreffen. Jeglicher (wiederkehrende) Eintritt von Wasser ist zur Annahme eines Sachmangels ausreichend.

Nicht zum Erfolg führt auch der Einwand der Berufung, das Eindringen des Wassers sei auf die Formgebung des Wagens zurückzuführen, die wiederum dem Zeitgeschmack entspreche; der Käufer könne eben nicht alles haben. Bei neuen, insbesondere derart hochwertigen Fahrzeugen muss ein vernünftiger, durchschnittlicher Käufer nicht damit rechnen, dass aufgrund der heute modernen Karosserieform Wasser in den Fahrgastraum läuft. Der Verkäufer muss – falls dies zwingend mit der vom Käufer bevorzugten Wagenform zusammenhängt – zumindest auf diese Problematik hinweisen und dem Käufer so die Möglichkeit geben auszuwählen, ob er diese Wagenform mit dem Wasserproblem oder dann doch lieber eine andere Karosserie haben will.

Damit läge zumindest ein Beratungsfehler und somit eine Nebenpflichtverletzung vor. Zu Recht aber hat das Amtsgericht festgestellt, dass es sich bereits deshalb um einen Sachmangel handelt, weil das Auto sich nicht mehr für die gewöhnliche Verwendung eignet (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

Auch der Einwand der Beklagten, das Amtsgericht habe fehlerhaft ausgeführt, die Beklagte habe nicht vorgetragen und es sei auch sonst nicht ersichtlich, dass fast alle anderen vergleichbaren Fahrzeuge dieses Problem aufwiesen, greift nicht durch. Die Berufung weist darauf hin, dass das Amtsgericht das Sachverständigengutachtern in Bezug genommen habe. Darin sei – was zutreffend ist – ausgeführt, dass auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller eine ähnliche Formgebung vorhanden sei, die zu derselben Problematik führen könne. Hierauf kommt es indes nicht an, da das Amtsgericht auf eine Vergleichbarkeit mit „fast allen vergleichbaren Fahrzeugen“ abstellt, was durch das Sachverständigengutachten noch nicht bewiesen ist. § 434 I 2 Nr. 2 BGB hebt ausdrücklich darauf ab, was bei Sachen der gleichen Art üblich ist. Indem der Sachverständige sagt, dieses Problem komme auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller vor, belegt dies gerade nicht, dass Geländewagen dieser Preisklasse üblicherweise von dieser Problematik betroffen sind Dass dies so sei, hätte die , Beklagte (erstinstanzlich) vortragen müssen, was sie nicht getan hat.

Der Vortrag der Beklagten, das Urteil des Amtsgerichts führe im Ergebnis dazu, dass sämtliche Käufer dieses Fahrzeugtyps eine Minderung des Kaufpreises verlangen könnten, ist für das hiesige Rechtsverhältnis unbeachtlich …

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