1. Der Käufer eines Gebrauchtwagens kann nicht jeden Defekt am Fahrzeug zum Anlass nehmen, Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Vielmehr stellen solche Defekte keine Sachmängel dar, die bei üblicherweise in Erscheinung treten und vom Käufer erwartet werden müssen. Deshalb fallen Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen nicht unter den Sachmangelbegriff, wenn sie nicht über das hinausgehen, was bei einem Fahrzeug des betreffenden Typs angesichts seines Alters und seiner Laufleistung normalerweise zu beobachten ist.
  2. Der Kfz-Käufer trägt als Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass an seinem Fahrzeug Mängel und nicht bloß natürliche Verschleißerscheinungen vorhanden sind. Erst nachdem er substanziiert unter Beweisantritt dazu vorgetragen hat, kann in einem zweiten Schritt die Regelung des § 476 BGB eingreifen, wonach zugunsten des Käufers vermutet wird, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war.

AG Neukölln, Urteil vom 03.08.2004 – 18 C 114/04

Sachverhalt: Mit Kaufvertrag vom 10.05.2003 erwarb der Kläger von der Beklagten einen am 29.04.2003 erstzugelassenen PKW BMW 750i zu einem Kaufpreis von 6.700 €. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 27.05.2003 mit einer Laufleistung von 232.320 Kilometern übergeben, nachdem es am 23.05.2003 zur Hauptuntersuchung vorgestellt und ihm eine Prüfplakette zugeteilt worden war.

Der Kläger stellte das Fahrzeug im September 2003 beim DEKRA e. V. vor, der Beeinträchtigungen am Querlenklager, der Lenkanlage, der Radaufhängung an der Hinterachse und der Schalldämpferanlage feststellte. Die Beklagte ließ sich auf die vom Kläger verlangte Mängelbeseitigung nicht ein. Der Kläger beauftragte daraufhin zur Beweissicherung den Kfz-Sachverständigen B, der die vom DEKRA e. V. festgestellten Beeinträchtigungen bestätigte und weitere Defekte an dem Fahrzeug feststellte. Laut dem Gutachten des Sachverständigen sind Reparaturen mit einem Kostenaufwand von 4.336,15 € (netto) erforderlich. Zum Zeitpunkt der Begutachtung wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 241.120 Kilometern auf.

Mit Schreiben vom 12.02.2004 wurde die Beklagte erfolglos unter Fristsetzung aufgefordert, die festgestellten Mängel zu beseitigen.

Der Kläger meint, die Beklagte sei ihm zum Ersatz der erforderlichen Reparaturkosten verpflichtet. Seine auf Zahlung von 3.642,37 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf den geltend gemachten Schadensersatz von 3.642,37 € gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I BGB.

Der Kläger hat das Vorliegen eines Sachmangels i. S. des § 434 I BGB nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Im Hinblick auf die Nutzung des Fahrzeugs von über zehn Jahren und die hohe Kilometerlaufleistung … fehlt es an einer substanziierten Darstellung, die nachvollziehbar erscheinen lässt, dass nach einer weiteren Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger über vier Monate und mit einer Laufleistung von 6.167 Kilometern bis zur Vorstellung bei der DEKRA die von der DEKRA am 22.09.2003 festgestellten Mängel bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorlagen und es sich insoweit nicht um normal zu erwartende Verschleißerscheinungen … handelt. Gleiches ist zutreffend für die durch [das] Sachverständigengutachten vom 15.12.2003 … festgestellten Mängel.

Im Bereich des Gebrauchtwagenhandels kann der Käufer nicht jeden Defekt am Fahrzeug zum Anlass nehmen, Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Vielmehr stellen solche Defekte keine Sachmängel i. S. von § 434 I BGB dar, die als Beschaffenheit zu betrachten sind, die bei Sachen der gleichen Art üblicherweise in Erscheinung treten und vom Käufer nach der Art der Sache erwartet werden müssen. Danach fallen Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen nicht unter den Sachmangelbegriff, wenn sie nicht über das hinausgehen, was bei einem Fahrzeug. des betreffenden Typs angesichts seines Alters und seiner Laufleistung normalerweise zu beobachten ist (vgl. Wietoska, ZGS 2004, 8). Für die Frage, ob an dem streitbefangenen Fahrzeug Mängel und nicht bloß natürliche Verschleißerscheinungen vorliegen, trägt der Kläger als Käufer die Darlegungs- und Beweislast. Erst nachdem er substanziiert unter Beweisantritt dazu vorgetragen hat, kann in einem zweiten Schritt die Regelung des § 476 BGB eingreifen, wonach zugunsten des Käufers vermutet wird, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war (vgl. Reinking, ZGS 2003, 105 [106]).

Von Amts wegen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Kläger geltend gemachten Defekte … Erscheinungen sind, die bei einem über zehn Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von mehr als 230.000 Kilometern durchaus üblicherweise auftreten können, wenn mit dem Fahrzeug wie vorliegend im Zeitpunkt der Feststellung dieser Defekte durch einen Sachverständigen bereits weitere fast 9.000 Kilometer gefahren wurden. Anhaltspunkte dafür, dass ein ganz untypischer Defekt vorliegt, der bei einem Gebrauchtwagen mit dem hier unstreitigen Alter und der vorliegenden Laufleistung normalerweise nicht zu erwarten ist, wurde nicht ausreichend substanziiert unter Beweisantritt dargelegt. Hinzu tritt, dass bereits in dem DEKRA-Bericht verzeichnet ist, dass das Querlenkerlager sowie die Achslagerung hinten verschlissen sind. Hinsichtlich der Schalldämpferanlage weist der Sachverständige B darauf hin, dass der Entschalldämpfer stark korrodiert und demnächst ersetzt werden muss, sodass insoweit eher Verschleiß anzunehmen ist. Schließlich hat der Sachverständige gegenüber dem DEKRA-Bericht weitere Defekte festgestellt, die in dem Bericht der DEKRA noch als in Ordnung festgestellt wurden (u. a. Dichtheit der hinteren Stoßdämpfer, Ölverlust). Soweit der Sachverständige darauf hinweist, dass im Hinterachskörper sämtliche Gummiachslager zu ersetzen sind, ist nach der hohen Laufleistung des Fahrzeugs ohne entgegenstehendes substanziiertes Vorbringen des Klägers anzunehmen, dass es sich um natürlichen, altersbedingten Verschleiß handelt. Auch hinsichtlich der Ölfeuchte infolge Undichtheit der Lenkölpumpe fehlt es an einer Darlegung, dass ein Ersatz nach einer Laufleistung von ca. 232.000 Kilometern nicht zu erwarten ist. Schließlich setzt sich das vom Kläger vorgelegte Sachverständigengutachten mit der Frage der Mangelhaftigkeit in Bezug auf natürlichen Verschleiß und Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges nicht auseinander …

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